Protokoll der Sitzung vom 02.02.2017

Aber den Antrag, den Sie gestellt haben, der ist ja nun wirklich albern. Haben Sie wirklich Informationsbedarf, meine Damen und Herren von der SPD? Soll ich es Ihnen noch einmal erklären? - Mein Gott, wie unpolitisch!

(Beifall bei der LINKEN - Unruhe bei der CDU)

Die AfD hat mich mit Ihrem Redebeitrag davon überzeugt, dass wir es nunmehr in diesem Landtag mit einem All-Parteien-Kartell des Augenzumachens zu tun haben. Alle Parteien außer DIE LINKE treten nämlich ganz klar nicht für soziale Gerechtigkeit in diesem Land ein.

Sie wollen genau das verhindern. Mal schieben Sie es auf die Koalition, mal auf die Mehrheiten.

(Unruhe)

Aber letztlich: 22 Jahre Verhinderungspolitik sprechen ihre Sprache. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Knöchel. Es gibt eine Nachfrage. Möchten Sie diese beantworten? - Herr Rausch, bitte.

Keine Nachfrage, sondern eine kurze Intervention zur Aufklärung, wie DIE LINKE das sieht. Zitat: „Es gibt Leute“, nämlich Sie, DIE LINKE, „die halten Unternehmer für einen räudigen Wolf, den man totschlagen müsse. Andere meinen, der Unternehmer sei eine Kuh, die man ununterbrochen melken müsse.“

(Zuruf von der CDU)

„Nur ganz wenige, nämlich diese Seite des Hauses, sieht in ihm das Pferd, das den Karren zieht.“ - Das sollten Sie sich mal merken.

(Zustimmung bei der AfD - Zuruf von der AfD: Jawohl!)

Sie können darauf erwidern, wenn Sie möchten, Herr Knöchel, brauchen es aber nicht.

(Unruhe bei der AfD und bei der LINKEN)

Wissen Sie, gerade bei der Vermögensteuer muss man eine Frage stellen, nämlich die, woher der Reichen Reichtum stammt.

(Unruhe bei der AfD)

Wenn Sie diese Frage beantworten, werden Sie die Plattheit Ihres Zitates erkennen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. - Wir steigen somit in das Abstimmungsverfahren ein. Ich habe von niemandem gehört, dass eine Überweisung in einen Ausschuss erfolgen soll. Damit stimmen wir über den Antrag - -

(Unruhe)

- Bitte den Geräuschpegel senken, damit Sie wissen, was wir jetzt abstimmen wollen. Wir stimmen über den Antrag in der Drs. 7/845 ab. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Kartenzeichen.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Was stim- men wir ab?)

- Bitte? Deswegen, werter Herr Gebhardt, habe ich extra gesagt, den Geräuschpegel etwas senken. Das habe ich jetzt sogar zweimal gesagt. Wir stimmen über den Antrag in der Drs. 7/845 ab; das ist der Ursprungsantrag.

(Zurufe von der CDU)

Zustimmung sehe ich bei der Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? - Gegenstimmen aus den Koalitionsfraktionen und der Fraktion der AfD. Gibt es Stimmenthaltungen? - Das sehe ich nicht.

Somit stimmen wir jetzt über den Alternativantrag der Koalitionsfraktionen in der Drs. 7/930 ab. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Gegenstimmen? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Enthaltungen? - Das ist die AfD-Fraktion. Vielen Dank. Damit ist der Alternativantrag angenommen worden.

Damit ist der Tagesordnungspunkt 4 erledigt und wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 5

Beratung

Aufzugsprogramm im Rahmen der Wohnungsbauförderung

Antrag Fraktionen CDU, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Drs. 7/902

Alternativantrag Fraktion der AfD - Drs. 7/935

Einbringer wird der Abg. Herr Dr. Grube von der SPD-Fraktion sein. Sie haben das Wort, bitte.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Wenn Wohnungsbaupolitikerinnen und -politiker an das Mikro treten, dann geht es meistens um das Bauen. Es geht um Stahl, Glas und Beton. Es geht um Grundrisse und Statik und Abstandsflächen. Darum geht es, meine Damen und Herren, in diesem Antrag mittelbar auch, aber ganz unmittelbar geht es in erster Linie um Menschen.

Es geht um den Ort, der für jede und jeden der ganz persönliche Rückzugsort ist und auch bleiben soll, nämlich um die Wohnung. Es geht um das ungehinderte Leben in der Wohnung und damit um die Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben, und es geht um ihre Erreichbarkeit und damit um die absolute Grundvoraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe, nämlich um die Möglichkeit, die eigenen vier Wände ohne Hilfe verlassen oder eben betreten zu können.

Ich sage dies so explizit, weil man immer wieder den Spruch hört: Lieber in Köpfe investieren als in Beton. Dieser Spruch ist ganz oft auch richtig, aber an dieser Stelle stimmt er eben nicht.

