Protokoll der Sitzung vom 07.04.2017

Mit zunehmender Dauer führen die aus der Vogelgrippe resultierenden Beschränkungen zu immer mehr Fragen über die Grundlagen der Einschränkungen. Die durch die Einschränkungen verschlechterten Lebensbedingungen für eine Vielzahl von Tieren kann man also nicht auf Dauer aufrechterhalten. Dringend neu bewertet werden müssen somit die Zusammenhänge zwischen Strukturen der Geflügelindustrie sowie dem Auftreten und der Verbreitung von Seuchen.

Zahlreiche Veterinärmediziner, Geflügelhalter und Sachverständige drängen auf eine Überarbeitung bzw. Neufassung der Geflügelpestverordnung. Grund dafür ist, dass innerhalb einer Wildvogelpopulation eine Infektion für ein kurzzeitiges Krankheitsgeschehen mit einer geringen Rate verendeter Tiere nach sich zieht. Nach Durchlaufen der Infektion ist das Virus in gesunden Wildvögeln nicht mehr nachweisbar.

Insgesamt ist das ein gutes Motiv, um mehr in diese Forschung zu investieren.

Bekannt ist auch, dass vor allem konsequente Biosicherheitsmaßnahmen vor Ort über das Infektionsrisiko im Bestand entscheiden. Deshalb sind wir der Ansicht, dass zum Beispiel Bauvorschriften geprüft werden müssen.

Zudem ist bekannt, dass in Regionen mit hohen Tierdichten und bei sehr großen Tierhaltungen notwendige Bekämpfungsmaßnahmen besonders ethisch und volkswirtschaftlich bedenkliche Folgen haben. Deshalb müssen solche Risikostrukturen identifiziert und korrigiert werden.

Wir fordern übrigens schon länger, dass Tierdichten in den Regionen und Bestandsgrößen am Standort gedeckelt werden. Nutztierbestände müssen sich an der Versorgungssicherheit und den regionalen Stoffkreisläufen orientieren,

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Dorothea Frederking, GRÜNE)

das heißt, eine Orientierung an den verfügbaren Flächen für die Futterversorgung und an der regionalen Verwendung von Gülle oder Mist zur Düngung.

Uns geht es also darum, die bereits gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen über Einschleppungsursachen, Verbreitungsrisiken, Haltungsbedingungen, Erfahrungen aus den Nachbarländern, in denen zum Beispiel keine Stallpflicht für Kleinbetriebe galt, aktuell zu analysieren und eigene Expertise sowie Handlungsspielräume besser zu nutzen.

Es geht aber auch darum, Handlungs- und Ermessensspielräume, die übrigens die Geflügelpestverordnung bereits zulässt, für artgerechte Haltungsbedingungen und im Interesse der betroffenen Geflügelhalter auszuschöpfen und speziell risikoorientierte Entscheidungen zu treffen. Angemessene, aber auch konsequent durchgesetzte Entscheidungen der Behörden sind nun mal Grundlage des Vertrauens in ihr Handeln.

Es kommt also auch künftig darauf an, angemessen staatlich zu reagieren, um unnötiges Tierleid zu verhindern und Schäden von Tierhaltern und den Menschen abzuwenden.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir sind aber auch der Meinung, dass es notwendig ist, im Laufe des Jahres alle Beteiligten an

einen Tisch zu holen, um sich auf eine im Spätherbst zu erwartende Wiederkehr der Geflügelpest gut vorzubereiten. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Höppner, für die Einbringung. Ich sehe keine Anfragen. - Bevor wir in die Fünfminutendebatte der Fraktionen einsteigen, übergebe ich das Wort an Frau Prof. Dr. Dalbert. Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das aktuelle Seuchengeschehen ist das gravierendste seit Jahrzehnten, wenn nicht gar seit Bestehen der Bundesrepublik. In Sachsen-Anhalt wurde mit Stand vom 6. April 2017 in vier Fällen bei gehaltenen Vögeln in einem Tierpark und bei 40 Wildvögeln Geflügelpest festgestellt. Die erforderliche Anordnung der Aufstallung erfolgte zunächst risikoorientiert und nach Auftreten von Geflügelpestfällen außerhalb dieses Risikogebiets dann landesweit.

So wie wir in die Aufstallungspflicht reingegangen sind, sind wir aus der Aufstallungspflicht auch wieder rausgegangen. Wir haben uns immer sehr genau die Zahlen angesehen und waren auch immer in Kontakt mit unseren Nachbarländern.

