Zu den anderen Punkten hat Frau Hohmann etwas ausgeführt. Das mit der Erwerbsminderung sehen wir genauso. Das wäre der wichtige Schritt in die richtige Richtung. Deswegen brauchen wir dazu nichts weiter zu sagen.
Aber noch grundsätzlich etwas für Sie von der SPD und von den GRÜNEN, weil Sie sich so aufgeregt haben. Die Ost-West-Angleichung ist ja nur ein Problem bei der Rentenproblematik. Nun noch allgemein etwas zu der Rentenproblematik.
Die Krise bei der Altersvorsorge in Deutschland hat viele Ursachen. Die niedrige Geburtenrate, der Mangel an gesellschaftlicher Solidarität, der Jugendwahn, die mangelnde Wertschätzung gegenüber unseren Alten und der abnehmende familiäre Zusammenhalt wirken zusammen, verstärken sich wechselseitig und schwächen das, was den Kern der Altersvorsorge ausmacht, nämlich die Sorge der Jungen für die Alten.
Die Politik der etablierten Parteien wird dieser Komplexität nicht gerecht. Sie nehmen nur den Haushalt der Deutschen Rentenversicherung in den Blick und blenden die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und insbesondere die Familienpolitik aus. Die tiefen Ursachen der Rentenkrise werden so nicht bekämpft und der Teufelskreis wird so nicht durchbrochen.
Das Resultat ist eine permanente Anpassung nach unten. Beitragssätze und das Renteneintrittsalter werden stetig erhöht. Das Rentenniveau sinkt und reicht oft nicht mehr zu einem Leben in Würde aus. Die Folge ist Frust auf allen Seiten. Beitragszahler klagen über höhere Beiträge, Rentner über Renten, die zum Leben nicht reichen. Niemand kann die Hoffnung haben, dass sich daran irgendetwas ändert.
Das Hauptproblem bei der Rente ist die drohende Altersarmut, die übrigens eine rot-grüne Bundesregierung verursacht hat. Deshalb muss man die Ursache der drohenden Massenaltersarmut bekämpfen. Um dies tun zu können, muss man wissen, wie es dazu gekommen ist. Hierzu hatte ich in meiner Rede zur Altersarmut ausgeführt.
Wir hatten noch Mitte der 90er-Jahre eine gute gesetzliche Rente. Doch Sie, Kollegen von der SPD und den GRÜNEN, sind dafür verantwortlich, dass die Rente, wenn man 40 oder 45 Jahre lang
arbeitet, nicht mehr zum Leben reicht. Die gute gesetzliche Rente wurde wegen einer angeblichen demografischen Lücke einer Rentenkürzung unterzogen, damit alle privat vorsorgen müssen.
Wer waren die Akteure? - Richtig: Die, die sich jetzt am meisten aufregen, die SPD und die GRÜNEN. Dann stellen Sie sich hier hin und sprechen davon, dass die Rente erhöht werden muss, dass es gerechter zugehen muss, dass man den wohlverdienten Lebensabend in Würde verbringen muss.
Wissen Sie, Kollegen von der SPD und den GRÜNEN, dass Sie die Ängste und den Umstand der wachsenden Altersarmut erst verursacht haben? Wissen Sie, dass Sie für die zahlreichen Schicksale verantwortlich sind? Wissen Sie, dass Sie den Rentnern in Deutschland keinen Mut machen, ihren Lebensabend genießen zu können? Wissen Sie das?
Die Altersarmut, die jetzt auf uns zukommt, verdanken wir einer rot-grünen Rentenreform im Jahr 2004. Das Rentenniveau soll bis 2030 auf 43 % vom Netto abgesenkt werden. Dass das ein Fehler war, sieht man daran, dass die Ministerin Frau Nahles von einem Fehler spricht und eine Sperrlinie von 48 % fordert.
Nun nenne ich Ihnen einmal ein ganz einfaches Beispiel. Nehmen Sie einen Durchschnittslohn in Sachsen-Anhalt von 2 000 € brutto. Rechnen Sie davon 43 % aus. Dann können Sie auch ohne Taschenrechner feststellen, dass Sie von einer Rente betroffen sind, die unter der bedarfsorientierten Grundsicherung liegt.
Jetzt muss ich Ihnen nur noch erzählen, dass 40 % der Deutschen 2 000 € brutto oder weniger verdienen. Dann wissen Sie, dass sich später, wenn es so bleibt, 40 % auf Altersarmut freuen dürfen. Von Ihnen gewollt, von Ihnen verursacht und von Ihnen herbeigeführt.
