Protokoll der Sitzung vom 06.04.2017

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Gesetzgebungsverfahren wird auch noch einmal den Bundesrat erreichen. Wir werden uns dort als Landesregierung im Sinne beider Anträge einbringen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Herr Minister, Abg. Herr Lange hat eine Frage.

Herr Minister, vom Dehoga bis hin zum Verband der Internetwirtschaft sind sich alle einig, dass diese Netzsperren zu großen Komplikationen und Schwierigkeiten führen werden, insbesondere weil es entweder so ist, dass ich mich der Aufforderung nach einer Netzsperre ergeben muss, wenn das verlangt wird, ohne dass ich prüfen kann, ob

das wirklich der Rechteinhaber ist, ob das überhaupt etwas Illegales ist, was da passiert ist, oder ich setze mich der Gefahr einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit den damit verbundenen Kosten aus. Das ist ein Problem, das alle beschrieben haben.

Wie beurteilt es der Wirtschaftsminister, wenn alle Wirtschaftsverbände, bis auf die der Rechteinhaber, also Sony etc., gesagt haben: Das ist für uns unpraktikabel und schwierig?

Herr Abg. Lange, ich stimme Ihnen völlig zu, dass diese Lösung außerordentlich schwierig ist. Aber wir kommen um ein Dilemma nicht herum: Wir haben hierbei kollidierende Rechte und Interessen, eben auch die der Rechteinhaber, die hier verletzt werden, möglicherweise auch rechtswidrig verletzt werden, und die sie nicht völlig schutzlos stellen können.

Ich finde es deshalb sinnvoll, dass wir im Gesetzgebungsverfahren tatsächlich diese Aspekte noch einmal weiter erörtern, möglicherweise auch noch zu einer anderen Regelung kommen als dieser.

Konstatieren wir doch im Moment, dass es jedenfalls schon einmal ein Schritt in die richtige Richtung ist. Abg. Herr Meister sprach gerade von einem Schritt der Abschaffung der Störerhaftung. Wir sind doch auf einem ganz vernünftigen Weg.

Es gibt keine weiteren Fragen. Ich danke Ihnen, Herr Minister, für die Ausführungen. - Wir steigen jetzt in die Debatte ein. Es ist vorgesehen, die Debatte zu den Punkten a) und b) zusammenzufassen. Je Fraktion sind fünf Minuten Redezeit vereinbart worden. - Für die AfD-Fraktion spricht als Erster Abg. Herr Olenicak. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Danke schön. - Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Ist eine Änderung des Telemediengesetzes notwendig? - Wir als AfD-Fraktion sagen: ja. Der Fortschritt in der technischen Entwicklung und Digitalisierung schafft einen Mehrbedarf an einem Ausbau von kostenfreien und barrierefreien und ohne Anmeldung einfach nutzbaren WLAN-Netzen.

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Der Breitbandausbau auf dem Land und außerhalb kommerziell interessanter Stadtbereiche bedarf einer gezielten öffentlichen Förderung, weil hier marktwirtschaftlich kaum Investitionsanreize bestehen. Gemeinnützige WLAN-Bürgernetze stel

len eine kostengünstige und schnell umsetzbare Lösung dar.

Im Vergleich zu anderen Ländern hat Deutschland bereits jetzt einen erheblichen Nachholbedarf an offenen WLAN-Netzen. Dem Ausbau steht die bisherige Haftungs- und Rechtslage des Betreibers eines WLAN-Hotspots entgegen. Danach haftet der Inhaber eines WLAN-Anschlusses für illegale Aktivitäten der Nutzer. Deshalb ist die Störerhaftung der Grund, warum es in Deutschland nach wie vor äußerst wenige öffentliche WLAN-Netze gibt.

Die Betreiber können kaum das Risiko in Kauf nehmen, für die Vergehen anderer abgemahnt zu werden. Die Störerhaftung steht einem flächendeckenden Ausbau der öffentlichen Netze entgegen. Da dieses Problem erkannt wurde, wird an einer Änderung des Telemediengesetzes gearbeitet. Aktuelle Gesetzentwürfe sehen eine Befreiung von der Störerhaftung für WLAN-Betreiber vor.

In der Diskussion unterliegt die Befreiung von der Störerhaftung jedoch noch Einschränkungen. Eine Befreiung soll nur gegeben sein, wenn zumutbare Maßnahmen ergriffen wurden, um Vergehen durch die Nutzer zu verhindern. Gemeint sind hierbei konkret das Einrichten eines Passwortes, durch das das Netz nicht frei wäre, sowie das Einholen einer Rechtstreueerklärung der Nutzer. Die Rechtstreueerklärung wäre durch das Angebot einer Vorschaltseite gegeben.

