Protokoll der Sitzung vom 24.11.2016

Ein Sprichwort beschreibt dies ziemlich gut: Plant man für ein Jahr, sät man ein Korn. Plant man für ein Jahrtausend, pflanzt man einen Baum.

Die Waldverantwortlichen und die Beschäftigten als diejenigen, die unermüdlich, zäh und passioniert den Wald im echten Sinne pflegen und hegen, sind aber mittlerweile in großer Sorge um die Beibehaltung der sehr langen Erfolgsgeschichte der forstlichen Nachhaltigkeit.

Dem volkswirtschaftlich wichtigen Cluster Forst und Holz wird aktuell in Sachsen-Anhalt schrittweise der Nährboden entzogen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Landesregierung im konkreten Handeln in der Wald- und Forstwirtschaft kein nachhaltiges Bild abgibt.

Das Land hat seit 2006 einen radikalen Personalabbau betrieben und mehr als 40 % der Stellen gestrichen bzw. direkt und indirekt, gerade im Landeszentrum Wald, abgebaut. Waren es im Jahr 2006 noch 830 Beschäftigte, sind es zum 30. Juni 2016 nur noch 490 Beschäftigte im LZW gewesen, teilte die Landesregierung mir in einer Kleinen Anfrage mit. Gleichzeitig stieg der Krankenstand von 4,9 % auf satte 9,18 %.

Im Landesforstbetrieb sieht es ähnlich schlimm aus. Im Jahr 2006 lag der Krankenstand noch bei 3,28 %, bis 2016 stieg er auf 7,24 %.

Ein schlüssiges Personalentwicklungskonzept

blieben die alte und die neue Landesregierung bislang schuldig bzw. es ist keines erkennbar. So verstärkt sich der Eindruck, dass es insgesamt grundsätzlich nur um Personaleinsparungen zulasten von Wald und Mensch geht. Nach Schwarz-Rot regiert also auch unter Schwarz-RotGrün in der Personalpolitik weiter die Personalkettensäge.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Frust unter den Beschäftigten ist groß. Viele haben das Haus verlassen oder suchen den Absprung. Ausgebrannt, keine Perspektive für ältere Beschäftigte, unattraktiv für den Nachwuchs - so ist die Situation in der Forstwirtschaft in Sachsen-Anhalt. Die Motivation und die Stimmung bei den Kollegen ist so schlecht wie nie. Die Beschäftigten fühlen sich mittlerweile als Spielball von Kürzungsmaßnahmen. Viele hoffen nur noch darauf, dass sie es bei bester Gesundheit bis zur Rente schaffen.

Wir wollen, dass die Arbeit in diesem Bereich für junge Menschen wieder attraktiv wird, dass diese sich bei uns bewerben, dass sie zukunftsfähige, unbefristete Arbeitsplätze inklusive guter Arbeitsbedingungen vorfinden. Leider hätten aber eventuelle Neueinstellungen nur eine gewisse Ersatzfunktion und wären erst einmal keine Verbesserung der Standards.

Der Stellenabbau in den letzten zehn Jahren und die Arbeitsbedingungen stoßen natürlich auch bei der Gewerkschaft auf Kritik und Widerstand. Die Wirtschaftlichkeit der Forst soll auf Kosten der

Mitarbeiter erreicht werden, kritisiert man dort berechtigterweise.

Einen weiteren Stellenabbau darf es somit nicht geben. Bereits heute müssen weniger Beschäftigte eine größere Waldfläche bewirtschaften. Zwar ist Sachsen-Anhalt, was die Fläche betrifft, ein Land mit relativ wenig Wald, allerdings sind die Reviere die größten in der Bundesrepublik. Wenn die Reviere künftig noch größer werden, dann erfolgt zum Beispiel nicht mehr nur Schädlingsbekämpfung aus der Luft, sondern wir müssen dann auch jedem Förster einen eigenen Helikopter zur Verfügung stellen, damit er die Flächen überhaupt noch bearbeiten kann.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Was denken Sie eigentlich, warum die Müllentsorgung im Wald und auch die Befahrung des Waldes immer mehr zunehmen? - Weil die Förster auf diesen riesigen Flächen einfach nicht mehr präsent sein können.

Wir können in Sachsen-Anhalt inzwischen schon von einer sogenannten Unterförsterung sprechen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die Arbeitsbelastung ist also stetig gestiegen. Die Belastungsgrenze für Beschäftigte ist erreicht und zum Teil schon weit überschritten.

