Protokoll der Sitzung vom 11.06.2020

Das Zweite ist: Wäre sie früher gekommen, hätte man auch nicht alles herunterfahren müssen. Das ist aus heutiger Sicht für mich natürlich leicht zu sagen. Das können Sie auch gern zurückspiegeln. Aber es wäre Ihre Aufgabe gewesen, das vorab so zu organisieren, dass der große wirtschaftliche Kollateralschaden, der jetzt entstanden ist, möglichst vermieden wird.

Das beginnt in der Eindämmungsverordnung schon mit dem Spuckschutz, wie ich dies immer nenne. Das sind diese Plexiglasplatten.

Herr Raue, noch zehn Sekunden.

Ja. - Diese Plexiglasplatten, die es überall gibt, sind überhaupt nicht gefordert worden. Ein Mundschutz oder dergleichen in Straßenbahnen, also im öffentlichen Nahverkehr, und beim Einkaufen ist überhaupt nicht gefordert worden. Wäre das eher gekommen, dann hätte uns das den gesamten Lockdown ersparen können.

Herr Raue, stopp! Lassen Sie jetzt Herrn Borgwardt antworten. - Wenn Sie wollen, Herr Borgwardt.

Herr Präsident, ich möchte das tun. - In Ihren Wortbeiträgen ist ja eine gewisse Stringenz erkennbar. Ich glaube, fast dasselbe haben Sie mich schon beim letzten Mal gefragt, warum man das nicht eher gemacht hat und sonst was. Ich kann Ihnen leider nur wieder dasselbe sagen: Offensichtlich in keinem Land der Erde hat man die Zeitketten, die Sie hier nennen, in der prognostischen Anschaffung beherzigt.

(Zuruf: In Taiwan!)

- Auch da war es anders; das wissen auch Sie.

Ich will aber noch einmal auf Folgendes zurückkommen: Herr Raue, wir tragen Verantwortung. Das reklamieren wir für uns wie jede Landesregierung auch. Ihr Fraktionsvorsitzender hat vorhin mit Recht beklagt, dass man da so wenig machen kann. Das ist so; das wissen alle. Wie soll es aber anders sein? Hätten diejenigen, die hier politische Verantwortung tragen, diese Verantwortung nicht wahrgenommen, was hätten Sie denn erst dann gesagt?

Ich sage jetzt einmal ganz vorsichtig: Die kritischen Stimmen kamen ja von mehreren Seiten, es gab sie auch in der Koalition. Es war gut so, dass wir insoweit unterschiedliche Auffassungen hatten. Die Lockerungen waren halb getrieben und halb Vernunft. Ich sage das ganz deutlich. Da haben wir einen Prozess gehabt. Ich kann mich noch gut an konstruktive Diskussionen erinnern, auch mit Petra Grimm-Benne, mit unserem Ministerpräsidenten und, und, und. Das ist ja ein Prozess. Aber wir haben dann immer auch verantwortungsbewusst gelockert. Das haben wir gemacht; das können Sie glauben. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass auch das neben der Kommunikation ein Bestandteil war.

Sie haben ja immer mit allem Möglichen dafür gesorgt, dass die Leute etwas anderes glauben sollten. Wir haben dennoch eine breite Akzeptanz erzielt. Es ist nun einmal so, dass diejenigen, die handeln, das, was offensichtlich von der Mehrheit der Bevölkerung auch nachvollzogen wird, dann auch als Erfolg einfahren. So einfach ist das. Insoweit kann ich sehr grobe Fehler der Landesregierung nicht erkennen, selbst dann nicht, wenn Sie mich dies ein drittes Mal fragen.

Ich sage es noch einmal: Ich persönlich glaube, dass wir zu einem frühen Zeitpunkt gelockert haben und dass wir dadurch ein Motor waren, auch als CDU-Fraktion. Ich mache gar kein Hehl daraus: Wir hätten das auch gerne schon am Himmelfahrtstag gehabt. Wir wussten genau, dass das eine halbe Sache wird. Aber ich habe auch Verständnis dafür: Wenn ich entscheiden müsste, hätte möglicherweise auch ich so entschieden - das gehört zur Wahrheit dazu -, vor allem deshalb, weil man ja auch bestimmte Dinge kennt, die damit verbunden sind.

Aber wie gesagt; ich sage es noch einmal: Ich glaube, im Großen und Ganzen ist hier verantwortungsbewusst und sachgerecht gelockert und jeweils entschieden worden.

(Beifall)

Danke. Es gibt keine weiteren Wortmeldungen mehr. - Damit sind wir am Ende der Aussprache angelangt. Beschlüsse in der Sache werden nicht gefasst. Deswegen schließen wir jetzt diesen Tagesordnungspunkt.

Wir fahren jetzt in der von uns vorgesehenen Tagesordnung fort.