Eine generelle Verpflichtung der Nutzer, diese Maßnahmen vorzunehmen, sowie die Pflicht der Nutzer, sich vorab registrieren zu lassen, stehen dem Sinn und Zweck von öffentlichen WLAN-Netzen jedoch entgegen. Solche Maßnahmen stellen neue Zugriffshürden für die Netze dar. Dass die genannten Einschränkungen überhaupt geeignet sind, eine unrechtmäßige Nutzung zu verhindern, kann angezweifelt werden.

Eine deutliche Verbesserung und Beschleunigung des Ausbaus der technischen Infrastruktur und der digitalen Teilhabe wäre durch den Ausbau der öffentlichen WLAN-Netzwerke möglich. Auch der Freifunk privater Anbieter kann dabei eine Rolle spielen. Als Voraussetzung für den Ausbau ist jedoch von der gesetzgeberischen Seite die Rechtssicherheit für die Anbieter von öffentlichen Netzwerken zu schaffen, insbesondere muss die Störerhaftung abgeschafft werden.

Zumutbare Maßnahmen, um eine unrechtmäßige Nutzung der freien Netzwerke zu verhindern, stellen weder die Registrierung, die Eingabe von Passwörtern noch das Vorschalten einer Seite für die Rechtstreueerklärung dar. Das Telemediengesetz ist so zu ändern, dass die Haftungs- und Rechtsrisiken für die Betreiber öffentlicher WLANNetze einem Ausbau nicht entgegenstehen. Die

AfD-Fraktion unterstützt die Initiative der KeniaKoalition.

Dass die Fraktion DIE LINKE unter Punkt 2 ihres Antrages die Abschaffung von jeder Art Netzsperren fordert, hat meiner Ansicht nach ein Geschmäckle

(Beifall bei der AfD)

und führt bei uns zur Ablehnung des Antrages. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Es gibt keine Anfragen. Dann danke ich dem Abgeordneten für seine Ausführungen. - Für die SPD-Fraktion spricht jetzt der Abg. Herr Hövelmann. Herr Hövelmann, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Schon in der letzten Landtagssitzung haben wir über freie Netze debattiert. Bereits damals wies mein Kollege Ulrich Thomas zu Recht auf die Notwendigkeit hin, die sogenannte Störerhaftung endlich endgültig abzuschaffen. Folgerichtig haben wir als Koalitionsfraktionen den aktuellen Antrag mit dem Titel „Störerhaftung abschaffen - Rechtssicherheit und Förderung von offenen WLAN-Netzen“ vorgelegt. Kollege Meister hat diesen für die Koalition begründet.

Doch worum geht es bei der Störerhaftung? - Störerhaftung bedeutet mit Blick auf freies WLAN, dass Anbieter von Zugangspunkten als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden können, wenn Rechtsverletzungen durch Nutzer erfolgen, sie selbst also nicht einmal die Verursacher sind.

Mit der letzten Novelle des Telemediengesetzes sollte das Problem der Störerhaftung bereits gelöst werden, allerdings wurde die Begrenzung der Störerhaftung und die Befreiung der WLAN-Betreiber von Abmahnkosten lediglich im Begründungstext des Gesetzes verankert.

Zudem - das ist bereits angesprochen worden - hat der Europäische Gerichtshof im Jahr 2016 festgestellt, dass Verfügungen möglich sind, die WLAN-Betreiber zwingen, technische Maßnahmen gegen Urheberrechtsverletzungen zu ergreifen, zum Beispiel indem sie ihre Netze per Passwort schützen und Nutzer ihre Identität nachweisen müssen.

So blieb aufgrund der aktuell möglichen Rechtsauslegung eine Situation der Rechtsunsicherheit für alle Anbieter von freiem WLAN erhalten, die Ziel von entsprechenden Abmahnungen bzw. Unterlassungsanordnungen werden können.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wer freie Netze anbietet, der kann also schnell draufzahlen, auch wenn er selbst in allerbester Absicht handelt. Will er auf Nummer sicher gehen, schützt er seinen Freifunkzugang mit Maßnahmen, die diesen für ihn und für Bürgerinnen und Bürger oder seine Kundschaft wieder unattraktiv machen.

