Protokoll der Sitzung vom 28.09.2017

Sie wiesen aber auch darauf hin, dass ein möglicherweise entstehender finanzieller Mehraufwand bei der Änderung der Verlegungsfahrten nicht auf die Kommunen abgewälzt werden dürfe. Die angedachte Übergangsfrist von zehn Jahren in Bezug auf das neue Berufsbild des Notfallsanitäters befürworteten die kommunalen Spitzenverbände.

Der Vorsitzende aller fünf Hilfsorganisationen in Sachsen-Anhalt warnte vor einem personellen Engpass in den nächsten Jahren und betonte, dass die ersten ausgebildeten Notfallsanitäter erst 2018 fertig und dann auf dem Markt gefragt sein würden. Eine große Herausforderung sei seiner Auffassung nach die Qualifikation der bisherigen Rettungsassistenten.

Die Änderung des § 13, wonach Leistungen nur noch an Hilfsorganisationen vergeben werden sollen, wurde von den Hilfsorganisationen ausdrücklich befürwortet.

Eine gegensätzliche Meinung zur Besetzung der Notarzteinsatzfahrzeuge hatte der stellvertretende Geschäftsführer der DRK Zeitz Rettungsdienst gGmbH. Seiner Ansicht nach handele es sich um Ressourcenverschwendung, wenn man einem ausgebildeten Notarzt auch noch einen Notfallsanitäter mit auf den Wagen setze. Der

stellvertretende Geschäftsführer zeigte sich außerdem skeptisch, ob es in der Kürze der Zeit gelingen werde, alle Stellen mit Notfallsanitätern zu besetzen.

Der BKK-Landesverband Mitte sah die geplanten Änderungen bei den Vergabekriterien zugunsten der Hilfsorganisationen kritisch.

Der Betreiber der Krankentransport und Rettungsdienst Ackermann GmbH ist einer von zwei privaten Dienstleistern im Rettungsdienst in SachsenAnhalt. Er befürchtet existenzbedrohende Nachteile, vor allem aufgrund der Änderung des § 13.

Eine Rechtsanwältin der privaten Rettungsdienstleister empfahl, auf eine Änderung des § 13 zu verzichten, weil ihrer Ansicht nach private Leistungserbringer in ihrem Grundrecht der Berufsfreiheit verletzt werden würden.

Die Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt e. V. bewertete die Öffnung des Gesetzes für Verlegungsfahrten innerhalb des eigenen und benachbarten Rettungsdienstbereichs als positiv, regte jedoch an, dass die ärztliche Begleitung bei solchen Fahrten durch den Rettungsdienst und nicht nur das Krankenhaus gestellt werden müsste. Sie argumentierte gegen den Passus, dass Krankenhäuser, die keine Ärzte für die Notfallrettung zur Verfügung stellen, zukünftig mit einem Bußgeld in Höhe von 50 000 € bestraft werden können.

An dieser Stelle möchte ich auf die Niederschrift über die öffentliche Anhörung zu diesem Gesetzentwurf verweisen, die die Redebeiträge der Gäste ausführlich wiedergibt.

Am 8. Juni 2017 befasste sich der Ausschuss für Inneres und Sport ein weiteres Mal mit diesem Gesetzentwurf.

Zur Beratung lag eine vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst erarbeitete und mit dem Ministerium für Inneres und Sport abgestimmte Synopse vor. Diese war Grundlage für die weitere Beratung.

Die Fraktion DIE LINKE sprach sich dafür aus, den mitberatenden Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration zu bitten, sich mit den vom GBD bezüglich der möglichen Einschränkung der Berufsfreiheit vorgebrachten Bedenken auseinanderzusetzen und nach einer verfassungskonformen Lösung zu suchen.

Des Weiteren schlug sie vor, in das Gesetz eine Evaluationsklausel aufzunehmen, um zu klären, ob im Hinblick auf die Qualifikation der Notfallsanitäter gegebenenfalls Probleme und mögliche Änderungsbedarfe bestünden. Auch mit dieser Frage sollte sich der mitberatende Sozialausschuss befassen.

Die Fraktion der AfD zog im Laufe der Beratung ihren Änderungsantrag in der Drs. 7/1096 zurück.

Im Ergebnis der Beratung erarbeitete der Ausschuss für Inneres und Sport eine vorläufige Beschussempfehlung. Den von mir bereits benannten mitberatenden Ausschüssen wurde darin die Annahme des Gesetzentwurfs in der Fassung der vorliegenden Synopse empfohlen.

Im August dieses Jahres befassten sich beide mitberatenden Ausschüsse mit dem Gesetzentwurf und schlossen sich der vorläufigen Beschlussempfehlung an.

