Protokoll der Sitzung vom 14.10.2015

Wir haben Präsidentschaftswahlen in den USA und im Jahr 2017 plötzlich und unerwartet in der Bundesrepublik Deutschland Wahlen zum Deutschen Bundestag; da wäre das nur störend.

Ich distanziere mich ausdrücklich davon, dass - das ist auf der Veranstaltung in Berlin am Samstag der Fall gewesen - Hassparolen gestreut werden und zu Gewalt aufgerufen wird. Das darf man in einer Demokratie nicht tolerieren und das lehne ich absolut ab.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Es gibt in der Europäischen Union das Vorsorgeprinzip. Das ist de facto abgeschafft worden, weil man sich von den USA lenken und leiten lassen hat. Daher kommt der Begriff „wissenschaftliche Bewertung“; das ist aus den USA übernommen. Das bedeutet nichts anderes als: Wenn in den USA GVO-Futter erlaubt ist, beispielsweise Gensoja, und es keine Alternative dazu gibt, muss das auch anderswo zulässig sein.

Ich weiß nicht, woher Sie Ihre Zuversicht haben, dass kein Standard abgesenkt wird. Wenn man sich die späten Sendungen, die dazu ab, ich sage einmal, 23.45 Uhr auf dem Sender „Arte“ laufen, anschaut, dann stellt man fest, dass die Vertreterinnen und Vertreter der USA sagen: Das ist mit uns nicht verhandelbar.

Kollege Hövelmann sprach die roten Linien an. Das war ja das - -

(Zuruf)

- Bundeswirtschaftsminister Gabriel hat klipp und klar gesagt: Wenn es mit den USA kein No-SpyAbkommen gibt, gibt es auch TTIP nicht. Er hat jetzt die zwei Möglichkeiten, entweder nicht zuzustimmen oder aus der SPD auszutreten; denn das ist die Beschlusslage. Ich weiß noch nicht, wie er sich dazu verhalten wird.

Norwegen - das ist gestern in der Sendung „Frontal 21“ zum Thema Vorsorgeprinzip sehr gut gezeigt worden - verlangt zum Beispiel in Futtermitteln nur Soja ohne GVO. Die bekommen das geliefert und sie bekommen das angebaut.

Wenn Europa jetzt sagen würde, wir möchten nur genfreies Soja, würde man das in Südamerika

sicher anbauen und nach dem Motto „Die Kundschaft wünscht es so“ auch liefern. Das ist nicht nachzuvollziehen, was Europa da so macht.

TTIP ist als „Blaupause“, weil es noch nicht öffentlich ist, eine schwierige Geschichte. Diesbezüglich eiert die Kollegenschaft der SPD auch ein bisschen herum. Minister Gabriel sprach von „anderen Systemen“, ohne das genauer zu benennen, davon, die Schiedsverfahren nicht einzuführen. Frau Däubler-Gmelin war sogar der Meinung, das sei verfassungswidrig und gehöre vor das Bundesverfassungsgericht, wenn sie so kämen.

Ich finde es absolut daneben, wenn in CDU-Kreisen, auch im Rahmen der Demo am Samstag von einer „Empörungsindustrie“ gesprochen wird, die von LINKEN und GRÜNEN geschürt wird, um irgendwelche Nebelkerzen hochzubringen. - Nein, wir haben eine berechtigte Kritik, die von vielen Menschen getragen und geteilt wird. Das wollten wir deutlich machen und nicht, dass wir einen fairen Welthandel in Bausch und Bogen ablehnen. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Frau Präsidentin, zusätzlich zu dem Antrag des Kollegen Thomas bitte ich darum, neben dem Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien mit dem Thema zu befassen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir treten in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 6/4445 ein. Es wurde eine Überweisung des Antrages der Fraktion DIE LINKE beantragt. - Dieser steht nichts entgegen. Soll die Federführung dem Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft obliegen? - Auch dem steht nichts entgegen.

Wir müssten nur noch darüber abstimmen, ob der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien mitberatend sein soll. Wer stimmt dafür? - Das sind alle Fraktionen.

Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 6/4445 zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft und zur Mitberatung in den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien überwiesen worden.

Wir treten nun in die Mittagspause ein. Wir finden uns hier um 13.45 Uhr wieder zusammen.

Unterbrechung: 12.57 Uhr.

Wiederbeginn: 13.46 Uhr.

Wir fahren fort mit Tagesordnungspunkt 7:

Zweite Beratung

Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/3987

Beschlussempfehlung Ausschuss für Inneres und Sport - Drs. 6/4339

Die erste Beratung fand in der 88. Sitzung des Landtages am 23. April 2015 statt.

(Unruhe)

Berichterstatter ist der Abgeordnete Herr Brachmann. - Die wenigen Kollegen, die anwesend sind, möchte ich bitten, etwas ruhiger zu sein.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! - Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag hat den Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt - das war ein Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der SPD - in der 88. Sitzung am 23. April 2015 zur Beratung und Beschlussfassung an den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen.

Die Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung wurde wegen eines Urteils des Landesverfassungsgerichtes vom 11. November 2014 notwendig, worin Teile des Gesetzes als verfassungswidrig erklärt worden waren. Das Gericht hat dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum, 31. Dezember 2015 verfassungskonforme Neuregelungen zu schaffen. Dem dient der Ihnen nunmehr in zweiter Lesung vorliegende Gesetzentwurf.

