Protokoll der Sitzung vom 08.05.2020

Die neue Verordnung enthält zwar zwei Ausnahmeregelungen, nämlich unter anderem die, dass die Direktkandidaten der Parteien aufgestellt werden können. Aber mit der Regelung, dass sich nur fünf Leute miteinander treffen können, ist außer Kraft gesetzt, dass sich zum Beispiel Kreisvorstände der Parteien treffen können. Das normale Parteileben kann unter Berücksichtigung der Hygieneregelung, unter Berücksichtigung der Abstandsregelung und mit der Maßgabe, in sehr kleinen Räumen meinetwegen die Masken aufzusetzen - das ist dann mehr oder weniger freiwillig -, stattfinden. Unter Berücksichtigung aller Regelungen muss an dieser Stelle eine Lockerung stattfinden.

Herr Farle, kommen Sie zum Schluss.

Ich bin gleich fertig. - Wenn der Gaststätten- und der Tourismusbereich - das ist sehr wichtig - wieder hochgefahren werden und sich dort Leute in einen Raum zusammensetzen können, dann wird niemand verstehen, warum eine Vorstandssitzung nur im Rahmen einer Videokonferenz oder Ähnlichem stattfinden kann.

Herr Farle.

Meine Bitte ist, dies bei der nächsten Debatte über weitere Lockerungen zu überprüfen und an dieser Stelle etwas zu ändern.

(Zustimmung)

Herr Ministerpräsident, Sie haben jetzt die Möglichkeit.

Wir werden das ständig überprüfen. Ich glaube, wir haben bisher gut gesichert, dass die parlamentarische Demokratie und generell unsere Demokratie arbeits- und funktionsfähig bleibt, ansonsten würden wir hier nicht stehen. Dafür gibt es sozusagen auch Sonderkonditionen. Wenn wir über den Plenarsaal die Quadratmeterzahl eines Einkaufszentrums legen würden, dann dürften wir hier so nicht sitzen.

Dass wir es im Sinne unserer parlamentarischen Verantwortung trotzdem tun - zumindest zeitlich partiell; ich werde nicht den ganzen Tag hier sit

zen -, ist ein Zeichen dafür, dass wir uns dessen bewusst sind und dass wir das ständig nachführen müssen. Sie können davon ausgehen, dass wir das auch tun werden.

Ich schaue jetzt auf meinen Zettel. Die nächsten Wortmeldungen kommen von Frau von Angern, dem Abg. Herrn Gallert, dem Abg. Herrn Raue und dem Herrn Abg. Rausch. - Frau von Angern, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Ministerpräsident, ursprünglich wollte ich meine Frage mit den Worten einläuten, dass ich es nett finde, dass Sie sich heute das erste Mal seit Wochen hier zu diesem Thema äußern.

Allerdings möchte ich sagen, ich empfinde es als Affront, dass Sie eine Aktuelle Debatte von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nutzen, nichts zum Thema Ökologie sagen und keine - das wäre das angemessene Mittel gewesen - Regierungserklärung abgeben.

(Beifall)

Da auch Sie nichts zum Thema Ökologie gesagt haben, erlaube ich mir eine Frage zu etwas, zu dem Sie etwas gesagt haben. Ich beziehe mich auf die „Mitteldeutsche Zeitung“ vom 28. April 2020. Dort wird Ihnen folgendes Zitat zugeschrieben:

„Dennoch sagt Haseloff mit Blick auf die

Rechtsstreitigkeiten, ‚er sei es leid, dass wir ständig von Gerichten begleitet werden.‘“

Es gab danach Wortmeldungen aus der Richterschaft, besorgte Wortmeldungen aus der Richterschaft mit Verweis auf die Verfassung, und Sie sprachen Ihren Amtseid an. Ich frage Sie vor diesem Hintergrund: Ist das Zitat korrekt, und wie schätzen Sie Ihre Wortmeldung mit Blick auf die Verfassung, mit Blick auf das Gewaltenteilungsprinzip ein?

Erlauben Sie mir noch eine weitere Nachfrage. Sie haben auf die Gesichter der Erkrankten und wieder gesundeten Menschen Bezug genommen. Ich frage Sie: Was empfinden Sie, wenn Sie in die Gesichter der Kinder von Moria blicken?

(Beifall - Zurufe: Oh!)

Herr Ministerpräsident, Sie haben das Wort.

Zur Aktuellen Debatte. Wir haben zu diesem Thema insgesamt drei Komplexe und zwei Minister

aus meinem Kabinett werden darauf ebenfalls Bezug nehmen.

Die Landtagssitzungen sind, wie gesagt, so getaktet, dass wir nun die Möglichkeit haben, grundsätzlich etwas zum jetzigen Stand und zu der Aussicht zu sagen. Hierbei geht es auch um die Wirtschaft. Der Koalitionsvertrag der KeniaKoalition bildet diese Themenfelder sehr bewusst mit ab. Das muss ich, nachdem wir über vier Jahre hinweg erfolgreich und hervorragend gearbeitet haben und alternativlos mit jetzigen Mehrheitsverhältnissen in diesem Lande unterwegs sind, denke ich, nicht begründen. Dazu hat Frau Lüddemann das Wort genommen; das wird nachher sicherlich noch einmal eine Rolle spielen.

