Nun stimmen wir über das Gesetz in seiner Gesamtheit ab. Wer dem Gesetz in seiner Gesamtheit zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind große Teile der Regierungsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Damit ist das Gesetz beschlossen worden und der Tagesordnungspunkt 9 ist erledigt.
Entwurf eines Gesetzes über die Organisation der Landesverwaltung Sachsen-Anhalt (Organi- sationsgesetz Sachsen-Anhalt - OrgG LSA)
Die erste Beratung fand in der 68. Sitzung des Landtages am 19. Juni 2014 statt. Die Berichterstattung übernimmt Herr Dr. Brachmann. Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf der Landesregierung über die Organisation der Landesverwaltung Sachsen-Anhalt wurde in der 68. Sitzung am 19. Juni 2014 zur Beratung und Beschlussfassung an den Innenausschuss überwiesen.
Nach Artikel 86 Abs. 2 der Landesverfassung werden der allgemeine Aufbau der öffentlichen Verwaltung und ihre räumliche Gliederung durch Gesetz geregelt. Dieser Verfassungsauftrag, liebe Kolleginnen und Kollegen, blieb lange Zeit unerfüllt. Zu dem Grund dafür werde ich nachher in der Debatte ein Wort verlieren. Dies war auch der Grund dafür, dass die Koalitionspartner zu Beginn dieser Legislaturperiode vereinbarten, die Schaffung eines Landesorganisationsgesetzes auf den Weg zu bringen.
Mit dem Ihnen heute in zweiter Lesung vorliegenden Gesetzentwurf wird diesem politischen Anliegen und dem Verfassungsauftrag aus Artikel 86 Abs. 2 Rechnung getragen.
Neben dem allgemeinen Aufbau der Landesverwaltung sollen durch das Gesetz zum einen Ziele und Grundsätze für die Organisationsentwicklung der Landesverwaltung festgelegt werden. Zum anderen enthält er allgemein anerkannte und teilweise aus dem Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetz übernommene Ziele und Grundsätze der Verwaltungsorganisation.
Des Weiteren enthält der Gesetzentwurf zur Vervollständigung der Regelungen zur Landesverwaltung einige wenige Vorschriften zur mittelbaren Landesverwaltung, insbesondere regelt dieser Abschnitt Mindestanforderungen der inneren Organisation der Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie deren Aufsicht.
Der Ausschuss für Inneres und Sport befasste sich in der 49. Sitzung am 3. Juli 2014 erstmals mit diesem Gesetzentwurf und beschloss im Ergebnis seiner Beratung, eine Anhörung dazu durchzuführen. Diese fand am 14. Januar 2015 statt.
Dass bis zur erneuten Befassung im Innenausschuss am 1. Oktober 2015 wieder etwas Zeit verging, lag daran, dass die abschließende Befassung im Ausschuss erst dann erfolgen sollte, wenn die Stellungnahme des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes zu dem Gesetzentwurf vorliegt. Diese erreichte die Ausschussmitglieder am 23. September 2015. Die regierungstragenden Fraktionen machten sich die Änderungsempfehlungen des GBD zu eigen. Die entsprechenden Änderungsempfehlungen wurden zur Beratungsgrundlage erhoben.
Auf eine in der Ausschussberatung an dem Regierungsentwurf vorgenommene nicht unwesentliche Änderung möchte ich Sie hinweisen. Anders als bisher im Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetz geregelt, sollte die Landesregierung ermächtigt werden, durch Rechtsverordnung unter bestimmten Voraussetzungen Veränderungen in der Aufbauorganisation der Landesverwaltung selbst vorzunehmen.
