Protokoll der Sitzung vom 12.06.2020

Und ja, es wird Zeit, dass dieser Landtag sich endlich mit den fachlich dazu vorliegenden Anträgen befasst und Beschlüsse fällt.

Die jetzt veröffentlichten Recherchen, meine Damen und Herren, zeigen zudem: Die AfD steht im Zentrum der extrem rechten Organisierung in diesem Land, nicht nur ideologisch, nicht nur mit ihren personellen Verbindungen, sondern eben auch als Beschafferin von Informationen.

Michael S., einer der Hauptakteure des aufgedeckten extrem rechten Netzwerkes, saß als Referent für die AfD auch im Innenausschuss. Er konnte dort an zahlreiche sicherheitsrelevante Informationen über polizeiliche Einschätzungen, Geflüchtetenunterkünfte und Sicherheitsvorkehrungen gelangen. Natürlich hatte er die Chance, das in ebenjene Netzwerke einzuspeisen.

Im 19. Untersuchungsausschuss unterscheiden wir penibel zwischen öffentlichen und nichtöffentlichen Teilen, um keine sicherheitsrelevanten Informationen öffentlich werden zu lassen. Das ist richtig. Aber mit der AfD am Tisch sitzt das Problem am Tisch. Damit sitzt das Sicherheitsrisiko am Tisch.

(Zustimmung - Zurufe)

Angesichts der bekannt gewordenen Aktivitäten von Teilen der AfD, die einen gewaltsamen Umsturz vorbereiten, ist der Zugang zu sicherheitsrelevanten Informationen wie zum Beispiel in der PKK höchst gefährlich und nicht akzeptabel.

(Zustimmung)

Und ja, meine Damen und Herren, Herr Büttner hat mit seiner Rede gezeigt, wie ausgelassen hitleristisch es in dieser Fraktion zugeht.

Meine Damen und Herren! Es muss uns nicht nur besorgen, dass dies in diesem Plenum ohne Konsequenz blieb. Uns muss auch ganz real besorgen, was das für die Sicherheitssituation von Demokratinnen und Demokraten in diesem Haus bedeutet.

(Zustimmung - Zurufe)

Meine Damen und Herren! Wieder debattieren wir über die Rolle der AfD als Teil der organisierten extremen Rechten, als Teil rechten Terrors in Deutschland. Wir debattieren über die von dieser extremen Rechten konkret ausgehenden Gefahren. Reden allein hilft dabei nun wahrlich nicht. Es muss sich etwas tun.

Herr Krull, ich bin sehr froh über die Pressemitteilung des Reservistenverbandes. Dennoch muss auch hier die Frage stehen, was den Reservistenverband eigentlich für Rechtsextreme attraktiv macht.

Es muss sich etwas tun bei der Bundeswehr, die endlich rechtsextreme Netzwerke aufdecken und zerschlagen muss.

Es muss sich auch immer noch etwas tun im Burgenlandkreis, der die Vorgänge um den Coronakrisenstab, der offensichtlich rechtsextrem unterwandert wurde, aufklären muss.

Und es muss sich im Innenministerium etwas tun, wo die Verantwortung für die Einschätzungen zur extremen Rechten und die von ihr ausgehenden Gefährdungen liegt.

(Zustimmung)

Es muss sich etwas tun bei der Polizei, die unter anderem klären muss, um was für eine Einladung zum Schießtraining es sich handelt, von der die Vorbereiter dieses Bürgerkrieges stolz berichten.

Nicht zuletzt muss sich auch bei der CDU etwas tun, die endlich nicht nur die Abgrenzung nach Rechtsaußen klar machen muss, sondern auch klären muss, warum eigentlich derselben Person, die jetzt ausgetreten ist, der Kreisverband noch vor wenigen Wochen das volle Vertrauen ausgesprochen hat.

(Zuruf: Da kommt immer gleich der Rück- tritt!)

Ich erinnere daran, dass eben jenes Mitglied, das einen AfD-Mann mit „Sieg Heil“ grüßt, nicht zum ersten Mal Thema hier im Landtag ist.

Und, meine Damen und Herren, etwas tun muss sich auch bei den Staatsanwaltschaften in diesem Land, die nicht nur endlich ihren Umgang mit rechtsextremen Straftaten verbessern und erheblich größeren Verfolgungsdruck aufbauen, sondern auch die zahlreichen Hinweise auf Straftaten, die sich aus den jüngsten Veröffentlichungen ergeben, sorgsam prüfen und ermitteln müssen.

Und bei uns allen. Die militante rechte Szene und ihr parlamentarischer Arm sind eine Gefahr, die nicht abstrakt ist, sondern die sehr konkret ist.

(Zuruf)

Die Anträge, die nach dem Mord an Walter Lübcke und nach dem Anschlag von Halle hier eingebracht wurden und über die verhandelt wurde, müssen ernsthaft behandelt werden und es müssen die nötigen Schritte unternommen werden. Wenn es nicht die sind, die wir gehen wollen, dann gehen Sie andere. Aber gehen Sie welche, meine Damen und Herren!

(Zustimmung)

Denn worauf wollen wir denn noch warten? Wollen wir auf den nächsten Anschlag warten? Wollen wir darauf warten, dass ein weiteres rechtsextremes Netzwerk aufploppt? Oder wollen wir darauf warten, dass Herr Büttner den Mob hier reinführt? Das ist nicht das Gebot der Stunde. Handeln ist das Gebot der Stunde.

(Zustimmung)

Bisher tun wir nicht unser Möglichstes.

Danke. Frau Quade, es gibt eine Frage von Herrn Büttner. Wollen Sie diese beantworten?

Dann gibt es eine Frage von Herrn Krull. Wollen Sie diese beantworten?

