Protokoll der Sitzung vom 26.10.2017

Ich hoffe, der Minister hat das all denen gesagt, die jetzt durch die Schulverbünde auf den Erhalt ihrer Schulen hoffen. Die Enttäuschung ist absehbar, wenn sich bei den Zuweisungsregelungen nichts tut. In unserem Änderungsantrag finden Sie dazu eine Antwort.

Ich will auch deutlich erklären, dass wir die Pläne der Landesregierung, in den Grundschulen auch in den Klassen 3 und 4 grundsätzlich jahrgangsübergreifenden Unterricht zu erteilen, entschieden ablehnen, wenn sich diese Form des Unterrichts nicht aus einer Entscheidung der Grundschulen auf der Grundlage eines pädagogischen Konzeptes ergibt, sondern ausschließlich durch die Personalverknappung erzwungen wird.

Einziger substanzieller Punkt der ganzen Novelle bleibt also die Öffnung des Vorbereitungsdienstes. Dieser Schritt ist natürlich längst überfällig. Die Öffnung ist allerdings so klein ausgefallen, dass kaum eine der betroffenen Lehrkräfte hindurchpassen wird. Damit ist offen, ob und wann je ein Seiteneinsteiger diese Chance auf eine volle Lehrerqualifikation nutzen kann; die meisten werden es jedenfalls nicht können. Und so werden wieder einmal Lehrkräfte zweiter Klasse geschaffen. Sie leisten zwar die gleiche Arbeit in gleicher Qualität, werden aber dauerhaft schlechter bezahlt, weil sie nicht zum Vorbereitungsdienst zugelassen werden.

Schlimmer als die vorgeschlagenen Regelungen sind allerdings die vielen wichtigen Themen, die der Minister gar nicht erst aufgreift. Wir haben beispielsweise schon vor einem Jahr einen umfangreichen Gesetzentwurf im Hinblick auf einen § 16a eingebracht, um die Gewinnung von Lehrkräften an den freien Schulen auf eine neue Grundlage zu stellen. Diese Probleme werden von der Landesregierung weitgehend ignoriert.

Wir haben durch mehrere Anträge deutlich gemacht, dass die Schulsozialarbeit als Daueraufgabe des Landes in unserem Schulgesetz verankert werden muss, um langfristig die Fortführung und Erweiterung des Projektes „Schulerfolg sichern“ zu gewährleisten und um es nach dem Auslaufen der EU-Förderung aus Landesmitteln zu finanzieren.

Und wir haben hier im Hohen Haus und im Bildungsausschuss schon mehrfach darüber debattiert, dass die schulgesetzlich vorgeschriebene verlässliche Öffnungszeit an den Grundschulen längst nicht mehr an allen Schulen gesichert ist und dass sie aufgrund des fortschreitenden Mangels an pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Lehrkräften immer mehr zur reinen Beaufsichtigung verkommt.

Wir müssen daher im Schulgesetz klarstellen, dass und wie die verlässliche Öffnungszeit mit pädagogischen Angeboten ausgestaltet wird, wenn wir sie weiterhin aufrechterhalten wollen. Das sollen künftig auch die Träger der Horte mit ihrer Unterstützung ermöglichen und sie sollen dafür natürlich auch bezahlt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Zu dem unwürdigen Anhörungsverfahren sage ich jetzt nichts weiter, auch dazu enthält unser Änderungsantrag eine entsprechende Formulierung.

Ich habe in der Kürze meiner Redezeit nur die wichtigsten Probleme benannt. Mit dem Änderungsantrag werden weitere wichtige Themen aufgegriffen und wir werden auch in den Ausschussberatungen darüber hinaus noch eine ganze Reihe substanzieller Vorschläge unterbreiten. Ich hoffe, dass die Koalitionsfraktionen bereit sind, sich diese Vorschläge gründlich anzusehen und darüber mit der notwendigen Fachlichkeit zu diskutieren. Wir müssen endlich anfangen, Probleme zu lösen, statt sie zu verdrängen und auszusitzen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. Es gibt keine Anfragen. - Somit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Aldag. Sie haben das Wort. Bitte, Herr Aldag.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Mit dem Gesetzentwurf, der uns heute vorliegt, soll das Schulgesetz an aktuelle Entwicklungen angepasst werden, sollen schulpolitische Zielsetzungen erfüllt sowie notwendige weitere Änderungen umgesetzt werden. - So steht es zumindest im Vorwort zu dem Gesetzentwurf.

Die wesentlichen Punkte des Gesetzentwurfs hat Minister Tullner heute ausführlich vorgestellt; ich will sie auch gar nicht weiter erläutern.