Danach rufe ich jetzt auf den

Tagesordnungspunkt 7

Zweite Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Angemessenheit der Abgeordnetenentschädi

gung und der Kostenpauschale

Gesetzentwurf Fraktion AfD - Drs. 7/6015

(Erste Beratung in der 100. Sitzung des Land- tages am 07.05.2020)

Eine Ausschussberatung ist nicht erfolgt. Deswegen entfällt auch eine diesbezügliche Berichterstattung. Zu diesem Tagesordnungspunkt ist vereinbart worden, keine Debatte zu führen.

Ich frage als Erstes: Gibt es aus dem Haus bei dieser zweiten Beratung einen Antrag auf Überweisung?

(Zuruf: Ja!)

- Aus der AfD-Fraktion. Überweisung in den Ältestenrat? - Das ist jetzt meine Frage.

Eine Debatte führen wir zwar nicht. Dennoch haben wir erstens einen Redebeitrag angemeldet. Zweitens möchten wir auf den Antrag auf Ausschussüberweisung verweisen.

Bei mir ist ein angemeldeter Redebeitrag nicht angekommen. Aber da wir flexibel sind, können wir in die Debatte einsteigen. - Ach so, bei mir steht: eventuell Redebedarf.

(Zuruf)

- Alles klar. In Ordnung.

Da mir bisher kein weiterer Redebeitrag angemeldet worden ist, haben Sie, Herr Roi, jetzt das Wort. Da wir in einer Debatte sind, würde ich sagen: drei Minuten.

(Zuruf von Daniel Roi, AfD)

- Davon sehe ich hier nichts. Fangen Sie mal an! Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor fünf Wochen haben wir hier festgestellt, dass Sie alle von den Altparteien sich beim Thema automatische Diätenerhöhung einig sind. Sie wollen, dass die nächste Erhöhung ganz automatisch kommt, mitten in der Krise, in der viele Bürger finanzielle Einbußen hinnehmen müssen. Wir haben ja gerade mehrere Stunden lang über die Folgen der Coronakrise gesprochen. Sie bleiben offensichtlich trotzdem bei Ihrer Haltung. Die AfD lehnt die automatische Diätenerhöhung nach wie vor ab.

Mit Ihren neunmalklugen Fragen in der letzten Debatte im Mai und dem Versuch, mit Nebenkriegsschauplätzen von dieser unverschämten Kassiererposition abzulenken, sind Sie gescheitert.

Sie wollten unseren Gesetzentwurf - das hat der Präsident gerade gesagt - nicht einmal in die Ausschüsse überweisen. Sie wollen also nicht diskutieren. Sie wollen auch nicht, dass die Politik es hinbekommt, in einer solchen Krise ein Zeichen für die Menschen draußen zu setzen, für die wir gewählt worden sind. Sie wollen die automatischen Diätenerhöhungen nicht abschaffen. Sie wollen kein transparentes Verfahren, keine Beteiligung der Öffentlichkeit, keine lästigen Debatten und keinen Beschluss hier im Landtag. Sie wollen einfach still und heimlich, dass es so weitergeht und kassieren.

Für die heutige zweite Lesung - dies wurde schon gesagt - ist nicht einmal eine Debatte vereinbart worden. Auf der Tagesordnung ist es ja zu sehen: ohne Debatte. Deshalb ergreife ich jetzt das Wort. Sie dagegen wollen am besten nicht darüber reden. So läuft das ja schon seit Jahren. Das ist die Mentalität, die Sie hier an den Tag legen; das kennen wir. Ich kann nur sagen: Es ist beschämend für dieses Haus, dass darüber nicht debattiert wird.

Ich beantragte hiermit auch die Überweisung in den Rechtsausschuss.

Da wir im Übrigen die Verfassung ändern wollen - Herr Lippmann, da sollten Sie jetzt genau zuhören -, bin ich auch gleich bei Ihnen. Ich will mich Ihnen noch einmal widmen; denn Sie spielen in der ganzen Diskussion um die Diätenerhöhung eine ziemlich verlogene Rolle. Ich muss das einmal so deutlich sagen.

(Beifall)

Sie lügen in einer dreisten Weise der Öffentlichkeit in die Tasche und füllen selbige zugleich bei Ihnen selbst.

Ich will Ihnen auch erklären, was ich damit meine: Sie schreiben auf Ihrer Homepage, es sei aus

formalen Gründen nicht möglich, zu verzichten. Die bestehende Regelung lasse einen Verzicht nicht zu, schreiben Sie. Es wird also weiter ausgezahlt. Die Frage ist: Was unternehmen Sie dagegen?

In der letzten Debatte am 7. Mai sind Sie hier an das Redepult getreten und haben Folgendes gesagt. Ich zitiere Sie jetzt, damit Sie nicht wieder sagen, ich erzähle etwas Falsches. Es ging darum, dass die LINKEN ihren Gesetzentwurf zurückgezogen haben, der schön in der Presse veröffentlicht worden war. Ich zitiere jetzt insoweit Herrn Lippmann:

„Wir haben das nicht getan,“

- also die Zurückziehung -

„weil wir auf einmal kassieren wollten, sondern weil festzustellen war, dass wir die Verfassung hätten ändern müssen.

Das hätten Sie“

- also wir von der AfD -

„für Ihren Gesetzentwurf jetzt auch feststellen müssen.“