- Es ist ein kleiner Anfang. Aber wenn die Gelder nur in Beton fließen, kann es nicht die richtige Richtung sein. Eine Gewichtung von 98 % zu 2 % ist für meine Begriffe falsch. Investitionen nur in Beton sind nicht das Richtige. Ich stehe eher für die Investitionen in Köpfe.
Grundsätzlich sind Stadtplanung, Stadtentwicklung und Sozialplanung gemeinsam zu betrachten. Dass dies nicht passiert, ist schon daran abzulesen, dass das Sozialministerium an der Entwicklung der Förderbedingungen des Programms „Soziale Stadt“ nicht einmal beteiligt war.
Was hätte nun ein entsprechendes Sozialziel geändert? - Hätte das Land ein Sozialziel zum Quartiersansatz, dann würde niemand auf die Idee kommen, das Förderprogramm „Soziale Stadt“ als
wirkungsvolle Zielerreichung zu beschreiben. Denn weder die konzeptionelle Ausrichtung dieses Programms noch die stattfindende Mittelverwendung für das Quartiersmanagement bringen uns dem Ziel, lebendige und generationengerechte Sozialräume zu schaffen, großartig näher. Mit der Leitschnur Quartiersansatz wäre, so lautet meine These, ein gänzlich anderes Programm entwickelt worden.
Schauen wir auf unsere Große Anfrage. Auf die Frage, ob die Landesregierung im Bereich alternativer Wohnformen bestimmte Ziele verfolgt, heißt es, die Entscheidung liege bei den Akteuren. Das ist natürlich vom Ausgangspunkt her erst einmal richtig. Wir können und wollen keinen Träger zwingen, eine selbständig organisierte Wohnform zu gründen. Schon gar nicht wollen wir einen älteren Menschen zwingen, in eine selbstorganisierte Wohngemeinschaft einzuziehen.
Aber das Land kann sich Ziele geben und das Land muss sich Ziele geben, weil Politik Rahmensetzung bedeutet. Man könnte formulieren: Wir wollen, dass bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Anzahl von Wohngruppen im Land existiert, damit ein gewisser Anteil der Pflegebedürftigen in selbständig organisierten Wohngruppen leben kann.
Es geht um die Beschreibung eines Gesamtbildes. Es geht um die Fragen, wie wir in Zukunft leben wollen und wie die Menschen in Sachsen-Anhalt in Zukunft leben sollen.
Es ist auch zu überlegen, wie wir es schaffen, dieses Ziel zu erreichen, und wie wir entsprechende Anreize setzen können. Welchen Hürden, welche Schwierigkeiten gibt es in der Praxis, um beim Beispiel bleiben, um alternative Wohnformen auf den Weg zu bringen? Das müssen wir mit konkreten begleitenden gesetzlichen Maßnahmen angehen.
Wenn wir aber keine Ziele haben, dann erübrigen sich diese Fragen. Dann haben wir einen Wildwuchs und dann können wir alle paar Jahre Anfragen stellen und konstatieren, dass sich in der Praxis nicht viel entwickelt hat. In diesem Fall endet die Arbeit der Politik mit der Verabschiedung eines Gesetzes. Mir persönlich ist dies zu wenig. Ich glaube, in der Gesamtverantwortung sollten wir weitergehen.
Weil Ziele Voraussetzung für planvolles Handeln sind. Mit klar benannten Sozialzielen liegt ein Bewertungsrahmen vor, um bestehende Gesetze, Verordnungen und Förderprogramme zu evaluieren. Es könnte jeweils geprüft werden: Bringen uns diese Regularien in die gewünschte Richtung?
Es wäre auch eine klare Orientierung für die Kommunen; auch das ist mir ganz wichtig. Sie könnten sehen: In welche Richtung orientiert sich das Land? In welche Richtung will sich das Land entwickeln? Welche Synergien können wir herstellen? Es ist doch wohl in einem kleinen Land wie Sachsen-Anhalt sinnvoll, wenn sich alle Ebenen in die gleiche Richtung entwickeln.
Deshalb sollen auch die kommunalen Spitzenverbände einbezogen werden, damit das Handeln von Anfang an von allen zu beteiligenden Personen verbindlich aufeinander abgestimmt wird. Auf dieser Grundlage lässt sich dann konzeptionell weiterarbeiten. Letztlich wird damit auch die Haushaltsaufstellung, die Königsdisziplin dieses Hauses, orientiert, unterlegt und zielgerichtet vonstatten gehen können.
