Protokoll der Sitzung vom 06.04.2017

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Das kann ich Ihnen gleich erklären!)

- Genau. - Wie soll ich das meinem Sohn erklären: Zigaretten nein, Joint ja?

(Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Ja- wohl! - Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Der Änderungsantrag der LINKEN geht diesbezüglich etwas weiter. Sie möchten die Aufklärungs- und Präventionsarbeit in Bezug auf Crystal Meth ausweiten. Ich meine, die Landesstelle für Suchtfragen macht hierbei sehr gute Arbeit, aber einer Aufstockung der Personal- und Sachkosten bedarf es nicht.

Sei es, wie es sei. Dem Antrag der Koalition kann man zustimmen. Prinzipiell ist alles zu unterstützen, was einer verbesserten Volksgesundheit und dem Schutz des ungeborenen Lebens dient. Auf

klärung ist wichtig. Darum stimmt die AfD dem Antrag der Koalition zu. - Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. Es gibt keine Anfragen. - Somit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Für die CDU-Fraktion spricht Herr Krull. Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte jetzt zu dem Antrag sprechen, der vorliegt,

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

also zum Thema Nichtraucherschutz bzw. Verbesserung der Prävention und Aufklärungsarbeit.

Vielleicht ist es ganz gut, dass ich als überzeugter, aber nicht vehementer Nichtraucher zu diesem Thema sprechen darf. Der eine oder andere von unseren Kolleginnen und Kollegen ist möglicherweise gerade auch einmal in einer Raucherpause.

Die Notwendigkeit, sich mit dem Thema zu beschäftigen, wurde hier schon mehrfach ausdrücklich anhand der Zahlen des Tabakatlas 2015 des Deutschen Krebsforschungszentrums der Helmholtz-Gesellschaft erläutert. Sachsen-Anhalt hat Spitzenplätze - leider nicht die, die wir uns an dieser Stelle wünschen -, mit 36,4 % der jungen Männer - im Bundesdurchschnitt sind es 26 % - und mit 30,3 % bei den Damen der gleichen Altersgruppe, in einem Alter von 15 bis 24 Jahren, - im Bundesdurchschnitt sind es 19 %.

Leider ändert sich das auch in späteren Lebensjahren nicht. So stehen wir bei den Männern auf Platz 5 im Bundesdurchschnitt und bei den Frauen auf Platz 4 - auch das kein Ruhmesblatt für unsere Menschen, was das Rauchen angeht.

Die gesundheitlichen Folgewirkungen des Rauchens wurden hier ebenfalls schon ein wenig erläutert, auch wenn sie viele von uns vielleicht gedanklich manchmal zur Seite schieben, wenn sie entsprechende Produkte genießen. Deswegen nur eine kurze, sicherlich nicht erschöpfende Aufzählung der entsprechenden Folgewirkungen: verschiedene Formen des Krebses, natürlich Lungen-, Rachen- und Kehlkopfkrebs im Wesentlichen, allgemeine Herzerkrankungen, Magengeschwüre und Beeinträchtigung des allgemeinen Gesundheitszustands.

Es ist kaum zu glauben, aber - die medizinischen Erkenntnisse über die Schädlichkeit des Rauchens sind nun wirklich nicht neu - bereits im Jahr 1761 stellte der britische Arzt John Hill in einer

Studie den Zusammenhang zwischen Schnupftabakkonsum und Nasenkrebs her und im Jahr 1795 entdeckte der deutsche Mediziner Samuel Thomas den Zusammenhang zwischen Lippenkarzinom und Pfeifenrauchen.

Besonders kritisch ist natürlich das Rauchen in der Schwangerschaft. Mütter, aber auch Väter, die in Anwesenheit der Schwangeren rauchen, riskieren viel. Stichworte sind Plazentakomplikationen und Frühgeburten bei den Schwangeren und verringerte Geburtsgröße und -gewicht mit den entsprechenden negativen medizinischen Folgen bis hin zu verringertem Lungenvolumen bei den Neugeborenen.

Offensichtlich reichen unsere bisherigen Anstrengungen im Präventionsbereich noch nicht aus, auch wenn wir positiv feststellen können, dass im Jahr 1992 noch 28,8 % der Bevölkerung geraucht haben und im Jahr 2013 nur noch - „nur noch“ - 24,5 %.