Wir haben am 14. März 2017 gesagt, dass wir das Aufstallungsgebot im Landkreis Harz und im Salzlandkreis außerhalb der Risikogebiete aufheben können, und wir haben am 20. März 2017 per Erlass insgesamt eine Lockerung des Aufstallungsgebotes angeordnet, sodass die Landkreise hierüber außerhalb der Risikogebiete entscheiden konnten.

Am 5. April 2017 haben wir, wie Sie wissen, die Stallpflicht insgesamt aufgehoben - immer nach der Maßgabe, dass in den letzten 14 Tagen keine weiteren Fälle aufgetreten waren. Davon ausgenommen sind natürlich die Restriktionszonen um die Fälle, die aufgetreten waren. Insofern sind wir immer risikoorientiert vorgegangen.

Zu Ihren Zweifeln an den Risikobeurteilungen des Friedrich-Loeffler-Instituts möchte ich Folgendes anmerken: Aus der Sicht des Bundesministeriums und auch aus der Sicht der Länderministerien gibt es keine Veranlassung, an der Expertise des Friedrich-Loeffler-Instituts zu zweifeln. Es handelt sich um ein weltweit anerkanntes Forschungsinstitut,

(Zustimmung von Bernhard Daldrup, CDU)

an welchem unter anderem auch das nationale Referenzlabor für aviäre Influenza angesiedelt ist. Es genießt in der gesamten Wissenschaftswelt hohes Ansehen.

Ich möchte ebenfalls darauf hinweisen, dass das Labor als Referenzlabor der Weltorganisation für Tiergesundheit sowie der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen auch außereuropäische Länder berät und diagnostische Hilfestellung zur Verfügung stellt.

In vielen Fällen hat das Friedrich-Loeffler-Institut im Rahmen seines gesetzlichen Auftrages in Abstimmung mit den zuständigen Behörden vor Ort auch wiederholt in Sachsen-Anhalt intensiv an den epidemiologischen Ermittlungen im Hinblick auf die jeweils betroffenen Bestände mitgewirkt und dabei sämtliche potenziell epidemiologisch relevanten Aspekte zu möglichen Eintragswegen für den Erreger inklusive der Handelsverbindungen und anderer Kriterien sorgfältig beleuchtet.

Auch in seiner Risikobewertung betrachtet das Friedrich-Loeffler-Institut regelmäßig alle denkbaren Eintragswege. Neben der Verbreitung über Wildvögel sind dies unter anderem die legale und die illegale Einführung von Geflügel und Geflügelprodukten sowie Personen- und Fahrzeugverkehr.

Ziel der behördlichen Maßnahmen war es, den Eintrag des Geflügelpesterregers in Geflügelhaltungen zu unterbinden, damit diese Tiere nicht an der Seuche verenden bzw. aufgrund der Seuche getötet werden müssen. Gerade durch das landesweite Aufstallungsgebot wurden wahrscheinlich mehrere Seuchenausbrüche und damit der Tod einer Vielzahl von Tieren vermieden.

Die Pathogenität eines Erregers wird unter anderem durch die Bestimmung des Subtyps eingeschätzt. Als Auslöser der Geflügelpest wird ein hoch pathogenes Influenza-A-Virus der Subtypen H5 oder H7 bezeichnet, das durch Antigen- und Genomnachweise oder durch eine virologische Untersuchung nachgewiesen worden ist. Die Bestimmung des Subtyps oder die Feststellung der Pathogenität erfolgt im nationalen Referenzlabor, im Friedrich-Loeffler-Institut, bei jeder Untersuchung.

Die von Ihnen angesprochenen geschlossenen Großanlagen können nicht keimfrei betrieben werden. Der Erregereintrag kann zum Beispiel über Einstreumaterial erfolgen. Die durchgeführten epidemiologischen Untersuchungen lassen einen Erregereintrag über kontaminiertes Stroh sehr wahrscheinlich erscheinen. In Einzelfällen wurden auch Einträge über Personen als potenzielle Gefahr vermutet.

Dass in einer Großanlage gehaltene Vögel eine verminderte allgemeine Abwehrlage vorweisen, ist nicht bewiesen, auch wenn zweifelsohne der Erregerdruck in einer Großanlage aufgrund der Vielzahl der Individuen höher ist. Um wiederum den Erregeraustrag in Wildvögelpopulationen zu verhindern, werden seuchenhygienisch erforderliche Maßnahmen wie die Behandlung des kontaminierten Dungs angewandt.

