Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich habe nur eine Frage zur Bewertung der ganzen Vorgänge in den letzten Monaten. Wenn wir die heutigen Erkenntnisse zugrunde legen: Sind Sie der Meinung, dass das alles verhältnismäßig war? Oder ist durch den kompletten Lockdown und die massiven Beeinträchtigungen bei den Menschen eine Situation eingetreten, die in der Bevölkerung immer mehr die Frage aufwirft: Kann man einen zweiten Lockdown überhaupt noch vertreten? - Wenn man sieht, was das Ganze bei den Kindern hervorruft: Da ist vielleicht einer verdächtig oder vielleicht hat er einen falsch-positiven Befund, und dann werden ganze Schulklassen isoliert. Ist das alles verhältnismäßig? - Dazu würde mich jetzt ernsthaft Ihre persönliche Meinung interessieren.
Herr Farle, ich habe es vorhin bei einem anderen Redebeitrag deutlich gemacht. Entscheidungen, die damals getroffen worden sind, können wir reflektieren, aber wir müssen bei der Beurteilung immer vom damaligen Erkenntnisstand und nicht vom heutigen Kenntnisstand ausgehen. Alle Maßnahmen, die zurzeit ergriffen werden, haben doch ein großes Ziel: den zweiten Lockdown zu verhindern und durch gezielte Maßnahmen diejenigen zu schützen, die den größten Schutz brauchen.
Wenn wir uns das Geschehen in anderen europäischen Ländern ansehen, stellen wir fest, dass besonders die Alten- und Pflegeeinrichtungen in den Hotspots bei entsprechenden Ausbrüchen geschützt werden müssen. Das ist beispielsweise eine Erkenntnis aus einem Land, das Sie immer
Von daher ist vielleicht nicht alles richtig gewesen, was wir und andere politische Verantwortliche an dieser Stelle getan haben. Aber in der Abwägung auf der Grundlage des damaligen Kenntnisstandes war es grundsätzlich verhältnismäßig und der richtige Schritt.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich habe mich dazu schon im Ausschuss eindeutig geäußert und gesagt, dass ich glaube, dass der Antrag gut gemeint war, aber viele Dinge, die dort gefordert werden, eigentlich schon umgesetzt sind. Ich habe das anhand des Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetzes, hier insbesondere der § 150, dem geänderten Pflegeberufegesetz, den Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes sowie der Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene dargelegt, sodass ich denke, dass wir gut versorgt waren - auch damals.
Ich glaube, dass man mit den alten Menschen teilweise nicht richtig umgegangen ist, insbesondere auch bei denjenigen, die vielleicht im Sterben lagen. Man muss sich wirklich noch einmal damit beschäftigen, wie man das besser machen kann. Es gibt bereits verbindliche Rechtsgrundlagen bezüglich dieser Besuchsregelungen. Allerdings kann jede Einrichtung auch aufgrund des Hausrechts notwendige Einschränkungen aufrechterhalten.
Letztendlich ist jeweils die Leitung der Einrichtung in der Pflicht, die Umsetzung der Maßnahmen zu überwachen und den Schutz der Bewohner sicherzustellen. In den Pflegeheimen, in denen ich im Aufsichtsrat bin, wird das auch so durchgesetzt. Die angeführten Gesetze und Verordnungen sind jeder Pflegeeinrichtung bekannt und werden den Einrichtungen regelmäßig seitens der Heimaufsicht und der Kranken- und Pflegekassen sowie großer Verbände auch zur Verfügung gestellt.
Ganz unabhängig von der Coronapandemie sollte allerdings dauerhaft eine Aufstockung des Pflegepersonals in den Pflegeheimen und Krankenhäusern angestrebt werden sowie eine annähernd einheitliche Vergütung von Pflegekräften erfolgen, egal ob sie nun im Krankenhaus, in der RehaKlinik, im Pflegeheim oder bei einem ambulanten Pflegedienst arbeiten.
Ich sehe auch hierzu keine Wortmeldungen. Deswegen kann als Nächste in der Debatte der Fraktionen Frau Lüddemann für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort ergreifen. Frau Lüddemann, bitte sehr.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Abgeordnete! Als die Coronapandemie im Frühjahr dieses Jahres losbrach, stellte uns das alle vor große Herausforderungen. Es gab keine Erfahrungswerte. Es gab keine Leitfäden, keine Erlasslage. Es gab so gut wie kein formalisiertes Regelwerk und institutionalisierte Erwartungshaltungen, die unserem Handeln und unseren Entscheidungen ansonsten ein Mindestmaß an Struktur und Sicherheit geben.