Hinsichtlich dessen, was er heute vorgestellt hat und was im Schulgesetz steht, sagen wir: Ja, der Entwurf ist ganz okay, er lässt aber auch noch viele Fragen und Punkte offen, die nun in der Beratung zu klären sind.

Im Besonderen die Stellungnahmen der einzelnen Verbände, die in der Anhörung eingingen, zeigen, dass enormer Diskussionsbedarf besteht, wenngleich auch einige Zustimmung aus den Verbänden kam, das wollen wir hier gar nicht leugnen. Dieser Diskussionsbedarf ist allerdings schon darin begründet, dass für die Anhörung zu dem Gesetzentwurf eine sehr kurze Zeitspanne, nämlich lediglich neun Tage während der Herbstferien, zur Verfügung stand.

Hierzu bleibt nur zu erwähnen, dass künftig darauf geachtet werden muss, dass angemessene Fristen anzusetzen sind. Es handelt sich dabei doch auch immer um ein Zeichen der Wertschätzung für die qualifizierte Teilhabe möglichst vieler und vielfältiger Positionen an diesem Prozess. An den trotz kurzer Reaktionsfrist eingegangenen umfänglichen Einwänden, aber auch an der Zustimmung der Verbände erkennen wir, wie wichtig die Anhörung als Bestandteil des Verfahrens ist. An dieser Stelle geht mein ganz herzlicher Dank an die beteiligten Verbände.

Ich begrüße ausdrücklich, dass wir uns in der Koalition bereits darauf geeinigt haben, dass noch in diesem Jahr eine große Anhörung im Ausschuss durchgeführt wird. Ich bin mir sicher, dass auf diese Weise nicht nur auf dem Papier praktikable Vorschläge für die Gestaltung unserer derzeitigen und zukünftigen Bildungslandschaft generiert werden. Vielmehr wird hiermit die Grundlage dafür geschaffen, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, die den bestehenden Bedürfnissen und Anforderungen weitestgehend Rechnung tragen.

Im Koalitionsvertrag haben wir bereits viele gute Dinge verankert, die unserer Meinung nach in das Schulgesetz Einzug halten müssen. Einiges konnten wir bereits auf unserer Klausurtagung in der vergangenen Woche klären, aber es sind auch noch andere Fragen offen.

So sehen auch wir noch Redebedarf über die Umsetzung der Schulverbünde. Wir haben heute gesehen, dass noch sehr viel Redebedarf auch bei allen anderen besteht. Zudem wollen wir über die Abschaffung der Einstufung des Schulschwänzens als Ordnungswidrigkeit diskutieren und uns dafür einsetzen, dass die Berufsorientierung an allen Schulformen verbindlich eingeführt wird. Des Weiteren möchten wir über die Gründung von Bildungslandschaften sowie den Ausbau der Ko

operation zwischen Grundschulen und Horten im Zuge dieser Gesetzesnovellierung diskutieren.

All diese angeführten Punkte sind nicht neu. Es gibt auch noch weitere; manche sind bereits im Koalitionsvertrag vereinbart. Nach unserer Meinung müssen sie Einzug in dieses Gesetz halten.

Darüber hinaus haben wir noch ein paar andere kleine Wünsche. Wir möchten uns für eine Etablierung einer von uns so genannten Drittelparität plus einsetzen, um den Gemeinsinn und das Demokratieverständnis durch eine gleichberechtigte Teilnahme von Eltern, Schülerinnen und Schülern sowie Angestellten der Schulen an der Schulkonferenz stärken. Auch ist es uns wichtig, das allgemeine Gleichstellungsgesetz im Schulgesetz zu verankern und das ehrenamtliche Engagement von Schülerinnen und Schülern durch gesetzlich geregelte Freistellungsmöglichkeiten zu unterstützen.

(Unruhe)

- Es wird schon unruhig. Ich komme auch schon zum Schluss, keine Sorge.

Meine Damen und Herren! Wir stehen am Anfang der Diskussionen um die Anpassung eines Schulgesetzes an die derzeit bestehenden Bedarfe im Land. Frau Prof. Kolb-Janssen hat es bereits in einer Pressemitteilung erwähnt: Wir werden uns Zeit nehmen für die inhaltliche Diskussion; wir werden uns Zeit nehmen für den wichtigen Austausch mit den unmittelbar Betroffenen, also mit den Verbänden und mit den Schulen, mit den Schülerinnen und Schülern. Wir werden uns Zeit nehmen, um ein wirklich gutes Schulgesetz auf den Weg zu bringen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung von Holger Hövelmann, SPD)

Vielen Dank, Herr Abg. Aldag. Es gibt keine Anfragen. - Somit kommen wir zur letzten Debattenrednerin. Für die CDU-Fraktion spricht die Abg. Frau Gorr. Sie haben das Wort, sehr geehrte Frau Kollegin.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Es ist erfreulich, dass wir heute mit dem vorgelegten Entwurf eines 14. Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt in die parlamentarische Diskussion einsteigen können, auf die wir als Parlamentarier schon sehnsüchtig warten.