Die Stellenkürzungen sind grundsätzlich unverhältnismäßig. Es gibt einfach keine personellen und finanziellen Reserven mehr. Das Land vergibt scheinbar die Arbeit und auch die Risiken lieber an private Lohnunternehmen, die ihre Beschäftigten zu geringeren Löhnen arbeiten lassen. Natürlich schafft ein Harvester das Zehnfache. Aber diese Vollerntemaschine räumt nun einmal nicht auf. Dafür braucht man immer noch Menschen.

Auch ansonsten musste die Waldpflege bereits reduziert werden und für die Förster alter Schule waren die letzten 20 Jahre sicherlich ein Umgewöhnungsprozess. Für sie ist jeder umgefallene Baum Holz - Holz, das man nutzen könnte, das angebaut wurde, um letztendlich damit Geld zu verdienen. Aber ohne Personal ist nun einmal eine Holzernte nicht möglich.

(Beifall bei der LINKEN)

Die für uns alle überlebenswichtigen Wälder schützen wir seit vielen Jahrhunderten und wir wollen dies sicherlich auch noch länger tun. Aber man muss es die Beschäftigten in der Forstwirtschaft auch tun lassen und die Voraussetzungen dafür schaffen bzw. vorhalten. Wenn wir unsere Wälder im Stich lassen, dann sind sie verloren - mit allen weitreichenden Folgen, auch für Klima und Mensch. Wir in Sachsen-Anhalt wissen doch, was dies für die Forstwirtschaft, die Holzindustrie und damit für viele Arbeitsplätze im ländlichen Raum bedeutet.

Die Aufgaben auf und in der Fläche müssen gesichert werden. Dafür sind besonders die Revierförster wichtig. Sie sind für die Menschen in den ländlichen Regionen die kompetenten Ansprechpartner in Sachen Wald und sie sollen es auch bleiben. Gerade hinsichtlich des Klimawandels sind verstärkt unkalkulierbare Ereignisse zu befürchten bzw. sind bereits eingetreten. Zum Beispiel ist mit mehr Insektenkalamitäten und mit Feuer in den Wäldern von Sachsen-Anhalt zu rechnen.

Gebraucht wird flächendeckend eine effektive, multifunktionale und moderne Forstverwaltung. Sie dient der Vorsorge vor negativen Klimafolgen. Durch Mittelkürzung und Personalabbau kann die Landesregierung diesem Erfordernis allerdings nicht ausreichend gerecht werden. An dieser Stelle könnte sie sofort und wirksam handeln. Ein Kahlschlag mit Axt und Kettensäge bei den Beschäftigten ist der absolut falsche Weg, ein Weg, der uns allen künftig auf die Füße fallen wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Umstrukturierungen im Forst sind ein einziges Desaster. Die verheerenden Folgen werden immer offensichtlicher. Die Kritik der Personalvertretung an der Reform der Struktur der Forstverwaltung wird immer massiver, sodass sich die Dinge nicht länger bagatellisieren lassen. Die drängenden Probleme im Forstschutz und im Personalbereich werden aber leider ignoriert und nicht angefasst.

Mit einem Feinschliff wird eine nachhaltige Pflege und Bewirtschaftung des Waldes wohl kaum noch machbar sein. Nicht einzelne Ecken und Kanten bei den Umstrukturierungen der letzten zwei Jahrzehnte sind zu bemängeln, sondern die gesamte Reform selbst mit ihrem massiven Personalabbau und der Verschlechterung der Arbeitsbedingungen sind das Übel.

Wissen Sie, was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Landeszentrum Wald denken? - Sie fühlen sich, als seien sie noch immer Teil eines Abbaubetriebes.

Es ist auch ein Fehler, die Umstrukturierung ausschließlich durch die Brille der Ökonomie zu betrachten. Die Bedeutung des Waldes aus der Sicht des Naturschutzes, der Ökologie sowie der Schutz- und Erholungsfunktionen muss wieder mehr in den Vordergrund gerückt werden. Kurzum: Für die Sicherung einer ökologisch und ökonomisch nachhaltigen Bewirtschaftung des Waldes ist eine integrierte und zukunftsfähige Forstverwaltung unbedingt notwendig.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich bin ehrlich: Von einem grün geführten Haus erwarte ich gerade in dieser Frage mehr.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Leider geht auch aus der jetzigen Kabinettsvorlage zum Haushalt hervor - das wurde bei der Einbringung des Haushaltsplans schon gesagt -, dass beispielsweise das Landesamt für Umweltschutz 32 Stellen und das MULE 51 Stellen erhält. Aber leider soll es keine nennenswerten Aufwüchse im Forstbereich geben.

