Protokoll der Sitzung vom 23.11.2017

Der Preis, den wir dafür zahlen, dass wir diesen Weg gewählt haben - man könnte fast sagen, es ist der Fluch der guten Tat, nämlich die Kommunen zu entlasten -, sind lange Antragsverfahren in Berlin, strenge Förderkriterien vonseiten der EU. Die können wir nicht einfach beiseiteschieben.

Aber seien wir ehrlich: Ein Ausbau zu den Standards, die hier gerade angesprochen worden sind, wäre aus eigenen Mitteln des Landes schlicht nicht zu stemmen.

Das bedeutet für die Zukunft: Obwohl wir uns völlig dessen bewusst sind, wie wichtig der Breitbandausbau ist, werden wir diesen nur dann zügig und erfolgreich in den kommenden Jahren vorantreiben, wenn die künftige Bundesregierung dem Thema jene Priorität einräumt, von der man gelegentlich hört und die dazu führen wird, dass die

Länder beim weiteren Ausbau tatkräftig unterstützt werden. Wir brauchen hierfür den Bund. Das ist - ohne Frage - ein unbefriedigender Zustand. Aber es ist unabweislich.

Ich will jetzt gar nicht lange dazu ausführen, dass wir in den Städten - davon haben Sie ja berichtet, Herr Lange - schon einen recht ordentlichen Ausbaugrad haben. Ich möchte aber wenigstens kurz erwähnen, dass das von Ihnen zum Anlass genommene Ereignis in der Altmark - ohne Frage eine Ungeschicklichkeit - einvernehmlich gelöst und nunmehr auch zur Zufriedenheit aller Akteure auf den Weg gebracht worden ist.

Selbstverständlich hat auch die Landesregierung das Gigabitziel nicht aus den Augen verloren. Im Gegenteil: In der Digitalen Agenda, die wir im Dezember verabschieden wollen, spielt das eine große Rolle. Aber wir bekommen das eben nicht von heute auf morgen. Auch können wir keinen fördertechnischen Sonderweg einschlagen, den wir uns als Land alleine nicht leisten könnten.

Deshalb begrüße ich den Antrag der Koalitionsfraktionen, der im Grunde genommen nichts anderes besagt, als dass wir das Thema perspektivisch angehen müssen. Wir müssen darauf drängen, dass sich rechtliche Rahmenbedingungen verändern. Und wir müssen darauf drängen, dass sich die Telekommunikationsgesetzgebung der EU und auch beihilferechtliche Vorschriften noch einmal verändern und wir dann tatsächlich in das Gigabitzeitalter einsteigen können. Das wird mit Sicherheit in den nächsten Jahren - ich meine, in den nächsten zwei Jahren - angegangen.

Zur Wirklichkeit gehört auch, Herr Lange: Selbst dort, wo wir im Moment einen durchgängigen Glasfaserausbau haben, wird dieser nach allgemeiner Untersuchung nur zu etwa 30 % genutzt. Wir hätten allerdings, wollte man die Standards erfüllen, die Sie angesprochen haben, Kosten von zwischen 45 Milliarden € und 100 Milliarden € für die gesamte Bundesrepublik. Das können Sie auf Sachsen-Anhalt herunterbrechen. Dann haben Sie in etwa eine Vorstellung davon, was das kostet.

Meine Damen und Herren! Der Alternativantrag der Koalition weist insoweit den richtigen Weg. Ihm wollen wir uns auch stellen. Selbstverständlich - da bin ich durchaus bei Ihnen, Herr Lange - wollen wir möglichst schnell in das Gigabitzeitalter. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zustimmung von Robert Farle, AfD)

Ich sehe keine Nachfrage und stelle die Überziehung der Redezeit durch die Landesregierung um

eine Minute fest. Demzufolge haben jetzt bei der Debatte alle Fraktionen nicht drei, sondern vier Minuten Redezeit.

