Protokoll der Sitzung vom 25.08.2017

Zweite Frage. Das Zitat von Katrin Göring-Eckardt. Ich kenne es im Kontext; den haben Sie jetzt hier nicht vorgetragen, ich verzichte aber darauf. Ich will Ihnen aber sagen: Mein Ziel ist, dass die Menschen, die hier zunächst in die Sozialsysteme einwandern - das passiert; denn Sie haben eben

nicht vom ersten Tag an einen Job; sie haben nicht vom ersten Tag an einen anerkannten Schulabschluss, weil das Zeit braucht -, möglichst zeitig die Chance haben, einen Job zu bekommen, dass sie die Chance haben, eine Ausbildung zu machen, und dass sie damit ganz normal, wie jeder andere auch, Teil dieser Gesellschaft und eben nicht von staatlichen Transferleistungen abhängig sind, sondern für ihren Lebensunterhalt selbst arbeiten können.

Aber ich mache ganz eindeutig nicht ihre Würde davon abhängig, ob jemand gerade staatliche Transferleistungen bezieht oder nicht. Ich denke, das ist heute auch sehr deutlich geworden, als Minister Stahlknecht hier geredet hat. Die Würde des Menschen ist unantastbar, auch die des Sozialhilfeempfängers oder desjenigen, der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezieht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Striegel, Herr Abg. Rausch hat noch eine Nachfrage. Gestatten Sie diese? - Herr Rausch, Sie haben das Wort.

Herr Striegel, es ist schon echt erstaunlich, wie Sie Ihre irren Positionen so verteidigen. Aber ich sehe es Ihnen nach, Sie sind ein GRÜNER.

Es wurde ja gesagt, es sind Fachkräfte, die dazu kommen, und Sie wollen sie in Arbeit bringen. Wie sehen Sie das denn bei den großen Dax-Konzernen, bei denen die ganzen Flüchtlinge angefangen haben? Wissen Sie denn, wie viele von den Hundert Flüchtlingen, Einwanderern oder wie man sie auch nennen mag, die zum Beispiel bei der Firma Papenburg angefangen haben, für die Sie bei einem Marathon Sponsoring gelaufen sind, die Ausbildung auch wirklich abgeschlossen haben? Wissen Sie das?

(Unruhe)

Herr Kollege, mein Umgang mit Dax-Konzernen ist relativ gering. Ich habe einen in meinem Betreuungswahlkreis, im Burgenlandkreis. Das ist die Deutsche Bank. Die hat dort irgendwie eine Filiale, die der Landesregierung aufgrund ihrer Steuerzahlungen die einen oder anderen Kopfschmerzen macht. Ansonsten habe ich mit DaxKonzernen eher wenig zu tun.

Ich habe aber viel mit mittelständischen Unternehmen in meinen Betreuungswahlkreisen, in Anhalt-Bitterfeld, im Burgenlandkreis und im Saalekreis, zu tun. Sie erzählen mir jeden Tag, wenn

ich mit Ihnen spreche, etwas davon, wie schwierig es ist, Fachkräfte zu gewinnen.

(Zuruf von der AfD)

Sie schreiben zum Teil, beispielsweise eine Elektrofirma in Kabelsketal, inzwischen Bewerbungsangebote oder Jobangebote sogar in Arabisch, Englisch oder in anderen Sprachen aus. Sie haben ein großes Interesse daran, junge Menschen einzustellen. Sie tun es.

Sie können sich das anschauen. Ich habe den Namen Götz Ulrich vorhin schon erwähnt. Gehen Sie einmal in den Burgenlandkreis und schauen sich an, wer da alles in den letzten Monaten und vor allen in den letzten Wochen in Ausbildung gekommen ist. Inzwischen haben wir es ja erreicht, dass die Sprachkurse zu einem deutlichen Teil geschafft sind. Die Leute, die beispielsweise im Jahr 2015 in die Bundesrepublik gekommen sind, haben ein vernünftiges Sprachniveau erreicht. Genau die beginnen jetzt mit der Integration in den Arbeitsmarkt.

Während Sie sie mit Ihrer Partei den ganzen Tag beschimpfen, sorgen wir uns mit den zivilgesellschaftlichen Initiativen, mit den Unternehmen darum, dass eine vernünftige Integration stattfindet. Wir wollen, dass das zum Erfolg wird. Darum kämpfe ich. Dafür setze ich meine Energie ein, auch wenn ich mich bisweilen von Ihnen hier ablenken lassen muss und solche Debatten führen muss.

