Protokoll der Sitzung vom 20.11.2020

Ich habe Ihnen das schon zugerufen, aber Sie waren während meiner Ausführungen gerade in ein Gespräch vertieft. Das hat etwas mit Mindestbreiten zu tun, wissen Sie, Abstand.

(Zurufe)

Abstand von Mann zu Frau, von Frau zu Frau, von Mann zu Mann. Das ist damit gemeint.

(Heiterkeit)

Dann haben Sie noch eine Nachfrage? - Bitte.

Herr Henke, wie breit müssen die Radwege Ihrer Meinung nach konkret sein? Sollte man Ihrer Meinung nach alle bestehenden Radwege entsprechend ausbauen?

Sie haben mir wieder nicht zugehört. Ich sprach von unseren engen Städten. Sie haben doch bestimmt eine Fahrerlaubnis. Wie ist der Mindestüberholabstand zu einem Radfahrer? - Damit haben Sie sich die Frage schon beantwortet. Wenn sich zwei Radfahrer entgegenkommen, wissen Sie, wie der Mindestabstand sein muss.

(Beifall - Zurufe)

Dann sind wir damit so weit durch. - Als Nächstem und abschließend - ich bin fast geneigt zu sagen: zum krönenden Abschluss der Debatte - kommen wir zu Herrn Scheurell von der CDU-Fraktion.

(Unruhe - Zurufe)

Herr Scheurell, Sie haben das Wort.

Danke. - Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Radfahren stärkt das Herz-Kreislauf-System - auch Ihres - und das Immunsystem. Das ist in diesen Zeiten von Corona besonders wichtig. Radfahren verbessert die Funktion der Atemwege, die Koordination sowie den Schlaf. Auch das kann man mitunter manchmal feststellen. Ferner hilft es gegen Rückenleiden, Depressionen. Radfahren ist gelenkschonend, stimuliert das Gehirn und hilft beim Fettabbau.

(Zuruf)

Kurzum: Radfahren ist gesund.

(Zustimmung - Zuruf)

Neben den gesundheitsfördernden Aspekten ist das Radfahren auch ein umweltfreundliches Mobilitätsmittel. Darüber, ob dieses allerdings auch ein sicheres Fortbewegungsmittel ist, lässt sich wahrlich diskutieren. Wir arbeiten daran. Man kann viel dafür tun, dass ein sicheres Radfahren möglich ist.

Neben den persönlichen Schutzausrüstungen und der Einhaltung der Straßenverkehrsregeln gehört dazu mit Sicherheit auch die Nutzung von Radwegen. Eben diese sind wieder zum Thema einer Aktuellen Debatte geworden. Als Koalitionsfraktionen haben wir uns in den Koalitionsvertrag geschrieben, dass - ich zitiere - „durch Aufstockung der Haushaltsmittel für Baumaßnahmen im Landesstraßenbau auf 85 Millionen € im Jahr das Landesstraßenbauprogramm nachhaltig [zu] stärken [ist]. Dabei sollen 65 % der Mittel in den Erhalt“ - eben dieser Landesstraßen - „und 8 % in den Ausbau von Radwegen an Landesstraßen fließen.“

Dass der Radfahrer und damit auch der Ausbau der Fahrradinfrastruktur in drei schwarz-rot-grünen Ministerien verankert ist, hat unser Minister schon angesprochen. Ich finde es schade, dass die anderen Ministerien dieser Aktuellen Debatte heute nicht die Zeit schenken und ihr beiwohnen.

(Zuruf: Der Wirtschaftsminister ist in Qua- rantäne!)

- Ja, der wird es sicherlich jetzt im Livestream miterleben.

(Zuruf)

Diese Vernetzung der Zuständigkeiten ist gut und richtig, sofern die Kommunikation zwischen den Akteuren funktioniert. Aber neben den drei Ministerien sind auch noch die Kommunen weitere Hauptakteure bei der Planung, dem Bau und der Instandhaltung von Radwegen. Bei der Antragstellung zur Abrufung von Fördergeldern unterstützt das Land bereits jetzt alle Akteure und passt die Förderprogramme regelmäßig an die Praktikabilität an. Das begrüßen wir sehr, sehr geehrter Herr Minister Webel, da hierdurch deutlich gelebt wird, dass Förderprogramme und Verwaltungshandeln nicht starr sein dürfen, sondern anpassungsfähig sein müssen.

