Das sind dann die sogenannten harten Argumente dafür, dass ein vermeintlich weiches Thema wie die Inklusion auf die politische Agenda kommt. Ich meine das nicht vorwurfsvoll, sondern schlicht feststellend. Es gibt nun einmal gerade ein günstiges Zeitfenster, um inklusive Ausbildung voranzubringen. Und es ist auch gut und richtig, das jetzt zu nutzen.
Ähnlich ist es im Bereich der Integration. Junge Geflüchtete werden am Arbeitsmarkt inzwischen sehr gern genommen. Das stellte sich noch vor fünf Jahren ganz anders dar. Aber das nur am Rande.
Der angeführte § 33 SBG IX formuliert einen eindeutigen Anspruch. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben müssen erbracht werden. Dies
schließt nach Absatz 3 Nr. 2 auch Leistungen zur Berufsvorbereitung ein. Zu erfahren, inwieweit diese in Sachsen-Anhalt umgesetzt werden, kann natürlich nicht schaden.
Zu der unter Nr. 1 Buchstabe b angesprochenen Übergangsquote würde ich die Prognose wagen, gespeist aus Gesprächen in der Praxis, dass diese verschwindend gering ausfallen wird. Das ist auch kein Geheimnis, wenn man sich die Praxis ansieht. Es aber tatsächlich einmal schwarz auf weiß für diese letzten fünf Jahre zu sehen und damit vielleicht auch den Handlungsdruck zu erhöhen ist sinnvoll. - Nr. 1 des Antrags findet also unsere Zustimmung.
Nr. 2 findet ebenfalls unsere Zustimmung. Das Ziel eines inklusiven Ausbildungsmarktes konzeptionell zu unterlegen ist sinnvoll. Den Landesbehindertenbeirat, Sozial- und Wirtschaftspartner und auch andere Partner einzubeziehen ist ebenfalls sinnvoll. Wir gehen an dieser Stelle auch mit dem Änderungsantrag der LINKEN mit.
Ich muss aber bezüglich des Antrags auch etwas Wasser in den Wein schütten. Wenn ich mir das ins Spiel gebrachte individuelle Informationsheft
ansehe, bin ich doch ein wenig skeptisch. Das scheint auf den ersten Blick ein etwas diskriminierendes Vorgehen zu sein.
Mein Gefühl sagt mir, dass das wieder nach dem Motto abläuft: Ich bin behindert und muss besonders behandelt werden. Wenn man nun aber ein Budget für Arbeit und solche Dinge favorisiert, ist das doch ein schwieriges Vorgehen. Deswegen kann ich mich an dieser Stelle nur mit dem Prüfauftrag, auch erweitert um das, was DIE LINKE vorschlägt, einverstanden erklären. Dann muss man sich die Sache hier noch einmal ganz genau ansehen.
Ich könnte mir eher eine landesweite Beratungsstelle für Unternehmen vorstellen, ergänzt um die von uns vorgeschlagenen Integrationsbegleiter, die diese Hemmschwelle zwischen den Eigenarten, dem anderen Tempo von Jugendlichen mit Behinderungen und den Anforderungen auf dem ersten Arbeitsmarkt abbauen helfen, die eine Brücke bauen, die eine gemeinsame Sprache herstellen könnten. Es könnte damit die von Ihnen in der Begründung genannte größere Anzahl von Ansprechpartnern gebündelt werden.
Schließlich haben wir auch noch den § 34 SBG IX. Dieser umfasst unter anderem Zuschüsse für Arbeitgeber, die junge Menschen mit Behinderungen ausbilden; der Minister hat bereits dazu ausgeführt. Wir sollten zuvörderst diejenigen Unternehmen im Land über ihre Ansprüche auf Zuschüsse informieren, die sich wirklich willig zeigen, die sich bei einer solchen Beratungsstelle melden würden, bevor wir dem Einzelnen ein Informationsheft in die Hand drücken, obwohl die Unternehmen überhaupt nicht darauf vorbereitet sind, damit adäquat umzugehen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu Nr. 4 möchte ich sagen: Eine Erweiterung des Berufsbildungsberichts gerade dann zu fordern, wenn die aktuelle Fassung eben das Kabinett passiert hat, wenn also klar ist, dass diese Forderung erst in der nächsten Legislaturperiode umgesetzt werden soll, das ist - ich sage es einmal so - gutes Timing. Wie gesagt, in dieser Legislaturperiode wird es einen solchen Bericht nicht mehr geben.
