Protokoll der Sitzung vom 08.07.2020

Wenn wir uns dieses Gutachten unabhängig von dem, was der Landtag mit jedem Recht entschieden hat, anschauen, dann stellen wir fest, dass darin an mehreren Stellen dargelegt wird, es gibt drei Varianten, um eine Sicherung vorzunehmen. Eine Variante ist die Abdeckungsvariante, mit der man diesen Eintrag von Salz in das Grundwasser stoppen kann. Man kann also eine regressive Entwicklung - so heißt es in dem Gutachten - einleiten. Klar: Wenn ich die Grube oben verschließe und trocken lege, dann kommt kein Wasser mehr nach und wird sozusagen auch unten weniger. Das ist, so habe ich mir berichten lassen, ein übliches Verfahren.

Die LAF sagt auf der Grundlage des Generalvertrages und ihrer Rechtsauffassung: Das ist die Variante, die wir bezahlen dürfen. Das ist im Übrigen auch eine Haltung, die von der Abteilung für technischen Umweltschutz in meinem Haus unterstützt wird. Das ist, wie gesagt, unabhängig davon, dass der Landtag, der keine Fachbehörde ist und deswegen mit gutem Recht auch anders entscheiden kann,

(Zustimmung)

weil er andere Dinge einbezieht und vielleicht auch einbeziehen muss, eine andere Entscheidung getroffen hat. Das ist also keine Aussage der LAF gegen den Beschluss des Landtages. Die Aussage der LAF ist lediglich: Nach unserer Rechtsauffassung dürfen wir nach Ermessen nur diese Variante bezahlen. Das ist sozusagen der Punkt.

Jetzt wird es kompliziert, weil Sie auf das Bergamt zu sprechen kamen. Das Bergamt hat Neptune Energy geschrieben, das Unternehmen möge

einen Stilllegungsplan mit der Variante der Auskofferung erarbeiten.

Es gibt drei Punkte, die daran kompliziert sind. Wie gesagt, ich bin Laie; ich versuche, das darzustellen. Es gab 2006 eine Änderung der EU-Bergbauabfallrichtlinie, die dann in die Allgemeine Bundesbergverordnung umgesetzt wurde. Die sah so aus, dass sie 2006 für die Errichtung solcher Einrichtungen zur Entsorgung von bergbaulichem Abfall ein neues Kriterium für die Errichtung und den Betrieb solcher Einrichtungen eingeführt hat, und zwar dergestalt, dass sie vorgegeben hat: Es muss unter dieser Einrichtung eine geologische Barriere geben. Wenn ich das alles richtig verstehe, hat sie weiterhin geregelt: Entweder macht das jemand, der so eine Einrichtung betreibt. Wenn er das nicht macht, muss er bis 2010 stilllegen. Oder er muss seine Abfalleinrichtung so umbauen, dass sie diesen Kriterien genügt. Dafür hat er noch zwei Jahre mehr Zeit, nämlich bis 2012.

Dazu stellen sich schon mal zwei Fragen. Die BA Brüchau wurde bis 2012 betrieben. Wenn man dieser Rechtsauffassung folgt - der wir gar nicht folgen; ich versuche nur, das Bergamt zu verstehen -, dann fragt man sich, warum das Bergamt die BA Brüchau noch zwei Jahre lang Müll, konkret bergbauliche Abfälle, hat einlagern lassen; denn wenn man der Auffassung folgt, muss das bis 2010 geschlossen sein, es sei denn, man baut bis 2012 um. Und wenn ich bis 2012 umbaue, würde ich jetzt mal naiv meinen, muss irgendwann einmal, sagen wir mal, 2007/2008, ein Umbauplan vorliegen. - Das ist die eine Frage.

Der zweite Punkt ist, dass dann - so wie ich das verstehe und mir habe erklären lassen; aber Sie genießen das bitte mit Vorsicht, weil ich, wie gesagt, hier nach bestem Wissen und Gewissen vortrage; ich habe wirklich versucht, mich da reinzufuchsen - das Bergamt sagt: Weil die das länger betrieben haben, müssen die jetzt nach den neuen Kriterien bewertet werden. Dabei geht es immer um die geologische Barriere von unten.

Wenn man diesem Argument folgt - dem wir gar nicht folgen würden -, dann würde sich für mich die Frage stellen: Wo haben wir noch solche Einrichtungen, die über 2010 hinaus betrieben, also nicht stillgelegt wurden, bei denen aber auch keine geologische Abdichtung vorhanden ist? - Das ist die zweite Frage, die sich mir dann stellt.

