Was die Situation betrifft, dass wir dafür zuständig wären, wenn wir hier etwas zu sagen hätten, dass es den Menschen schlechter geht - dazu kann ich Ihnen nur sagen: Wer hat denn die Lage zu verantworten, dass uns jetzt die Leute fehlen, die wir in einer solchen Pandemie brauchen?
Das ist Ihre Politik der letzten 30 Jahre; denn Sie haben hier regiert und nicht wir. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Kirchner, ich sage das nur einmal und in aller Deutlichkeit, weil Sie es augenscheinlich bisher nicht verstanden haben: In der Opposition gibt es generell keine Koalition und mit Ihnen schon gar nicht.
Ja, meine Antwort wäre darauf: Es ist mir eigentlich grundsätzlich egal, was Sie sagen. - Vielen Dank.
Damit sehe ich wirklich keine Wortmeldungen mehr. Die nächste Debattenrednerin ist jetzt Frau Dr. Pähle für die SPD-Fraktion.
Frau Dr. Pähle, für den Fall, dass sich die Kollegen - es sind ausschließlich Männer - etwas beruhigen, dürfte ich Ihnen jetzt das Wort erteilen. - Dieser Moment scheint erreicht zu sein. Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was der Ministerpräsident hier heute ausgeführt hat, kann man in der Sache nur unterschreiben. Ich frage mich allerdings manchmal, ob die nüchtern-trockene Schilderung von Sachverhalten, Entscheidungsprozessen und Maßnahmen noch der Entwicklung dieser Pandemie gerecht wird. Ich frage mich das umso mehr, wenn ich Auftritte wie eben den des AfDRedners erlebe, der gegen jede wissenschaftliche Evidenz und gegen die für alle offen sichtbaren Folgen der Pandemie das Coronavirus verharmlost.
Man muss es anscheinend leider immer wieder sagen: Covid-19 tötet. Das zeigen nicht nur die Bilder aus Spanien, Frankreich und Italien.
Die Dramatik zeigt sich genauso beim Blick auf die Lage in Deutschland, zum Beispiel in jedem Lagebericht des Robert-Koch-Institutes. Die sind informativer als n-tv. Allein 19 382 Beschäftigte des Gesundheitswesens wurden bislang positiv auf das Coronavirus getestet. 768 von ihnen wurden hospitalisiert. 24 sind gestorben. Weitere 13 096 Beschäftigte in Pflegeeinrichtungen und ähnlichen Gemeinschaftsunterkünften sind betroffen.
Das sind die Beschäftigten; das sind Ärztinnen und Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger, nicht immer die beschworene vulnerable Gruppe. Von denen starben in den genannten Einrichtungen weitere fast 4 700 Menschen. Allein diese Zahlen aus dem aktuellen RKI-Bericht machen augenfällig deutlich, warum die Strategie zur Bekämpfung der Pandemie von Beginn an vor allen Dingen ein Ziel verfolgt hat, nämlich unser Gesundheitssystem leistungsfähig zu erhalten - das ist das Ziel vor allen anderen -
und eine Überforderung durch die große Anzahl von Pandemieopfern zu verhindern. Pflegende, Medizinerinnen und Mediziner sollen bewahrt werden vor der Entscheidung über die Frage: Wen kann ich behandeln und wen weise ich ab? Eine Entscheidung, die vielleicht auch einmal die eigene Mutter, den eigenen Vater, die eigene Tante, die eigene Oma betreffen kann. Diese Entscheidung ist hart, insbesondere für die, die sie treffen müssen. Unsere Aufgabe muss es
Über die Behandlung von Covid-19-Fällen hinaus geht es dabei immer auch darum, dass unsere Krankenhäuser für alle handlungsfähig bleiben; denn Herzinfarkte, Krebserkrankungen, Infektionen und Unfälle machen keine Pause, bis wir über einen Coronaimpfstoff verfügen. Es geht also auch, aber längst nicht nur um Solidarität mit besonders gefährdeten Gruppen. Es geht um die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft als Ganzes.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts der zuletzt rasant angestiegenen Infektionszahlen haben der Bund und alle 16 Länder das einzig Richtige getan. Weil Hygieneregeln, Abstand und Sicherheitskonzepte offenkundig nicht mehr ausreichen, weil die Zahlen steigen und weil sich die Infektionswege zu gut 75 % nicht mehr nachvollziehen lassen, haben Bund und Länder verabredet, vorübergehend wieder Kontaktbeschränkungen einzuführen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Diese Einschränkungen sind richtig, notwendig, angemessen und maßvoll.