Insbesondere im Bereich der Pflegeheime war die Unsicherheit und damit verbunden auch die Angst groß, Fehler zu machen. Niemand von uns wollte sich diesem Vorwurf aussetzen. Schließlich gingen Beispiele von Einrichtungen mit grassierenden Coronaerkrankungen und Todesfällen immer wieder durch die Presse. Strikte Besuchsverbote und Ausgangsbeschränkungen waren die Folge. Das ist uns allen nicht leicht gefallen; das will ich hier ganz deutlich sagen.
Ich denke, seitdem haben wir als Land, als Politiker dazugelernt und stehen heute bezüglich Erfahrungswerten und eben auch formalisierten Regelwerken weit besser da. Die Handlungsempfehlungen für stationäre Pflegeeinrichtungen werden in der Beschlussempfehlung ebenso erwähnt wie der Erlass aus dem Ministerium bezüglich der Ausgangsverbote. Damit ist eine Grundlage geschaffen worden. Die damalige Ultima Ratio der Abschottung der Heime würde heute so nicht mehr greifen müssen.
Hygiene- und Besuchskonzeptionen liegen vor. Wir wissen weit mehr über den Virus und seine Übertragungswege, sodass nicht mehr Hals über Kopf alles abgeriegelt werden muss, sondern man auch im Falle einer zweiten Welle mit kühlem Kopf vorangehen kann.
Denn der erste Lockdown hat, wie mir oft berichtet wurde, tatsächlich auch zu - man könnte im Kontext sagen - Nebenwirkungen geführt, zu nicht intendierten Folgen der Isolierung sowohl bei Bewohnerinnen und Bewohnern als auch bei den Beschäftigten. So weit darf es nicht wieder kommen. Das Primat des Gesundheitsschutzes gilt ohne Frage, aber das Bedürfnis nach sozialer
Wenn zu Beginn der Coronasituation aufgrund der Neuigkeit dieses Geschehens eine einseitige Fokussierung auf den Gesundheitsschutz legitim war, so hat sich das inzwischen geändert. Bildlich gesprochen: Statt dem Hammer steht uns nun eine Pinzette zur Verfügung, um Maßnahmen einzusetzen.
Zum Abschluss möchte ich auf Punkt 5 der Beschlussempfehlung hinweisen, der die Einbeziehung der Heimbeiräte einfordert. Ich halte dies für ein demokratisches Gebot und ob der Eingriffstiefe der Coronamaßnahmen in den Heimen für absolut notwendig. Wo, wenn nicht bei diesen zentralen Fragen, sollte der Heimbeirat einbezogen werden? - Vielen Dank.
Danke, Frau Lüddemann. Ich sehe auch hierzu keine Fragen. - Deswegen macht sich Frau Zoschke schon einmal bereit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE vom Juni dieses Jahres spiegelt zwei Aspekte wider, nämlich einerseits die hohe Verunsicherung zu diesem Zeitpunkt in den Altenpflegeeinrichtungen im Umgang mit der Pandemie und den Verantwortlichkeiten gegenüber Bewohnern und Besuchern und andererseits der Wunsch der LINKEN nach allumfassenden Vorgaben und Regelungen durch die Landesregierung. Das zeigen die in dem Antrag formulierten Forderungen nach Anordnungen für alle Alten- und Pflegeeinrichtungen, für alle Bewohner für die Dauer und Häufigkeit persönlicher Kontakte, und zwar flächendeckend und landesweit.
Das geht aber nicht, wie wir in der Zwischenzeit wissen und wie die Praxis gezeigt hat. Das bestätigen auch die aktuellsten Empfehlungen des RKI vom 7. Oktober dieses Jahres in dem Bericht zur Prävention und zum Management von Covid-19 in Alten- und Pflegeeinrichtungen. Als Prämisse gilt dort - ich zitiere - 3.11 - Besucherregelungen -:
„Die Entscheidung, ob und unter welchen Bedingungen Besuchern der Zutritt gestattet wird, hängt von der lokalen Situation ab und sollte in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt getroffen werden.“
Der Antrag ist, meine Damen und Herren, wie gesagt, vom 3. Juni, und das Ministerium hatte bereits Anfang Mai mit dem MDK, der Heimaufsicht und den Gesundheitsämtern abgestimmte Empfehlungen zu Besuchsregelungen herausgegeben. Leider wurde es nötig, diese Besuchsregelungen im Juni in einem Erlass nochmals umfänglich auszulegen, weil es in der Praxis unverhältnismäßige Einschränkungen von Besuchs-, aber auch Ausgangsregelungen gegeben hat.
