Protokoll der Sitzung vom 27.09.2017

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe keine Reaktionen von Frau von Angern. Deswegen hat Herr Poggenburg jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau von Angern, ich hätte eigentlich gern eine Frage an Sie gerichtet. Aber da Sie Platz genommen haben, gehe ich davon aus, dass ich jetzt nur ein Statement abgeben kann.

Es geht mir um Folgendes: Sie haben das Grundsatzprogramm der AfD angesprochen und haben auf dunkle Zeiten hingewiesen. Sicherlich meinen Sie alte stalinistische und kommunistische Zeiten, denen Sie ja sehr verbunden sind, die Sie hier gern wieder haben möchten. Ich kann Ihnen versichern: Da wollen wir mit diesem Programm nicht hin.

Aber jetzt etwas anderes, und das ist meine Frauge. Das vorher Gesagte war nur eine Feststellung. Warum kritisieren Sie denn so stark Grenzbefestigungen, außer an der Außengrenze von Europa oder gegebenenfalls auch in Europa? Warum wollen Sie das nicht, sondern wollen lieber Grenzbefestigungen um Volksfeste im Land? Das würde ich gerne von Ihnen erklärt haben. Ich weiß, Sie antworten mir jetzt nicht. Aber es ist doch unlogisch, zu sagen: Ja, wir werden jedes Volksfest mit Grenzschutz absichern, weil wir nicht in der Lage und willens sind, endlich die

Grenzen zu sichern, die es zu schützen lohnt, Frau von Angern. - Danke.

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe auch hier nicht den Wunsch zu reagieren.

Ich habe signalisiert bekommen, dass sowohl die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als auch die CDU auf eine Rede verzichten. Damit sind wir am Ende der Debatte angekommen, können den Tagesordnungspunkt schließen

(Zuruf von Ulrich Siegmund, AfD - Unruhe)

und gehen weiter zu

Tagesordnungspunkt 7

Beratung

Die Polizei in Sachsen-Anhalt - Für die nächsten Jahre ihren Aufgaben gewachsen?

Große Anfrage Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/1350

Antwort der Landesregierung - Drs. 7/1628

Für die Aussprache zur Großen Anfrage wurde die Debattenstruktur D, also eine 45-Minuten-Debatte, vereinbart. Die Reihenfolge der Fraktionen und deren Redezeit sind wie folgt: SPD vier, AfD zehn, GRÜNE zwei, CDU zwölf und die LINKE sechs Minuten.

Gemäß § 43 Abs. 6 der Geschäftsordnung erteile ich zuerst der Fraktion DIE LINKE das Wort. Das hat in dem Fall die Abg. Frau Quade. Bitte sehr, Frau Quade, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. Herr Präsident! - Meine Damen und Herren! Ist die Polizei in den nächsten Jahren ihren Aufgaben gewachsen und gut aufgestellt? Das war in der Tat die Leitfrage, die hinter der Großen Anfrage zur Situation der Polizei in Sachsen-Anhalt steht und die wir mit den nun vorliegenden Antworten der Landesregierung beleuchten können.

Um es vorwegzunehmen: So viele Überraschungen und neue Erkenntnisse gibt es nicht. Genau das ist Ausdruck des Problems, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Und wie es immer so ist mit Großen Anfragen: Die Qualität der Antworten variiert. Es gibt sehr detailreiches statistisches Material, wofür ich denjenigen, die es erarbeitet haben, ausdrücklich danken will. Es gibt Antworten, die eher oberflächlich ausfallen, und es gibt Nichtantworten.

Nichtantworten gibt es vor allem auf Fragen zum zentralen Projekt der Landesregierung im Bereich der Polizei, nämlich zur Organisationsfortentwicklung bzw. zur Fortsetzung der Polizeistrukturreform, die die Landesregierung nun in die Hände der Projektgruppe Polizeistruktur 2020 gelegt hat.

Natürlich haben wir nach den erwarteten Ergebnissen und den Plänen der Landesregierung gefragt. Entsprechende Antworten soll es Ende 2017 geben. Liebe Landesregierung, wir haben Ende 2017 festgeschrieben. Jetzt ist schon Ende September 2017. Wir sind gespannt, wann es denn Antworten gibt und wann es endlich ein Konzept der Landesregierung geben wird.

Und nicht nur wir sind gespannt. Es sind vor allem die Betroffenen, die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten des Landes, die ein großes Interesse daran haben, zu erfahren, wie es vor Ort weitergeht, welche Veränderungen es geben wird und worauf sie sich einstellen müssen. Hierauf ist eine Antwort nötig.

(Beifall bei der LINKEN)

Damit sind wir beim Grundproblem. Die vorliegenden Antworten der Landesregierung sind letztlich der Versuch, die gegenwärtige und künftige Situation bei der Polizei in ein entsprechend positives Licht zu rücken. Defizite, Fehler und Missstände gibt es. Sie haben aber laut Landesregierung eine einzige Ursache, nämlich die Vergangenheit; alles war Jens Bullerjahn.

Mit der neuen Landesregierung wird nun alles besser. Ich weiß nicht, nach wie vielen Jahren Personalabbau, euphemistisch Personalentwicklung genannt, nun angekommen ist, dass es so nicht weitergehen wird. 700 Neueinstellungen werden avisiert. Das ist allgemein bekannt, und natürlich ist das ein völlig richtiger Schritt. Er ist aber eben auch längst überflüssig;

(Siegfried Borgwardt, CDU: Überfällig mei- nen Sie!)

denn erstens - - Er ist überfällig, in der Tat.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Überflüssig hast du aber gesagt!)

