Kinder brauchen Freiheit, Lebensfreude, damit sie sich in ihrer Persönlichkeit entfalten können. Das war zu Zeiten des Lockdown nicht gewesen. Aktuell ist die Situation nicht mehr so extrem, wie es damals war, als der Antrag gestellt wurde.
Jetzt ist gleich Kollege Krull an der Reihe, der schon bereitstand und hätte reden können, wenn er der erste Redner gewesen wäre, was nicht der Fall war, aber demnächst wieder der Fall sein wird, Herr Krull; ich bin da ganz optimistisch. Jetzt, Herr Krull, haben Sie das Wort.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Die Menschen in unserem Land haben die Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung der Covid-19-Pandemie vor erhebliche Herausforderungen gestellt.
Insbesondere die Kinder und Jugendlichen waren und sind betroffen, aber genauso ihre Familien, angefangen bei der Schließung von Kindertageseinrichtungen und Schulen, wobei eine Notbetreuung für den gesamten Zeitraum sichergestellt war, über die Schließung von Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen bis hin zu mangelnden Freizeitangeboten, weil zum Beispiel Sportvereine ihren Betrieb weitestgehend einstellten.
Es gab aber auch die Herausforderung, den Familienalltag neu zu gestalten. Auch die Eltern mussten neue Strategien entwickeln. Dabei waren beileibe nicht alle im Homeoffice, sondern viele gingen ganz normal zur Arbeit.
Es galt also häufig nicht nur, den Dreiklang aus Homeoffice, Homeschooling und Homecooking zu bewältigen, sondern häufig stellte sich auch die Frage, was mache ich mit dem Kind, während ich zur Arbeit muss, wenn vielleicht die Urlaubstage und die anderen Möglichkeiten ausgeschöpft waren.
Dabei waren und sind die Rahmenbedingungen für die Kinder und Jugendlichen in unseren Familien in Sachsen-Anhalt sehr unterschiedlich. Es ist etwas anderes, ob eine Familie ausreichend technische Ausstattung und auch die Fähigkeit hat, damit richtig umzugehen, oder ob es nur ein oder vielleicht gar kein internetfähiges Endgerät in einer Familie gibt.
Auch die Notwendigkeit des körperlichen Ausgleichs bzw. des Bewegungsdrangs lässt sich in einer Familie mit eigenem Garten oder Grundstück ganz anders gestalten als in einer vielleicht beengten Wohnung mitten in der Stadt, gerade wenn die Spielplätze auch noch gesperrt sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir könnten jetzt trefflich streiten, ob alle Maßnahmen, die zur Eindämmung der Pandemie ergriffen worden sind, richtig waren. Dabei dürfen wir aber die damaligen Entscheidungen nicht mit unserem heutigen Wissen beurteilen, sondern müssen immer beachten, was der Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Entscheidung war, getreu dem Motto: Im Nachgang ist man immer schlauer.
Insgesamt darf man feststellen, dass durch das Land Sachsen-Anhalt bzw. durch die Landesregierung unter Führung des Ministerpräsidenten Dr. Reiner Haseloff die getroffenen Entscheidungen im Sinne des gesundheitlichen Bevölkerungsschutzes richtig und verhältnismäßig waren.
Daher möchte ich für meine Fraktion ausdrücklich feststellen, dass es bei dem durchaus nachvollziehbaren Wunsch nach bundesweit einheitlichen Regelungen richtig war, die im Verhältnis niedrigen Infektionszahlen in unserem Bundesland bezüglich der Gestaltung der Maßnahmen zu berücksichtigen.
Vonseiten des Bundes und des Landes wurden unterschiedliche Maßnahmen ergriffen, um Kinder und Jugendliche und deren Familien zu unterstützen. Da wir das schon mehrfach thematisiert haben, verzichte ich auf eine Aufzählung.
Wichtig ist aber - getreu dem Motto: besser miteinander als übereinander zu reden -, dass die Betroffenen selbst zu Wort kommen. In diesem Sinne haben wir den Ursprungsantrag im Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration auch diskutiert und als Koalition eine Beschlussempfehlung vorgelegt, die wir heute abschließend beraten wollen.