Knapper werdende Mittel machen Planung nicht zu einem Luxus, sondern zu einer Notwendigkeit; das wissen alle Haushälter. Auch auf die Gefahr hin, dass ich Sie nerve: Keine Planung zu haben können wir uns schlicht und ergreifend nicht mehr leisten. Fangen wir also im konkreten Fall mit der Festlegung von Sozialzielen an. Binden wir die Liga ein, binden wir die kommunalen Spitzenverbände ein. Schaffen wir ein Zeichen, indem wir sagen: Gut, wir haben in diesen fünf Jahren vielleicht nicht viel auf die Reihe bekommen, aber wir sehen ein, dass es nötig ist, eine Zielvereinbarung zu schaffen, um in der nächsten Legislatur tatsächlich etwas Vorzeigbares in der Hand zu haben.
Die jahrelangen Vorarbeiten der Liga würden damit anerkannt werden. Ich glaube, das ist das Mindeste, was wir nach so vielen Jahren tun können und tun sollten. Da wir über diese Fragen in diesem Hohen Hause schon mehrmals geredet haben und ich mir bei all diesen Überweisungen, die ich heute in diesem Hause schon gehört habe, insbesondere in den Sozialausschuss, beim besten Willen nicht mehr vorstellen kann, wie wir auch noch diese freudig erwarteten Diskussionen dazu führen können, bitte ich um Direktabstimmung über unseren Antrag. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Lüddemann, ich glaube, in vielen Dingen waren es auch heute Anregungen, bei denen wir nicht weit
auseinanderliegen. Aber zuerst möchte ich mich für das Lob bedanken; ich gebe das weiter. Ich habe das ja nicht selbst erarbeitet. Aber es ist manchmal so, dass man Mitarbeiter im Haus hat, die neu sind, die auch etwas anders denken, gemeinsamer denken. Das gebe ich auf jeden Fall weiter. Ich habe es auch so gesehen, dass das ein guter Sozialbericht war.
Ich möchte mit einigen grundsätzlichen Dingen beginnen, auf die Sie - nicht nur Sie, auch andere Fraktionen tun das, auch Frau Professorin Dalbert - in Ihrer Rede, wenn es um Partizipation geht, ganz stark den Fokus richten, was ich für absolut richtig halte.
Ich sehe manchmal einen Widerspruch bei den Formulierungen; aber vielleicht benutze ich die ja auch. Wenn wir sagen „Ziele geben“ - diese Formulierung haben Sie ein paar Mal verwendet -, dann klingt das, als würden wir sie vorgeben. Ich würde lieber Ziele vereinbaren. Das ist der Ansatz, den wir auch bei jugendpolitischen Programmen haben. Wir sagen: Wenn wir es gemeinsam machen und gemeinsam auf den Weg geben, dauert es eventuell länger, aber die Akzeptanz ist nachher größer. Die Menschen wissen, dass sie ernst genommen werden und dass Demokratie, also das Mitmachen, tatsächlich Sinn macht.
Ich habe in dieser Wahlperiode eine Erfahrung gemacht: Die Wahlperioden gehen viel zu schnell herum. Bevor man sich - das geht auch meinem Ministerium so - orientiert hat und richtig losgelegt hat, merkt man auf einmal, es geht dem Ende entgegen. Wir haben allein für den Termin, den wir auch mit Ihnen, den Abgeordneten, mit der Liga und mit den kommunalen Spitzenverbänden vereinbart haben, mittlerweile ein halbes Jahr gebraucht. Wir bemühen uns darum seit Juni 2015 und haben den Termin jetzt im Dezember hinbekommen. Einmal war Landtagssitzung, ein anderes Mal konnten diese nicht, dann jene nicht. Ich will damit sagen: Manchmal sind es auch äußere Faktoren, die dazu beitragen, dass das ganz schön in die Länge geht.
Eine weitere Sache hat sich bei mir eingebrannt: Wenn wir es schaffen würden, Gesetzentwürfe nicht nur zur Anhörung freizugeben, sondern - ich fasse mir dabei an die eigene Nase - sie mit anderen zu erarbeiten, andere also schon vorher einzubeziehen, dann ist die Akzeptanz zumindest für diesen Teil auf jeden Fall höher. Wenn wir später etwas von uns hineingeben, weil wir sozusagen durch unsere Fachleute Fachkenntnisse hineinbringen, ist das in den Diskussionen immer ein bisschen schwieriger. Das Wohn- und Teilhabepaket ist ein typisches Beispiel dafür, wie sehr trotz aller Anhörungen die Diskussionen noch einmal losgehen. Wichtig ist zumindest der Ansatz, dass wir Menschen von vornherein mitnehmen.