Ich stelle des Weiteren fest, dass wir bereits jetzt deutlich über unseren ursprünglichen Zeitplan hinaus sind, dass wir nach dem korrigierten Zeitplan, den wir heute bekommen haben, ohnehin schon bei 20:20 Uhr liegen und dass wir um 20 Uhr einen parlamentarischen Abend haben. Ich möchte jetzt die Arbeitsgemeinschaft der parlamentarischen Geschäftsführer darum bitten, zu besprechen, wie sie mit dieser Situation umzugehen gedenkt.

(Heiterkeit)

Jetzt können wir zu den Debattenbeiträgen der Fraktionen kommen. Herr Hövelmann spricht offensichtlich für die SPD-Fraktion. Wir haben hier bei der Rednerliste eine Irritation. Aber das scheint zu stimmen. Sie haben nunmehr das Wort.

So ist es. Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kollegen, liebe Kollegen! Der Zustand der digitalen Infrastruktur und ihre Nutzbarkeit beschäftigen uns in diesem Hohen Hause zu Recht immer wieder, zuletzt in Debatten zum öffentlichen WLAN und der inzwischen abgeschafften Störerhaftung. Das ist wenig verwunderlich; denn nichts verändert die Art und Weise, wie wir kommunizieren und arbeiten, derzeit so sehr wie dieser Strukturwandel.

Neben Risiken bietet der digitale Wandel aber vor allem Chancen. Eine der größten Chancen ist, dass der ländliche Raum gegenüber den urbanen Gebieten der Großstädte in vielen Bereichen im wahrsten Sinne des Wortes Anschluss halten kann. Dazu gehören für unsere Bürgerinnen und Bürger digitale Verwaltungs- und Dienstleistungsangebote, aber auch Innovationen in anderen Bereichen wie der Telemedizin. Dass es sich dabei potenziell um lebensrettende Innovationen handelt, wird am Beispiel des an der Universität Magdeburg angesiedelten telemedizinischen Schlaganfall-Netzwerks deutlich.

Nicht zuletzt ist die Digitalisierung aber auch ein erheblicher Wirtschaftsfaktor. So steigt auch der Anteil der kleinen und mittleren Unternehmen in unserem Land, die entsprechende Modernisierungen ihrer Produkte und Abläufe vornehmen, ständig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Viele von uns haben vielleicht noch die Worte der Hauptgeschäftsführerin von Nordostchemie, Frau Schmidt-Kesseler, von gestern Abend im Ohr. Sie hatte im Rahmen des parlamentarischen Abends auf die dringende Notwendigkeit des zügigen Aus

baus der digitalen Infrastruktur hingewiesen. Gerade für unser Bundesland darf die digitale Infrastruktur nämlich kein Standortnachteil sein.

Schaut man aber auf den Stand der Breitbandversorgung, so sind wir alle uns in der Bewertung wahrscheinlich einig: Sachsen-Anhalt hat einen besonderen Aufholbedarf beim Ausbau schneller Internetzugänge. Der letzte Platz im Ländervergleich bei der Versorgung mit Geschwindigkeiten von 50 Mbit/s ist alles andere als befriedigend, auch wenn man feststellen muss, dass auch die anderen ostdeutschen Länder nicht wesentlich besser sind.

Gerade mit Blick auf das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse ist es die Aufgabe des Landes, Rahmenbedingungen zu schaffen, die für eine zügige Verkleinerung der weißen Flächen sorgen.

Der reine Blick auf den Status quo verkennt aber auch, wie viel insbesondere seit dem letzten Jahr in Bewegung geraten ist. Viele Ausbauprojekte in den Landkreisen und kreisfreien Städten sind gestartet und laufen. Förderbescheide sind ergangen. Dazu kommen viele weitere Bemühungen im Bereich des digitalen Infrastrukturausbaus. Ich nenne nur den Anschluss von Schulen per Glasfaser und die seit September gültige Förderrichtlinie für öffentliches WLAN.

