Protokoll der Sitzung vom 25.11.2016

Diese beiden Ebenen können Sie nicht durcheinanderwerfen. Das ist grundfalsch. Das machen Sie ständig. Es entspricht Ihrer Auffassung, dass Sie die Grenzen auf der Welt verschwinden lassen und allen die gleichen Rechte geben wollen. Am Ende kommt dabei heraus, dass wir alle unsere Rechte in diesem Land verlieren.

(Beifall bei der AfD)

Darf ich antworten? - Ich sage Ihnen nur eines dazu: Artikel 1 gilt für alle, die in den Geltungsbereich des Artikels 1 kommen. Das ist doch völlig klar.

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

Wenn jemand in Deutschland ankommt, dann ist das völlig unerheblich. Er ist dann in Deutschland und für ihn gilt Artikel 1 des Grundgesetzes. Das hat also nichts damit zu tun. Es ist nicht so, wie Sie es sagen. Artikel 1 gilt nicht für die ganze Welt, zumindest kann das nicht Deutschland festlegen. Das wäre möglicherweise eine Überlegung. - Erste Anmerkung.

Zweite Anmerkung. Sie kennen ganz genau unsere Programmatik, was Asyl betrifft. In dem Herangehen unterscheiden wir uns - das ist völlig klar - auch in der Koalition.

(Zuruf von Ulrich Siegmund, AfD)

Wir sind dafür, dass die Gesetze eingehalten werden. Wir sind diejenigen, die gemeinsam mit

unserem Innenminister und gemeinsam mit unserer Landesregierung diejenigen, die kein Bleiberecht haben, konsequent zurückführen. Ich sage Ihnen dafür die drei Prinzipien: Der Staat muss wissen, wer kommt. Er muss entscheiden dürfen, wer bleibt, und er muss konsequent diejenigen zurückführen, die nicht bleibeberechtigt sind.

(Zustimmung bei der AfD - Dr. Hans-Tho- mas Tillschneider, AfD: Genau!)

Das muss ich mir von Ihnen nicht sagen lassen. Das ist Programmatik unserer Partei.

(Zustimmung bei der CDU und von der Re- gierungsbank)

Jetzt wären wir am Ende der Debatte, sind es aber noch nicht ganz. Zunächst möchte ich - ich bin mir nicht 100-prozentig sicher, ob ich sie schon begrüßt habe - Schülerinnen und Schüler der Brüder-Grimm-Sekundarschule in Calvörde begrüßen. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Jetzt haben wir die Wiederholung eines Falls von gestern, und zwar hat Herr Poggenburg mir gegenüber eine Frage an Minister Tullner angekündigt. Diese konnte er ihm nicht stellen, weil die Landesregierung auf einen Redebeitrag verzichtet hat. Ich zitiere jetzt nicht noch einmal Artikel 53 Abs. 2 Satz 1 der Landesverfassung. Das haben wir gestern so gehandhabt und werden es auch heute so handhaben.

Herr Poggenburg, Sie haben das Wort zu einer Frage an Herrn Minister Tullner.

Vielen Dank. - Herr Minister Tullner, ich hatte vorhin ausgeführt, dass einige unglaubliche Vorgänge in den Schulen stattfinden. Die Landesregierung hatte sich vorhin nicht zu Wort gemeldet, konnte auch nicht darauf reagieren.

Meine Frage jetzt an Sie: Wie stellen Sie sich das vor, was wollen Sie tun, um solche Vorgänge zukünftig zu verhindern? Nehmen Sie gegebenenfalls den Vorschlag auf, einen Runderlass zu verabschieden, um klarzustellen, dass solche Vorgänge nicht mehr stattfinden dürfen, um aufzurütteln und darauf hinzuweisen? Wie kann dem durch das Bildungsministerium begegnet werden? - Ich danke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Poggenburg, ich habe Ihre Frage vernommen und die Debatte sehr intensiv verfolgt, die, glaube ich, sehr leidenschaftlich geführt wurde.

Ich bin Mitglied der CDU-Fraktion. Gestatten Sie mir daher den kleinen Einschub: Ich war von der Rede meines Fraktionsvorsitzenden sehr angetan

(Zustimmung bei der CDU)

und bin sehr stolz darauf, dass ich Mitglied dieser Fraktion bin.

Zurück zu Ihrer Frage. Ich habe ein hohes Interesse daran, dass wir unsere Kinder in die Lage versetzen, nicht nur im engeren Sinn Fähigkeiten in Mathematik, Chemie und all den anderen Fächer zu erlangen, um im Leben bestehen können, sondern auch als gute Demokraten teilzuhaben an der Gesellschaft und an unserem Diskurs, der mehr oder weniger strittig und manchmal auch leidenschaftlich ist, aber zumindest immer auf dem Boden der Verfassung und der Demokratie fußt.