Das Gesundheitsziel des Landes der Senkung des Anteils von Rauchern an der Gesamtbevölkerung bleibt natürlich weiter bestehen. Sicher ist dazu ein ganzes Maßnahmenbündel notwendig. Schockfotos - das wurde schon erläutert - helfen nur bedingt.

Mit der Landesstelle für Suchtfragen haben wir einen kompetenten Partner an unserer Seite, der die Präventionsarbeit auf diesem Gebiet sicherlich gut weiterentwickeln kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es muss unser Ziel sein, dass Rauchen bei Kindern und Jugendlichen einfach uncool wird, und zwar nicht mit dem erhobenen Zeigefinger. Das funktioniert im Regelfall nicht. Wir müssen zeigen, welche negativen Auswirkungen auf das persönliche Leben, auf die Gesundheit und auch finanziell das Rauchen hat. Wenn man sich überlegt: eine Schachtel am Tag á 5 €,

(Zuruf von der LINKEN: 6!)

das sind im Monat 150 € und im Jahr 1 800 €. Das ist schon eine ganze Menge Geld, das man für andere Dinge ausgeben kann.

Besonders kritisch sehe ich aber auch die E-Inhalationsprodukte, allgemein bekannt als E-Zigarette. Man könnte den Eindruck gewinnen, die E-Zigarette sei die gesunde Alternative zum Rauchen. Klar, beim normalen Rauchen sind es 5 300 Verbindungen, viele davon krebserregend und gesundheitsschädlich, bei E-Zigaretten sind es nur 80. Meiner Auffassung nach ist die E-Zigarette aber häufig nur der Einstieg in eine klassische Raucherkarriere und daher maximal dafür geeignet, bisherigen Rauchern eine weniger gesundheitsschädliche Art des Rauchens beizubringen.

An dieser Stelle möchte ich auch die Kleine Anfrage der Kollegin Dagmar Zoschke nicht verschweigen, die sich dieses Themas bereits angenommen hat. Ich habe schon vernommen, dass DIE LINKE unserem Antrag voraussichtlich zustimmen wird. Dem Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE werden wir nicht folgen, weil wir zurzeit keinen Mehrbedarf an Finanzen sehen. Wenn es einen Mehrbedarf geben sollte, dann haben wir bereits gute Erfahrungen mit den Krankenkassen gemacht oder mit anderen Trägern, die im Sinne einer Präventionsarbeit auch finanzielle Unterstützung leisten.

In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU - Siegfried Borgwardt, CDU: Sehr gut!)

Vielen Dank, Herr Abg. Krull. Es gibt keine Anfragen. - Somit hat als nächste Debattenrednerin Frau Zoschke für die Fraktion DIE LINKE das Wort. Sie haben das Wort. Bitte.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen, der Titel Ihres Antrags ist irritierend. Er klingt wie: alles richtig gemacht, Entwicklung durchaus positiv. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Ja, das Nichtraucherschutzgesetz befindet sich im zehnten Jahr nach der Beschlussfassung und, ja, einiges ist erreicht worden. Aber ein Grund zum Aufatmen sieht für uns anders aus.

Ich lasse einmal alle Zahlen, die durch die Einreicherin schon beschrieben und benannt worden sind, weg.

Auch wenn wir in Sachsen-Anhalt von einer grundsätzlichen Akzeptanz, die Wirksamkeit des Nichtraucherschutzgesetzes betreffend, ausgehen können, kann es noch keine Entwarnung geben. Nach wie vor nimmt Sachsen-Anhalt eine Spitzenposition bei der Todesursache Lungenkrebs im Vergleich mit den anderen Bundesländern ein.

Ebenso alarmierend ist die gestiegene Zahl von rauchenden Schwangeren, die sich von 1996 bis 2014 fast verdreifacht hat. Dies deutete sich bereits im Evaluationsbericht vom November 2010 an, der die stetige Zunahme von rauchenden Schwangeren auf erschreckende 17,19 % konstatiert hat. Dabei zieht sich der Trend des Rauchens während der Schwangerschaft über alle sozialen Schichten.

