Protokoll der Sitzung vom 07.05.2020

(Zurufe)

Dann ist das in Ordnung so. Dann hat Frau Pähle jetzt für die Koalition beantragt - davon gehe ich aus -, den Gesetzentwurf zur federführenden Beratung in den Wirtschaftsausschuss und zur Mitberatung in den Innenausschuss zu überweisen. - Wir begrüßen den Wirtschaftsminister in unseren Reihen.

Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um sein Kartenzeichen. - Das sind die Koalition und die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Ich sehe niemanden. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist in der Tendenz die Fraktion der AfD. Nein, das ist die Fraktion der AfD. - Gut.

(Zuruf von Angela Gorr, CDU)

- Frau Gorr, ich will nicht kleinlich sein, aber es waren insgesamt fünf von sieben Stimmen; denn der Rest sitzt dort oben auf der Tribüne. - Gut: Fünf von acht, okay.

Damit haben wir den Tagesordnungspunkt 11 mit der entsprechenden Überweisung beendet.

Wir kommen nunmehr zum

Tagesordnungspunkt 12

Erste Beratung

Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit

Gesetzentwurf Fraktionen CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 7/6029

Einbringer ist der Abg. Herr Erben. Herr Erben, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf den Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit heute hier einbringen. Aufgrund der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes vom 9. Juli 2019 - diese betrifft den Abwasserzweckverband Naumburg und dazu gibt es entsprechende Berufungsverfahren - besteht ein Zustand der Rechts- und Planungsunsicherheit im Bereich der kommunalen Zusammenschlüsse des Burgenlandkreises. Worin diese besteht, werde ich noch darlegen.

In der kommunalen Praxis im Burgenlandkreis wurde, da die Kommunalaufsicht des Burgenlandkreises kein eigenes Amtsblatt herausgibt, in der Vergangenheit den einheitlichen Anforderungen an die öffentliche Bekanntmachung der Kommunalaufsichtsbehörden in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt nach § 8 Abs. 5 Satz 1 des Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit dadurch Rechnung getragen, dass die Bekanntmachung im Amtsblatt der nächsthöheren Kommunalaufsichtsbehörde erfolgte, also hier im Amtsblatt des Landesverwaltungsamtes.

Diese Bekanntmachungspraxis hat das Verwaltungsgericht Halle mit Urteil vom 11. September 2018 als rechtswidrig angesehen und einen formellen Anspruch für die Bekanntmachung der Verbandssatzung und ihrer Genehmigung durch die Kommunalaufsichtsbehörde nach § 8 Abs. 5 Satz 1 GKG verneint.

Nach der Auffassung des Gerichts sei unter amtlichem Veröffentlichungsblatt im Sinne dieser Vorschrift ein Medium zu verstehen, das die Kommunalaufsichtsbehörde für ihre amtlichen Bekanntmachungen nutzt. Diese müsse nicht ein Amtsblatt sein.

In einer weiteren beitragsrechtlichen Streitigkeit gegen den beklagten Zweckverband hat das Verwaltungsgericht Halle mit Urteil vom 12. Februar 2019 auf seine Entscheidung, die ich bereits nannte, vom 11. September 2018, Bezug genommen.

Das Oberverwaltungsgericht hat mit seinem Beschluss vom 9. Juli 2019 den Antrag des betroffenen Zweckverbandes, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes zuzulassen, zurückgewiesen, da der Zweckverband ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht in hinreichender Weise geltend gemacht hat.

Aufgrund der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist der beklagte Abwasserzweckverband - ich habe es bereits erwähnt: der Abwasserzweckverband Naumburg - im Burgenlandkreis mit der Veröffentlichung der Änderungssatzung und ihrer Genehmigung durch die Kommunalaufsichtsbehörde des Burgenlandkreises im Amtsblatt des Landesverwaltungsamtes nicht wirksam entstanden.

Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zu den formellen Anforderungen an die öffentliche Bekanntmachung der Kommunalaufsichtsbehörde nach § 8 Abs. 5 Satz 1 GKG betraf nunmehr unmittelbar zunächst nur die Verbandsumbildung des AZV Naumburg. Allerdings wurden weitere Umbildungen von Zweckverbänden im Mitglieder- und Aufgabenbestand sowie in der Form durch die Kommunalaufsichtsbehörde des Burgenlandkreises in gleicher Weise wie beim AZV Naumburg öffentlich bekanntgemacht.

