Protokoll der Sitzung vom 23.11.2016

Es ist möglich, dass Sie es in Ihrer Einbringungsrede schon begründet haben, aber ich habe mich beim Lesen echt gefragt, warum Sie sich in Ihrem

Entwurf bei der Änderung des § 16a auf Schulen in freier Trägerschaft, sprich Ersatzschulen, beschränken. Den Lehrermangel haben wir doch schließlich überall, oder nicht? Oder wollen Sie damit wieder nur Ihre Klientel bedienen?

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Genau!)

Sei es drum. Jedenfalls zielt dieser Gesetzentwurf hauptsächlich darauf ab, schnellstmöglich Lehramtsabsolventen ohne zweites Staatsexamen sowie Fachhochschul- und Bachelorabsolventen in den Schuldienst zu zerren.

Eine Unterrichtsgenehmigung soll hierfür unbefristet erteilt werden und auch nur dann widerrufen werden, wenn die Lehrkraft in der Ausübung ihrer Tätigkeit fachlich oder pädagogisch nicht geeignet ist.

Mal ganz ehrlich: Es gibt sicherlich Bachelorabsolventen, die ein gewisses Know-how in ihrem Fachbereich besitzen sowie gewisse didaktische und pädagogische Kompetenz im Blut haben mögen. Aber ich denke, dies sind Einzelfälle. Ich habe genug Bachelorstudenten kennengelernt, die selbst noch halbe Kinder sind und denen ich aufgrund ihrer physischen und psychischen Reife eine solche Aufgabe bei Weitem nicht zumuten würde.

(Beifall bei der AfD)

Diese Möglichkeit für alle zu eröffnen ist schlichtweg verantwortungslos gegenüber den Schülern und, mit Verlaub, auch den Bachelorabsolventen. Nicht zuletzt gibt es genug kritische Stimmen aus der Wirtschaft, die den Bildungsabschnitt Bachelor bezüglich dessen Wissensportfolios hinreichend kritisieren. Diese sollen letzten Endes auf unsere Schüler losgelassen werden? - Ich bitte Sie!

Ob die Lehrer den Rechts- und Verwaltungsvorschriften, wenn sie in eigener pädagogischer Freiheit und Verantwortung erziehen und unterrichten können, auch noch gerecht werden, sei weiterhin infrage gestellt.

Außerdem - das ist Ihr Bester heute - möchten Sie, dass die Schulbehörde innerhalb von sechs Monaten über die Erteilung der Unterrichtsgenehmigung entscheidet und dass die Unterrichtsgenehmigung, wenn sie dies nicht innerhalb der genannten Frist tut, als erteilt gilt. An dieser Stelle muss ich mich fragen: Wie bitte? Wird man heutzutage also Lehrer durch Duldung?

(Beifall bei der AfD)

Dass ich eine Aversion gegen diesen Begriff habe, können Sie sich vielleicht sogar denken, aber mal ganz ehrlich: Das bedeutet, dass quasi jeder dieser Absolventen Lehrer werden könnte. Das hieße schließlich auch, dass wir, schwarz gese

hen, keine Lehramtsstudiengänge mehr bräuchten.

(Zustimmung bei der AfD)

Die Lehrerausbildung hat auch weiterhin in schulformbezogenen Studiengängen zu erfolgen und muss auch weiterhin ein wissenschaftliches Studium in der ersten und einen pädagogischen Vorbereitungsdienst in der zweiten Phase, über dessen Modalitäten man ohne Frage natürlich diskutieren muss, umfassen.

Meiner Ansicht nach liegt mit der Änderung des § 16a keine Gleichwertigkeit der Ausbildung im Vergleich zu öffentlichen Schulen vor. Insofern bestehen diesseits verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes, in dem es heißt, die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in Lernzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen.

Sie fordern außerdem, dass die Lehrkräfte neben der Unterrichtsvertretung, sofern sie hinsichtlich Schulfach, -form und -stufe zumutbar ist, auch noch die Aufgaben der pädagogischen Mitarbeiter übernehmen sollen. Sie wollen einerseits mehr Lehrer und andererseits vermischen sie beide Berufsgruppen und sorgen damit weiterhin dafür, dass das Lehramt unattraktiv bleibt.