Ja, wir möchten dieses Fachgespräch durchführen, damit auch Kinder und Jugendliche zu Wort kommen, um ihre ganz persönlichen Erfahrungen zu schildern, ebenso aber auch die freien Träger der Jugendhilfe, die Kommunen oder die Interessenvertreter der Kinder und Jugendlichen wie der Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt, um uns ihre Sicht der Dinge darzustellen.
Wir müssen gemeinsam lernen und Lösungen finden, um im Fall der Fälle effektiver und effizienter mit einer solchen Lage umzugehen. Ich bitte um eine Beschlussfassung im Sinne der heute zu behandelnden Vorlage.
Ich sehe auch hierzu keine Fragen. Es macht sich schon einmal Frau Hohmann für die Fraktion DIE LINKE bereit.
Noch eine Bitte: Durch die größeren Abstände, aber nicht nur dadurch, haben wir inzwischen einen Geräuschpegel erreicht, der es schwer macht zuzuhören. Ich weiß, es ist keine böse Absicht, aber ich würde Sie einfach darum bitten, trotz alledem einmal die eigene Lautstärke zu kontrollieren; denn es wird langsam schwierig, hier dem Fortgang zu folgen.
Danke schön. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die politische Debatte über notwendige Maßnahmen zur Bewältigung der Coronakrise wurde in der Zeit von März bis Mai 2020 - Sie erinnern sich alle - nahezu vollständig aus der Perspektive Erwachsener geführt. Daher muss die Frage erlaubt sein: Betrifft die Krise nur sie?
Nach und nach zeigen uns erste Studien auf, mit welch außerordentlich belastenden Situationen und erheblichen Einschnitten Kinder und Jugendliche während der Pandemie zurechtkommen mussten. Zudem zeigen die Studien auf: Wer armutsbetroffen oder in prekärer Erwerbslage ist, erlebt im Alltag eine zusätzlich stark belastende Gemengelage.
Sorgen um die wirtschaftliche Situation macht sich die Mehrzahl der Familien umso mehr, je geringer das Einkommen ist. Berufliche Sorgen haben viele Familien; von existenziellen berichtet jede fünfte.
Eltern nennen als Hauptsorgen die Entwicklung der Kinder, Auswirkungen von Kontaktbeschränkungen und Kita- bzw. Schulschließungen auf die Kinder. Weitere Sorgen sind die Vereinbarkeit von Kinderbetreuung und Berufstätigkeit sowie die eigenen Kontaktbeschränkungen zu Familie und Freunden.
Sehr geehrte Damen und Herren! Gleichzeitig deckte die Krise auch Fehlstellen und Unzulänglichkeiten in vielen gesellschaftlichen Bereichen auf und machte sie sichtbar. Als Beispiel sei die Digitalisierung an Schulen und die Bereitstellung von Endgeräten genannt.
Deshalb müssen wir die Interessen der Kinder und Jugendlichen auf jeden Fall in zukünftige Pandemiepläne aufnehmen. Nur so kann sichergestellt werden, dass man in vergleichbaren Situationen weiß: Was brauchen Kinder und Jugendliche? Welche ihrer Interessen müssen wir berücksichtigen?
Daher forderten wir in unserem Antrag, einen Kinder- und Familiengipfel einzuberufen. Wir begrüßen es, dass die Koalition unserem Anliegen gefolgt ist, indem sie sich für einen Fachtag ausgesprochen hat.
Ich hoffe, dass dieser nun zeitnah stattfindet, um, aufbauend auf den Erfahrungen aus dem ersten Lockdown und den Ergebnissen vorhandener Studien, gut auf einen möglichen zweiten Lockdown vorbereitet zu sein. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Es gibt hierzu keine Fragen. Dann hat als Nächste - nach unserer üblichen kleinen Pause - Frau Lüddemann für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich denke, die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses spricht für sich. Die demokratischen Fraktionen im Landtag waren sich in diesem Falle einig und stimmten geschlossen für diese Vorlage.
Der entscheidende Punkt findet sich in Punkt 2 Satz 2. Dort wird der konkrete Handlungsauftrag an die Landesregierung formuliert, zeitnah ein Fachgespräch zur Auswertung der Coronapandemie in Bezug auf ihre Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche durchzuführen. Die Ministerin hat dazu ausgeführt.
Zentral ist dabei die direkte Einbeziehung von jungen Menschen, um aus erster Hand zu erfahren, wie der Lockdown, die Kontaktbeschränkungen und sicherlich auch das Homeschooling und die familiäre Situation zu Hause die Lebenswelt der jungen Menschen beeinflusst haben und wie sie diese erlebt haben.
