Protokoll der Sitzung vom 21.06.2017

(Beifall bei der AfD)

Es gibt eine Nachfrage des Abg. Herrn Striegel. - Bitte, Herr Striegel.

Herr Poggenburg, Sie haben hier ein hohes Lied auf die Meinungsfreiheit gesungen. Wie bringen Sie das in Übereinstimmung mit den Äußerungen, die in dem veröffentlichten Chat-Verlauf des AfDLandesverbandes offenbar geworden sind? Ich möchte zitieren:

„Mit der Machtübernahme muss ein Gremium alle Journalisten und Redakteure überprüfen und sieben.“

Oder: Ein anderer Journalist wird angesprochen in diesem Chat. Dem müsse man - Zitat - mal den Schlips enger ziehen.

(Lachen bei der AfD - Mario Lehmann, AfD: Quelle Wikimedia!)

Wie bringen Sie diese Äußerungen übereinander?

Herr Poggenburg, bitte.

Mit dem „Schlips enger ziehen“ ist sicherlich jemand persönlich gemeint. Ich weiß aber nicht, wer irgendwelche persönlichen Befindlichkeiten gegen irgendjemand anderen hat. Deswegen kann ich hier nicht über die Aussagen anderer Personen

urteilen. Ganz klar ist natürlich, dass ich mich persönlich als Landes- und Fraktionsvorsitzender immer für viel Transparenz ausgesprochen habe,

(Lachen bei der LINKEN - Birke Bull- Bischoff, DIE LINKE: Das hätten Sie sich sparen können!)

für eine Zusammenarbeit mit der Presse, die immer Teil unserer großen öffentlichen Veranstaltungen war. Wir sind auch die einzigen hier - schön, dass Sie mich daran erinnern, Herr Striegel -, die auch für die Öffentlichkeit der Ausschüsse plädieren. Das hat bisher niemand fertigbekommen.

(Lebhafter Beifall bei der AfD)

Ich hoffe, Ihre Frage ist insoweit beantwortet, Herr Striegel.

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

- Kann ich mir gut vorstellen. Macht nichts.

Vielen Dank, Herr Poggenburg. Es gibt keine weiteren Anfragen.

(Eva Feußner, CDU: Doch!)

- Wo gibt es noch eine Anfrage? - Nein, es gibt keine weitere Anfrage.

Bevor für die Landesregierung der Minister Stahlknecht in Vertretung für Ministerin Keding sprechen wird, habe ich die ehrenvolle Aufgabe, Damen und Herren des AMEOS Institutes Ost aus Aschersleben recht herzlich bei uns im Haus begrüßen zu dürfen. Seien Sie willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Nun hat der Minister Stahlknecht das Wort. Bitte, Herr Minister.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages hat sich vorgestern in einer öffentlichen Sachverständigenanhörung ausführlich mit dem hier gegenständlichen Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken befasst.

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat das Thema Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken und Hasskriminalität als Berichtspunkt für die diesjährige Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und -minister, die momentan stattfindet - deshalb darf ich Frau Keding vertreten -, angemeldet.

Die Bundestagsverwaltung hat sich in zwei aktuellen Ausarbeitungen eingehend mit europa- und verfassungsrechtlichen Fragen auseinanderge

setzt, die der erörterte Entwurf eines Netzwerkdurchsetzungsgesetzes aufwirft. Kurz gesagt: Es handelt sich um einen Gesetzentwurf, der aktuell intensiv erörtert wird. Nach derzeitigem Stand lässt sich nicht bestimmen, ob, wann und mit welchem konkreten Inhalt ein Netzwerkdurchsetzungsgesetz verabschiedet wird.

Eine Überprüfung dieses Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz durch das Bundesverfassungsgericht im Wege der abstrakten Normenkontrolle scheidet schon deshalb aus, weil es ein Netzwerkdurchsetzungsgesetz noch nicht gibt. Ein auf eine solche Überprüfung gerichteter Antrag der Landesregierung wäre nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Herr Poggenburg, unzulässig.

(Siegfried Borgwardt, CDU: So ist es!)