Zu der anderen Sache. Das ist eine völlig andere Interpretation, die mit meinen sicherlich verkürzt wiedergegebenen Worten einhergeht. Es ging um die Diskussion darüber, wann man aus einer sehr stringenten Entscheidungspraxis aller 16 Bundesländer und des Bundes austreten und aufgrund der aktuellen Situation in einem Land partiell und dann ausgeweitet eigene Wege gehen kann.

Dazu habe ich gesagt: Es kann doch nicht sein, dass wir bei dieser Unterschiedlichkeit der Infektionszahlen, der Betroffenheit, der Verfassungslagen in den einzelnen Ländern usw. usf. - siehe Verfassungsgerichtsurteil zur Kontaktsperre bzw. zu den Kontaktregelungen im Saarland - mit unseren Entscheidungen faktisch, nur weil wir identisch sind und alles von Greiz über Tirschenreuth bis hin zum Altmarkkreis Salzwedel im Sinne der Betroffenheit abbilden müssen, Spielregeln in einem Land festlegen, die dann zu Recht, weil sie bezüglich einer abstrakten Definition auf dieses Land nicht mehr zutreffen, von den Gerichten bemängelt werden.

Es ging darum, dass ich diese Forderung in meiner Kollegenschaft aufgemacht habe. Sie haben an meinem Reaktionsschema gesehen, dass ich an einem bestimmten Punkt ausgestiegen bin. Wenn wir das machen wollen, dann müssen wir an einer bestimmten Stelle nachregulieren. Ich habe gesagt, ehe ich mich von einem Gericht korrigieren lasse, aber selbst merke, dass es bei uns nicht mehr begründbar ist, dies so streng zu regeln oder dies überhaupt so zu machen, werden wir mit einer Verordnung und in laufenden Verordnungen Änderungen vornehmen und unseren Sachsen-Anhalt-Weg, den ich gezeichnet habe, gehen.

(Beifall)

Das ist genau das Gegenteil von dem, was möglicherweise durch Verkürzung und völlige Missinterpretation geschrieben worden ist. Ich habe gesagt, ich habe einen Amtseid geleistet. Die Richterschaft setzt die Gesetze, die wir gemacht

haben, um. Wenn wir Spielregeln haben, die überhaupt nicht mehr funktionieren - - Eine

Grundrechtseinschränkung muss immer der aktuellen Lage entsprechen und darf nicht hinterherhängen.

Wenn es die Lage in Sachsen-Anhalt zulässt, dass bestimmte Veranstaltungen mit einer bestimmten Anzahl von Personen durchgeführt werden können, dann muss man dies zulassen, wenn es unsere Verfassungslage zulässt, und dies nicht verhindern, nur weil der deutsche Durchschnitt etwas schlechter ist und man sozusagen davon getriggert wird. Das ist meine Aussage gewesen. Die Richter wenden geltendes Recht an und wir werden dann darauf hingewiesen, dass wir unsere eigenen Gesetze nicht einhalten, weil wir an bestimmten Stellen schlicht und einfach nicht tagesaktuell nachführen. - Das ist der Hintergrund.

Die nächste Wortmeldung kommt vom Abg. Herrn Gallert. - Sie haben das Wort, bitte.

Herr Ministerpräsident, es wird noch einmal deutlich, dass bisher niemand von uns eine solche Situation in irgendeiner Verantwortung erlebt hat. Wir werden in Wochen und Monaten wissen, was richtig und falsch war. Insofern glaube ich, dass das Einzige, was man nicht anbringen kann, 100-prozentige Gewissheiten und Überzeugungen sind. Insofern habe ich durchaus Verständnis für Ihre Situation.

Ich habe eine Frage. Gerade weil dies so ist, müssen wir für die Leute in irgendeiner Form nachvollziehbare Entscheidungskriterien darlegen. Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, hatten wir - - Die Zeitung hat mich gefragt, wie ich die Situation oder die Position der Landesregierung, dass die Gastronomie am 22. Mai öffnet, finde. Das war - zumindest habe ich Herrn Willingmann so verstanden - die Ansage.

Jetzt habe ich von Ihnen gerade gehört, dass sie zu Beginn der Pfingstferien öffnen dürfen, am 18. Mai - man kann sich darüber streiten, wann die Pfingstferien beginnen, also ob das Wochenende dazugehört oder nicht -, aber nicht überall. Vielmehr sollen die Landkreise selbst entscheiden.

Das wäre eine mögliche Entscheidung. Ich will sie nur hinterfragen. Ist jetzt die Position, dass die Gastronomie frühestens am 18. öffnen kann und die Landkreise und kreisfreien Städte selbst darüber entscheiden?

Zudem hätte ich gern gewusst, welcher Grund dazu geführt hat, dass man von der Position, die Herr Willingmann vor vier Tagen, so glaube ich,

geäußert hat, nämlich am 22. Mai zu öffnen, Abstand genommen hat und nunmehr den 18. Mai vorgeschlagen hat.