Das Rauchen in der elterlichen Wohnung in den ersten drei Lebensjahren des Kindes hat sich im gleichen Zeitraum auf 11,7 % reduziert. Eine ähn

liche Reduzierung des Rauchverhaltens ist auch zum Zeitpunkt der Schuleingangsuntersuchung festgestellt worden.

Daraus leitet der Bericht - wohlgemerkt: im November 2010 - einige Problempunkte ab, die vor allem auf jugendliche Raucherinnen und Raucher abstellen. Dabei spielen der Sport und Gaststätten eine Rolle, aber auch das Verhalten auf dem Schulgelände. Daher besteht für uns auch die Notwendigkeit, dass sich die Bildungspolitik mit diesem Thema beschäftigt.

Der Bericht verweist auf die Studien des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg, die die gesundheitlichen Beeinträchtigungen für ungeborene Kinder durch das Rauchen der Eltern deutlich beschreiben. Auch der Landeselternrat unseres Landes hat sich erst kürzlich zur führenden Rolle Sachsen-Anhalts in der Statistik junger Raucher an die Ministerin für Soziales und an den Bildungsminister gewandt, um geeignete Maßnahmen einzufordern.

Mit dem Antrag soll nun die Landesstelle für Suchtfragen beauftragt werden, ein Konzept für den Nichtraucherschutz für Kinder und Jugendliche und dabei insbesondere für Mädchen und Frauen unter Einbeziehung zuständiger Akteure zu entwickeln. - Ja, das tragen auch wir mit.

Wir alle wissen allerdings, welche qualitative Aufgabenbreite die Landesstelle für Suchtfragen mit einer einzigen Fachperson bewältigt. Ein Blick auf die Internetseite der Landesstelle gibt darüber durchaus Auskunft.

Darüber hinaus - das wissen wir alle - nimmt Sachsen-Anhalt Spitzenpositionen beim Alkohol- und Tabakmissbrauch ein. Die Entwicklung beim Konsum von Crystal Meth zwingt uns weiterhin, in die Präventions- und Aufklärungsarbeit zu investieren und eben nicht nachzulassen. Auch hierbei ist die Fachstelle zeitlich eingebunden und durchaus aktiv. Hinzu kommt ein weiteres Feld, auf dem sie tätig sein muss: die wachsende Anzahl von Spielsüchtigen.

Zusätzliche Aufgaben ohne Ausgleich durch Landesmittel für den Sachmittel- und Personaleinsatz würden zwangsläufig zulasten der beschriebenen bestehenden Aufgaben führen. Das wiederum können wir uns nicht leisten.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb Punkt 2 unseres Änderungsantrags. Wir sollten schon ehrlich miteinander und auch mit der Fachstelle umgehen und uns zu dieser Position bekennen.

Ich will auch noch auf ein weiteres Problem aufmerksam machen. Für die Überwachung der Regelungen des Nichtraucherschutzgesetzes ist die kommunale Ebene zuständig. Nach der Aus

wertung des Vorgehens der kommunalen Gebietskörperschaften kann von einer sehr heterogenen Verfahrensweise ausgegangen werden. Als Hauptproblem des Vollzugs werden die allgemeine finanzielle und die problematische Personalsituation angesehen. Dies führt dann dazu, dass in Magdeburg im Vorjahr lediglich drei und in Halle 13 Sanktionen ausgesprochen wurden.

Müssen wir als Gesetzgeber hierbei nicht nachbessern, um dem von uns gewollten Gesundheitsziel der Senkung des Anteils von Raucherinnen und Rauchern an der Bevölkerung näherzukommen?

Ich beantrage für die Fraktion DIE LINKE eine Überweisung an den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration, damit wir uns auch dort noch einmal mit der Mitarbeiterin der Fachstelle für Sucht- und Drogenpolitik des Landes beraten können. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Zoschke. Ich sehe keine Anfragen. - Bevor ich zur nächsten Debattenrednerin, Frau Lüddemann, für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN komme - sie kann sich schon einmal langsam auf den Weg machen -,

(Heiterkeit bei den GRÜNEN, bei der CDU, bei der LINKEN und bei der SPD)