Die Regierungsfraktionen waren nicht geneigt, mit der vorgesehenen Verordnungsermächtigung Kompetenzen des Gesetzgebers aus der Hand zu geben. Deswegen wurde diese im Entwurf enthaltene Verordnungsermächtigung gestrichen. Dies wurde einstimmig beschlossen. Es bleibt dabei, dass die Errichtung und Auflösung von Landesbehörden eines Aktes des Gesetzgebers bedarf.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Ihnen in der Drs. 6/4442 vorliegende Beschlussempfehlung wurde mit sieben Jastimmen bei fünf Enthaltungen beschlossen. Im Namen des Ausschusses darf ich Sie um Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung bitten und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Brachmann. - Jetzt spricht für die Landesregierung Herr Minister Stahlknecht. Bitte, Herr Minister.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Entwurf für ein Landesorganisationsgesetz, der heute zur Abstimmung ansteht, wird ein weiterer Punkt der Koalitionsvereinbarung umgesetzt. Darüber hinaus wird damit einem verfassungsrechtlichen Auftrag entsprochen, der seit Jahren auch Gegenstand mehrerer Debatten in diesem Hohen Haus war.
Parlamentarisch begleitet wurde dieses Thema durch Kleine Anfragen, die durch die jeweilige Landesregierung beantwortet wurden, und in den zurückliegenden Jahren insbesondere auch durch die Erörterung in der Enquete-Kommission „Öffentliche Verwaltung konsequent voranbringen - bürgernah und zukunftsfähig gestalten“.
Wie in Artikel 86 Abs. 2 der Landesverfassung vorgeschrieben, regelt der Gesetzentwurf den allgemeinen Aufbau der öffentlichen Verwaltung und ihre räumliche Gliederung. Ich verweise insoweit insbesondere auf § 4 des Gesetzentwurfes, der den derzeitigen hierarchischen Aufbau der Landesverwaltung darstellt, sowie auf die §§ 8 bis 12 des Gesetzentwurfes.
Damit legt der Gesetzentwurf die grundlegenden Bestimmungen zur Ausübung der Organisationshoheit für die unmittelbare Landesverwaltung fest. Die Frage der räumlichen Gliederung spielt dagegen nach der Auflösung der drei Regierungspräsidien Dessau, Halle und Magdeburg zum 1. Januar 2004 keine tragende Rolle mehr. Insofern werden in dem Gesetzentwurf lediglich abstrakte räumliche Gliederungsprinzipien durch die §§ 5 und 9 des Gesetzentwurfes getroffen. Eine Einteilung des Landes in Regierungsbezirke erfolgt weiterhin nicht.
Des Weiteren schreibt der vorliegende Gesetzentwurf das Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetz fort. Ich möchte insoweit einige Beispiele aufzählen. Zunächst wird der Begriff „Verwaltungsmodernisierung“ neu und umfassender umschrieben. Ausdrückliche Ziele der Verwaltungsmodernisierung sind nunmehr auch die Bürgernähe der Verwaltung, die Sicherung einer zukunftsfähigen nachhaltigen Entwicklung des Landes, die soziale Ausgewogenheit und der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen.
Erstmals werden im Rahmen der Fortschreibung Grundsätze zur elektronischen Verwaltung in gesetzlicher Form aufgestellt. So sind die Prinzipien der Transparenz, Partizipation und Kooperation in den Gesetzentwurf aufgenommen worden und müssen dementsprechend zukünftig im Rahmen der elektronischen Verwaltung beachtet werden. Zugleich wird damit eine Grundsatzentscheidung für den Erlass eines Landes-E-Government-Gesetzes getroffen.
Bei der Fortschreibung des Kommunalisierungsvorgangs sind die Anforderungen für eine Aufgabenverlagerung formal gesenkt worden. War bislang die Voraussetzung, dass eine Übertragung auf die Kommunen zweckmäßiger und wirtschaftlicher sein musste, muss die Aufgabenwahrnehmung auf der kommunalen Ebene nunmehr nur noch zweckmäßig und wirtschaftlich, also nur noch gleich gut wie auf der Landesebene, erfolgen.
Des Weiteren ist eine allgemeine Verordnungsermächtigung geschaffen worden, die es der Landesregierung ermöglicht, neue durch den Bund oder die Europäische Union geschaffene Aufgaben zu erfassen. Schließlich enthält der Gesetzentwurf zur Vervollständigung der Regelung zur Landesverwaltung einige wenige Vorschriften zur mittelbaren Landesverwaltung.