Deswegen würde ich Sie herzlich bitten, mir, wenn Ihnen solche Fälle bekannt werden, davon Kenntnis zu geben. Ich habe ein Interesse daran, dass wir in der Schule keine Parteiadministration und keine Parteipolemik betreiben, aber trotzdem eine gute demokratische Bildung organisieren. Wenn es solche Beispiele wie die von Ihnen beschriebenen gibt, werde ich dem nachgehen. Ob es in Form von Erlassen und anderen Dingen sein muss, bitte gestatten Sie mir das, würde ich mir im Einzelfall anschauen. Wir haben jetzt wieder einen Punkt, bei dem der Kollege Dimitrov, sage ich schon,

(Heiterkeit)

- Entschuldigung - der Kollege Willingmann - ich weiß ich nicht, wie ich darauf komme - zum Thema Bürokratieabbau reden wird. Ich glaube, wir müssen zwischen Erfordernissen und Bürokratieabbau abwägen. In dem Sinne würde ich mich dazu verhalten. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU, bei der AfD und von der Regierungsbank - André Poggen- burg, AfD: Ich danke Ihnen!)

Damit sind wir am Ende der Debatte. Wir hoffen jetzt nicht Anlass für einen Runderlass innerhalb der Landesregierung gegeben zu haben.

Wir kommen nunmehr zum nächsten Tagesordnungspunkt. Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 19

Beratung

Weniger Bürokratie für Sachsen-Anhalt - Wirtschaft und Bürger entlasten

Antrag Fraktionen CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 7/601

Einbringer ist der Abg. Herr Thomas von der CDU. Herr Thomas, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Nach der Demokratie geht es um die Bürokratie. Ich glaube, das ist ein Thema, das uns genauso beschäftigt in positiver, manchmal auch in negativer Hinsicht. Dementsprechend bin ich froh, dass wir heute auch dieses Thema in diesem Hohen Hause diskutieren.

„Wir brauchen Bürokratien, um unsere Probleme zu lösen. Aber wenn wir sie erst haben, hindern sie uns, das zu tun, wofür wir sie brauchen.“

Dieses Zitat stammt von dem bekannten Soziologen Ralf Dahrendorf. Natürlich braucht ein Rechtsstaat, braucht eine Demokratie Verwaltung, Recht und Gesetz. Sie bestimmen unsere Grundordnung und diese Grundordnung, meine Damen und Herren, muss administriert werden. Sie schaffen Ordnung und verhindern Willkür. Das ist keine Frage.

So haben wir in Deutschland ein hohes Maß an Rechtssicherheit erreicht. Unsere bewährten

Standards und ihre verlässliche Anwendung sind - so darf man das auch sagen - Qualitätsmerkmale des Wirtschaftsstandorts Deutschland und natürlich auch hier bei uns in Sachsen-Anhalt.

Aber, meine Damen und Herren, die Frage nach der Verhältnismäßigkeit von Administrierung muss schon gestellt werden. Wie viel Bürokratie brauchen wir wirklich?

(Zustimmung von Gabriele Brakebusch, CDU)

Was ist nötig und was brauchen wir tatsächlich? - Bürokratie kostet Ressourcen, Kraft und Geld, Geld, das unseren Unternehmen für Innovationen, zusätzliche Arbeitsplätze und für neue Investitionen fehlt.

Meine Damen und Herren! Wenn Bürokratie überhandnimmt, dann bremst sie die Dynamik. Das ist dann schnell eine Frage von Wettbewerbsfähigkeit. Daher ist jede Regierung - egal ob in Brüssel, Berlin oder in Magdeburg - aufgefordert, den Abbau von Gesetzen und Verordnungen ernst zu nehmen.

(Zustimmung von Markus Kurze, CDU)

Denn wenn man den Bürokratieabbau ernst nimmt, wird man verblüfft feststellen, dass dies wie ein Konjunkturprogramm wirkt, das die öffentlichen Haushalte nicht belastet.

Schöne Beispiele finden wir in der jüngeren Geschichte. Ich möchte nur an die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2008 oder an das Elbehochwasser im Jahr 2013 erinnern, als durch

zeitweises Aussetzen von Verordnungen und Gesetzen eine merkliche Belebung in der wirtschaftlichen Entwicklung und damit auch in der Finanzkraft der Länder feststellbar war. Wenn man so will, dann gibt es so etwas wie eine direkte Verbindung zwischen schlanker Administration und der Sicherung unseres Wohlstands.

Meine Damen und Herren, auch deswegen ist den Koalitionsfraktionen der Abbau von Bürokratie so wichtig und deswegen haben wir heute gemeinsam diesen Antrag eingebracht.

Wie dringend Handlungsbedarf gefordert ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollen Ihnen einige Zahlen verdeutlichen.

Dank des Normenkontrollrates unter der Leitung des auch hierzulande geschätzten Dr. Ludewig ist es erst seit wenigen Jahren möglich, die Kosten für Bürokratie zu erfassen. Der Normenkontrollrat hat nämlich modellhaft versucht, den Aufwand in den Unternehmen zu erfassen: den Aufwand für Informations-, Dokumentations- und Statistikpflichten für die Finanz- und Steuerverwaltung, für die Umsetzung von rechtlichen Rahmenbedingungen und auch für kommunale Gesetze und Verordnungen.

Das Ganze ist nicht trivial, weil insbesondere die Gesetz- und Verordnungsgebung der EU, des Bundes und der Länder sowie der kommunalen Ebene zunehmend ineinander greifen. Mit Stichtag zum 1. Januar 2012 hat man einen Bürokratiekostenindex eingeführt, der die jährliche Belastung ab diesem Zeitpunkt abbildet. Im zurückliegenden Jahr 2015 ist dieser Bürokratiekostenindex erstmals auf einen Wert unterhalb seiner Ausgangsbasis von 100 gefallen und lag Ende 2015 bei 99,1 Punkten.