(Zustimmung bei der AfD)

Ich glaube, mit diesen Ansätzen werden wir es in Sachsen-Anhalt nie zu mehr Lehrern bringen.

Eines sei klargestellt: Die AfD steht logischerweise für Alternativen und setzt sich für mehr Lehrer im Land ein. Aber wir sind der Meinung, dass die Konstante, nämlich wissenschaftliche Ausbildung im Sinne der Qualität der Lehrenden, nicht angetastet werden darf und dass somit mindestens der Master- oder Magisterabschluss für Seiten- und Quereinsteiger, egal ob in öffentlichen oder privaten Schulen, gelten muss. Dies wird allerdings teilweise schon im Landesschulgesetz geregelt.

Den Vorbereitungsdienst hingegen sehen wir als Variable an, die auch weiterhin Bestandteil einer Lehramtsausbildung sein soll. Über die Modalitäten des Referendariats sollte sich die Landesregierung ohne Frage Gedanken machen. - Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Damit fahren wir in der Debatte fort. Für die Fraktion der GRÜNEN spricht jetzt der Abg. Herr Aldag.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit der 3. Sitzung des Landtages haben wir eine Vielzahl von Anträgen im Bildungsbereich behandelt. Viele davon sind an den zuständigen Ausschuss überwiesen worden und befinden sich derzeit noch im Diskussionsprozess.

Alle Anträge haben im Grunde das gleiche Ziel, nämlich die Gesamtsituation zur Sicherung der Unterrichtsversorgung in den Schulen in SachsenAnhalt zu verbessern.

Diese können wir, meine Damen und Herren, - das habe ich mehrfach in meinen früheren Landtagsreden erwähnt; auch der Minister hat mehrfach darauf hingewiesen - nur mittel- bis langfristig gewährleisten, jedoch leider nicht kurzfristig, was ich sehr bedauere.

Der vorliegende Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE zur Änderung des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt beinhaltet zahlreiche Änderungen. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie unsere Koalitionspartner können einigen Vorschlägen durchaus zustimmen, da sie bereits im Koalitionsvertrag verankert sind. So haben sich zum Beispiel die Koalitionspartner vorgenommen zu prüfen, an welchen Stellen bürokratische Entlastungen für freie Schulen geschaffen werden können.

Die Gleichstellung sowie Gleichbehandlung von freien Schulen ist in der Landesverfassung und im Schulgesetz des Landes bereits verankert. Diesem Grundsatz müssen wir selbstverständlich auch in Zukunft gerecht werden.

Aus rein bündnisgrüner Sicht begrüßen wir, dass die Schulen sowie die Schulleitungen vor Ort mehr Entscheidungskompetenz bekommen sollen; denn die Organisation einer Schule kann am besten vor Ort gestaltet werden.

Wie auch der Minister bewerten wir den berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst für die Seiten- und Quereinsteiger positiv und begrüßen diesen Vorschlag ausdrücklich.

Andererseits verstehe ich überhaupt nicht - vielleicht habe ich es auch falsch interpretiert, Herr Lippmann, Sie können mir das nachher vielleicht noch erklären -, dass die Fraktion DIE LINKE in einem früheren Antrag mehr pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fordert und in dem vorliegenden Gesetzentwurf in § 39 Abs. 3 die Aufgaben von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf die regulären Lehrkräfte übertragen möchte.

Ich weiß, dass es in der Praxis falsch läuft und dass die Lehrer diese Aufgaben bereits wahrnehmen, ohne eine Vergütung dafür zu erhalten. Dass man diesen Fehler dann aber in einem Ge

setz manifestieren will, erschließt sich mir nicht. Viel wichtiger ist es doch, mehr pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzustellen, wie wir es im Koalitionsvertrag festgelegt haben.

Meine Damen und Herren! Es ist richtig und wichtig, dass wir uns den Problemen widmen, die offen auf der Hand liegen, und versuchen, diese mit dem entsprechenden Nachdruck zu beschleunigen.

Aus der Sicht der Fraktion DIE LINKE ist es logisch, dass nach den vielen Anträgen nun auch ein Entwurf zur Änderung des Schulgesetzes folgt, um festzulegen, wie die Umsetzung erfolgen soll. Wir müssen jedoch darauf achten, dass die Gesamtperformance stimmt und wir nicht den zweiten vor dem ersten Schritt machen bzw. alles Mögliche durcheinander beschließen und auf den Weg bringen und dabei oft die Sachverhalte miteinander vermischen. Diese Gefahr sehe ich gerade zunehmen.