Die Fraktion DIE LINKE hat bereits einen Änderungsantrag eingereicht, weitere werden im par

lamentarischen Prozess auch von den Koalitionsfraktionen folgen. Eine ganze Reihe von Aspekten ist bereits vorgetragen worden.

Zunächst möchte ich jedoch auf einige Eckpunkte dieser Novelle eingehen. Wesentliche Forderungen aus dem Koalitionsvertrag werden mit dieser Schulgesetznovelle umgesetzt.

Erstens. Die wichtige Forderung nach der Schaffung von Grundschulverbünden - eine langjährige CDU-Forderung - zur Sicherung von Schulstandorten in ländlichen Regionen mit geringer Einwohnerdichte ist in dem Entwurf als Vorschlag enthalten. Vielleicht bietet sich sogar der Landkreis Harz für ein Modellprojekt an.

(Zustimmung von Ulrich Thomas, CDU, und von Markus Kurze, CDU)

Wir haben dort schon vor langer Zeit einen CDUKreisverbandsbeschluss gefasst.

Zweitens zur Diskussion über die bessere Unterrichtsversorgung von heute Morgen. Es wird mit dem Gesetz die Möglichkeit geschaffen, Seiten- und Quereinsteigern den Einstieg in den Schuldienst flexibel zu ebnen und passende Qualifizierungen vorzuhalten.

Drittens. Es erfolgt eine Anpassung der Regelungen für Ersatzschulen, die zumindest erste Verbesserungen bringt. Neben vielen anderen Akteuren drängen natürlich die Schulen in freier Trägerschaft auf weitergehende Veränderungen. Wir alle haben im Vorfeld der heutigen ersten Lesung eine Vielzahl von Forderungen und Wünschen erhalten.

(Unruhe - Zuruf: Pscht!)

Ich bin voller Hoffnung, dass die inzwischen erfolgte Ausschreibung eines unabhängigen Gutachtens zu weiteren intensiven Diskussionsprozessen führt, jedenfalls dann, wenn das Gutachten vorliegt.

In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen - das wurde auch schon von anderen benannt - -

(Unruhe)

Sehr geehrte Kollegin Gorr, ich würde an dieser Stelle - -

Das ist alles meine kostbare Zeit!

Nein, das wird nicht auf Ihre Redezeit angerechnet. - Meine Damen und Herren! Ich appelliere an

dieser Stelle noch einmal an Sie, Ihren Geräuschpegel zu senken;

(Zustimmung von Markus Kurze, CDU, von Sebastian Striegel, GRÜNE, und von Wolf- gang Aldag, GRÜNE)

denn sonst kann der Redner hier vorn sein Anliegen nicht rüberbringen. Versuchen Sie einfach, sich etwas mehr zusammenzureißen. Danke. - Bitte, Frau Gorr.

In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass die kurze Anhörungsfrist in den Herbstferien zu bemängeln ist, dass aber der Bildungsausschuss selbstverständlich bereits eine große Anhörung plant - auch das wurde schon gesagt -, in der alle Kritikpunkte und Anmerkungen vorgetragen werden können.

Viele Anregungen und Hinweise sind übrigens bereits unter dem Punkt Anhörung in dem Gesetzentwurf benannt. Wir werden uns sicherlich intensiv damit beschäftigen.

Es hat zudem im Vorfeld des heutigen Tages Irritationen zum Verfahren in Bezug auf das Schulgesetz gegeben, aber es ist eine ganz normale Sache, dass der Umstand, dass ein Gesetzentwurf eingebracht wird, nicht bedeutet, dass der Gesetzentwurf genau so aus dem Parlament herauskommt, wie er hineingegangen ist. Ich denke, schon die allerersten Redebeiträge lassen noch eine ganze Reihe von Veränderungen erwarten.

Ich freue mich ebenso wie die anderen Kolleginnen und Kollegen auf die Anhörung und die intensiven Diskussionen. Ich denke, wir als Bildungspolitiker und Bildungspolitikerinnen wären sicherlich gut beraten, wenn wir die Diskussion nicht nur in unserem Ausschuss für Bildung und Kultur führen, der federführend ist, sondern uns auch in die Diskussion in den Ausschüssen für Finanzen sowie für Arbeit, Soziales und Integration einbringen. Ich denke, es kann nicht schaden, wenn wir dort mit den Politikerinnen und Politikern in einen fachlichen Austausch eintreten. - Vielen Dank - jetzt doch noch - für die Aufmerksamkeit.