Somit ist davon auszugehen, dass im Rahmen von Verwaltungsstreitverfahren anderer Zweckverbände und einer Anstalt des öffentlichen Rechts im Burgenlandkreis - es handelt sich dabei um die Anstalt öffentlichen Rechts Abwasserbeseitigung Weißenfels - die ordnungsgemäße Bekanntmachung nach § 8 Abs. 5 Satz 1 und § 15a Abs. 2 GKG entsprechend den tragenden Gründen der verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen infrage gestellt wird und die betroffenen Zweckverbände sowie die Anstalt öffentlichen Rechts mangels wirksamer Bekanntmachung ihrer Änderungssatzung und Genehmigung sowie des Formwechsels nicht wirksam als Körperschaft des öffentlichen Rechts gegründet sind. Es besteht daher die Gefahr, dass die betroffenen Zweckverbände insoweit nicht rechtswirksam entstanden sind.

Änderungen im Mitglieder- und Aufgabenbestand und der Grundlagen der Verbandsumlage von Zweckverbänden sowie der Formwechsel in eine AöR sind folglich nicht wirksam geworden. Diese Zweckverbände und die Anstalt haben jedoch seit Jahren am öffentlich-rechtlichen und am privaten Rechtsverkehr teilgenommen. Daher sprechen dringende Gründe der Rechtssicherheit für den Erlass einer gesetzlichen Heilungsvorschrift.

Die Regelung des § 8a, die durch Artikel 1 Nr. 2 des Gesetzes vom 4. Juli 1996 in das GKG eingefügt und durch Artikel 1 Nr. 3 des Gesetzes vom 6. Oktober 1997 ergänzt wurde und mit der die Anfang der 90er-Jahre entstandenen Gründungsfehler von nicht wirksam gebildeten Zweckverbänden rückwirkend geheilt wurden, findet nur auf die bis zum Inkrafttreten dieser alten, eben genannten Vorschrift gebildeten Zweckverbände Anwendung.

Um die betroffenen Zweckverbände und die Anstalt auf eine sichere rechtliche Grundlage zu stellen und damit das Vertrauen des Rechtsverkehrs in die Existenz eben dieser Körperschaften zu stützen, ist es geboten, Bekanntmachungsmängel, die durch eine öffentliche Bekanntmachung von Änderungen der Verbandssatzung und ihrer Genehmigung durch die Kommunalaufsicht sowie von Formwechseln in eine andere als durch die Rechtsvorschrift beschriebene Bekanntmachungsform erfolgt sind, nachträglich zu heilen. Diese Fehler sollen keine Auswirkungen auf den Bestand des Zweckverbandes und der Anstalt haben.

Der Gesetzentwurf dient der rechtlichen Stabilisierung der Strukturen kommunaler Zusammenarbeit im Burgenlandkreis und reagiert damit auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts vom 9. Juli 2019 zu Mängeln der öffentlichen Bekanntmachung durch die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde.

Indem die Zweckverbände und die Anstalt, die gegebenenfalls in künftigen Verwaltungsstreitverfahren von der Rechtsprechung betroffen sein könnten, nachträglich auf eine sichere Rechtsgrundlage gestellt werden, schaffen wir Handlungsfähigkeit und stellen sicher, dass die übertragenen Aufgaben durchgeführt werden können. Zudem wird mit der Heilungsregelung der Bestand der Rechtshandlungen der Zweckverbände und der Anstalt, insbesondere Beitrags- und Gebührensatzung und die hierauf gestützten Bescheide, gesichert.

Ich beantrage schon jetzt die Überweisung in den Innenausschuss. - Herzlichen Dank.

(Beifall)

Ich sehe keine Fragen. Wir müssen kurz warten, bis der Tisch desinfiziert ist, bevor es mit der Landesregierung und dem Innenminister weitergeht. Herr Stahlknecht, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Lieber Kollege Willingmann, wenn Sie, wenn du gesagt hättest, der Vortrag von Herrn Erben war so ausführlich, dem habe ich nichts hinzuzufügen - dann würde ich das jetzt auch so machen, verbunden mit dem Dank an die regierungstragenden Koalitionsfraktionen, die durch diesen Gesetzentwurf dazu beitragen, dass Rechtssicherheit entsteht. Ich wünsche mir eine schnelle und zügige Beratung und verbinde das mit bestem Dank.

(Heiterkeit und Beifall)

Sie haben ja alles vorgetragen, Herr Erben.

Herzlichen Dank, Herr Minister. Ich sehe weder eine Frage noch eine Intervention. - Dann kommen wir jetzt zur Dreiminutendebatte. Für die Fraktion der AfD spricht der Abg. Roi.

(Daniel Roi, AfD: Ich verzichte!)

- Herr Roi verzichtet. - Als Nächsten rufe ich den Abgeordneten von der CDU-Fraktion Herrn Krull auf. Herr Krull, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass wir uns heute mit dem Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit, kurz GKG-LSA, auseinandersetzen, hat damit zu tun, dass wir Rechtsfrieden und Rechtssicherheit in unserem Land wollen. Es handelt sich tatsächlich, wie in der Vorlage formuliert, um ein Heilungsgesetz. Ansonsten drohen den Zweckverbänden im Burgenlandkreis und der Abwasserbeseitigung Weißenfels als Anstalt des öffentlichen Rechts erhebliche rechtliche Auswirkungen.