Die dritte Frage ist diese: Das Bergamt begründet in seinem Schreiben nicht, warum es für das Auskoffern ist. Aber es bezieht sich auf diese - ich muss immer diesen Namen herbeinehmen, damit ich den korrekt vorlese, weil ich keine Juristin bin - Allgemeine Bundesbergverordnung und sagt, dass in dieser Bundesbergverordnung geregelt sei, dass der Standort geotechnisch geeignet sein

müsse. Da geht es, wie gesagt, immer um diese Barriere von unten, die ja unstreitig in Brüchau nur partiell da ist, um es sehr vorsichtig zu sagen.

Das ist aber eine Rechtsauffassung, die das LAGB, die LAF und auch mein Haus, das sich das angeguckt hat, nicht teilen. Denn die Bundesbergverordnung ist ein sehr spezielles Bergbauabfallrecht. Die kennt sehr wohl die drei Phasen einer BA, nämlich die Errichtung, den Betrieb und die Stilllegung.

Wenn man sich diesen Rechtskörper, dieses Bergbauabbaurecht, insgesamt anguckt, dann stellt man fest, dass der Gesetzgeber hier sehr dezidiert mit den drei Phasen umgegangen ist, denn Sie finden in diesem Gesetzeskörper in unterschiedlichen Kombinationen immer wieder zwei Phasen, die darin genannt werden, aber die dritte nicht. Dabei merken Sie: Die haben sich richtig Gedanken gemacht: Was gilt für die Errichtung, was gilt für den Betrieb und was gilt für die Stilllegung?

Und in Nr. 2 Satz 1 des Anhangs 6 dieser Verordnung steht eben von „Stilllegung“ nichts drin. Da heißt es nämlich: „Der Unternehmer hat sicherzustellen, dass die Abfallentsorgungseinrichtung die erforderliche Standfestigkeit aufweist und an einem Standort errichtet und betrieben wird, der geologisch, hydrologisch und geotechnisch geeignet ist.“ Da steht nichts von „Stilllegung“.

Das Bergamt fügt an dieser Stelle den Text „(so- wie stillgelegt)“ ein. Das ist unseres Erachtens eine nicht zielführende Interpretation, weil dieser Rechtskörper sehr wohl diese drei Phasen unterscheidet und auch immer sehr dezidiert sagt, was für welche Phase gilt.

Insofern halten wir die Auffassung des LAGB für eine Fehlinterpretation. Wie gesagt, ich lasse das auch immer von meiner umwelttechnischen Abteilung prüfen, sodass ich da möglichst - man ist ja nie abgesichert - sehen kann: Geht das konform oder widerspricht sich das?

Somit sagen wir, wenn man diese Rechtsauffassung vertritt und sich auf dieses Abfallrecht, also diese Allgemeine Bundesbergverordnung, beruft, dann leitet sich daraus nicht ab, dass auch bei der Stilllegung diese strenge Variante der geologischen Absicherung nach unten gelten muss. Das heißt natürlich nicht, dass es nicht eine Situation gäbe, wo man auskoffern muss. Die ist aber nicht darüber zu begründen, sondern die wäre darüber zu begründen, dass Menschenleben gefährdet sind, also eine große Gefahr besteht. Somit kommen wir wieder auf das Gutachten zurück, das die Auffassung des LAGB nicht stützt.

Im Übrigen - letzter Satz zu Ihrer Frage, Herr Lange - ist überhaupt die Frage: Wenn ich diesen Rechtskörper heranziehe und so argumentiere,

dann behandele ich die Neptune Energy über den Zeitpunkt hinaus, zu dem sie hätte stillgelegt werden müssen, nämlich schon 2010, quasi wie ein neues Unternehmen. Und ein neues Unternehmen ist sowieso nicht altlastenfreigestellt. Aber ich will es nicht zu kompliziert machen. Das sind einfach meine Fragen an der Stelle.

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Es gibt eine kurze Nachfrage. Wenn möglich, fassen Sie sich doch etwas kürzer. Ich weiß, dass es ein komplexes Thema ist. Aber vielleicht geht es doch etwas kürzer. - Bitte, Herr Lange.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Ministerin, habe ich das richtig verstanden, dass Sie gemeinsam mit dem Umweltministerium die Auffassung vertreten, dass die Abdeckung ausreichend ist? - Das ist die erste Frage.