Daraufhin erfolgte die abschließende Beratung im Ausschuss für Inneres und Sport. Zur Beratung lag ein Änderungsantrag der regierungstragenden Fraktionen vor, der eine Änderung der §§ 13 und 18 des Gesetzentwurfs empfahl. Danach sollen bereits begonnene Auswahlverfahren eines Trägers des Rettungsdienstes zur Erteilung einer Genehmigung nach der Rechtslage beurteilt werden, nach der sie begonnen wurden.

In § 18 Abs. 2 wurde die Sollvorschrift zur Besetzung eines Notarzteinsatzfahrzeuges in eine Istvorschrift geändert. Dieser Änderungsantrag wurde einstimmig beschlossen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ausschuss für Inneres und Sport verabschiedete unter Beteiligung der mitberatenden Ausschüsse mit 8 : 0 : 4 Stimmen die Ihnen in der Drs. 7/1853 vorliegende Beschlussempfehlung. Im Namen des Ausschusses für Inneres und Sport bitte ich um Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der AfD)

Wir treten ein in die Dreiminutendebatte. Für die Landesregierung spricht der Minister Herr Stahlknecht.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da der Ausschussvorsitzende eigentlich sehr umfänglich alles vorgetragen hat, was wir gemeinsam im Innenausschuss beraten und letztlich auch beschlossen haben, und aufgrund der fortgeschrittenen Zeit will ich es kurz machen und möchte Sie bitten, der Beschlussempfehlung des Innenausschusses zu folgen, damit wir ein gutes Rettungsdienstgesetz in Sachsen-Anhalt haben.

Denn bereits mit dem Inkrafttreten des Notfallsanitätergesetzes im Jahr 2014 war uns klar, dass wir eine Anpassung brauchen; diese Anpassung haben wir vorgenommen. Zu all den Dingen, die wir

dann gemeinsam beschlossen und besprochen haben, wurde vorgetragen, sodass ich es nicht wiederholen muss. Ich bitte um Ihre Zustimmung. - Herzlichen Dank.

Herr Stahlknecht, ich sehe noch eine Wortmeldung von Herrn Meister. Er hat er eine Frage; diese kann er jetzt stellen.

Tatsächlich habe ich eine Frage zu dem Änderungsantrag, der in der letzten Sitzung des Innenausschusses zur Beschlussempfehlung vorgelegt wurde, der die Änderung des § 18 Abs. 2, also die Begleitung in den Notarzteinsatzfahrzeugen, betrifft.

In dem bisherigen Gesetzentwurf, der von Ihrem Haus vorgelegt wurde, war geplant, den nach der alten Gesetzgebung vorgesehenen Rettungsassistenten mit einer zweijährigen Ausbildung der Ausbildungssituation folgend auf einen Notfallsanitäter mit einer dreijährigen Ausbildung hochzustufen. Dies war als Sollvorschrift ausgelegt, sodass vor Ort, je nachdem, wie sich der Personaleinsatz und die Einsatzmöglichkeiten darstellen, Abweichungen nach unten möglich waren. Die Kosten sind ja geklärt durch die Krankenkassen. Das war die Situation.

Durch den Änderungsantrag ist, so meine ich, eine Verkehrung in das Gegenteil erfolgt. Jetzt ist als Istvorschrift festgeschrieben, dass es ein Rettungssanitäter mit einer Ausbildungszeit von 13 Wochen sein muss. Das widerspricht der bisherigen Begründung zum Gesetzentwurf und bedeutet genau das Gegenteil. Der Standard wird dadurch deutlich abgesenkt. Anstatt der Flexibilität, die man bisher hatte, um auf die Situation reagieren zu können, gilt nun der niedrigste Standard, den es gibt.

Herr Meister, Sie müssen auch zum Ende kommen. Eine Zweiminutenintervention ist eine Zweiminutenintervention.

In anderen Ländern ist das nicht so. Die Kassen - das ist meine Sorge - werden den niedrigsten Standard ansetzen und darüber hinaus nichts finanzieren, obwohl bisher ein höherer Standard gegolten hat.

Ich habe zwei Fragen an den Minister. Werden Kassen in Sachsen-Anhalt aufgrund dieser Gesetzesänderung bestimmte Standards nicht mehr finanzieren, die in anderen Bundesländern gel

ten? Welchen Nutzen hat diese veränderte Regelung für die Menschen in Sachsen-Anhalt und für das Bundesland?

Dann antworten Sie, Herr Minister.