Um den Änderungs- und Anpassungsbedarf des Gesetzes gering zu halten, ist grundsätzlich auf eine Aufzählung der einzelnen oberen und unteren Landesbehörden verzichtet worden. Eine Ausnahme davon bildet die namentliche Erwähnung des Landesverwaltungsamtes, dem als zentrale Bündelungs- und Koordinierungsbehörde des Landes eine besondere Bedeutung für die Landesverwaltung zukommt.
Die Verwaltungsmodernisierung ist durch die gesetzliche Verankerung in unserem Land auch formal zu etwas geworden, wovon viele Verwaltungswissenschaftler und Verwaltungspraktiker bereits ohne Gesetz stets überzeugt waren, nämlich zu einer von Politik und Verwaltung gleichermaßen wahrzunehmenden Daueraufgabe.
Diese gesetzliche Verankerung der Ziele, Prüfvorgaben und Grundsätze moderner Organisationsentwicklung hatte und hat positive Wirkungen. Themen wie Aufgabenkritik, Subsidiaritätsgebot, Aufgabenbündelung oder die Beachtung des Minimalprinzips beim Behördenaufbau stehen seitdem immer wieder auf der Tagesordnung der Organisatoren, der Fachbereiche und ihrer Führungskräfte, aber auch auf der politischen Agenda.
Aus diesen Gründen bin ich zutiefst davon überzeugt, dass mit der Verabschiedung des vorliegenden Gesetzentwurfes für die Landesverwaltung und ihre Beschäftigten ein dauerhaftes Fundament entsteht, von dem aus die Modernisierung unserer Verwaltung und damit die unseres Landes vorangebracht werden kann. Schlussendlich erfüllen wir einen letzten Auftrag unserer Landesverfassung, der noch offen war. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. - Es wurde eine Dreiminutendebatte vereinbart. Für die Fraktion DIE LINKE eröffnet sie Frau Edler. Bitte, Frau Abgeordnete.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Entwurf eines Gesetzes über die Organisation der Landesverwaltung in Sachsen-Anhalt beabsichtigt die Landesregierung, ein Vorhaben umzusetzen, das im Koalitionsvertrag von CDU und SPD vor mehr als vier Jahren festgeschrieben worden ist.
Bereits in der von der Landesregierung durchgeführten Anhörung wurde darauf hingewiesen, dass ein solches Gesetz längst überfällig ist. Kurz vor Toresschluss dieser Landesregierung sollen nun der allgemeine Aufbau der öffentlichen Verwaltung und ihre räumliche Gliederung geregelt sowie Ziele und Grundsätze für die Organisations
entwicklung der Landesverwaltung festgelegt werden. Dabei werden große Teile von Regelungen aus dem Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetz übernommen und für die Zukunft fortgeschrieben.
Was fällt dabei auf? - Die Landesregierung erleichtert sich die Arbeit und entschärft ihr eigenes Gesetz, insbesondere die Regelungen zur Aufgabenkritik. Dieses Vorgehen überrascht uns jedoch nicht. Gerade diese Bestimmungen des Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetzes harren schon jahrelang ihrer Umsetzung.
Zahlreiche Regelungen im Gesetzestext gehören bereits seit Langem zur geübten Praxis und sind durch die Rechtsprechung geklärt. Es überrascht daher nicht, dass der Gesetzentwurf keine eigentlich vollzugsfähigen Regelungen enthält. Die Landesregierung versäumt es, mit ihrem Gesetzentwurf die wesentlichen Impulsquellen der letzten Jahrzehnte für die Entwicklung der Verwaltung zu berücksichtigen. Dabei spielten die Vorgaben der Europäischen Union eine zentrale Rolle. Dies betrifft nicht nur das Verwaltungsverfahren, sondern inzwischen auch viele Bereiche der Verwaltungsorganisation.