Grundsätzlich geht es um die Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen und die Verhinderung des direkten Kontaktes, wie es durch das Gebot zur Aufstallung sichergestellt wurde. Es dürfen keine gemeinsamen Fress- oder Tränkstellen akzeptiert werden, um die Erregerübertragung zu verhindern.

Das aviäre Influenzavirus wird in großen Mengen im infizierten Vogel gebildet und mittels Kot sowie Sekreten wie Schleim aus Lidbindehäuten, Nase und Rachen ausgeschieden. Erreicht dieses neu gebildete Virus innerhalb kurzer Zeit und unter günstigen Bedingungen ein empfängliches Tier, so erfolgt über den Atem und den Verdauungstrakt eine Infektion mit nachfolgender Erkrankung. Ist kein empfängliches Tier erreichbar, so geht das Virus innerhalb einer gewissen Zeitspanne zugrunde. Das heißt, es verliert seine Ansteckungsgefahr und Vermehrungsfähigkeit.

Derzeit läuft die Auswertung dieses Seuchenzuges, um Erkenntnisse für die folgenden Jahre zu gewinnen. Dazu schlage ich vor, dass ich dem Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im zweiten Quartal einen Bericht vorlege. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Dalbert. Ich sehe keine Nachfragen.

(Doreen Hildebrandt, DIE LINKE: Doch!)

- Wo denn?

Bei Herrn Höppner.

Danke. - Herr Höppner, bitte.

Frau Ministerin, wie sehen Sie die Frage der Prävention? - Es besteht zum Beispiel die Möglichkeit, Tiere zu impfen. Es gibt Impfmittel, die immer besser werden. Gerade in Tierparks wäre das eine Möglichkeit. Gibt es so etwas schon oder hat man darüber nachgedacht?

Dazu kann ich Ihnen keine detaillierte Auskunft geben. Aber das werde ich gern in meinen Bericht im zweiten Quartal aufnehmen, weil wir uns, glaube ich, dieses Seuchengeschehen insgesamt sehr genau ansehen müssen, um daraus Lehren für die Zukunft zu ziehen. In vielen Punkten liegen wir

gar nicht so weit auseinander. Nur, wir müssen uns das jetzt erst einmal ansehen und auswerten.

Das haben wir auch auf der letzten AMK besprochen. Wir haben dort den Beschluss gefasst, das Friedrich-Loeffler-Institut zu bitten, weiterhin die zuständigen Behörden bei der Untersuchung aller möglichen Übertragungswege zu unterstützen, die Handelsströme zu analysieren usw. Denn wir als Agrarminister haben gesagt, das brauchen wir auch als Grundlage zum Beispiel für die Überarbeitung der Geflügelpestverordnung. Auch diesbezüglich liegen wir gar nicht so weit auseinander, indem wir sagen, wir müssen uns das ansehen.

Es gibt natürlich auch in der Wissenschaft neue Erkenntnisse. Wir müssen schauen, wie wir uns in der Zukunft aufstellen. Also, insofern berühren wir uns, glaube ich, ein Stück.

Die Impffrage nehme ich gern auf. Dabei geht es auch um die Frage: Ist das überhaupt in bestimmten Größenordnungen machbar usw.?

Vielen Dank, Frau Ministerin. Jetzt sehe ich aber wirklich keine Wortmeldung mehr.

Schade.

Wir steigen somit in die Fünfminutendebatte der Fraktionen ein. Herr Krause kommt schon nach vor. Ich habe ihn zwar noch nicht aufgerufen, aber er will das abkürzen. Er spricht für die CDU-Fraktion. Herr Krause, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Danke schön, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren! Wir leben in einer globalisierten Welt. Diese Welt wird kleiner, nicht räumlich, aber wirtschaftlich. Riesige Distanzen werden mit dem Flugzeug oder mit dem Schiff zurückgelegt. Inzwischen gibt es zwischen den Kontinenten Warenströme und den Austausch von Gütern. Diese beinhalten natürlich auch landwirtschaftliche Produkte.

Dass wir einer globalisierten Welt leben, merken wir inzwischen nicht mehr nur daran, dass wir relativ frei durch die Welt reisen können. Wir merken es in unserem Umfeld, weil wir plötzlich mitten in Deutschland auf Tiere und Pflanzen stoßen, die hier nie heimisch waren bzw. die es ohne diesen Güteraustausch nie auf den europäischen Kontinent geschafft hätten.

An dieser Stelle beginnen die Probleme. Viele fremde Pflanzen und auch Tiere verhalten sich