Der Ausschuss für Inneres und Sport befasste sich in der 61. Sitzung am 7. Mai 2015 erstmals mit dem Gesetzentwurf. Die regierungstragenden Fraktionen schlugen ein schriftliches Anhörungsverfahren vor. Für eine breiter angelegte Anhörung, wie sie von der Opposition gefordert wurde, sah die Koalition keine Notwendigkeit, weil es lediglich um Änderungen geht, die das Landesverfassungsgericht dem Gesetzgeber ins Hausaufgabenheft geschrieben hat.

Es wurde dann auch eine schriftliche Anhörung beschlossen. Nachdem diese abgeschlossen war, führte der Ausschuss für Inneres und Sport am 3. September 2015 eine weitere Beratung zu die

sem Gesetzentwurf durch. Es lagen insgesamt 14 schriftliche Stellungnahmen sowie die Synopse des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes vor.

Die Koalitionsfraktionen machten sich die vom GBD vorgeschlagenen Änderungen, die im Wesentlichen rechtsförmlicher und redaktioneller Art waren, zu Eigen. Im Vorfeld der Abstimmungen machte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN deutlich, dass es zwar richtig sei, die vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst empfohlenen Änderungen in das Gesetz aufzunehmen, dem Gesetzentwurf mangele es jedoch nach Auffassung der Fraktion an Begründungen, da Behauptungen aufgestellt würden, die sich durch Tatsachen nicht erhärten ließen. Aus diesem Grund enthielt sich die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf der Stimme.

Die Fraktion DIE LINKE erklärte, dass sie sich ebenfalls der Stimme enthalte, weil der Gesetzentwurf zwar in die richtige Richtung gehe, aus ihrer Sicht jedoch nicht weit genug. - So weit mein Bericht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ausschuss beschloss den Gesetzentwurf mit 6 : 0 : 5 Stimmen. Ich darf Sie im Namen des Ausschusses um Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung bitten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr für die Berichterstattung. - Für die Landesregierung spricht Herr Minister Stahlknecht. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der regierungstragenden Fraktionen sollen Regelungen des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt, die nach dem Urteil des Landesverfassungsgerichtes vom 11. November 2014 unter Maßgaben bestätigt worden sind, die erforderlichen Nachbesserungen erfahren. Damit kann die Polizei auch nach dem 31. Dezember dieses Jahres, also ab 1. Januar nächsten Jahres, von diesen Befugnissen Gebrauch machen.

Das betrifft zum einen die Befugnis für die Polizei, Videoaufzeichnungen bei Anhalte- und Kontrollsituationen bei bestimmten Lageerkenntnissen anfertigen zu können, und zum anderen den Behördenleitervorbehalt für die Erhebung von Telekommunikationsinhalten und -umständen bei Gefahr im Verzuge.

Der Gesetzentwurf verlangt vor einem Videoeinsatz tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass dies

zur Abwehr einer Gefahr für Leib oder Leben der Polizeibeamten erforderlich ist. Ob diese vorliegen, hat nicht ein einzelner Polizeibeamter aufgrund seines persönlichen Sicherheitsempfindens, sondern der Behördenleiter oder ein besonders qualifizierter Beauftragter abschließend zu beurteilen.

Auch die Anordnung einer verdeckten Telekommunikationsüberwachung bei Gefahr im Verzuge durch den Behördenleiter oder einen besonders qualifizierten Beauftragten zu gestatten, ist im Hinblick auf die Bedeutsamkeit der zu schützenden Grundrechte sachgerecht.

Ein Vergleich mit ähnlich schwerwiegenden polizeilichen Befugnissen der verdeckten Erhebung personenbezogener Daten gebietet aus meiner Sicht, die Eingriffshürde genau in dieser Höhe zu justieren und die Pflicht einer unverzüglichen Beantragung einer richterlichen Bestätigung der polizeilichen Anordnung zu verankern.

Mit der vom Ausschuss für Inneres und Sport vorgeschlagenen zusätzlichen Ergänzung des § 17 werden zudem gleich schwerwiegende Grundrechtseingriffe im SOG systematischer und anwenderfreundlicher geregelt.

Ich begrüße, dass der Gesetzentwurf das Thema Konsum- und Verkaufsverbotszonen für Alkohol nicht wieder aufgreift. Die auf der Grundlage der §§ 30 und 94 des Gesetzes bestehenden Möglichkeiten, örtlich und zeitlich beschränkte Verbote des Alkoholkonsums und des Mitführens von Glasbehältern sowie Abgabeverbote zu verfügen, erscheinen mir völlig ausreichend.

Damit haben wir ein Gesetz, das der Polizei die erforderlichen Eingriffsmöglichkeiten bietet, verfassungssicher gemacht. Ich danke dem Ausschuss und bitte um Zustimmung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf. - Herzlichen Dank.

Danke, Herr Minister. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abgeordnete Frau Tiedge.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Innenminister, der Dank müsste eigentlich auch den Klägerinnen und Klägern gelten, die dafür gesorgt haben, dass das Gesetz nun verfassungskonform ist.