Die zweite Frage: Wo sollte denn sonst die Stilllegung stattfinden, wenn nicht an dem Ort, an dem die Grube errichtet wurde? So eine Stilllegung ist ja immer mit einer Ewigkeitsgarantie verbunden. Man möchte also auf Ewigkeit sicherstellen, dass dort für die Umwelt nichts Schlimmes mehr passiert.

Dann haben wir nach Ihrer Auffassung die Situation, dass wir für die Errichtung und den Betrieb der Anlage, wo noch keine Ewigkeitsgarantie gefordert wird, einen höheren Sicherheitsstandard hätten haben müssen als für eine auf Ewigkeit ausgelegte stillgelegte Anlage. Habe ich das jetzt richtig verstanden?

Vielen Dank, Herr Abg. Lange. Das war keine kurze Nachfrage, sondern auch schon eine etwas längere. Aber die Frau Ministerin wird sich jetzt bemühen, vielleicht etwas kürzer zu antworten. - Bitte.

Ich bemühe mich, Frau Präsidentin. - Jetzt kommen wir in den Bereich der Schlussfolgerungen, in dem es ganz gefährlich wird. Aber ich verstehe das so: Die BA Brüchau ist eine genehmigte Anlage zur Entsorgung von bergbaulichen Abfällen. Für die Errichtung solcher Anlagen hat der Gesetzgeber 2006 die Bedingungen für die Errichtung und für den Betrieb verschärft.

Sie können ja nicht eine Bedingung, die Sie an die Errichtung neuer Anlagen richten, an die Stilllegung einer alten Anlage richten. Insofern, wenn Sie jetzt eine neue Anlage haben und die in

30 oder 50 Jahren irgendwann stillgelegt wird, hat die eine andere Voraussetzung als die genehmigte BA Brüchau, die eben unter anderen Voraussetzungen genehmigt wurde.

Was die Stilllegung betrifft, kommen wir wieder auf das Gutachten zurück. Da sagt die LAF: Wenn man sich das Gutachten anguckt, dann gibt es drei Varianten und die werden in diesem Gutachten als gleichwertig bewertet. Eine Variante ist eben die Abdeckung. Ich nenne das einfach einmal so: Abdeckung versus Auskofferung. Eine Variante ist die Abdeckung. Nach unserem Ermessen, sagt die LAF, ist das die Variante, die wir bezahlen können.

Wenn Sie sich das Gutachten angucken, sehen Sie: Darin steht auch, dass dann, wenn man das abdeckt und den Eintragungspfad Wasser unterbricht, die regressive Entwicklung dieser Salzfahne eingeleitet wird und diese Salzfahne immer kleiner wird. Und alle anderen Einträge werden in diesem Gutachten sowieso als unerheblich eingeschätzt. Ich kann mich nur nach diesem Gutachten richten. Das ist jetzt die gemeinsame Entscheidungsgrundlage.

Aber ich sage noch einmal: Der Landtag ist frei, sich anders zu entscheiden. Und der Landtag wird unter Umständen ganz andere Kriterien mit in seine Entscheidung einbeziehen, die zum Beispiel eine Behörde in ihrem fehlerfreien Ermessen gar nicht einbeziehen dürfte; denn wenn die Behörde sie einbeziehen würde und deshalb verklagt werden würde, dann würde ihr ein Fehler unterstellt.

Deshalb noch einmal: Wir stellen den Landtagsbeschluss gar nicht infrage. Die Frage sind die Rechtsstreitigkeiten, die wir erörtert haben. Am Ende geht es natürlich ums Geld.

Vielen Dank, Frau Ministerin. Den Versuch war es wert. Aber es ist nicht ganz geklappt. Vielleicht glückt uns das bei den nächsten Wortmeldern. Der nächste Wortmelder ist Herr Höppner. - Sie haben das Wort, bitte.

Noch einmal zu der Kostenfrage. Im Ausschuss wurde auch bekannt gegeben, dass die Entsorgung der Grube plötzlich um die 100 Millionen € kosten soll. Ihr Staatssekretär sagte das. Danach habe ich im Ausschuss gefragt, habe aber keine vernünftige Antwort gekriegt: Woher kommt diese Zahl, dass die Entsorgung jetzt plötzlich 100 Millionen € kosten soll? Es wurde auch danach noch mit dieser Zahl agiert. Und wenn da etwas vorliegt, irgendwelche Gutachten oder Schätzungen, bestätigte Schätzungen und Ähnliches: Warum haben das die Abgeordneten noch nicht erhalten?