Zu den Änderungsanträgen. Unseren Antrag habe ich schon mit eingeführt. Zum Antrag der LINKEN kann ich sagen, dass ich das auch alles sehr sinnvoll finde. Ich bitte Sie, beiden Änderungsanträgen zuzustimmen. - Danke.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Die Koalition hat sich das Ziel gesetzt, einen gleichberechtigten Zugang für Menschen mit Behinderungen in eine duale Ausbildung zu gewährleisten. Inklusion in der Berufsausbildung verstehe ich so, dass die Türen zu einem qualifizierten Berufsabschluss für Menschen mit Handicap in einem Unternehmen offenstehen.
Dabei muss der Weg im dualen System aus der jeweiligen individuellen Perspektive gewollt, möglich und bei allen guten Absichten der Politik vom Betroffenen auch leistbar sein. Das ist dann aus der Perspektive der Betroffenen eine sinnvolle Inklusion. Eine Inklusion mit der Brechstange halte ich hingegen nicht für zielführend.
Für Menschen mit Behinderungen, für die eine duale Ausbildung nicht leistbar ist, stellt die Ausbildung in den Werkstätten die sinnvolle Alternative dar. Deshalb darf die Ausbildung in den Werkstätten auch nicht infrage gestellt werden. Jedoch dürfen die geschützten Werkstätten für Menschen mit Behinderung nicht in Konkurrenz zu den Unternehmen am Markt agieren.
Mit dem Antrag sollen im Kern zunächst die Bedingungen erörtert werden, unter denen Inklusion in der Berufsausbildung erfolgreich gelingen kann. Dabei müssen wir Antworten auf die verschiedensten Fragen finden.
Erstens. In welcher Form können kleine und mittlere Ausbildungsbetriebe nachhaltig unterstützt werden? Ich betone: Dabei darf der bürokratische Aufwand für die Unternehmen nicht zu groß werden. Zweitens stellt sich die Frage, wie die unterschiedlichsten Handicaps im Ausbildungsprozess zu berücksichtigen sind. Drittens müssen die personellen und materiellen Voraussetzungen in den Berufschulen auf den Prüfstand gestellt werden. Welche Qualifikationen von Lehrkräften und Ausbildern sind erforderlich, damit die individuelle Förderung jedes Auszubildenden - damit meine ich die Jugendlichen mit Behinderung und die ohne Behinderung - mit Erfolg gelingen kann?
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Erarbeitung eines Handlungskonzeptes zur Umsetzung von Inklusion in der Berufsausbildung müssen diese und - dessen bin ich sicher - weitere Fragen, die sich stellen werden, beantwortet werden.
Auch die Einführung eines schülerbezogenen Informationsheftes soll geprüft werden. Die CDUFraktion und die Wirtschaft werden die Landesregierung dabei unterstützen. Ich bin überzeugt davon, dass damit auf dem Weg zu einem qualifizierten Berufsabschluss in einer dualen Ausbil
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Was aber kommt nach einer erfolgreichen dualen Ausbildung? - Auch in diesem Zusammenhang muss die Politik über unbürokratische Unterstützungsangebote für Unternehmen nachdenken, damit das Engagement von Betrieben während der Ausbildung zu einer nachhaltigen Integration von Menschen mit Behinderungen in den ersten Arbeitsmarkt führen kann.
Am heutigen Tag berät der Bundestag über ein Sonderprogramm, das Integrationsbetriebe stärken soll und mit dessen Hilfe erstens mehr Ausbildungsplätze für Menschen mit Behinderungen geschaffen werden sollen und das zweitens helfen soll, dass diese Menschen nach der Ausbildung auch im ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Ich denke, wir sind mit unserem Antrag auf einem guten Weg dorthin.
Eine Festanstellung nach der dualen Ausbildung schafft die Voraussetzung dafür, dass Menschen mit Behinderung den Grundsatz des lebenslangen Lernens im Alltag verwirklichen können, und trägt wesentlich zur Persönlichkeitsentwicklung und damit auch zu entsprechender gesellschaftlicher Anerkennung bei. Jede gelungene Integration trägt aus meiner Sicht auch zu einer besseren gegenseitigen Akzeptanz bei.
Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. Wie mit den Änderungsanträgen der Opposition umgegangen wird, wird meine Kollegin noch erläutern. - Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Gleichberechtigter Zugang in der beruflichen Bildung für alle. Ich freue mich außerordentlich, dass dieses wichtige Thema in den Fokus gerückt wird und dass sich daraus neue Handlungsoptionen ergeben sollen oder sollten.