Dies wiederum erweckt den Eindruck, dass dies geschehen sei, weil Niedersachsen schneller gewesen ist, der Söder seine Biergärten aufmacht und wir schneller sein müssen. Das ist aber nichts, was die Leute anhand von sachlichen, inhaltlichen Kriterien wirklich überzeugt.

Deswegen hätte ich gern gewusst, wie Sie nun zu einer solchen Position kommen. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann soll sie erst beschlossen werden. Das wäre also Ihr Vorschlag. Warum schlagen Sie das jetzt vor?

Herr Ministerpräsident, bitte.

Erstens. Die Wirtschaftsminister, die sich im Rahmen der Wirtschaftsministerkonferenz in den ganzen Wochen in einem Meinungsbildungsprozess befanden, haben einen Korridor besprochen, den sie definiert und in eine Beschlussvorlage als Empfehlung für die Kanzlerschalten und die MPK aufgenommen haben.

Das, was Herr Willigmann dort geäußert hat, spiegelt genau das Bild wider, einschließlich der Spreizung, einschließlich der damit einhergehenden unterschiedlichen Situationsbeschreibungen innerhalb der einzelnen Länder, zumindest aus der Sicht der jeweiligen Vertreter dieser Länder. - Das ist das Erste.

Zweitens. Auch ich habe in meinem Text klar gesagt - das können Sie gern im Protokoll nachlesen -: Es gilt eindeutig die Taktung, die die zuständige Gesundheitsministerin vorgibt, die den Pandemiestab mit all ihren Spezialisten zu verantworten hat. Das bedeutet, dass wir jede Maßnahme im Rahmen einer Verordnung bezüglich ihrer Wirkung in einem 14-tägigen Rhythmus kontrollieren; denn dies ist medizinisch begründet, mit Inkubationszeiten usw. usf. Das kennen Sie noch alles aus der Zeit, als Sie aus Vietnam zurückgekommen sind. Sie wissen, wie die entsprechenden Diskussionen liefen.

Vor diesem Hintergrund wurde ganz klar gesagt: Der 22. Mai ist genau der Zeitpunkt von den letzten deutlichen Öffnungen her - zuerst 50 % aller Geschäfte, jetzt alle mit den entsprechenden Quadratmeterzahlen -, der die Möglichkeit der Kontrolle der Wirkung mit sich bringt. Dieser Termin 22. Mai steht.

Bis dahin - wie gesagt, am Dienstag wird entschieden - wird der Verordnungstext bearbeitet, abgeglichen und es wird vor allem nach unten ge

schaut. Subsidiarität bedeutet, ich höre mir an, was Herr Wiegand sagt, ich höre mir an, was die Lageeinschätzung des Präsidenten des Städte- und Gemeindebundes sowie des Oberbürgermeisters der Landshauptstadt besagt. Wir nehmen die Landkreise in den Blick. Wir kennen momentan die engen Kontakte mit Götz Ulrich - in Klammern: Thüringen. Wir wissen, wie die Lage in der Altmark ist usw. usf.

Das haben wir zum Anlass genommen, innerhalb des Korridors, den die Wirtschaftsminister empfohlen haben, zu sagen: Die Taktung, die uns Frau Grimm-Benne vorgibt, ist für uns Konsens in der Koalition und auch im Kabinett. Davon lassen wir uns nicht abbringen, weil wir immer nach den 14 Tagen die Grundsatzentscheidung treffen: Können die Läden alle drin bleiben, kann Ikea drin bleiben usw. usf.? Das gilt unabhängig davon, ob jemand einkaufen geht oder nicht. Das ist derzeit sehr unterschiedlich zwischen Köln und Magdeburg. Wir hinterfragen das, damit dabei immer eine Rückkehrmöglichkeit besteht.

Wir haben gesagt: Okay, wenn die Kommunen sagen - das ist sehr unterschiedlich -, es gibt Bedürfnislagen, dann bekommen wir das, auch zum Beispiel mit Blick auf Himmelfahrt, mit Auflagen gesteuert. Das kann nur vor Ort gemacht werden; das muss man ganz klar sagen. Wir haben ja unsere Erfahrungen aus den 90er-Jahren. Da brauche ich nicht drum herum zu reden. Es waren keine einfachen Zeiten, die damals auch die Polizei - Holger Stahlknecht ist jetzt nicht im Saal - zu bewältigen hatte.

Lange Rede, kurzer Sinn: An dieser Stelle haben wir gesagt: Ich rufe die Präsidenten an, sie verschaffen sich ein internes Meinungsbild und geben eine Rückmeldung. Die die Rückmeldung heißt, dass man sich gut vorstellen kann, das vor unserer Taktung zu realisieren, nach der wir das offiziell umsetzen würden, auch im Hinblick auf die überregionale Buchung, beginnend mit ihrer eigenen Bevölkerung und dann mit Anrainerländern. Es geht hierbei auch um den Im- und Export von Infektionsgefahren, die damit einhergehen. Man muss genau beobachten, was man hierbei macht.