Dann, Herr Krull, haben Sie das Wort.

Fragen von Demokraten beantworte ich gern.

Ich formuliere meine Frage so: Können Sie sich vorstellen, dass es den Kameradinnen und Kameraden und den Mitgliedern meines Verbandes neben dem Interesse an Verteidigungs- und Sicherheitspolitik, der Schulung militärischer Fähigkeiten und dem Schutz der Bevölkerung, zum Beispiel im Rahmen von Trainings zu Hochwassermaßnahmen oder Wasserschutzmaßnahmen, am wichtigsten ist, dass sie Kameradschaft erleben, so wie sie es bei der Truppe erlebt haben? Denn Kameradschaft kann man nicht kaufen. Vielleicht können Sie sich vorstellen, dass das ein Grund dafür ist, warum sich Frauen und Männer bei uns im Reservistenverband engagieren.

Das kann ich mir total gut vorstellen, Herr Krull. Ich habe damit auch gar kein Problem. Womit ich ein Problem habe, ist eine Kameradschaft, die Rechtsextreme nicht ausschließt.

Dann sind wir mit diesem Debattenbeitrag soweit durch. Jetzt kommen wir zum Debattenbeitrag der CDU-Fraktion, aber erst nach der Desinfizierung des Rednerpults. - Herr Schulenburg, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Der Phänomenbereich der Prepper ist nicht neu. Das sind bekanntlich die Personen, die sich seit den 70er-Jahren unter anderem durch die unverhältnismäßige Einlagerung von Lebensmitteln, die Errichtung von Schutzbauten und das Vorhalten von Schutzbekleidung auf einen Katastrophenfall vorbereiten wollen, den sie befürchten oder sogar heraufbeschwören.

Selbstverständlich ist nicht jeder, der gute Ratschläge zur vernünftigen Bevorratung mit Lebensmitteln befolgt, als ein Prepper zu bezeichnen. Wie wichtig Vorsorge im privaten Bereich ist, hat uns letztendlich auch die Coronapandemie gezeigt.

In Teilen der Prepperszene wird auch die Beschaffung von Waffen zum Selbstschutz zumindest befürwortet. Neu ist auch nicht, dass Reichsbürger, rechte Gruppierungen und Verschwörungstheoretiker versuchen, die Szene zu unterwandern. Rechtsextremistische Kreise und

Reichsbürger fordern ihre Anhänger auf, selbst zu Preppern zu werden, um sich und Menschen mit ihrer Ideologie und Gesinnung im Katastrophenfall eine bessere Ausgangslage und einen Vorteil zu verschaffen.

Eine ganz neue Dimension hat die Thematik in Deutschland seit dem Jahr 2017 bekommen. Die Generalbundesanwaltschaft ermittelte gegen

mehrere Mitglieder der Prepperszene in Mecklenburg-Vorpommern, die sich in Chats darüber ausgetauscht haben, dass ein Krisenfall eine Chance zur Machtübernahme mit anschließender Internierung bzw. Ermordung linker Politiker bieten könne.

Die Polizei fand bei Hausdurchsuchungen Adressen von Politikern sowie von Flüchtlingsverbänden, der Arbeiterwohlfahrt und Gewerkschaften.

Denken wir aber auch an den Fall Franco A., der sich bewaffnet als syrischer Flüchtling ausgegeben hat, um dann - so die Erkenntnisse der Bundesanwaltschaft - einen Anschlag unter falscher Flagge zu verüben.

In den Chats wurde nicht nur darüber kommuniziert, all seine Reserven für den Notfall anzulegen. Es wurden Feindeslisten angelegt und bei den Ermittlungen wurden automatische Waffen, Schalldämpfer sowie mindestens 60 Schuss Munition sichergestellt.

Aktuell müssen wir eine Presseberichtserstattung zu einem verschworenen Preppernetz in Sachsen und auch in Sachsen-Anhalt zur Kenntnis nehmen. Nach Recherchen sollen die Verbindungen rechtsradikaler Prepper bis in die Bundeswehr und den Coronakrisenstab im Landratsamt eines Landkreises reichen.

Chatprotokolle sollen belegen, dass es eine enge Vernetzung von rechten Burschenschaftlern und Reservisten gibt. Viele der Chatauszüge sollen von Rassismus, Gewaltbereitschaft und Umsturzfantasien geprägt sein. Die Auszüge sollen auf die Beschaffung von Waffen und Munition hinweisen, um sich auf den Ausbruch eines kommenden Rassenkrieges vorzubereiten.

Es fällt uns natürlich schwer, uns vom Hörensagen her zu der Presseberichtserstattung zu erklären. Für eine eingehende Bewertung der Angelegenheit sind wir auf Erkenntnisse der staatlichen Ermittlungsbehörden angewiesen. Wir gehen davon aus, dass unsere Sicherheitsbehörden allen Ermittlungsansätzen nachgehen werden. Es ist zu klären, inwieweit eine Bedrohung durch das Netzwerk bestand oder besteht. Hierfür müssen die Inhalte gründlich ausgewertet und analysiert werden.

Eines ist für uns klar, und das nicht erst seit der Berichtserstattung: Es gibt Menschen in dieser Prepperszene, die sich nicht nur auf ein apokalyptisches Ereignis vorbereiten, sondern sich durch paramilitärische Trainings und Schießübungen für einen anschließenden Kampf gegen Migranten, Muslime und Andersdenkende wappnen.

Im Vordergrund stehen nicht die Notfallvorsorge, sondern die Waffenbeschaffung und der Austausch von Tötungsfantasien. Es bleibt aber nicht nur bei Worten und Ankündigungen, wie uns die zahlreichen Waffenfunde bei Preppern in der Vergangenheit zeigen.