Die Zielrichtung einer wirklich gelebten Inklusion bedarf vieler Partner und deren Bereitschaft, in effizienter Weise zusammenzuarbeiten, um die Inklusion auf den bestmöglichen Weg zu bringen.
Eines dürfte klar sein: Wir stehen noch am Anfang eines langen Weges. Umso wichtiger ist es, jetzt die Weichen richtig zu stellen, damit die Fahrt
möglichst zügig vorangehen kann. Das Ziel lautet: Inklusion in allen Bereichen und für alle. Meine Damen und Herren! Lediglich die oberste Handlungsempfehlung auszugeben, dass es gelingen muss, mehr junge Menschen mit Behinderungen in das duale Ausbildungssystem zu integrieren, ist zu wenig und überfordert das duale System in seiner jetzigen Struktur.
Die Antragssteller sprechen selbst von einer partnerschaftlichen Erarbeitung eines Handlungskonzeptes „Inklusion“. - Ja, große Übereinstimmung in diesem Punkt. Für ein Gelingen muss die duale Ausbildung durch ein kompetentes Netzwerk unterstützt werden. Dieses Netzwerk sollte aber zwingend einen wichtigen Zweck erfüllen. Es muss früher greifen und es muss sowohl alle allgemeinbildenden Schulen als auch die Förderschulen als Partner benennen.
Ein individualisiertes schülerbezogenes Informationsheft genügt eindeutig nicht; kann als unterstützendes Mittel aber sinnvoll erscheinen, wenn es uns gelingt, die vorhandenen Kompetenzen in den Vordergrund zu rücken und nicht die monetären Aspekte.
Aber diese Kompetenzen müssen wir zuallererst erkennen, fördern und entsprechend in die berufliche Bildung einbringen. Es darf nicht dazu kommen, dass der Auszubildende dem Arbeitgeber suggeriert: Ihr bekommt etwas, wenn ihr mich nehmt. Der Wert des Menschen sollte anders betrachtet werden.
Auch die Eltern, die einen wesentlichen Anteil an der beruflichen Orientierung ihrer Kinder haben, müssen gleichberechtigte Partner sein. Unser wissenschaftlicher Referent gab mir gestern eine interessante Bertelsmann-Studie, die beweist, dass mehr Information auch zu mehr Sicherheit und mehr Offenheit führt. Wenn Eltern über die Möglichkeiten anderer Wege als Werkstätten informiert sind, dann trauen sie sich auch, diese Wege zu beschreiten.
Zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention wurde am 15. Juni 2011 ein nationaler Aktionsplan beschlossen. Ziel und Leitgedanke ist die Inklusion, Teilhabe von Anfang an in allen Bereichen. Denn wer Inklusion auf einzelne Lebensbereiche beschränken will, der muss bereits im Ansatz scheitern.
Die Beschäftigungssituation behinderter Menschen hat sich in den vergangenen Jahren zwar etwas verbessert, auch wegen zahlreicher Initiativen, aber gerade bei der Ausbildung liegt noch sehr viel Potenzial brach. Deshalb begrüße ich jedwede
Es muss uns gelingen, eine Inklusionskompetenz zu entwickeln, angefangen bei den Schulen bis hin zu den Kammern, den Ämtern und natürlich den Ausbildungsbetrieben selbst.
Oft geht noch die Mär um, Behindertsein bedeute, nicht in vollem Umfang leistungsfähig zu sein. Zuerst sollte man mit diesen Stereotypen aufräumen; denn die Lebenspraxis beweist nur allzu oft, dass das nicht so ist. Im Gegenteil, die UN-Behindertenrechtskonvention bescheinigt Deutschland schlechte Noten auf dem Weg zur inklusiven Gesellschaft. Der Parallel- oder auch Schattenbericht der Behindertenrechtskonvention in Deutschland hat in Bezug auf die Inklusion von Menschen mit Behinderungen ernüchternd festgestellt, dass sich Deutschland in puncto Inklusion eher rückwärts gerichtet bewegt.
Insbesondere die Integration in den ersten Arbeitsmarkt scheint für viele Betroffene zu Recht eine reine Worthülse zu sein. Es muss gelingen, die Bedingungen für die Umwandlung des derzeitigen separierenden Berufsbildungssystems in ein inkludierendes zu schaffen. Dafür ist ein gesellschaftlicher Wandel notwendig. Barrieren müssen zunächst in den Köpfen abgebaut werden, und das bei jedem von uns.