Protokoll der Sitzung vom 18.09.2015

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU - Frau Grimm-Benne, SPD: Das gilt für beide Fraktionen!)

Sagen wir es ganz ehrlich: ein Schelm, der vielleicht Böses dabei denkt. Doch der Reihe nach.

Das Bundesverfassungsgericht hat bekanntermaßen am 21. Juli 2015 entschieden, dass die Regelungen für das Betreuungsgeld gegen das Grundgesetz verstoßen. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass der Bund hierzu über keine

Gesetzgebungskompetenz verfüge und diese vielmehr bei den Bundesländern liege. Noch ist unklar, welche Schlussfolgerungen der Bund aus diesem Urteil ziehen wird.

Während der Bundesfinanzminister damit zu liebäugeln scheint, die etwa 1 Milliarde € zur Sanierung der Staatsfinanzen einzusetzen, fordert die Bundesfamilienministerin, dass dieses Geld weiterhin den Familien zugutekommen und in den Ausbau und in die Verbesserung der Kindertagesbetreuung gesteckt werden solle.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Derzeit ist Folgendes festzustellen:

Erstens. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Betreuungsgeld liegt die Gesetzgebungskompetenz für das Thema klar und eindeutig bei den Ländern und damit auch bei uns.

Zweitens. Die bisher für das Betreuungsgeld eingesetzten Bundesmittel sollten nach der Auffassung auch der CDU-Fraktion nicht wegfallen, sondern in vollem Umfang den Ländern zur Verfügung gestellt werden. Auch wenn bisher noch nicht darüber entschieden worden ist, wie die hierfür bereits in den Bundeshaushalt eingestellten Mittel künftig eingesetzt werden, halten wir es für wünschenswert, dass sich die Landesregierung im Bundesrat und gegenüber der Bundesregierung dafür einsetzt, dass die bisher für das Betreuungsgeld eingesetzten Bundesmittel nicht dem allgemeinen Bundeshaushalt, sondern in vollem Umfang den Ländern für Maßnahmen im Bereich der Kindertagesbetreuung zur Verfügung gestellt werden. Die Verteilung dieser Bundesmittel soll nach dem jeweils gültigen Königsteiner Schlüssel auf die Länder erfolgen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für den Fall, dass die Bundesmittel wirklich den Ländern zur Verfügung gestellt werden, hat meine Fraktion beschlossen, dass angesichts der massiven Debatten über das KiFöG und über die Höhe der Elternbeiträge die dem Land Sachsen-Anhalt zur Verfügung gestellten Mittel zur Entlastung der Eltern durch die Senkung der Kostenbeiträge nach § 13 KiFöG des Landes Sachsen-Anhalt eingesetzt werden sollen. Dies muss aus unserer Sicht kostenneutral für den Landeshaushalt gestaltet werden. Das bedeutet, dass nur die zugewiesenen Bundesmittel hierfür eingesetzt werden.

Falls es die Höhe der zugewiesenen Mittel erlaubt, könnten diese dafür eingesetzt werden, dass das letzte Kindergartenjahr vor der Einschulung elternbeitragsfrei gestellt wird. Diese Idee verfolgt die CDU in Sachsen-Anhalt bekanntermaßen schon seit einigen Jahren.

(Frau Zoschke, DIE LINKE, lacht - Frau Nie- städt, SPD: Das Betreuungsgeld gibt es doch nur einmalig!)

- Das ist Tatsache und das können Sie überall nachlesen, sehr geehrte Frau Kollegin Zoschke.

(Frau Zoschke, DIE LINKE: Ist doch gut ge- sagt!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Da wir zwar die Intention des Antrags, aber nicht die vorliegende Formulierung teilen, haben wir versucht, uns mit unserem Koalitionspartner auf einen Änderungsantrag zu verständigen. Aus für uns nicht nachvollziehbaren Gründen hat die SPD dies leider abgelehnt.

(Oh! bei der LINKEN - Herr Miesterfeldt, SPD: Was? - Frau Niestädt, SPD: Ist ja ein Ding!)

- Ja.

(Herr Höhn, DIE LINKE: Sie haben doch nicht etwa eine Krise? - Frau Tiedge, DIE LINKE: Haben wir denn schon Wahlkampf?)