Es ist insbesondere richtig, dass die Maßnahmen von allen Bundesländern getroffen werden und bundesweit greifen. Nur einheitliches Handeln ist in dieser Situation schnelles Handeln und darauf kommt es an. Ich bin überzeugt, dass das auch die Bürgerinnen und Bürger so sehen. Dafür sprechen die ersten Umfragen und dafür spricht auch das einsichtsvolle Verhalten der allermeisten. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Meine Damen und Herren! Damit dieses Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Richtigkeit staatlicher Entscheidungen erhalten bleibt, müssen die politisch Verantwortlichen allerdings auch zu diesen Maßnahmen stehen. Wer jeden Morgen eine neue Sau durchs Coronadorf treibt und am Mittag gleich die nächste, der gefährdet die notwendige Akzeptanz.
Verlässlichkeit und Standhaftigkeit sowie die Fähigkeit, Mut zu machen, sind jetzt gefragt. Deshalb kann ich nicht verstehen, warum der Chef der Unionsfraktion im Bundestag Ralph Brinkhaus noch vor dem Inkrafttreten der neuen Maßnahmen am Sonntagabend im ZDF in Zweifel zog, dass die zum Dezember angestrebte Besserung der Lage erreicht werden kann. Genauso wenig ist zu verstehen, dass der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am selben Abend „Monate der Einschränkungen und des Verzichts“ herauf
beschwor. Eines ist klar: Mut macht man mit solchen Sprüchen nicht. Im Gegenteil: Die verabredete Zielstellung, durch eine gemeinsame Anstrengung im November die Vorweihnachtszeit wieder annähernd normal zu gestalten, wird so in Zweifel gezogen.
Meine Damen und Herren! Ich habe genauso wenig Verständnis dafür, dass DIE LINKE heute einen Antrag vorlegt, in dem man sich faktisch von dem Konsens abseilen will, der in der vorigen Woche über Parteigrenzen hinweg gefunden wurde und den zum Beispiel auch Bodo Ramelow für Thüringen mitgetragen hat. Denn mit der Forderung nach einer Öffnung von Gastronomiebetrieben und nach der Zulassung von Kulturveranstaltungen stellen Sie den Novemberkompromiss substanziell infrage. Dann setzen Sie noch einen obendrauf und fordern in der Pressemitteilung zu Ihrem Antrag, in Arbeits- und Wirtschaftsleben dieselben strengen Kontaktbeschränkungen einzuführen wie im Freizeit- und Kulturbereich.
Das, was Sie damit versuchen, nennt man: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass. Verantwortung übernehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, sieht anders aus.
Aus sozialdemokratischer Sicht ist es ausdrücklich richtig, dass der weit überwiegende Teil unserer Wirtschaft möglichst unbeeinträchtigt weiterläuft, natürlich unter Nutzung von Homeoffice und Vermeidung überflüssiger Kontakte sowie unter Einhaltung der Hygieneregeln. Alles andere würde ökonomische und soziale Kosten verursachen, die Sie mit keinem Nachtragshaushalt dieser Welt und mit keiner Reichensteuer jemals aufbringen könnten.
Meine Damen und Herren! Natürlich reicht es nicht aus, jetzt nur die Maßnahmen umzusetzen, die zwischen Bund und Ländern verabredet wurden. Weitere energische Schritte sind gefordert, auch in Sachsen-Anhalt.
Erstens. Die Gesundheitsbehörden müssen zügig gestärkt werden. Dass drei Viertel aller Covid-19Infektionen nicht eindeutig einem Infektionsort zugeordnet werden können, ist für die Pandemiebekämpfung kein hinnehmbarer Zustand. Auch und gerade bei steigenden Zahlen muss es unser Ziel sein, die Infektionswege effektiv nachzuverfolgen. Auch der Einsatz von Bundeswehrsoldaten, die die Kommunen hierbei in hervorragender Weise unterstützen, reicht für diese Arbeit auf Dauer nicht aus. Die Landkreise müssen hierbei ihre Pflicht tun.