Für den Ausbau freier Netze in unserem Bundesland ist die Störerhaftung somit ein unnötiges Hindernis, das wir gemeinsam aus dem Weg räumen wollen.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Als Koalitionsfraktionen machen wir uns daher dafür stark, dass sich die Landesregierung auf der Bundesebene für eine erneute Novellierung des Telemediengesetzes einsetzt. Die Störerhaftung auf Unterlassung soll abgeschafft und Anbieter von freiem WLAN sollen vor Abmahnkosten geschützt werden. Auch Zwänge zur Vorabregistrierung, zur Passwortnutzung oder zu Vorschaltseiten sind für uns keine Option.

In diesem Sinne stellt der bereits vorgelegte Gesetzentwurf, den das Bundeskabinett gestern beschlossen hat, eine gute Grundlage dar, diese Ziele auch zu erreichen.

Meine Damen und Herren! Wie relevant freies WLAN auch für gesellschaftliche Teilhabe ist, habe ich bereits in der letzten Landtagsdebatte dargestellt. Die Zahl der mobilen Internetnutzer steigt ebenso wie die Relevanz von Netzzugängen für alle Lebenslagen, nicht zuletzt für die Nutzung von E-Government-Angeboten.

Der Vorteil freier Netze liegt daher insbesondere auch für ausländische Touristinnen und Touristen auf der Hand, die unser Land nicht nur in diesem Jahr aufgrund des Lutherjubiläums besuchen werden.

Aus diesem Grunde bekräftigen wir als Koalition mit unserem Antrag nochmals den Stellenwert, den wir einer Infrastruktur freier Netze für die Digitalisierung unseres Landes zumessen.

Minister Herr Willingmann hat bereits dargelegt, was Parlament und Landesregierung über den Haushalt und die entsprechende Förderrichtlinie auf den Weg gebracht haben, um freies öffentliches WLAN zu fördern.

Für die SPD-Fraktion möchte ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich alle Akteure würdigen, die freie WLAN-Zugänge anbieten, seien sie Teil der Privatwirtschaft, der Kommunen oder ehrenamtlich engagierte Freifunkerinnen und Freifunker.

(Beifall bei der SPD)

Für Letztere freut mich, dass sich der Bundesrat im März mehrheitlich für die Ermöglichung der Gemeinnützigkeit ausgesprochen hat.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Jahr 2015 sagte der damalige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel zutreffend - ich zitiere mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident -: „Deutschland fährt bei der Verbreitung von WLAN-Hotspots im internationalen Vergleich derzeit noch mit angezogener Handbremse.“ Trotz vieler Fortschritte behält diese Feststellung auch zwei Jahre später noch ihre Gültigkeit. Aus diesem Grunde bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Es gibt auch jetzt keine Fragen. Dann danke ich dem Abg. Herrn Hövelmann für die Ausführungen. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht noch einmal Herr Lange. - Herr Lange verzichtet auf einen nochmaligen Redebeitrag.

Jetzt spricht für die CDU der Abg. Herr Thomas. Herr Thomas, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum wiederholten Mal beschäftigen wir uns mit dem Thema Digitalisierung, heute im Bereich der freien WLAN-Netze. Bisher war es immer ein Anliegen des Hohen Hauses, über den Zugang zum Internet zu diskutieren, über eine Anbindung, also über die Hardware. Wir haben festgestellt, dass es auch in unserem Land einen Aufwuchs an freien WLAN-Netzen mithilfe des Freifunkvereins gab.

Wir haben in der letzten Debatte zu Recht festgestellt, dass es eigentlich eine gute Initiative des Freifunkvereins ist, das zu ermöglichen, dass es aber rechtlich gesehen Irrsinn ist, dass wir zusätzliche technische Lösungen brauchen, um deutsches Recht - ich will nicht sagen, um es zu umgehen - zumindest passend zu machen.

Deswegen ist es richtig, dass wir heute nicht so sehr über die technischen Voraussetzungen, die man benötigt, diskutieren; denn diese sind mittlerweile vorhanden, sondern wir diskutieren heute über die rechtlichen Möglichkeiten. Es ist doch den Bürgern und den öffentlichen Institutionen schwer zu erklären, warum man für etwas, das man freiwillig kostenlos der Allgemeinheit zur Verfügung stellt, bestraft werden soll.

Genau das ist die Störerhaftung. Deswegen ist es ein sehr guter Moment, heute darüber zu diskutieren, auch wenn - das kann man durchaus sehr positiv vermerken - in Berlin mittlerweile die Initiativen angelaufen sind. Aber ich weiß noch, wie es