Entwurf eines Gesetzes über die Krebsregistrierung im Land Sachsen-Anhalt (Krebsregis- tergesetz - KRG LSA) und zur Änderung des Gesundheitsdienstgesetzes
Einbringerin ist die Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration Frau Grimm-Benne. Frau Ministerin, Sie haben das Wort.
Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren Abgeordneten! § 65c SGB V verpflichtet die Länder, flächendeckend unabhängige klinische Krebsregister einzurichten. Die für die Errichtung und den Betrieb notwendigen Regelungen einschließlich datenschutzrechtlicher Regelungen bleiben dem Landesrecht vorbehalten. Die Landesregierung kommt diesem Auftrag mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nach. Es ist vorgesehen, die drei in Sachsen-Anhalt bereits bestehenden klinischen Krebsregister in ein zentrales klinisches Krebsregister zu überführen.
Zu den Aufgaben eines klinischen Krebsregisters gehören insbesondere die flächendeckende personenbezogene Erfassung der Daten aller stationär und ambulant versorgten Patienten über das Auftreten, die Behandlung und den Verlauf von bösartigen Neubildungen von Krebserkrankungen, weiterhin die Auswertung der erfassten klinischen Daten und die Rückmeldung der Ergebnisse an die einzelnen Leistungserbringer, der Datenaustausch mit anderen regionalen klinischen Krebsregistern und die Förderung der interdisziplinären direkt personenbezogenen Zusammenarbeit bei der Krebsbehandlung sowie die Erfassung von Daten für die epidemiologischen Krebsregister und die Bereitstellung notwendiger Daten zur Herstellung von Versorgungstransparenz und zu Zwecken der Versorgungsforschung.
Darüber hinaus arbeiten klinische Krebsregister auf Landesebene mit dem gemeinsamen Bundesausschuss bei der Qualitätssicherung der onkologischen Versorgung zusammen.
Erstens. Die Durchführung der Aufgaben nach § 65c SGB V wird der Ärztekammer Sachsen-Anhalt übertragen, die zu diesem Zweck eine gemeinnützige GmbH in alleiniger Trägerschaft der Ärztekammer Sachsen-Anhalt gründen soll.
Zweitens. Die Erfassung der sensiblen personenbezogenen Daten soll in den regionalen Registerstellen des klinischen Krebsregisters erfolgen. Dies soll selbstverständlich auf der Grundlage eines noch zu erstellenden Datenschutzkonzeptes erfolgen, welches eine Trennung der Datenverarbeitung nach unterschiedlichen Verarbeitungszwecken zu gewährleisten hat.
Drittens. Für Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser und andere an der Krankenversorgung Teilnehmende soll eine Meldepflicht über onkologische Erkrankungen an das klinische Krebsregister begründet werden.
Viertens. Zur Beratung und Begleitung wird dem klinischen Krebsregister ein Beirat zur Seite gestellt.
Die laufenden Betriebskosten werden insbesondere durch fallbezogene Registerpauschalen finanziert, die in erster Linie von den Krankenkassen bzw. anderen Kostenträgern wie der privaten Krankenversicherung getragen werden. Die betroffenen Verbände und Institutionen wurden angehört. An dieser Stelle möchte ich insbesondere die Ärztekammer Sachsen-Anhalt und die gesetzlichen Krankenkassen nennen und ihnen für ihre konstruktive Begleitung danken. Die Änderungsvorschläge und Hinweise wurden im Wesentlichen berücksichtigt.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ohne dem parlamentarischen Verfahren vorgreifen zu wollen, werden die Ärztekammer Sachsen-Anhalt und das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration die Gründung einer gemeinnützigen GmbH vorbereiten, um eine rasche Funktionsfähigkeit des klinischen Krebsregisters nach einem Inkrafttreten des Gesetzes ermöglichen zu können. Ich würde mich auch daher über eine konstruktive und zügige Beratung in den Fachausschüssen freuen. - Herzlichen Dank.
ein. Dafür sind drei Minuten Redezeit je Fraktion vorgesehen. Als Erster spricht der Abgeordnete der AfD-Fraktion Herr Siegmund.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Land Sachsen-Anhalt hat die höchste Krebsrate in Deutschland. Das finde ich sehr traurig. Wir liegen 16 % über dem Bundesdurchschnitt. Das ist meiner Meinung nach ein weiteres Zeichen für eine sehr traurige Schlusslichtstellung unseres schönen Bundeslandes. Umso wichtiger ist es, dass das Krebsregister so schnell wie möglich, ohne weitere zeitliche Verluste, eingeführt wird.
