Protokoll der Sitzung vom 08.05.2020

Deswegen ist es immer ein Sowohl-als-auch. Da, wo wir können, werden wir Lockerungen vornehmen, und da, wo wir sicher sein müssen, werden wir auch entsprechend handeln. Denken Sie zum Beispiel an Greiz, wo im Prinzip schon die ersten Infektionen in den Burgenlandkreis hineinreichen, weshalb wir ständig in Kontakt mit dem dortigen Landrat Götz Ulrich sind: Wie kriegen wir dort eine Sperre hinein - zumal dort viele Menschen zwischen ihren Wohnungen und Arbeitsplätzen pendeln -, damit wir diese Situation bewältigen können?

Wir haben unsere Erfahrungen mit Jessen und mit der ZASt gemacht. Wenn es zukünftig darum geht, entsprechende Sachen zu bewältigen, werden wir mit diesen Erfahrungen sehr selektiv, örtlich bezogen, auch mit entsprechenden Maßnahmen versuchen, alles zu vermeiden, was einem Shutdown ähnlich kommt, den wir schon einmal hatten; denn das würden wir wirtschaftlich nicht noch einmal durchstehen.

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. - Ich staune immer wieder, wie ein letzter Satz so lang sein kann.

(Beifall)

Darüber staune ich immer wieder.

(Zuruf)

In Anbetracht dessen, dass wir wirklich noch sieben Fragesteller haben, möchte ich alle darum bitten, ihre Fragen kurz zu stellen. Sie, Herr Ministerpräsident, sollten, wenn möglich, auch nur kurz darauf antworten. Ansonsten werden wir einen Zeitverlust haben, der aller Voraussicht nach die Auswirkung haben wird, dass wir heute bis in den späten Abend hinein tagen werden.

Der nächste Fragesteller steht schon am Mikrofon. - Herr Abg. Hövelmann, bitte.

Vielen herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Ministerpräsident, herzlichen Dank auch für Ihre Darlegungen. Ich danke Ihnen auch für das Agieren der Landesregierung in dieser schwierigen Zeit. Dennoch, alles das, was wir tun, muss von der Bevölkerung akzeptiert werden. Auch die Fakten werden hinterfragt, die wir alle nach außen transportieren.

Sie haben in Ihrem Redebeitrag zweimal einen Fakt erwähnt, den ich hinterfragen möchte. Sie

haben zum einen gesagt: Wir trauern um die 48 am Virus Verstorbenen. Und Sie haben eben in der Beantwortung auf eine betreffende Frage gesagt: In Deutschland ist jeder zweiundvierzigste Infizierte an Corona gestorben.

Nun hat es in Hamburg Untersuchungen gegeben, bei denen festgestellt worden ist, dass in keinem Fall der mit Corona Verstorbenen die Ursache für den Tod das Coronavirus war.

(Zuruf)

Dafür konnte kein Nachweis erbracht werden. Das heißt nicht, dass es nicht so ist, aber es konnte kein Nachweis erbracht werden.

Deshalb will ich fragen: Woher hat die Landesregierung die Erkenntnis, dass alle, die in SachsenAnhalt verstorben sind und am Coronavirus erkrankt waren, auch an dieser Todesursache verstorben sind?

(Beifall)

Herr Ministerpräsident, bitte.

Erstens. Sie wissen, dass ich Physiker und kein Pathologe bin. Ich kann die Erkenntnis selbst nicht gewonnen haben. Ich denke, das ist Konsens.

Das Zweite ist: Das sind die offiziellen Statistiken, die nach einem Standard, der klar definiert ist, deutschlandweit gemeinsam für alle Bundesländer erhoben werden.

(Zuruf)

Damit werden wir auch politisch konfrontiert.

(Zuruf)

Ich kann nur zu den Fällen etwas sagen, die ich persönlich begleitet habe, einschließlich unserer französischen Bürgerinnen und Bürger, die wir als Europäer in Magdeburg hatten, bei denen wir momentan eine sehr kritische Phase erleben.

Mit Blick darauf kann ich sagen: Das ist explizit mit Corona verbunden, unabhängig davon, dass es immer Vorerkrankungen geben kann, die on top kommen und die der Tropfen sind, der das Glas zum Überlaufen bringt. So möchte ich es einmal bildlich sagen. Das muss man einfach wissen.

Wenn ein Grundsockel an Gefährdung vorhanden ist, dann kann jede Krankheit, gegen die man vorher nicht geimpft worden ist oder die man nicht mit einem Medikament behandeln kann, sondern bei der lediglich eine Beatmung oder die entsprechende Intensivbehandlung erfolgen kann, also

ohne medizinische und pharmazeutische Möglichkeiten, zum Tragen kommen.

Die Registrierung bzw. statistische Erfassung wird deutschlandweit einheitlich praktiziert. Demzufolge muss man diese amtliche Statistik zugrunde legen und das habe ich hiermit getan.

Herr Hövelmann, Sie haben eine kurze Nachfrage.