Deshalb fordere ich die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen dazu auf, ein klares Bekenntnis dazu abzugeben, dass Sie zu den Beschäftigten in der Forst stehen, dass Sie nicht mehr nur zuschauen, wie die Beschäftigten dort krank von und durch ihre Arbeit und eine verfehlte Personalpolitik werden,

(Beifall bei der LINKEN)

dass Sie endlich Fachkräfte langfristig akquirieren sowie Neueinstellungen unbefristet vornehmen. Sonst verlässt gut ausgebildetes Personal weiterhin das Land und im Rest der Republik reiben sich die Leute die Hände.

Sie stehen jetzt vor der wichtigen Entscheidung, ob Sie sich ernsthaft für eine Korrektur und Verbesserung einsetzen oder ob Sie zum Nachteil von Mensch und Wald weiterhin so unkoordiniert mit Axt und Kettensäge agieren wollen. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von André Poggenburg, AfD)

Herr Abg. Höppner, gestatten Sie eine Frage vom Abg. Mrosek? - Bitte.

Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie gesagt haben: Von einem grün geführten Haus erwarten Sie mehr?

Das haben Sie richtig verstanden. Das habe ich so gesagt, ja.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Er hat doch laut und deutlich gesprochen!)

Das kann ich ja noch einmal vorlesen, wenn Sie wollen.

Danke für die Ausführungen. - Für die Landesregierung spricht jetzt Ministerin Frau Prof. Dr. Dalbert. Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Sehr verehrte Abgeordnete! Ich stehe hier vor Ihnen ohne Axt und ohne Kettensäge und ich will gern zu den vorgelegten Anträgen Stellung nehmen.

Zunächst einmal ist Ihren Anträgen zu entnehmen, dass Sie sich engagiert für unsere Forstverwaltung und ihre Ziele einsetzen. Das ist ein Ansatz, den ich ausdrücklich unterstützen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dennoch möchte ich einleitend darauf hinweisen, dass die Forstverwaltung nur einen Bereich von vielen der Landesverwaltung darstellt. Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, dass im Jahr 2020 in der Landesverwaltung nicht mehr als 18,7 Vollzeitäquivalente auf 1 000 Einwohner beschäftigt werden. Das ist zwar eine Verbesserung gegenüber vorher, aber es ist eine klare Zielvorgabe für 2020. Die personellen Möglichkeiten sind also begrenzt und die Forstverwaltung muss sich in die Schwerpunkte einordnen, die im Koalitionsvertrag vereinbart wurden.

Dem Wald kommt neben seiner Funktion als Rohstofflieferant ohne Zweifel eine Schutz- und eine Erholungsfunktion zu. Die ökologische Bedeutung des Waldes ist gerade für mich als Vertreterin einer grünen Politik unverrückbar wichtig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit dem Koalitionsvertrag bekennt sich die Landesregierung auch uneingeschränkt zu einer nachhaltigen Forstwirtschaft sowie zum Schutz und zur Stärkung des Ökosystems Wald.

Grundlage für die Bewirtschaftung unserer Wälder ist das Landeswaldgesetz sowie für den Landeswald die Leitlinie Wald mit den darin getroffenen Regelungen. Die darin vorgegebenen Rahmenbedingungen sichern die ökologischen und gesellschaftlichen Funktionen des Waldes nachhaltig.

Dem Antrag der Fraktion DIE LINKE entnehme ich, dass Sie vor allem sicherstellen wollen, dass ausreichend Personal für die Erfüllung der Aufgaben zur Verfügung steht. Wir stehen als Landesregierung dafür, dass wir dauerhaft unseren Haushalt konsolidieren. Deswegen haben wir uns ja darauf geeinigt, dass in der Landesverwaltung nicht mehr als 18,7 Vollzeitäquivalente auf 1 000 Einwohner im Jahr 2020 beschäftigt werden. In diesem Rahmen bewegen wir uns als Landesregierung insgesamt, aber eben auch als MULE und im Forstbereich.