Grund ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Halle vom 11. September 2018, dass die bisherige Bekanntmachungspraxis nicht zulässig ist. Meine Vorredner sind darauf schon eingegangen. Diese Rechtsauffassung wird offensichtlich auch vom Oberverwaltungsgericht Magdeburg geteilt, welches die Berufung gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Halle nicht zuließ. Mithin besteht das Risiko, dass im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten die betroffenen Zweckverbände sowie die Abwasserbeseitigung Weißenfels aufgrund der nicht ordnungsgemäßen Bekanntmachung als nicht wirksam gegründet angesehen werden können. Ich denke, die Folgen, die sich daraus ergeben, sind jedem in diesem Saal bewusst.

Der zeitlich dringende Handlungsbedarf wird noch einmal durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. April 2020 verdeutlicht. Damit drohen mehr als 50 Verfahren, die derzeit beim Verwaltungsgericht Halle im Zusammenhang mit dem Rechtsübergang des ZAW zur Abwasserbeseitigung Weißenfels auf Eis liegen, wieder aufzuleben.

An dieser Stelle großen Dank an den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtages, der die einbringenden Fraktionen bei der Formulierung des Gesetzesvorschlages hervorragend unterstützt hat. Diese Qualität der Arbeit kennen wir von ihm.

(Zustimmung)

Mit dem Gesetz soll erreicht werden, dass das bisherige Vertrauen in die Existenz der Körperschaften durch die Anpassung der gesetzlichen Regelungen im Rechtsverkehr sichergestellt wird. Ansonsten droht die Gefahr, dass die bisherigen Beitrags- und Gebührensatzungen und die darauf basierenden Bescheide rechtswidrig sind und schlussendlich die Realisierung der übertragenen Aufgaben nicht dauerhaft gesichert werden kann. Daran kann wohl niemand ernsthaft Interesse haben. Um zukünftig besser gerüstet zu sein, wird ergänzend geregelt, was in den Fällen passiert, in denen die Kommunalaufsichtsbehörde über kein eigenes amtliches Mitteilungsblatt verfügt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, ich habe in meinen Ausführungen deutlich gemacht, dass wir hier zeitnah entsprechende Beschlüsse fassen müssen. Daher bitte ich um die Überweisung in den Ausschuss für Inneres und Sport und um eine zügige Beratung dort, damit wir das Gesetz hier im Landtag schnellstmöglich verabschieden können. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Ich sehe weder Fragen noch Interventionen. Deshalb kann Frau Buchheim sich auf die Rede vorbereiten. Frau Buchheim, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht kurz vorweg: Hier werden Urteile zitiert, aufgrund deren Handlungsbedarf besteht. Es gehört sich eigentlich, dass man sich diese Urteile auch anschaut. Mir ist ins Auge gefallen, dass Sie ein Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 11. September 2018 mit dem Aktenzeichen 4A 362/16 anführen. Dazu haben wir kein passendes Urteil gefunden. Ich gehe davon aus, dass es das Aktenzeichen 4A 142/16 ist. Das müsste überprüft und in dem Gesetzentwurf korrigiert werden.

Soweit Sie eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Magdeburg zitieren: Auch das war mir nicht zugänglich. Ich erwarte schon, dass man außer dem Verkündungstag auch ein Aktenzeichen, eine Fundstelle zitiert. Das wäre nicht schlecht, damit man sich auch richtig damit befassen kann.

Ansonsten ist nicht viel zu sagen. Es wurde schon ausgeführt, warum und weshalb man eine gesetzliche Heilungsvorschrift eingebracht hat. Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass es der Gesetzgeber versäumt hat, in dem Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit eine Regelung für den Fall zu treffen, dass die Kommunalaufsichts

behörde kein eigenes Amtsblatt herausgibt, obwohl - das habe ich dem Urteil, das ich zitiert habe, entnommen - dem Gesetzgeber diese Konstellation nicht unbekannt war. Mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe sind in der Folge Satzungsänderungen für unwirksam erklärt worden.

Nun muss dieser Situation Rechnung getragen werden; denn die Zweckverbände im Burgenlandkreis und die Abwasserbeseitigung Weißenfels - Anstalt öffentlichen Rechts - sind erheblichen finanziellen Risiken ausgesetzt. Zum Glück kennt das öffentliche Recht die rückwirkende Behebung von Form- und Verfahrensfehlern, die sogenannte Heilung. Dabei sind die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit zu beachten.

Es wird im Gesetzentwurf ausgeführt, dass dem hinreichend Rechnung getragen wird. Hierzu werden wir uns, denke ich, im Innenausschuss umfassend verständigen können und müssen. - Vielen Dank.

(Beifall)