Das Gleiche gilt für den ressortübergreifenden Ansatz. Das ist leicht gesagt. Es gibt viel zu viele Punkte, bei denen wir etwas gemeinsam machen sollten, aber am Ende überwiegt jeder mit seiner Verantwortung. Jeder Mitarbeiter sieht sein eigenes Haus zuerst. Damit will er glänzen, damit identifiziert er sich eher. Das ist ein etwas breiterer Weg, aber wir können tatsächlich mehr erreichen.
Jetzt zur Sozialplanung auf der Landesebene. Ich finde es erst einmal sehr schön, dass jetzt alle von Sozialzielen reden; denn das kann man gut vereinbaren. Mit dem Begriff Planung hatte ich immer meine Schwierigkeiten. Und ob man das Strukturatlas oder Strukturkompass nennt, ist eigentlich egal. Es geht einfach um dieselbe Richtung.
Wir brauchen die notwendigen Schritte - ich habe es im Juni 2014 schon gesagt -, diese Abstimmung mit der Liga und mit den kommunalen Spitzenverbänden. Wir brauchen - auch das haben Sie erwähnt; deshalb möchte ich an dieser Stelle nicht inhaltlich einsteigen - landeseinheitliche Sozialindikatoren im Rahmen der regionalen Prozesse für Sozialziele, Formulierungen, die ja überall unterschiedlich sein können, je nachdem, in welcher Region man lebt, und die Verzahnung dieser Indikatoren im Strukturkompass zwecks nachhaltiger Unterstützung.
Wir befinden uns insoweit mitten in der Umsetzung dieses bereits bestehenden Landtagsbeschlusses zur Erarbeitung von Sozialzielen als Wegweiser einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Sozialpolitik. Es wurden inzwischen grundlegende Absprachen mit der Liga und den kommunalen Spitzenverbänden zur Erarbeitung von Kriterien und Formulierungen für Sozialziele getroffen.
Es gibt den Steuerungskreis Sozialziele, der initiiert wurde und der aus Vertretern der Verbände besteht, die ich soeben genannt habe. Dieser ist mittlerweile dreimal zusammengetreten und hat meines Erachtens entscheidende Weichenstellungen zu dem laufenden Prozess der Sozialzielfindung vorgenommen. Zudem wurden die Projektstruktur verabredet, die Verantwortlichkeiten sowie der zugrundeliegende Zeitplan festgeschrieben und das Motto festgelegt, das „Neue Wege - gemeinsame Ziele“ lauten soll.
Im Dezember - das ist jetzt vereinbart worden, weil ich möchte, dass die Abgeordneten des Landtages daran teilnehmen können; sonst hätte es, glaube ich, heute stattgefunden - wird unter diesem Motto die zentrale Auftaktveranstaltung im Ministerium für Arbeit und Soziales stattfinden. Sie richtet sich vor allen an die regionalpolitisch wie administrativ Verantwortlichen bei den Landkreisen und kreisfreien Städten sowie aus den Reihen der freien Träger. Ab Sommer 2016 ist die Fortsetzung die
ser Diskussion um mögliche sozialpolitische Handlungsbedarfe des Landes in fünf regionalen Demografiewerkstätten geplant.
Das machen wir jetzt alles. Deshalb ist es auch richtig, dass Sie sagen, wir möchten gern, dass das legislaturperiodenübergreifend ist. Das sind solche Prozesse, die so lange dauern und die über Legislaturperioden hinausgehen.
Ich bin deshalb sicher, dass das nicht der Diskontinuität zum Opfer fällt, weil die anderen Akteure schon miteinander abgesprochen haben, dass dieser Prozess weitergeht. Er hängt jetzt also gar nicht so sehr davon ab, wie der Landtag das noch einmal aufruft, sondern es wird ein Arbeitsprozess sein, der über die auslaufende Legislaturperiode hinausgeht.
Deshalb: Diese geforderte Berichtspflicht halte ich für Ende 2016 für sinnvoller. Aber ich gebe zu, ich habe mich gefreut, als in Ihrem Antrag stand, dass Sie die Berichterstattung im ersten Halbjahr 2016 wünschen. Da habe ich gedacht: Ach, Januar, Februar, März - das klappt noch. Ich weiß nicht, ob es dann geht. Wir werden sehen, wie wir das im Dezember machen. Auf jeden Fall bin ich zu jeder Aussage bereit. Deshalb danke ich ausdrücklich für diese Begleitung und auch manche Anregung, die Sie für diesen Prozess mitgeben.