Allerdings stoßen nicht nur die Kommunen, sondern auch das Land trotz großer Anstrengungen oft an Grenzen und auf Hürden. Planungen dauern gefühlt ewig. Die CDU fordert regelmäßig einen Durchbruch beim Planungsbeschleuni

gungsgesetz im Bundesrat. Denn das würde auch bei der Planung von Radwegen hilfreich sein. Sie, liebe Frau Lüddemann, könnten sich hierbei sicherlich einmal hilfreich einbringen und in Ihrer Partei für dieses Gesetz werben. Denn es war auch unser MULE, welches dabei auf der Bremse stand. Unser Land musste sich bei der letzten Abstimmung dazu der Stimme enthalten, weil Ihre Parteifreundin meinte, das so einbringen zu wollen. Das ist schade, aber sie hat gerade auch keine Zeit. Der eigentliche Bau oder die Instandsetzung würden dann vergleichsweise schnell vonstattengehen.

Sind die Radwege aber einmal fertig, sind alle glücklich. Die Radfahrer sind es, weil sie endlich vernünftige Wege sicher befahren können, die umweltbewussten politischen Strömungen, weil wieder ein Stück Verkehrswende geglückt ist, und das Land, weil es wieder Fördermittel ausreichen kann.

Eigentlich klingt das doch zu schön, um wahr zu sein. Es ist auch nicht die vollständige Wahrheit; denn in dem ganzen Verfahren beißt sich die Katze in den Schwanz. Die politische Strömung, die alles nachhaltig, bio, umweltschonend und umweltschützend gestalten will und dabei auch noch ein gesellschaftliches Umdenken gerade auch im Bereich der Mobilität erreichen will, vergisst dabei, dass der Bau von Radwegen auch Flächenversieglungen bedeutet.

Es sind Flächenversieglungen, die mit Ausgleichsmaßnahmen belegt werden. Es sind Flächenversieglungen, die schon bei der Planung von Naturschutzbündnissen beklagt werden

(Zuruf: Das sagt der, der mehr Autobahnen will!)

und dadurch verzögert oder gar verhindert werden. Es sind Flächenversieglungen in einer Zeit,

in der diese Strömung auch Überlegungen und Anstrengungen zur Flächenentsiegelung unternimmt. Genau diese Strömung fordert aber auch den Neu- und den Ausbau von Radwegen.

Ich frage mich ernsthaft, ob der Nutzen für die Umwelt durch die Benutzung eines Fahrradweges so erheblich höher ist als der Nutzen von unberührter Fläche und Natur.

Wissen Sie, meine Damen und Herren, was hierbei eine gewisse eine Ironie ist? - Wir als CDU, der immer vorgeworfen wird, dass wir kein Herz für die Umwelt und für die Natur hätten, zeigen genau diesen politischen Strömungen auf, dass es immer zwei Seiten einer Medaille gibt und nicht alles umweltschonend und -schützend ist, was auf den ersten Blick so wirkt.

Meine Damen und Herren! Dieser ketzerische Exkurs musste einmal sein. Nichtsdestotrotz sind Radwege wichtig und richtig. Der Neubau und der Ausbau sind zu unterstützen; denn gerade straßenbegleitende Radwege, unabhängig von der Einordnung dieser Straßen, retten Menschenleben.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag von Sachsen-Anhalt fragte kürzlich in den Social Media nach Rumpelradwegen. Die Resonanz dazu ist für die Fragenden, zumindest bei Twitter, eher ernüchternd gewesen. Sage und schreibe drei Radwege wurden bisher gemeldet. Alle liegen in den drei kreisfreien Städten. Dort, meine Damen und Herren, sind allerdings die Kommunen für den Bau zuständig und nicht das Land.