Richtig ist in diesem Fall: Mit dem Beton und dem Glas und dem Stahl und dem Holz investieren wir in das persönliche soziale Umfeld; denn ohne bauliche Veränderungen, ohne eine Anpassung der Lebenswelten an die Lebensphasen werden wir den demografischen Wandel nicht bewältigen. Ohne diese Anpassung wird das längere Leben eher zur Qual als zum Geschenk. Meine Damen und Herren! Das wollen wir nicht.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Wenn wir uns die Bevölkerungsentwicklung in Sachsen-Anhalt in Zahlen anschauen, dann sehen wir, dass wir erfreulicherweise alle älter werden. Die meisten jeden Tag.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE, unterhält sich mit Dr. Katja Pähle, SPD)

- Es gibt jetzt Diskussionen in der ersten Reihe. - Der Anteil der über 65-Jährigen liegt derzeit bei 25 %. Im Jahr 2030 liegt er dann bei mehr als 33 %. Dies ist einerseits eine gute Nachricht - das ist keine Frage -, es führt aber andererseits auch zu der Notwendigkeit, in vielen Bereichen zu handeln und eben auch im konkreten Bereich des Wohnens.

Woraus ergibt sich diese Notwendigkeit? - Es ist ein breiter gesellschaftlicher Konsens - jedenfalls in dieser Koalition, aber wahrscheinlich auch im Parlament -, dass Menschen möglichst lange in ihren angestammten Wohnungen und in ihrer vertrauten Wohnumgebung wohnen bleiben sollen. Das ist übrigens ein Konsens, der sich vor allem aus dem Wunsch der Betroffenen speist.

Es gibt wahrscheinlich kaum eine Familie in diesem Land, die mit Oma, Opa, Tante oder Onkel noch nicht die Diskussion geführt hat, ob es nicht besser wäre, ins Heim zu gehen. Das positive Feedback dürfte sich in der Regel in Grenzen halten.

Um das Wohnen in den angestammten Wohnungen und Quartieren sichern zu können, müssen barrierereduzierende Maßnahmen einschließlich der Nachrüstung von Aufzügen ergriffen werden. Das ist eine dringende Aufgabe; denn die Realität ist: Selbst wenn diese Umbauten nicht stattfinden, wollen die Leute in ihrer Wohnung bleiben. In der Regel führt das nicht zur Verbesserung der Lebensqualität.

Weil die Thematik so abstrakt ist, will ich Ihnen eine Geschichte aus meiner eigenen Familie erzählen, nämlich von meiner Oma, die mittlerweile

leider verstorben ist. Die alte Dame war relativ fit und ist mit Ende 80/Anfang 90 immer noch jeden Tag spazieren gegangen. Man traf sie tagsüber in der Stadt. Sie ging vom Nordpark aus hin und zurück zu Fuß. Dann ist passiert, was vielen alten Menschen irgendwann passiert, sie musste in Krankenhaus. Nach acht Wochen Liegezeit war die Substanz nicht mehr dieselbe. Sie wohnte in einer Wohnung ohne Aufzug. Innerhalb der Wohnung ging es mithilfe des Rollators relativ gut, aber nach draußen kam sie nicht mehr, ohne Hilfe sowieso nicht. Auch an dieser Stelle ist das positive Feedback immer so eine Frage.

Am Ende des Tages wäre es ihr besser gegangen, wenn sie einen Aufzug gehabt hätte. Dies ist für diese Häuser in der Regel eigenwirtschaftlich nicht zu stemmen. Deswegen wollen wir dieses Programm haben; denn ich denke, so, wie es meiner Oma besser gegangen wäre, können wir es für die Menschen, die in derselben Lage sind, besser machen.

Wie sieht nun die andere Seite aus, also aufseiten der Vermieter und der Wohnungslandschaft insgesamt, die Seite derer also, die umbauen sollen? - Die Eigentümer von Wohnungen haben natürlich das Interesse, ihre Wohnungen zu vermieten, auch und gerade vor dem Hintergrund des ansteigenden Wohnungsleerstandes. Kurzer Einschub: Die Pflegekassen haben das gleiche Interesse; denn der Grundsatz ambulant vor stationär ist ja auch eine Frage der Kosten in den sozialen Sicherungssystemen. Deswegen ist das an dieser Stelle tatsächlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Bei dieser Aufgabe müssen wir dafür sorgen, dass wir für unsere alternde Bevölkerung genügend passenden Wohnraum zur Verfügung stellen. Dabei gilt in Sachsen-Anhalt der Grundsatz: Umbau vor Neubau. Das mag in bestimmten Bereichen der beiden großen Städte eine etwas andere Situation sein, aber grundsätzlich ist dies der richtige Ansatz.

Dies ergibt sich sowohl aus den aktuellen Leerständen als auch aus der langfristigen Bevölkerungsprognose. Wenn man die derzeitigen Fünf-Jahres-Kohorten vergleicht, dann gibt es zwischen 55 und 60 Jahren ca. 185 000 Einwohnerinnen und Einwohner, zwischen 35 und 40 Jahren sind es 125 000 Einwohnerinnen und Einwohner und zwischen fünf und zehn Jahren sind es 88 000 Einwohner. Diese Zahlen kennen Sie alle. Es ist eine zurückgehende Tendenz.

In dem Moment, in dem die geburtenstarken Jahrgänge sterben werden, wird es einen erheblichen Überhang an Wohnungen geben. Dies wird sich,