Frau Ministerin.

Das Gutachten, das Ihnen und auch mir vorliegt und auf das ich mich stütze, enthält eine Schätzung darüber - ich glaube, es steht in den 90erSeiten; ich will das jetzt nicht heraussuchen, weil es zu lange dauern würde -, was in dieser Deponie enthalten ist und in welche Deponieklassen das aufzuteilen und zu verbringen ist. Sie wissen ja: Quecksilber beispielsweise muss in eine DK IV, also in eine Untertagedeponie. Andere Giftstoffe müssten in eine DK III verbracht werden, die wir im Übrigen in Sachsen-Anhalt gar nicht haben. Dann müssten wir mit anderen Bundesländern in eine Vereinbarung treten. Aber das ließe sich alles irgendwie lösen.

Es sind immer nur Schätzungen. Wenn man sich diese Schätzungen, die hierin stehen, anguckt und sieht, wie viel von was ungefähr in welche Deponieklasse zu verbringen ist, kann man in etwa hochrechnen, was das kosten würde. Das sind die Zahlen, die mir vorliegen: 100 Millionen € plus x. Das würde in etwa dabei herauskommen. Wenn Sie auskoffern, müssten Sie das rausholen und müssten das fraktionieren usw., müssten also gucken, wie Sie es zerlegt kriegen. Möglicherweise bekommen Sie es auch nicht so gut zerlegt, wie es jetzt hier in der Tabelle steht.

Sie müssen es entsprechend verpacken, sodass es dann von den Betreibern der DK III oder DK IV, wo viele dieser Giftstoffe hinmüssen, auch angenommen wird.

Vielen Dank, Frau Ministerin. Der nächste Fragesteller ist der Abg. Herr Kolze. - Sie haben das Wort, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Frau Ministerin Dalbert! Das eine ist der Beschluss des Landtages, der umzusetzen ist. Natürlich ist es legitim, dass innerhalb der beteiligten Ressorts unterschiedliche Rechtsauffassungen zur Umsetzung des Beschlusses bestehen. Diese müssen allerdings - das ist mein Selbstverständnis, auch hier als Abgeordneter - letztendlich in ein gemeinsames finales Handeln der Landesregierung münden.

Was ich aber in 18 Jahren noch nicht erlebt habe, war das herablassende Verhalten Ihres Staatssekretärs Herr Rehda gegenüber Herrn Abg. Ulrich Thomas. Er bescheinigte ihm sinngemäß, dass er

ja wohl gar keine Kenntnis von dem habe, worüber er im Ausschuss rede. Ich möchte an dieser Stelle meine Erwartung zum Ausdruck bringen, dass sich Herr Staatssekretär Rehda genauso öffentlichkeitswirksam bei Herrn Thomas entschuldigt. - Vielen Dank.

(Zustimmung)

Das war jetzt keine Frage, aber Sie können natürlich darauf erwidern. - Bitte.

Herr Kolze, ich stimme Ihnen vollumfänglich zu. Es steht weder einem Minister noch einem Staatssekretär noch Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen meines Hauses oder meiner nachgeordneten Einrichtungen zu, sich gegenüber Abgeordneten arrogant, überheblich oder sonst wie zu verhalten. Wenn Herr Thomas beleidigt worden ist, dann möchte auch ich mich persönlich bei Herrn Thomas entschuldigen, stellvertretend - -

(Zuruf von Uwe Harms, CDU)

- Herr Harms - -

Lassen Sie bitte Frau Ministerin erst einmal ausreden.

Das wäre sehr freundlich, Herr Harms. - Ich war nicht im Ausschuss zugegen. Ich glaube, folgende Formulierung ist die richtige: Wenn Herr Thomas beleidigt worden ist und sich vor allen Dingen auch beleidigt gefühlt hat, dann tut mir das überaus leid und dann möchte ich mich stellvertretend bei Herrn Thomas entschuldigen. Denn das ist ein ungebührliches Verhalten. Das steht weder dem Staatssekretär noch mir noch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu. So schlicht ist das.

(Zustimmung)

Sie sind jetzt eigentlich nicht an der Reihe, Herr Thomas, aber ich möchte hier eine Ausnahme machen, weil Sie sicherlich kurz darauf antworten wollen. Ansonsten ist Frau Dr. Pähle die nächste Fragestellerin. - Bitte.