Sehen Sie, Herr Striegel, bis auf Worte haben Sie die Frage gar nicht beantwortet.

(Unruhe)

Nicht mal 10 % haben es geschafft.

(Unruhe)

Herr Rausch, ich habe keine Nachfrage zugelassen. - Ich bitte darum, dass Herr Dr. Tillschneider jetzt seine Frage stellt.

Herr Striegel, wir waren uns doch vorhin alle einig, dass wir in Afrika die Korruption bekämpfen müssen. Die Korruption ist die Geißel der afrikanischen Staaten. Wir müssen dagegen vorgehen. Die Korruption hat sich in Libyen bisher so gezeigt, dass die libyschen Behörden von den Schlepperbanden bestochen waren und dass deshalb die libysche Küstenwache gegen den Menschenschmuggel nicht vorgegangen ist. Jetzt setzt dort ein Umdenken ein. Jetzt bekämpft die

libysche Küstenwache endlich den Menschenschmuggel. Sie finden es jetzt auch nicht recht.

Jetzt erklären Sie mir einmal: Sind Sie für oder gegen Korruption? Oder sind Sie vielleicht immer nur dann für Korruption, wenn es Ihnen passt und Ihre eigenen Netzwerke betrifft?

(Beifall bei der AfD)

Herr Tillschneider, die Geißel des afrikanischen Kontinents ist der Kolonialismus und nicht die Korruption.

(Widerspruch bei der AfD)

Die Korruption ist eine Folge dieses Kolonialismus in unserer Selbstbedienungsmentalität als Europäer in Afrika.

Die zweite Bemerkung dazu: Ja, ich bin dafür, die Korruption hier, in Afrika und an jeder anderen Stelle weltweit zu bekämpfen.

Aber wenn Korruptionsbekämpfung nicht dazu führt, das rechtstaatliche Strukturen entstehen, sondern dazu führt, dass Warlords, Milizen und andere nicht rechtsstaatlich agieren und Menschen in ihrer Menschenwürde verletzen, weil sie sie in der Wüste verhungern und verdursten lassen, weil sie sie in Libyen in Knäste unter der Erde, in Verliese stecken oder weil sie sie beschießen, während sie mit einem Schlauchboot versuchen, den Gang über das Meer anzutreten, dann sage ich: Das ist nichts, was ich unterstützen kann. Ich finde es fatal, wenn die Europäische Union solche Strukturen mit finanziert.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Ich sehe keine weiteren Fragestellungen. Ich danke dem Abg. Striegel für die Ausführungen. - Wir fahren in der Debatte fort. Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Schulenburg. Herr Schulenburg, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! In der Begründung zu dem Antrag für die Aktuelle Debatte schildert die antragstellende Fraktion die Flüchtlingssituation in Italien. Ich möchte die Lage nicht beschönigen. Die AfD verschweigt jedoch die Tatsache, dass die Zahl ankommender Flüchtlinge an der Küste Italiens zuletzt deutlich zurückgegangen ist, wie die Grenzschutzagentur Frontex in einem Artikel vom 14. August 2017 berichtete. Demnach sei die Zahl der Neuankömmlinge von Juni bis Juli 2017 um 57 % gesunken. Der Juli-Wert sei so niedrig wie seit 2014 nicht mehr.

Über die Gründe können wir spekulieren. Zum einen könnten die Schmuggler durch die starke Präsenz der Grenzschutzagentur abgeschreckt sein. Wir, die CDU-Fraktion, lehnen natürlich eine aktive Zusammenarbeit zwischen den NGO und kriminellen Schleppern ab. Wenn Flüchtlinge auf dem offenen Meer einfach nur noch in Absprache übergeben werden müssen, dann eröffnet man einen neuen kriminellen Markt, der in jeder Hinsicht bekämpft werden muss.

(Zustimmung bei der CDU)

Der Vorwurf der Untätigkeit in der Flüchtlingsfrage ist reines Wahlkampfgetöse Ihrerseits. Tatsächlich haben wir die Herausforderungen angenommen und die Weichen dafür gestellt, dass sich die Situation, wie wir sie vom Sommer 2015 bis Frühjahr 2016, dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise, zu verzeichnen hatten, nicht wiederholt.

Die Maßnahmen reichen dabei von drei umfassenden Asylgesetzespaketen über die Optimierung von Verfahrensabläufen bei der Aufnahme der Flüchtlinge bis hin zum gerechten finanziellen Lastenausgleich zwischen Bund und Land.