Vor dem Hintergrund, dass unser Koalitionspartner seit geraumer Zeit nicht müde wird, darauf hinzuweisen, dass er sich in der kommenden Wahlperiode eine Regierungsbeteiligung in einer deutlich veränderten Konstellation vorstellen könne, werden wir - sollte es dazu kommen - aufmerksam beobachten, wie sich die SPD zu dieser sinnvollen Position der Antragstellerin verhalten wird.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die CDU-Fraktion beantrage ich die Überweisung des Antrags in den Ausschuss für Arbeit und Soziales und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht nun Frau Abgeordnete Lüddemann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Kollege Rotter hat mich gerade gefragt - ich sage es, falls es nicht alle gehört haben -, warum ich so strahle. Das liegt daran, dass Sie so wunderbar Märchen erzählen können, Herr Rotter. Ich höre Ihnen immer so gern zu.

(Beifall bei den GRÜNEN - Heiterkeit bei der LINKEN)

Aber wenn wir zum Antrag kommen, hätte man theoretisch zu einem völlig überraschenden Ergebnis kommen können. Sie haben es vorweggenommen. Aber theoretisch hätte man davon ausgehen können, dass alle Fraktionen dieses Hohen Hauses diesem Antrag zustimmen; denn ganz sicher ist auch mir diese amüsante Gleichzeitigkeit aufgefallen.

Sie haben es eben erwähnt, aber weil es so schön ist, möchte ich es auch noch einmal sagen; denn Sie haben mit einer Pressemitteilung letzten Mittwoch kundgetan, dass Sie fordern, die Betreuungsgelder, sollten sie denn auf die Länder verteilt werden, für diese in Rede stehende Absenkung der Elternbeiträge und eine entsprechende Entlastung einzusetzen.

Dass nun ausgerechnet DIE LINKE das zum Antrag erhebt, ist in der Tat wenigstens zum Schmunzeln, finde ich, zumal der Antrag - das ist vielleicht noch interessant - in der ersten vorläufigen Tagesordnung zum Plenum noch nicht enthalten war, sondern wirklich sehr spontan aufgetaucht ist.

Wieder zur Sache. Da die Senkung des Elternbeitrages erklärtes Anliegen der GRÜNEN-Fraktion ist, würden wir uns jeder Möglichkeit öffnen, dies auch in die Realität umzusetzen, so auch der Umverteilung der Gelder in der hier vorgeschlagenen Weise.

Nach dem in der Sache zu erwartenden und auch begrüßenswerten Urteil des Bundesverfassungsgerichtes - ich habe mich dazu im Sommer lang und breit geäußert - ist es nur logisch und sachgerecht, die frei werdenden Gelder im Bundeshaushalt - bis 2018 ist es immerhin rund 1 Milliarde € - der Kinderbetreuung zukommen zu lassen.

Auf der Bundesebene wurde mehrfach, auch von den GRÜNEN, die Forderung erhoben, die Gelder, die für Familien und Kinder gedacht waren - wenn auch in einer unsinnigen und rückwärts gewandten Leistung -, da sie nun einmal eingestellt sind, auch weiterhin sinnvoll einzusetzen und für Familien und Kinder zur Verfügung zu stellen. Aber dann eben allen Kindern und Familien - immer vorausgesetzt, es würde zu dieser Verteilung kommen.

Da in Sachsen-Anhalt weniger die Quantität als die Qualität eine Rolle spielt, sollte man die Mittel dafür einsetzen. Eine Entlastung beim Elternbeitrag wäre etwas, was allen Familien zugute käme.

Dieser Handlungsbedarf ist mehrfach in diesem Hohen Hause besprochen worden. Die CDU hat sich sicherlich nicht umsonst öffentlich in diese Richtung positioniert. Meine Fraktion würde diese Forderung unterstützen, auch wenn klar sein muss, dass eine solche Aktion, ein solcher Einsatz der Gelder nur überbrücken würde. Denn es ist eine endliche Summe, die in Rede steht. Wir müssten dann diese Zeit nutzen, um tatsächlich nachhaltig und dauerhaft eine Entlastung vorzunehmen.

Ich will noch einmal an den Vorschlag meiner Fraktion erinnern, eine soziale Staffelung der Elternbeiträge vorzunehmen, um wirklich dauerhaft und nachhaltig die Situation zu verbessern.