- Danke, Herr Borgwardt.

Aber erstens heißt es für die Situation der Polizei, im Hier und Heute ändert sich in den nächsten drei Jahren erst einmal gar nichts. Zweitens frage ich mich: Wenn nun für alle nicht mehr länger zu leugnenden Probleme dieses Landes Jens Bullerjahn die alleinige Verantwortung tragen soll, wer hat dann eigentlich in den letzten Jahren hier regiert, meine Damen und Herren?

(Zustimmung bei der LINKEN)

Es war Herr Haseloff, der Ministerpräsident war, und es war maßgeblich die CDU, die dafür die

Verantwortung getragen hat. Es mag stimmen, dass der Eifer, den der ehemalige Finanzminister Jens Bullerjahn insbesondere für einen Sozialdemokraten an den Tag gelegt hat, wenn es darum ging, Personalstellen und Infrastruktur zu kürzen, bemerkenswert war. Allein hat er das nicht getan.

Das Mantra der schwarzen Null war und ist das Kernproblem, wenn wir über Personal im öffentlichen Dienst reden.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Bereich der Polizei soll nun durch die befristete Einstellung von Hilfs- bzw. Wachpolizistinnen völlig unabhängig davon, wie man dazu steht, schnell Abhilfe geschaffen werden.

Bisher - auch das müssen wir in Auswertung der Großen Anfrage feststellen - gibt es keine spürbare Entlastung für die Polizeibeamten. Die jetzige Landesregierung beabsichtigt eine Erhöhung der Sollstärke der Landespolizei bis zum Jahr 2021 auf 6 400 und langfristig auf 7 000.

Wie gesagt: Der Schritt ist völlig richtig, aber er kommt zu spät. Anträge der LINKEN gab es zuhauf; politischer Wille hier im Hause fehlte. Die jetzt schon entstandenen personellen Defizite lassen sich nur mühsam über Jahre hinweg ausgleichen. Sofortige Abhilfe kann aufgrund dieser Personalmisere kaum geleistet werden. Das bekommen die Polizistinnen und Polizisten sowie die Bürgerinnen dieses Landes jeden Tag gleichermaßen zu spüren.

(Beifall bei der LINKEN)

Immer wieder war in den Debatten um die Personalstärke der Polizei die Frage, wie eigentlich Sollstärken ermittelt werden und was die Grundlage für die jeweils aufgezeigten Personalbedarfe ist, der zentrale Punkt. Diese Frage bleibt auch jetzt offen. Es gibt große Einigkeit darüber, dass mehr Personal gebraucht wird. Aber anhand welcher Kriterien der Bedarf ermittelt wird, bleibt offen. Das, meine Damen und Herren, nährt den Verdacht, dass es sich bei der Zahl 7 000 um eine politische Zahl handelt und eben nicht um ein Konzept der Landesregierung.

(Beifall bei der LINKEN)

Notwendig wäre aus unserer Sicht eine umfassende Aufgabenüberprüfung mit dem Ziel, die Polizei in die Lage zu versetzen, ihre Aufgaben im Bereich der Prävention und der Gefahrenabwehr, aber auch und ganz besonders im Bereich des Schutzes vor Gewalt im öffentlichen und privaten Raum wahrzunehmen. Dazu würde eine klare Aufgabenzuordnung gehören. Dazu würde gehören, vorhandenes Personal entsprechend den Anforderungen einzusetzen. Dazu würde gehören, zusätzliches Personal vor allem dezentral und in der Fläche für Bürgerinnen und Bürger erreichbar

einzusetzen. Dazu würde auch gehören, meine Damen und Herren, Privatisierung öffentlicher Sicherheit zu stoppen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Dazu würde gehören, die Arbeitsbedingungen öffentlich Beschäftigter, insbesondere der Polizistinnen und Polizisten, zu verbessern und eine gute Präventionsarbeit zu sichern.

Meine Damen und Herren! Wenn wir uns die Situation der Polizei anschauen, dann macht nicht nur die Personalsituation der Polizei zu schaffen, sondern es sind auch schlechte Arbeitsbedingungen und eine Arbeitsbelastung, die bei immer steigenden Anforderungen an die Grenze des Zumutbaren geht, der daraus resultierende hohe Krankenstand sowie eine Beförderungssituation, die dem nicht gerecht wird. All das hat Auswirkungen auf die Arbeit der Polizei, auf die Motivation der Polizistinnen und Polizisten und damit letztlich auf die öffentliche Sicherheit.

Die Arbeitsbelastung der Polizei in Sachsen-Anhalt stieg in den zurückliegenden Jahren an. Zwei Faktoren spielen dabei eine Rolle: Personal und Aufgaben. Weniger Leute müssen die gleichen und zum Teil mehr Aufgaben erfüllen. Das lässt die Arbeitsbelastung steigen. Die Aufgabenzuwächse sind vielfältig und sie sind keineswegs auf die einfache Formel „Die Flüchtlinge haben unser Land unsicher gemacht“ zu bringen.

(Zustimmung bei der LINKEN)