Das landesweite Krebsregister ist eine notwendige Konsequenz aus dem gegenwärtigen Flickenteppich, den wir in Sachsen-Anhalt haben und der uns keine wissenschaftlich validen und entsprechend verwertbaren Ergebnisse ermöglicht, die wir so dringend brauchen, um diese bitterböse Krankheit bekämpfen und entsprechende Rückschlüsse aus den gegenwärtigen wissenschaftlichen Fakten zu diesem Thema ziehen zu können.
Durch die Bekämpfung dieser Krankheit steigern wir die Lebenserwartung unserer Bevölkerung. Wir verbessern das Landesimage. Wir versorgen unsere Bevölkerung, und daraus resultiert ein entsprechend geringerer Krankenstand, der natürlich auch zu entsprechend geringeren Kosten führt.
Gegen das Landeskrebsregister spricht meiner Meinung nach so gut wie gar nichts. Das Einzige, was ich hier in der kurzen Zeit noch anführen möchte, sind unsere Verbesserungsvorschläge, die wir bereits im Ausschuss genannt haben. Wir hätten uns gefreut, wenn wir das Rad nicht neu erfunden, sondern uns an ein bestehendes Krebsregister eines vergleichbaren Flächenlandes angeschlossen hätten, beispielsweise Brandenburg. Durch eine Kooperation hätte man Zeit und Geld sparen können. Das wurde in Ihrem Gesetzentwurf in § 2 von Anfang an ausgeschlossen. Das bedauern wir sehr.
Weiterhin führen wir den Kritikpunkt auf, dass Sie die Rechts- und Fachaufsicht an das für Gesundheit zuständige Ministerium ausgliedern möchten. Das verstehen wir nicht ganz. Wir sind der Meinung, dass ein so wichtiges Thema einem Gremium unterstellt sein sollte, welches die fachlichen Voraussetzungen erfüllt. Dabei sehen wir beim Ministerium bei aller Ehre nicht die Gegebenheiten, um das entsprechend umsetzen zu können.
Das sieht übrigens auch die Ärztekammer so. Es kam gestern spät abends noch ein Schreiben, in dem auch unser nächster Kritikpunkt aufgeführt wird, nämlich die Finanzierung. Natürlich wird der laufende Betrieb vom Land finanziert. Das wird vom Land garantiert. Doch was ist mit den Errichtungskosten?
Das Landeskrebsregister muss erst einmal entstehen. Hierzu bedarf es auch der Garantie der Finanzierung durch das Land. Das fehlt. Das kritisieren wir. Wir bitten, dies umgehend nachzubessern, zumal wir wirklich über eine relativ geringe Summe sprechen.
Abschließend möchte ich vielleicht noch kurz philosophisch eine These in den Raum stellen: Man sieht an der Debatte wieder, dass Sie einen komplett nachbesserungswürdigen Ansatz beim Thema Gesundheit haben.
In China überlegt man, was man tun muss, um gar nicht erst krank zu werden. Ich glaube, hierbei müssen wir im Kopf umdenken. Die Situation ist so, wie sie ist. Wir müssen zeitnah Mittel und Wege eruieren, um Krebs zu bekämpfen. Das Krebsregister ist ein Weg dahin. Viel wichtiger aber ist eine Debatte über die Krebsfrüherkennung und darüber, wie man Krebs erst gar nicht hervorruft: durch eine gesunde Lebensweise, und wir müssen auch die Lobbyisten aus dem Bundestag vertreiben.
Ich verstehe überhaupt nicht, warum 13 Menschen von Bayer im Bundestag sitzen müssen. Das sind alles Fakten, die das beeinflussen. Gesundheit darf nicht zu einem Geschäft verkommen. Dafür setzen wir uns ein, dass die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land umdenken und ihren Körper mehr wertschätzen, damit wir gar nicht erst darüber debattieren müssen. Ich glaube, es ist noch viel einfacher. - Danke schön.
Es gibt keine Fragen. - Dann bitte ich den Abg. Herrn Krull von der CDU-Fraktion nach vorn. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Wir beschäftigen uns heute mit dem Gesetzentwurf zur Einrichtung eines Krebsregisters, eines regionalen klinischen Krebsregisters in Sachsen-Anhalt. Dieses Vorhaben finden wir auch in unserem Koalitionsvertrag, auf Seite 57.