In den vergangenen Sitzungsperioden des Landtages wurde zu unterschiedlichen Themen zur sicheren Unterrichtsversorgung von Minister Tullner zugesichert, dass im Laufe des kommenden Jahres dem Ausschuss für Bildung diverse Konzepte vorgelegt werden. In Anbetracht dieser Zusage und weiterer Entwicklungen zur Änderung des Schulgesetzes ist es angebracht, dass wir die Novelle des Schulgesetzes in einem Aufwasch statt Stück für Stück vornehmen.

Meine Damen und Herren! Mit der Einstellung von 50 pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben wir auf die aktuelle Situation reagiert, und im Bereich der Sprachlehrer sind wir derzeit dabei, abschließend eine Lösung zu erarbeiten, die im Sinne aller Beteiligten ist. Es wird also einiges auf den Weg gebracht bzw. ist in Vorbereitung. Eine Gesetzesänderung zum jetzigen Zeitpunkt erscheint mir persönlich nicht zielführend.

Lassen Sie uns also weiter den eingeschlagenen Weg beschreiten und im Ausschuss über die notwendigen Maßnahmen diskutieren und dafür kämpfen, die derzeitige Situation kurzfristig zu verbessern. Lassen Sie uns darüber hinaus ruhig und durchdacht die mittel- bis langfristigen Schritte dann einleiten, wenn wir die bereits genannten Konzepte und das Ergebnis der Expertengruppe zur Bestimmung des langfristigen Lehrerbedarfs vorliegen haben. Ich denke, dann ist es auch sinnvoll, das Schulgesetz in dem entsprechenden Rahmen anzupacken. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Als nächste Debattenrednerin hat für die CDUFraktion Frau Gorr das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich bei meiner Rede zum Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE mit der Überschrift „Entwurf eines 14. Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt“ an der Kürze der Debattenbeiträge zum Beginn der heutigen Sitzung orientieren, insbesondere da der Minister für Bildung und die beiden bildungspolitischen Sprecher bzw. Sprecherinnen der Koalition das Wort bereits an Sie gerichtet haben.

Sehr geehrte Fraktion DIE LINKE! Eigentlich hatte ich einen Gesetzentwurf mit einer Änderung zum Schulgesetz gleich nach der Konstituierung des Landtages erwartet. Nun ist er endlich da, und er greift, wie wir das in dieser Legislaturperiode schon kennen, erfreulicherweise einige Punkte aus unserer Koalitionsvereinbarung auf. Das wurde schon erwähnt. Eine mögliche Reduzierung des Verwaltungsaufwands ist immer erstrebenswert!

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf weist in seiner Begründung auf das Thema hin, das uns jeden Tag umtreibt: die Gewinnung von Lehrkräften und die Sicherung der Unterrichtsversorgung, daneben auch das Aufgabenspektrum von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Wir sind uns darin einig, dass wir alle Möglichkeiten ausschöpfen müssen, um Lehrpersonal für unsere Schulen zu gewinnen. Selbstverständlich dürfen Schulen in freier Trägerschaft dabei nicht benachteiligt werden. Allerdings gilt es, sorgfältig und unter Berücksichtigung der Konsequenzen die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, und zwar immer mit Blick auf die Qualität des Unterrichts.

Deshalb bitte ich das Hohe Haus um eine Überweisung des Gesetzentwurfs in den Ausschuss für Bildung und Kultur, damit wir dort intensiv darüber beraten und die Vorschläge der Fraktion DIE LINKE gemeinsam prüfen und abwägen können. Sicherlich würde in ein 14. Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes noch das eine oder andere zusätzlich hineingehören. - Danke.

(Beifall bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Für die Fraktion DIE LINKE hat abschließend noch einmal der Einbringer Herr Lippmann das Wort.

Herr Präsident! Lieber Herr Tullner! Es tut mir jetzt wirklich leid, das von hier aus so sagen zu müssen, aber Ihre Nachfrage, was ich mit „vernebeln, beschwichtigen, täuschen und verschleppen“ ge

meint habe, kann ich nur mit dem Hinweis auf Ihren Redebeitrag beantworten.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist doch das, was uns umtreibt.