Ich gehe davon aus, dass diese Vorkommnisse letztendlich auch dazu beigetragen haben, dass sich die Fraktion DIE LINKE zu diesem Antrag veranlasst sah.
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass wir uns auch im Petitionsausschuss des Landes mit Eingaben zu dieser Problematik beschäftigen mussten. Heimleitungen gehen nach wie vor, durchaus auch aus der Not geboren, aber auch aus einem unterschiedlichen Grad von Empathie heraus, sehr verschieden mit der Situation um.
Fakt ist, dass das Ministerium aber sehr zeitnah und der jeweiligen Situation gemäß gehandelt und reagiert hat, und zwar grundsätzlich nach der Prämisse, einerseits dem Schutz gefährdeter Personen gerecht zu werden, aber gleichzeitig dem Bedürfnis und dem Recht auf soziale Kontakte und persönliche Hinwendung den größtmöglichen Raum einzuräumen. Soziale Isolation und Einsamkeit können genauso krank machen wie ein Virus. - Ich bedanke mich.
Danke. - Aber jetzt kann sich Frau Zoschke für die Fraktion DIE LINKE langsam auf den Weg begeben. Sie wird mit ihrem Redebeitrag die Debatte über diesen Antrag abschließen. Sie haben das Wort.
Danke, Herr Präsident. - Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration hat sich sowohl mit dem Antrag meiner Fraktion als auch mit dem Alternativantrag der Koalitionsfraktionen zu verlässlichen Vorgaben für Alten- und Pflegeeinrichtungen zur Bewältigung der Pandemie beschäftigt.
In der Diskussion im Ausschuss ist Einigkeit darüber erzielt worden, dass Schutzmaßnahmen in Alten- und Pflegeeinrichtungen nötig waren und auch nach wie vor sind, dass in den jeweiligen gültigen Verordnungen auch für diesen sensiblen Bereich erforderliche Regelungen getroffen wurden und diese dennoch sehr differente Auslegung durch die Träger, sowohl in den Zeiten des Lock
Entscheidend für die Herangehensweise in den Einrichtungen waren und sind die handelnden Personen, die unter anderem von den vorhandenen personellen Ressourcen getragen ist; auch darüber herrschte Einigkeit.
Die aktuelle Entwicklung der Neuerkrankungen an Covid-19 zeigt, dass wir noch lange nicht über den Berg sind.
Wir denken nach wie vor, das Land ist in der Pflicht, verlässliche Vorgaben für Alten- und Pflegeeinrichtungen zu machen, die die Rechtssicherheit für alle Beteiligten gewährleisten müssen, die den Handlungsspielraum der Beteiligten klären und deren Einhaltung auch kontrollierbar ist. Gerade Letzteres ist wahrscheinlich die größte Schwierigkeit.
Es wird niemanden verwundern, dass wir auch nach der Diskussion im Ausschuss und der erfolgten Beschlussfassung dazu der festen Überzeugung sind, dass unser Antrag bei Weitem der konkretere ist. Er listet eine Vielzahl von Handlungsnotwendigkeiten und -möglichkeiten auf und bezieht auch den Bereich der häuslichen Kranken- und Altenpflege mit ein. Gerade dieser wird im Alternativantrag der Regierungskoalition überhaupt nicht beachtet. Scheinbar ist der vorliegende Text tatsächlich der kleinste gemeinsame Nenner, auf den man sich verständigen konnte. Nun sei es drum. Es ist, wie es ist.
In der Diskussion im Ausschuss haben die regierungstragenden Fraktionen auch dem Ansinnen des Bundesbeauftragten für Pflege Rechnung getragen, die Heimbeiräte stärker in die Umsetzung der jeweiligen Eindämmungsverordnungen in den Einrichtungen einzubeziehen. Das haben wir beantragt. Diesem Ansinnen wurde mehrheitlich gefolgt. Aus diesem Grund haben wir der Beschlussempfehlung im Ausschuss zugestimmt. Da damit aber sowohl den Erwartungen als auch den bestehenden Möglichkeiten nicht Rechnung getragen wird, werden wir uns heute der Stimme enthalten. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Zur Abstimmung steht die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Integration in der Drs. 7/6667. Wer dieser seine Zustimmung erteilt, den bitte ich jetzt um das Kartenzeichen. - Für eine Beschlussempfehlung ist das
etwas dünn. - Die Koalitionsfraktionen haben sich durchgerungen. Wer ist gegen die Beschlussempfehlung des Ausschusses? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Das sind die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion der AfD. Damit ist der Beschlussempfehlung sogar einstimmig zugestimmt worden und der Tagesordnungspunkt 20 beendet.