Positiv zu erwähnen ist, dass die Landesregierung den Bedarf für ein eigenes E-Government-Gesetz erkennt und in einem entsprechenden Verweis in den Gesetzentwurf aufnimmt.
Sehr geehrte Damen und Herren! Werfen wir einen Blick auf die Aussagen über die Modernisierung der Verwaltung, die beispielsweise in § 2 verankert wurden: Bürgernähe, Dienstleistungsorientierung, nachhaltige Entwicklung, soziale Ausgewogenheit, Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen - alles ehrenwerte und entscheidende Zielstellungen des Verwaltungshandelns. Dabei darf aber nicht verkannt werden, dass Strukturveränderungen, Ausgliederungen und Umwandlungen der letzten Jahre oft nicht wirklich der Bürgerfreundlichkeit oder der Verwaltungsvereinfachung gedient haben; häufig waren sie ein Ergebnis von Rationalisierungs- und Einsparungsbestrebungen bei den Personalkosten.
Der Begriff „Dienstleistungsorientierung“ ist heute nicht selten ein Synonym für Mehrarbeit und Arbeitsverdichtung zulasten der Beschäftigten. Der Qualität der Aufgabenerfüllung ist das nicht immer dienlich. Auch in dieser Hinsicht greift der Gesetzentwurf zu kurz.
Daher gilt es in Sachsen-Anhalt, weit über den vorliegenden Gesetzentwurf hinaus mit einem zukunftsfähigen, attraktiven öffentlichen Dienst die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Wirksamkeit, die Qualität und die Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns zu steigern sind. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Meine
Vielen Dank, Frau Kollegin Edler. - Für die CDU spricht jetzt der Kollege Kolze. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Durch das Gesetz über die Organisation der Landesverwaltung Sachsen-Anhalt wird dem Verfassungsauftrag aus Artikel 86 Abs. 2 der Landesverfassung nachgekommen, wonach der allgemeine Aufbau der öffentlichen Verwaltung und ihre räumliche Gliederung durch Gesetz zu regeln sind. Nachdem wir viele Jahre über die Umsetzung dieses Verfassungsauftrages geredet haben, wird nunmehr mit der Ihnen vorliegenden Beschlussempfehlung die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag von CDU und SPD abgearbeitet, dass der allgemeine Aufbau der öffentlichen Verwaltung und ihre räumliche Gliederung durch ein Landesorganisationsgesetz zu regeln sind.
Gleichzeitig wird hierdurch der Beschluss des Landtages vom 19. Oktober 2006 aufgegriffen. Der Gesetzentwurf orientiert sich an den Organisationsgesetzen anderer Bundesländer, zum Beispiel Nordrhein-Westfalens, Brandenburgs oder Mecklenburg-Vorpommerns. Durch den Gesetzentwurf werden zum einen allgemein die grundlegenden Bestimmungen zur Ausübung der Organisationshoheit für die unmittelbare Landesverwaltung und, soweit erforderlich, die allgemeine räumliche Gliederung der Landesverwaltung geregelt.
Es wird festgestellt, dass obere und untere Landesbehörden nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes errichtet oder aufgelöst werden können.
Im Gesetzentwurf der Landesregierung war auch eine Verordnungsermächtigung der Landesregierung für die Auflösung oder Eingliederung von bestehenden Behörden, die nicht durch Gesetz errichtet worden sind, sowie für die Übertragung von Aufgaben auf andere Landesbehörden vorgesehen. Diese Verordnungsermächtigung hat der Innenausschuss im Rahmen des Beratungsverfahrens einvernehmlich gestrichen. Grund hierfür ist nicht ein besonderes Misstrauen des Hohen Hauses gegenüber der Landesregierung. Es geht vielmehr darum, dass sich der Landtag seine Regelungsbefugnis für gebotene Veränderungen der Aufbauorganisation nicht durch das Instrument der Verordnungsermächtigung aus der Hand nehmen lassen will.