Wir sind auch an einer kurzfristigen Entlastung interessiert. Selbstverständlich! Alles das, was Fami

lien entlastet, ist hilfreich. Aber wir müssen auch darüber hinaus und dauerhaft denken.

Ich glaube, praktisch würde sich ein kleiner Knackpunkt im Antrag ergeben, weil Sie zwei Forderungen erheben, nämlich zum einen, die Elternbeiträge zu reduzieren, und zum anderen, die Qualität in der Kinderbetreuung zu verbessern. Das würde quasi parallel zueinander stehen. Man müsste dann schauen, wie man das aufteilt. Das ist jetzt aber mehr eine theoretische Diskussion. Erst einmal müsste es zu dieser Verteilung kommen.

Nach den Äußerungen des Bundesfinanzministers liegt das, glaube ich, eher in der Ferne; denn es ist so, dass nicht nur die Bundesfamilienministerin das Geld für ihren Haushalt beansprucht. Es ist schlimmer, sage ich jetzt einmal als Familienpolitikerin; denn das Geld soll eher im allgemeinen Bundeshaushalt zur Deckung von welchen Ausgaben auch immer verschwinden, also auch nicht über die Bundesebene Familien zugute kommen.

Daher ist es wichtig, auf allen Ebenen noch einmal darauf hinzuweisen, dass das - in welcher Form auch immer - Geld ist, das Familien und Kindern zugute kommen sollte. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. Kollegin Lüddemann, es gibt eine Nachfrage der Kollegin Niestädt. Möchten Sie diese beantworten?

Wenn ich kann.

Kollegin Niestädt, bitte.

Kollegin Lüddemann, mich bewegt eine Frage. Sie wissen, dass das Betreuungsgeld, wenn es auf die Länder verteilt wird, eine einmalige Zahlung ist. Das hört sich alles wunderschön an. Es wird gesagt: Dann entlasten wir die Eltern von den Beiträgen und senken diese einmal.

Zwei Fragen dazu: a) Wie sollte das praktisch überhaupt gehen? Man müsste den Kommunen oktroyieren, die Gelder, die dann für die Elternbeiträge kommen, zur Senkung der Beiträge zu nutzen.

b) Die Zahlung ist einmalig. Was machen Sie im nächsten oder übernächsten Jahr, wenn die Gelder verbraucht sind?

Sie haben gesagt, wir müssten uns bis dahin überlegen, wie es künftig weitergehen soll. Das heißt,

Sie wollen das praktisch als Sprungbrett nutzen, um zu schauen, wie man das Kinderfördergesetz am Ende gestaltet. Machen Sie sich diesbezüglich nicht etwas vor?

Ich glaube, wir machen uns dabei nichts vor. Das ist das, was ich eben angemerkt habe. Ich habe gesagt, dass das natürlich eine klar begrenzte Summe ist, die nicht weit reichen wird. Wenn man diese tatsächlich für die Absenkung der Elternbeiträge einsetzen würde, müsste man die Zeit nutzen, um begleitend eine dauerhafte Regelung, eine Landesregelung, auf den Weg zu bringen.

Wir haben dazu die soziale Staffelung der Elternbeiträge wie in Brandenburg und MecklenburgVorpommern - vielleicht auch ein bisschen anders; das müsste man dann diskutieren - ins Spiel gebracht. Wir haben das damals durchgerechnet. Wir könnten die zwei Jahre, die wir dann hätten, nutzen, um eine dauerhafte Regelung in der gleichen Weise auf den Weg zu bringen. Das wäre das einzig Sinnvolle.

Ich glaube, es wäre überhaupt nicht vermittelbar, wenn man sagt: Ihr bekommt eine punktuelle Absenkung und dann kehren wir zum alten Status zurück. Das macht überhaupt keinen Sinn. Deswegen habe ich immer im Konjunktiv gesprochen.

Ich meine, wir müssen uns alle nichts vormachen. Herr Schäuble hat schon klar die Richtung vorgegeben, dass das Geld bei uns im Land nicht ankommen wird. Wäre das Geld im Land und hätten wir es zur Verfügung, ist das meine Variante, wie man damit umgehen könnte.

Nichtsdestotrotz, glaube ich, bleibt noch immer die Herausforderung bestehen, die immer weiter steigenden Elternbeiträge anzugehen. Dazu bleibt noch unser Vorschlag hinsichtlich der sozialen Staffelung bestehen, was durchaus machbar ist.