Erstens. Ich entnehme Ihren Worten, dass es diesen Nachweis für diese von Ihnen für SachsenAnhalt angesprochenen Fälle nicht gibt.

Zweitens. Die Frage, die ich anschließend stellen möchte, ist: Wäre es nicht erstrebenswert und vielleicht auch eine Aufgabe im Zusammenhang mit den Gesprächen mit der Frau Bundeskanzlerin und ihren Amtskollegen und Amtskolleginnen Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten, diese Statistik so aufzustellen, dass sie der Realität entspricht, damit sie die Menschen nachvollziehen können? Es gibt Menschen, die sind erkrankt, und es gibt Menschen, die sind erkrankt und an dieser Erkrankung verstorben. Das ist doch eine andere Darstellung und auch eine glaubwürdigere Darstellung, als den Menschen zu suggerieren, jeder, der an Corona erkrankt ist und zu Tode gekommen ist, ist genau an dieser Erkrankung verstorben. Das ist doch nicht richtig.

(Beifall - Zuruf: Jawoll!)

Ich denke, das war jetzt keine Frage, sondern es war eine Kurzintervention. Ich denke, das hat der Herr Ministerpräsident verstanden.

Trotzdem würde ich gern einen Satz dazu sagen. Auf der einen Seite ist dies natürlich in das Auswertungsprogramm aufzunehmen. Auf der anderen Seite stirbt man nicht an dem Virus, sondern das Virus befällt ein Organ bzw. irgendeine Stelle des Körpers. Dies führt dann bei Versagen des entsprechenden Organs schlicht und einfach zum Tod. Unter dem Strich handelt es sich um eine Lungenentzündung, weil die Lunge nicht mehr in der Lage ist, zu absorbieren und ausreichend Sauerstoff aufzunehmen. Dies trifft ebenso auf Herzmuskelerkrankungen usw. zu.

Die Todesursache ist dann natürlich mit einem Organversagen verbunden, aber das Organ ist geschwächt bzw. durch die Programmierung des RNS-Zweiges bzw. RNS-Stranges dieses Coro

navirus bzw. von Covid-19 arbeitsunfähig. Ich bin kein Mediziner, aber so habe ich es verstanden.

(Unruhe)

Herr Abg. Farle ist der nächste Fragesteller.

Wobei ich, wenn ich jetzt die Reaktion der AfD sehe, grundsätzlich sagen muss: Ich habe mit Menschen gesprochen, die in dem Moment dachten, sie sterben. Sie haben mich jetzt aufgesucht und waren dankbar für die medizinische Betreuung, die wir Gott sei Dank in diesem Land haben. Wenn man in diese Gesichter sieht, die noch von Todesangst mit allem Drum und Dran gezeichnet sind, dann sind so manche Reaktionen, die ich hier erlebe, einfach unerträglich.

(Beifall)

Herr Abg. Farle.

(Unruhe)

- Jetzt hat der Abg. Herr Farle das Wort.

(Zuruf von Hannes Loth, AfD)

- Herr Loth, jetzt hat sich ein Abgeordneter Ihrer Fraktion zu Wort gemeldet und er hat jetzt das Wort. Sie hätten sich auch zu Wort melden können. - Bitte, Herr Abg. Farle.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Aus meiner Sicht gab es nur eine katastrophale Fehlentscheidung, die aber nicht die Landesregierung zu verantworten hat, sondern die Bundesregierung. Darauf gehe ich in meinem Redebeitrag ein, weswegen ich das jetzt nicht ansprechen will, weil wir ansonsten eine endlose Coronadebatte führen könnten.

(Zuruf)

- Das müssen wir nicht jetzt tun, sondern wir können unter Tagesordnungspunkt 3 - Aktuelle Debatte - weiter über diese Probleme reden.

Ich möchte jetzt ein Teilproblem ansprechen. Es ist völlig richtig, dass die Grundrechtseinschränkungen, die sehr massiv vorgenommen worden sind, anhand der Daten, die jetzt vorliegen, wieder aufgelockert werden.

Ich möchte nur ein Problem ansprechen. Wie Sie alle wissen, ist in der parlamentarischen Demokratie ein Grundpfeiler - dieser ist ein Kernbestandteil des Grundgesetzes - besonders geschützt, nämlich die freie Betätigung der politi

schen Parteien. Darauf zielen meine Fragestellung und meine Bitte ab.

Die neue Verordnung enthält zwar zwei Ausnahmeregelungen, nämlich unter anderem die, dass die Direktkandidaten der Parteien aufgestellt werden können. Aber mit der Regelung, dass sich nur fünf Leute miteinander treffen können, ist außer Kraft gesetzt, dass sich zum Beispiel Kreisvorstände der Parteien treffen können. Das normale Parteileben kann unter Berücksichtigung der Hygieneregelung, unter Berücksichtigung der Abstandsregelung und mit der Maßgabe, in sehr kleinen Räumen meinetwegen die Masken aufzusetzen - das ist dann mehr oder weniger freiwillig -, stattfinden. Unter Berücksichtigung aller Regelungen muss an dieser Stelle eine Lockerung stattfinden.