Danke schön, Herr Minister. - Als Nächster spricht für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Rotter.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns in der Vergangenheit in diesem Hohen Hause bereits wiederholt mit der Thematik der Sozialberichterstattung sowie mit den Sozialzielen befasst. Insofern ist das, was der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aufgreift, nicht wirklich neu.
Liest man den Antrag wiederholt, muss man den Eindruck gewinnen - zumindest ist es mir so gegangen -, dass die Antragstellerin offensichtlich der Auffassung ist, dass der Minister für Arbeit und Soziales Norbert Bischoff und das von ihm geleitete Ressort nicht wirklich wissen, wie sie ihren Job zu machen haben. Ihnen das zu erklären, hat sich die Antragstellerin offensichtlich zum Ziel gesetzt. Anders kann man - zumindest sehe ich das so - den detaillierten Aufgabenkatalog und die konkreten Umsetzungsvorgaben zur Erledigung dieser
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will für meine Fraktion hier ausdrücklich erklären, dass wir diese Einschätzung der Antragstellerin - falls ich mich da irren sollte, bitte ich natürlich um Entschuldigung - ausdrücklich nicht teilen. Angesichts des Aufwandes, den das Sozialministerium mit der Erstellung des jüngsten Sozialberichts der Landesregierung betrieben hat, finde ich es im Lichte dessen, dass eine Befassung mit diesem aus unserer Sicht gelungenen Bericht weder im zuständigen Fachausschuss des Landtages noch in diesem Hohen Hause stattgefunden hat - das sage ich mit Verlaub -, vermessen.
Wäre die Annahme der Antragstellerin zutreffend, dass sie der Landesregierung erst erklären muss, welche Schlussfolgerungen sich aus dem Sozialbericht ergeben, wäre der Aufwand, den das Sozialministerium für die Erstellung des Sozialberichtes aufgewendet hat, ja vollkommen überflüssig gewesen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dann wäre die Berichterstellung ein reiner Selbstzweck gewesen, um einen Beschluss des Landtages umzusetzen. Dass das nicht so ist, hat Herr Minister Bischoff in seinem Redebeitrag zumindest für mich ausführlich dargelegt. Er hat dargelegt, welchen Arbeitsstand die Erarbeitung der Sozialziele bereits erreicht hat. Aus unserer Sicht befindet sich dieser Prozess auf einem durchaus guten Weg.
Dies vorangestellt, wird es Sie mit Sicherheit nicht verwundern, dass wir dem Antrag nicht zustimmen können und dies auch nicht tun werden. Nichtsdestotrotz, liebe Kollegin Lüddemann, werden auch wir jetzt keine Überweisung beantragen, sondern auf eine Direktabstimmung drängen.
Wir haben einen Alternativantrag vorgelegt. Diesen Alternativantrag haben wir natürlich auch zur Unterstützung der Arbeit des Ministers vorgelegt. Wir als Regierungsfraktionen haben uns auf diesen Antrag verständigt, der aus unserer Sicht inhaltlich weit über den Inhalt des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hinausgeht. Unser Alternativantrag beschränkt sich nicht auf die Erarbeitung von Sozialzielen, sondern hat auch bereits deren Umsetzung auf dem Weg zur Zielerreichung im Blick.
Auch sind wir - anders als die Antragstellerin - der Auffassung, dass zunächst die Landesregierung Sozialziele definieren und diese dann mit den bekannten Akteuren erörtern und abstimmen sollte. Die Landesregierung soll nach unserer Auffassung schon die Möglichkeit haben, unabhängig von Diskussionsprozessen mit Dritten Ziele zu definieren, die sie erreichen will. Erst wenn dies geschieht,
sollen über die Ziele und den Weg, wie diese Ziele erreicht werden sollen, mit den Akteuren diskutiert werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn wir dies im Alternativantrag nicht ausdrücklich formuliert haben, bin ich schon der Auffassung, dass wir abschließend auch in diesem Hohen Hause über diese entwickelten Sozialziele und den Weg zur Erreichung dieser Ziele diskutieren sollen und müssen. Ich bin mir sicher, dass sich dabei spannende Gespräche und Diskussionsbeiträge ergeben werden. Ich hoffe sicher sein zu dürfen, dass hierüber Einigkeit besteht.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte um Zustimmung zu dem Alternativantrag der Regierungsfraktionen. Den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehnen wir ab. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.