Als das das Arbeitsministerium unter der Führung von Ursula von der Leyen errechnet hatte, stand die Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Woche später im Bundestag und sagte: Ich leite die erfolgreichste Bundesregierung aller Zeiten.
Ihre Politik hat Niedriglöhne und Minijobs hervorgebracht. Deutschland hat den größten Niedriglohnsektor in Europa. Aber die Bundesregierung klopft sich immer wieder dafür auf die Schultern,
Das ist richtig, doch Deutschland hat den größten Niedriglohnsektor in Europa. Mit diesem Niedriglohnsektor, der witzigerweise „Wettbewerbsfähigkeit“ heißt, hat sich die Armut ausgebreitet. Ihre Politik hat zu einer sozialen Spaltung geführt. Die Mittelschicht schrumpft immer weiter. Das ist das Ergebnis, das Ergebnis von Ihnen allen. Es ist das Ergebnis einer neoliberalen Ausbeutungspolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren.
So viel steht fest: Wenn die Politiker der Altparteien im Bund und hier in Sachsen-Anhalt auch weiterhin unsere Steuergelder in Milliardenhöhe in den EU-Zentralismus, in marode Banken investieren und unsere Sozialsysteme für Millionen von Fremden öffnen, die nie zuvor in die Systeme eingezahlt haben, dann werden Verteilungskämpfe folgen. Darauf bewegen wir uns hin. Durch diese Verteilungskämpfe wird in Zukunft noch weniger Geld für unsere Bevölkerung zur Verfügung stehen.
Jeder Steuereuro kann bekanntlich nur einmal ausgegeben werden. Jeder Steuereuro, der nicht für uns ausgegeben wird, kann nicht mehr für unsere einheimische Bevölkerung und nicht mehr für die Bekämpfung der Altersarmut ausgegeben werden. Das werden wir als Alternative für Deutschland nicht akzeptieren. - Ich danke Ihnen.
- Darf ich fortfahren? - Ja. Damit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird der Abg. Herr Meister sprechen. Sie haben das Wort, Herr Meister.
Danke schön. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin froh, dass Herr Rausch am Ende noch die Ausländer erwähnt hat. Ich dachte schon, bei dem Thema schaffen Sie es nicht. Sonst klappt es doch meistens.
Es ist beileibe nicht das erst Mal, dass wir hier im Landtag über das Thema Rente sprechen. Es wird mit Sicherheit auch nicht das letzte Mal gewesen sein. Ich denke, auch im Rahmen des Bundestagswahlkampfes wird das Thema - ganz natürlich - weit oben auf der Themenliste stehen.
Gerade bei uns im Osten wird es zweifach Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Denn neben dem heutigen Fokus auf der Angleichung der Ost- und Westrenten ist natürlich auch das Thema Altersarmut und damit die Frage nach einer armutsfesten Rente überaus relevant. Auch in diesem Fall steht eine Lösung noch aus.
In einem Punkt berühren sich beide Themen unmittelbar. Die Angleichung der Rentensysteme Ost und West heißt, dass der Rentenwert Ost erhöht wird. Dies wiederum heißt, dass sich die Renten der heutigen Rentnerinnen und Rentner im Osten erhöhen. Für einige hieße das, aus der Grundsicherung herauszukommen, für andere eine Lockerung ihrer finanziellen Beschränkungen.
In dieser Hinsicht ist die Forderung nach einer schnellen Angleichung der Renten nur recht und billig. Es ist schon längst nicht mehr vermittelbar, warum der Rentenwert Ost aktuell bei 28,66 € liegt, im Westen hingegen bei 30,45 €. Wem das zu abstrakt ist: Diese Rentenwerte ergeben bei angenommenen 45 Beitragsjahren und einem Durchschnittsverdienst in den alten Bundesländern eine Monatsrente von 1 370 € und in den neuen Bundesländern von 1 289 €. Im Westen bekommt der Standardrentner damit 80,45 € mehr im Monat, ein Plus von 6,2 %. Diese Gerechtigkeitslücke gilt es zu schließen.
Es ist keine klaffende Wunde, aber eine Ungleichbehandlung, die mehr als ein Vierteljahrhundert nach der Wende einfach nicht mehr zu rechtfertigen ist.