Die Kommunen müssen einen Eigenanteil von 10 % aufbringen, um eine 90-prozentige Förderung vom Land zu erhalten. Das ist die nächste Wahrheit. Die haben viele Vorredner mit Ausnahme von Herrn Dr. Grube ausgelassen. Aber bleiben wir einmal bei Ihrem Verdacht, dass unsere Radwege weitestgehend in einem schlechten Zustand sind und somit die sichere Fahrt behindern. Kurze Wege zur Arbeit, zum Einkauf oder zu Freunden könnten durch Radwege sicher gemacht werden und die Bevölkerung motivieren, häufiger einmal auf das Radfahren zurückzukommen. Eine durch diese Freiwilligkeit geschaffte Verkehrswende ist bedeutend besser als eine erzwungene.

Das Land hat ein Förderprogramm zum Lastenfahrrad aufgelegt, um ebenfalls diese Freiwilligkeit zu unterstützen. Dieses Programm ist ein voller Erfolg gewesen. Wir als CDU-Fraktion haben dies genauso wie die SPD-Fraktion und die GRÜNENFraktion gemeinsam als Koalition getragen. Aber auch hierbei dürfen wir nicht vergessen, dass die meisten Güter immer noch per Lastkraftwagen ihren Produktionsort verlassen und ihren Verkaufsort erreichen, egal ob sie in der Zwischenzeit

mit dem Schiff, dem Flugzeug oder im Schienengüterverkehr transportiert wurden. Wir dürfen unsere Straßen nicht vergessen. Auch darunter gibt es viele, die in einem schlimmen Zustand sind.

Finanzielle Mittel, die in die Radwege gesteckt werden, können hierfür logischerweise nicht mehr eingesetzt werden. Eine weitere Aufstockung der Mittel für den Erhalt und den Ausbau von Radwegen aus dem Landesstraßenbauprogramm schädigt die restliche, ebenfalls dringend benötigte Infrastruktur.

Ich weiß, dass das provokativ war, liebe Frau Kollegin Lüddemann.

(Zuruf)

Deswegen kann ich mir vorstellen, dass es hierzu eine Nachfrage gibt. Ich habe lediglich all das erwähnt, was andere Redner bisher nicht erwähnt haben. Deswegen musste es ein Stückchen provokanter klingen.

Ansonsten, liebe Frau Lüddemann, ist Ihr Antrag sicherlich berechtigt. Wir müssen aber auch an eines denken: Wir haben gemeinsam den Koalitionsvertrag unterschrieben und wir haben gemeinsam auf die Durchsetzung gedrungen. Nicht alles ist immer gleich gelungen. Dafür hat sowohl Herr Dr. Grube Gründe genannt als auch Sie haben viele erkannt und auch der Minister hat darauf reflektiert. Ich habe sie noch einmal zusammengefasst. - Danke, sehr geehrte Damen und Herren.

(Zustimmung)

Frau Lüddemann hat - das ist schon angeklungen - eine Frage. Ich habe Herrn Scheurell auch schon so verstanden, dass er sie beantworten möchte. - Dann hat Frau Lüddemann jetzt die Chance.

Er möchte. Er möchte sowas von gern.

Ich weiß, dass Sie nicht auf Twitter unterwegs sind - -

Ich höre es nicht. Nehmen Sie einmal die Maske ab.

(Heiterkeit - Zuruf)

Sehr gern. Dass wir uns verstehen, ist mir ein Herzensanliegen. - Ich weiß, dass Sie nicht auf

Twitter unterwegs sind. Deswegen frage ich, ob Ihnen bewusst ist, dass wir auf Twitter nach Bildbeispielen von schlechten Radwegen gefragt haben. Woher Sie jetzt wissen, dass es nur drei sind, entzieht sich meiner Kenntnis. Es sind nämlich tatsächlich deutlich mehr. Das ist auf Twitter aber noch nicht zu sehen.

Ich habe das zugearbeitet bekommen. Die liebe Frau Cornelia Lüddemann hat sich hier verewigt. Ich habe die drei Bildbeiträge vorliegen.