Um die Flüchtlingsströme langfristig in den Griff zu bekommen, müssen wir vor allem auf europäischer Ebene eng mit den Herkunftsländern zusammenarbeiten und die Rückkehrpolitik intensivieren.

Das Rückkehrmanagement des Landes läuft auf Hochtouren. Probleme wie das Ausstellen von Ersatzpässen können nur langfristig und mit Unterstützung des Bundes gelöst werden. Wir arbeiten in dem neuen gemeinsamen Zentrum zur Unterstützung der Rückkehrer in Berlin eng mit den Sicherheitsbehörden und dem BAMF zusammen. Zudem befasst sich das neue Zentrum in Zusammenarbeit mit dem Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum, GTAZ, mit der verstärkten Einzelrückführung von Gefährdern und Intensivtätern.

In Bezug auf die Umsetzung einer konsequenten Rückkehrpolitik ist es umso erfreulicher, auch die Rechtsprechung auf unserer Seite zu wissen. Erst am Dienstag hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Abschiebung von zwei islamistischen Gefährdern durch das niedersächsische Innenministerium rechtmäßig war.

Wir begrüßen natürlich die Überlegung unserer Landesregierung, einen eigenen Abschiebevollzug einzurichten. Es war die Entscheidung der CDU, es war die Entscheidung des Innenministers, diese Abschiebehaft einzurichten. Sie versuchen hier wieder, auf dieses Pferd aufzuspringen, haben aber den Absprung erneut verpasst.

Abschiebehaft kann natürlich unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen

der geltenden Rechtslage ein wirksames Mittel für eine konsequente Rückführungspolitik sein.

Wir wollen nicht mehr bei den anderen Bundesländern um Haftplätze betteln müssen, und wir wollen unsere Polizei dahingehend entlasten, dass sie nicht ständig an Türen klingeln müssen und am Ende niemanden antreffen; denn das frisst personelle und finanzielle Ressourcen.

Der Vorschlag der AfD-Fraktion zur Einrichtung einer Abschiebehaft auf dem Areal in MagdeburgCochstedt lässt vermuten, dass Sie in der Fraktion entweder ein Informationsdefizit haben oder in der letzten Sitzung des Innenausschusses, in der wir über die genauen Örtlichkeiten gesprochen haben, nicht aufgepasst haben.

Der Begründungstext in dem Antrag weist auf die relativ geringe Zahl erfolgreicher Abschiebungen hin, verkennt aber, dass dies zwangsläufig nicht immer dem Verhalten der Ausreisepflichtigen geschuldet ist. Vielmehr ist es so, dass einer erfolgreichen Rückführung häufig auch die Herkunftsländer im Wege stehen, da sie die Rückübernahme der Geflüchteten verweigern.

Ich gehe jetzt noch kurz auf den zweiten Teil Ihres Antrages ein. Darin beziehen Sie sich auf den Freistaat Bayern und auf das erlassene Gesetz zur effektiven Überwachung gefährlicher Personen.

Dieses Gesetz beinhaltet Änderungen im Polizeiaufgabengesetz. Auch in diesem Fall lässt der Antrag entweder die Unkenntnis der Rechtslage oder eine bewusste Provokation zugunsten des AfD-typischen Populismus offenkundig werden.

Zum einen ist festzustellen, dass der Präventivgewahrsam nicht, wie es in dem Antrag geschrieben steht, in Artikel 11, sondern in Artikel 17 PAG als Eingriffsbefugnis geregelt ist. Aber auch dieser Präventivgewahrsam stellt, wie in Sachsen-Anhalt übrigens auch, eine absolute Ultima Ratio dar. Selbstverständlich steht dieser unter dem Richtervorbehalt.

Zum anderen werden aber auch, bevor solche Maßnahmen ergriffen werden, nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit mildere Mittel vorangehen müssen, beispielsweise entsprechende polizeiliche Maßnahmen wie Gefährderansprachen, Meldeauflagen, längerfristige Observationen oder aber auch eine offene Begleitung des Gefährders.

Die Formulierung in dem Antrag, die Möglichkeit des zeitlich unbegrenzten Präventivgewahrsams für Gefährder zu schaffen, ist unsauber und suggeriert, man könne Gefährder dauerhaft wegsperren.

Im bayerischen Polizeiaufgabengesetz gab es bislang eine gesetzlich absolute Befristung auf 14 Tage. Diese wurde lediglich verlängert. Von ei