Ja, ich denke, die oft mit der Rentenangleichung mitgeführte Emphase der Vollendung der Wiedervereinigung ist durchaus berechtigt. Es geht nicht nur um diese beispielhaften 80 €. Nein, es geht grundsätzlich darum, aus dem Unterschied Ost- und Westdeutschland einen Unterschied zu machen, der eben keinen grundsätzlichen Unterschied mehr darstellt, der nur noch für einen regionalen, rein geografischen Unterschied steht, aber für das bundesdeutsche Staatswesen samt seiner Sozialsysteme im Ergebnis eben keinen Unterschied mehr macht.
Als Bündnisgrüne können wir uns die Angleichung des Rentenwertes auch schneller vorstellen, als es im Koalitionsvertrag der Bundesregierung ver
einbart worden ist; aber eine weitere Verschiebung auf 2025 ist abzulehnen. Die ursprüngliche Verabredung der Angleichung bis 2020 ist das Mindeste.
Entsprechend fordert der Alternativantrag, wieder auf den Boden des Koalitionsvertrages im Bund zurückzukehren. Nur, damit sind wir nicht am Ende des Ost-West-Rentenstreits. Eigentlich wird es jetzt erst richtig kompliziert. Jetzt zeigt sich auch der Gegensatz zwischen dem LINKEN-Antrag und der GRÜNEN-Position: Stichwort Hochwertungsfaktor, genauer der Wert zur Umrechnung der Beitragsbemessungsgrundlagen des Beitrittsgebietes.
Dieser Wert ist im Moment ein großer, wortwörtlich zu nehmender Pluspunkt für Ostarbeitnehmer. Denn er sorgt dafür, dass Beschäftigungszeiten in den neuen Bundesländern hinsichtlich ihrer Rentenansprüche auf das westdeutsche Niveau gehoben werden. Im Jahr 2017 liegt dieser Wert bei 1,1193. Das bedeutet: der Lohn der Arbeitnehmer aus den neuen Ländern wird, was seinen Wert für die Rente betrifft, um 11,93 % erhöht.
Was heißt das? - In der Konsequenz bedeutet dies: der um 8 % geringere aktuelle Rentenwert Ost wird durch die Höherwertung der Osteinkommen überkompensiert. Die Versicherten in den neuen Bundesländern erhalten bei einem identischen jährlichen Bruttoarbeitsentgelt von zum Beispiel 30 000 € mit 26,94 € einen höheren Rentengegenwert als ein in Westdeutschland Versicherter, dessen Rentengegenwert 24,63 € beträgt. Seit 2011 wird die Spreizung beim Rentengegenwert zulasten der Westländer sogar noch größer.
Beschäftigte im öffentlichen Dienst und in den tarifgebundenen Wirtschaftsbereichen, in denen bereits keine Unterschiede mehr zwischen Ost- und Westländern bestehen, profitieren also von dem derzeitigen Rentensystem. Ja, diese Beschäftigten sind in Bezug auf ihre Rente bessergestellt als Kollegen im Westen.
Es ist also keineswegs so, dass, wie es gern suggeriert wird, der Osten einzig Opfer eines ungerechten Rentensystems wäre. Es ist schon erheblich komplexer. Von den Lebenshaltungskosten und den Unterschieden, die es dabei regional gibt, will ich gar nicht reden.
Daher halte ich es für sachlich falsch, wenn Sie in Ihrem Antrag schlicht von West- und Ostlöhnen sprechen. Ihre Forderung, den Hochwertungsfaktor beizubehalten, bis das Einkommensniveau im Osten gegenüber dem Westen bei 96 % bis 97 % liegt, halte ich für daher für überaus schwierig. Nicht nur dass dies für nicht wenige Beschäftigte im Osten bereits gilt, sondern es stellt sich auch die Frage: Was ist dann mit Schleswig-Holstein, Niedersachsen, dem Saarland oder Teilen von
Laut Gehaltsatlas 2016 liegen die Löhne in Schleswig-Holstein durchschnittlich bei 90 % und in Niedersachsen bei 91 %. Die aktuelle Rentenstudie des Instituts für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen kommt zu dem Schluss - ich zitiere -, „dass es auch in Westdeutschland strukturschwache Regionen gibt, deren durchschnittliches Bruttolohnniveau deutlich unter den westdeutschen Durchschnittswerten liegt. Schleswig-Holstein ist ein großräumiges Beispiel dafür.“