Formal gesehen gibt es zu dem Antrag nicht mehr zu sagen. Da der Gesetzentwurf Gegenstand einer lebhaften und kontroversen Diskussion ist - das ist gut so in einer Demokratie -, soll hier aber kurz auf dessen Zielsetzung eingegangen werden.

Das mit diesem Gesetzentwurf verfolgte Ziel, Hasskriminalität in sozialen Netzwerken entgegenzuwirken, ist richtig und ausdrücklich zu begrüßen. Das Internet, Herr Poggenburg, ist kein rechtsfreier Raum.

(Zustimmung bei der SPD und von Sebas- tian Striegel, GRÜNE)

Soziale Netzwerke sind es damit ebenso wenig.

(André Poggenburg, AfD: Hat niemand be- hauptet!)

In einem Rechtsstaat muss es daher immer effektive Mechanismen geben, mit denen Hetze im Netz, die den objektiven Tatbestand einer Strafvorschrift erfüllt, entgegengewirkt werden kann.

(Zustimmung bei der SPD - André Poggen- burg, AfD: Die gibt es aber schon!)

Im Übrigen: Ihre Sorge, dass diejenigen, die das anzuwenden haben, einen Sachverhalt nicht vernünftig subsumieren, um festzulegen, ist es eine Straftat oder ist es keine, diese Sorge habe ich überhaupt nicht.

(Zustimmung bei der SPD - André Poggen- burg, AfD: Das mag ja sein! Wir schon!)

Insofern ist es richtig und wichtig, dass wir Hasskriminalität in den sozialen Netzwerken eindämmen, dass wir sie auch unter Strafe stellen und dass wir ein Stück weit auch dort wieder zu dem zurückkehren, was uns auszeichnet, nämlich unsere Kultur. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und von Sebas- tian Striegel, GRÜNE - André Poggenburg, AfD: Zur Kultur gehört auch Meinungsfrei- heit!)

Vielen Dank, Herr Minister. Ich sehe keine Anfragen. - Somit steigen wir in die Debatte mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion ein. Der erste Debattenredner wird Herr Abg. Hövelmann für die SPD-Fraktion sein. Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon bedenklich, wer sich als Hüter der Meinungsfreiheit in diesem Parlament geriert.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei den GRÜNEN - Oliver Kirchner, AfD: Das sehen wir auch so!)

Es ist ein einmaliger Vorgang in der bundesdeutschen Parlamentsgeschichte, dass ein Parlament eine Normenkontrollklage beschließen soll gegen ein Gesetz, das es gar nicht gibt.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei den GRÜNEN - André Poggenburg, AfD: Hä? Wo steht denn das!)

- In Ihrem Antrag.

(André Poggenburg, AfD: Steht da nicht drin! - Robert Farle, AfD: Steht da nicht!)

Sie können einmal deutlich sagen, an welcher Stelle in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland so etwas schon einmal passiert ist. Insofern könnte ich es mir einfach machen und mich wieder hinsetzen, aber es ist ein zu wichtiges Thema, das hier angesprochen wird, weil es um die Frage geht: Wie gehen wir, wie geht Gesellschaft, wie geht Politik mit der Verrohung der Sprache, mit offensichtlichen Falschmeldungen, mit Propaganda, mit Hassreden und vor allen Dingen mit strafrechtlich relevanten Äußerungen im Internet um?

Was mich persönlich umtreibt, ist die große Befürchtung, dass es bei Drohungen und dem Ausleben von Hassfantasien im Netz nicht bleiben wird.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Irgendwann werden diese Fantasien von einigen in die Tat umgesetzt. Irgendwann, das wird nicht in weiter Zukunft sein; denn die hohe Zahl der Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte ist ausreichend Beleg dafür.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für uns Sozialdemokraten ist deshalb eines ganz klar: Wer im Dunkeln der Anonymität oder auch unverhohlen unter dem eigenen Namen Straftaten begeht, weil er volksverhetzende Beiträge in sozialen Netzwerken veröffentlicht, zu Gewalt gegen Flüchtlinge aufruft und droht, ihre Unterkünfte in