Die Änderung des § 18, Rettungssanitäter als nicht medizinisches Personal im Notarzteinsatzfahrzeug, gefährdet aus unserer Sicht den Rettungsdienst nicht. Die Frage, ob dieses mit einem Rettungssanitäter oder mit einem höherwertig geschulten Notfallsanitäter zu besetzen ist, haben wir hinlänglich und auch heftig im Gesetzgebungsverfahren diskutiert.

Im Kern geht es darum, dass auch angesichts knapper werdender Notärzte qualitativ gut ausgebildetes nicht medizinisches Personal zur Unterstützung des Notarztes am Notfallort bereitstehen muss; darüber herrscht Einigkeit.

Soweit der Notarzt bei der Notfallrettung in einem gesonderten Rettungsmittel an den Notfall gebracht wird - das sogenannte Rendezvous-Prinzip -, soll nach der Gesetzesvorlage ein Rettungssanitäter zum Einsatz kommen. Das heißt, wir haben eine andere Flexibilität. Diese Regelung erscheint uns ausreichend.

Unseres Erachtens ist es nicht notwendig, hierfür einen Notfallsanitäter zu fordern, da dessen Funktion durch den regelmäßig vor dem am Unfallort eintreffenden RTW, mit einem Notfallsanitäter ausgestattet, abgesichert wird. Deshalb haben wir ja gerade die Qualifikation. Dass es andere Bestrebungen aus Magdeburg gibt, die Sie jetzt möglicherweise hier vertreten - ohne Vorwurf -, kann ich verstehen. Aber Sie machen jetzt hier wieder eine Fachdebatte auf, Herr Meister.

Danke so weit. - Dann können wir in die Debatte der Fraktionen einsteigen. Für die SPD-Fraktion spricht der Abg. Herr Erben.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte in aller Kürze vortragen. Wir haben mit dem Gesetzentwurf im Wesentlichen zwei Ziele verfolgt: Erstens wollen wir unter den geänderten wettbewerbsrechtlichen Rahmenbedingungen das Konzessionsmodell, das wir bei der großen Rettungsdienstgesetznovelle eingeführt haben, auch juristisch absichern. Zweitens wollen wir das neue Berufsbild des Notfallsanitäters im Rettungsdienstgesetz abbilden.

Wir haben eine Übergangsfrist von zehn Jahren vorgesehen. Da wird der eine oder andere sagen: Das ist eine lange Zeit; das bekommt man hin. - Wenn man allerdings die Ausbildungskapazitäten und gleichzeitig die Personalentwicklung im Rettungsdienst anschaut, dann weiß man, dass das sportlich ist. Daraus resultiert unter anderem der Vorschlag, der in der Anhörung geäußert worden ist, das NEF mit einem Rettungssanitäter als Mindestqualifikation zu besetzen.

(Minister Holger Stahlknecht: Genau!)

Dazu ist Folgendes zu erläutern: Aufgrund der verkürzten Hilfsfrist für den RTW ist am Einsatzort, wenn das NEF ankommt, immer schon mindestens ein Notfallsanitäter da; denn der RTW hat eine Hilfsfrist von zwölf Minuten, das NEF von 20 Minuten. Insofern ist immer gesichert, dass mindestens ein Höherqualifizierter bereits am Einsatzort ist. Daher haben wir als Koalitionsfraktionen es für verantwortbar gehalten, diese Regelung so aufzunehmen und diesen Vorschlag aufzugreifen.

Denn wenn wir schon heute wissen, dass es schwierig sein wird, die anderen Rettungsmittel mit Notfallsanitätern zu besetzen, dann macht es keinen Sinn, in diesem Bereich eine Hürde so hoch hinzulegen, dass man bequem darunter hindurchlaufen kann. Deswegen haben wir uns diesem Vorschlag nicht verschlossen und ihn auch in den Änderungsantrag eingebaut.

Das vielleicht noch zur Erläuterung, was die Koalitionsfraktionen getragen hat, selbigen Änderungsantrag in die abschließende Sitzung des Innenausschusses einzubringen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ich bleibe gleich stehen.

Ja. - Der Kollege Meister hat jetzt wieder ein Auskunftsbegehren. Bitte sehr.

Entschuldigung, ich will es auch nie wieder machen.

(Heiterkeit)

Ich würde es ja noch verstehen, wenn Sie jetzt eine Sollvorschrift einfügen würden. Aber Sie fügen das Ist ein. Das heißt, Sie setzen den niedrigen Standard fest. Darüber kommen Sie dann nicht hinaus, zumindest nicht nach dem Gesetzeswortlaut. Sicherlich wird niemand klagen, wenn Sie jetzt einen höherwertig Ausgebildeten fahren lassen. Aber die Kasse wird dies natürlich nicht ersetzen; das ist doch klar. Meines Wissens