Auch die Erfahrung der professionellen Akteure im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit sowie der einschlägigen Sorgentelefone sollen in diese Erhebung einfließen. Wir machen dies nicht nur aus sozialwissenschaftlichem Interesse oder purer Neugier, sondern um aus den konkreten Erlebnissen möglichst politische Reaktionen für zukünftige Fälle dieser Art abzuleiten.
Ich teile die Hoffnung, Frau Kollegin Hohmann, dass das zeitnah wird stattfinden können. Wenn ich mir allerdings die Situation angucke, bin ich auf der anderen Seite ein wenig skeptisch, ob wir das tatsächlich gerade in diesem Kontext mit vielen jungen Leuten, mit Akteuren etc. hin
Wir alle sind diesbezüglich ziemlich engagiert und interessiert, aber es nicht dramatisierend zu sagen, dass die zweite Welle rollt. Wir müssen gucken, was jetzt machbar ist und was wir verantwortungsbewusst hinbekommen. - Vielen Dank.
Es bereitet sich für die SPD-Fraktion der Abg. Herr Steppuhn auf seinen Redebeitrag vor, der die Debatte beenden wird. Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin nach wie vor ausdrücklich froh darüber, dass Bund und Länder, dass unser Land in der Krise sehr schnell und unbürokratisch mit einem Konjunkturpaket und mit Maßnahmen zur Unterstützung von Familien und damit auch von Kindern reagiert haben. Die Krise ist da. Es ist unstrittig, dass diese Krise Familien und Kinder in besonderer Weise trifft.
Die durch die Pandemie ausgelöste Krise verschärft die Situation von Familien und Kindern, insbesondere bei denjenigen, die ohnehin schon wenig haben. Glauben Sie mir, auch in meiner Eigenschaft als Landesvorsitzender der Tafeln weiß ich, wovon ich spreche. Deshalb ist es gut, dass Bund und Land mit einem ganzen Maßnahmenbündel reagiert haben.
Meine Kollegin Verena Späthe hat als Berichterstatterin für den Sozialausschuss bereits die verschiedenen Handlungsebenen vorgetragen. Ich finde es richtig, dass man eine Studie zunächst einmal auswertet und dass man auf der Grundlage dessen - das ist angesprochen worden - dann auch ein Fachgespräch durchführt, das ein wenig das aufnehmen kann, was ein Familien- und Kindergipfel mit sich bringen könnte.
Zu den freien Trägern der Jugendhilfe bzw. den kommunalen Interessenvertretungen ist schon vieles gesagt worden. Ich halte es für wichtig, dass wir insbesondere auch im Bereich der Kinder- und Jugendtelefone in besonderer Weise Ansprechpartner für Kinder und Jugendliche in der Pandemie anbieten, um auch hier Erfahrungen aufzunehmen.
Mit den Lockerungen der Sechsten Eindämmungsverordnung ist zugleich auch einiges für die Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit und der Kinder- und Jugendsozialarbeit getan worden. Ich bin froh, dass auch in
diesem Bereich die Arbeit wieder aufgenommen worden ist, und ich hoffe, dass wir das trotz der schwierigen Pandemiesituation weiterhin aufrechterhalten werden.
Meine Damen und Herren! Unabhängig hiervon glaube ich, dass das Thema Kinder- und Familienarmut als gesamtgesellschaftliches Thema auf der Tagesordnung bleibt. Es ist sicherlich Aufgabe der Politik, diesbezüglich etwas zum Positiven zu verändern. Es bleibt aber auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der es sich zu stellen gilt.
Sehr geehrte Kollegin Hohmann, wir hatten neulich Gelegenheit, gemeinsam mit der Kollegin von Angern bei einem Fachgespräch der AWO zu Gast zu sein. Ich finde, dort sind gute Beispiele vorgetragen worden, wie man aus der Armut herauskommen kann. Deshalb brauchen wir mehr Chancen und Bildungsgerechtigkeit. Das ist, glaube ich, der Schlüssel zur Armutsbekämpfung. Unbestritten ist, dass die Politik hierzu vieles beitragen kann.
In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zur Beschlussempfehlung. Wir werden sicherlich nicht das letzte Mal über dieses Thema geredet haben. - Herzlichen Dank.