Welche Bedeutung das Thema hat, zeigt schon eines der Hauptziele des Registers, und zwar dass die Qualität der onkologischen Behandlungen in Sachsen-Anhalt deutlich gesteigert wird.
Der Kollege Siegmund hat es schon erwähnt. Er hat mit Prozentzahlen gearbeitet. Ich werde die konkreten Zahlen nennen. In Sachsen-Anhalt sterben 362 Menschen, gerechnet auf 100 000 Einwohner, an Krebs. Das ist bundesweit die höchste Rate. In Baden-Württemberg, dem Land mit der niedrigsten Quote: 236. Man bemerkt also einen deutlichen Unterschied.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf kommt das Land Sachsen-Anhalt der Regelung bzw. Forderung des § 65c des Sozialgesetzbuches V nach, dass klinische regionale Krebsregister bis zum 1. Januar 2018 eingeführt werden müssen. Dabei können wir in Sachsen-Anhalt auf drei regionale Krebsregister zurückgreifen, die über fachlich versiertes und sehr erfahrenes Personal verfügen: hier an der Otto-von-Guericke-Universität, an der Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg und am Tumorzentrum Anhalt in Dessau.
Ich möchte hier dem Kollegen Siegmund deutlich widersprechen. Die regionalen Krebsregister in Sachsen-Anhalt arbeiten sehr erfolgreich. Der Bundesgesetzgeber verlangt eine Meldequote von 90 %. In Sachsen-Anhalt haben wir eine Meldequote von mehr als 95 %.
Wir begrüßen es als CDU-Landtagsfraktion auch, dass sich die Ärztekammer bereit erklärt hat, die Trägerschaft zu übernehmen. Wir haben damit einen Partner gefunden, der dieser Aufgabe fachlich versiert und unabhängig nachkommen wird. Im Übrigen ist dies auch die Voraussetzung dafür, dass die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenversicherung die Finanzierung der Trägerschaft mit übernehmen.
Doch die Zeit drängt. Das macht nicht zuletzt eine große Anzahl von Schreiben der Ärztekammer Sachsen-Anhalt deutlich, die wir sowohl in den Fraktionen als auch im Sozialausschuss schon behandelt haben; denn das Krebsregister soll am 1. Januar 2018 stehen. Nur dann werden die Krankenkassen 90 % übernehmen und bleibt es bei einem Landesanteil von 10 %. Für diesen Landesanteil haben wir Vorsorge im Landeshaushalt getroffen.
Falls es uns nicht gelingt und keine alternative Übergangsregelung mit den Krankenkassen gefunden wird, wird das Land die Kosten möglicherweise allein tragen müssen. Ich denke, das wollen wir alle nicht.
Weitere Fragestellungen wie zum Beispiel die notwendigen Errichtungskosten und wer sie trägt, sind kurzfristig in den Ausschussberatungen zu klären.
Sorgen wir für eine schnelle und qualifizierte Beratung in den Ausschüssen, um den Weg für das regionale klinische Krebsregister in Sachsen-Anhalt schnellstmöglich freizumachen.
Ich plädiere für die Überweisung des Gesetzentwurfes zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration sowie an den Finanzausschuss zur Mitberatung. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Da es keine Fragen gibt, bitte ich jetzt für die Fraktion DIE LINKE Frau Abg. Zoschke nach vorn. Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! In § 65c des Sozialgesetzbuches V - Gesetzliche Krankenversicherung - werden die Länder aufgefordert, ein klinisches Krebsregister einzurichten. Dem kommen wir mit diesem Gesetz nach. Andere Länder sind bereits kräftig dabei.
Früherkennung, Diagnose, Therapie und Nachsorge von Krebspatientinnen und Krebspatienten haben sich enorm verbessert. Dies wiederum hat Auswirkungen auf die Überlebenschancen und auf die Lebensqualität von Krebspatientinnen.
Das darf uns allerdings nicht darüber hinweg täuschen, dass die Neuerkrankungsrate weiter gestiegen ist. Im Zeitraum von 2002 bis 2012 haben die Neuerkrankungen in Deutschland bei Frauen um 10 % und bei Männern um 13 % zugenommen. Notwendig sind deshalb auch weiterhin Maßnahmen, die der Früherkennung und der Verbesserung der Behandlung von Krebs dienen. Unverzichtbarer Baustein sind mit Sicherheit auch die klinischen Krebsregister und die somit mögliche Datenauswertung.