Mit Blick in die Zukunft ist wiederum klar, dass schwerpunktmäßig auf reine Glasfasernetze bis in die jeweiligen Gebäude zu setzen ist. Entsprechend sieht unser Alternativantrag die Erstellung einer Konzeption zur flächendeckenden Erschließung des Landes mit Gigabitanschlüssen vor. Wir erteilen damit der Landesregierung quasi den Auftrag, eine zukunftssichere und die Besonderheiten Sachsen-Anhalts berücksichtigende Strategie zu entwickeln und diese sehr zügig - unsere Vorstellungen gehen bis Mitte 2018, Herr Minister - dem Landtag vorzulegen.

Ich bitte Sie herzlich um Zustimmung zu unserem Alternativantrag. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Ich sehe keine Nachfragen. Für die AfD-Fraktion hat Herr Olenicak das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Der eingebrachte Antrag der LINKEN mit dem Titel „Gigabitanschlüsse überall im Land ermöglichen“ ist nach umfassender Analyse der Sachlage als rein illusorischer Schaufensterantrag zu bewerten.

(Beifall bei der AfD)

Abzulehnen ist auch der Alternativantrag der Regierungskoalition, weil er an die Zeiten der Planwirtschaft erinnert und hinter den Notwendigkeiten zurückbleibt.

Das Land Sachsen-Anhalt hat derzeit massive Probleme, flächendeckend eine Grundversorgung mit 50 Mbit/s zu gewährleisten.

Herr Heuer, Sie werden es sicherlich leidvoll bestätigen: Ihr Heimatkreis Börde liegt weit abgeschlagen bei einer winzigen Ausbauquote von 25 %.

Es wird noch dramatischer, nämlich dann, wenn die Landesregierung auf die Meinungen von Experten verzichtet, die kritisieren, dass der Glasfaserausbau nicht einheitlich umgesetzt worden ist und umgesetzt wird. Diese irrwitzigen Zustände offenbart die Antwort auf die Kleine Anfrage meines geschätzten Kollegen Hannes Loth in der Drs. 7/2060.

Sachsen-Anhalt ist nicht nur bundesweit deutlich unterversorgt, sondern auch im weltweiten Vergleich präsentiert sich unser Bundesland als ausbautechnisches Entwicklungsland. Daher muss ich das vorhandene Versorgungsangebot in großen Teilen unseres Landes nach wie vor als unzureichend bewerten. Deshalb fordert die AfDFraktion umgehend, dass das ganze Land an das Breitbandnetz angeschlossen wird, um endlich eine flächendeckende Grundversorgung mit wenigstens 100 Mbit/s zu realisieren. Denn in einem Land, in dem wir gut und gerne leben, sollte eine bedarfsgerechte Versorgung mit einem zeitgemäßen Internetanschluss eine lösbare Aufgabe darstellen.

(Beifall bei der AfD)

Um wirtschaftlich dauerhaft konkurrenzfähig zu bleiben, ist der schnelle Ausbau zwingend erforderlich.

Meine Erwartung, dass sich mit dem neu gewählten Fraktionsvorsitzenden der LINKEN, Thomas Lippmann, in den parlamentarischen Anträgen nun konstruktive Ideen für eine Lösung der vordringlichsten Probleme in Sachsen-Anhalt wiederfinden, wird bei diesem Antrag in keiner Weise erfüllt.

In Anbetracht des Anspruchs unserer Bürger und Unternehmer auf Teilhabe am digitalen Leben und an digitaler Wirtschaft müssen wir alle uns um eine schnelle und parteiübergreifende Lösung für ein zukunftsfähiges, schnelles Netz bemühen. Daher bitte ich folgerichtig um die Überweisung des Antrags in den Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe keine Nachfragen. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Meister das Wort.

Ich bitte jetzt, die Konsultationen über den weiteren Verlauf entweder zu beschleunigen, leiser zu führen oder sich zumindest hinzusetzen.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Wir machen es leiser!)

- Okay. - Herr Meister, Sie haben das Wort.

Danke schön. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Versorgung mit einer schnellen Internetverbindung in einer immer weiter digitalisierten Welt ist für Unternehmen, Organisationen und private Haushalte ein essenzieller Bestandteil der Daseinsvorsorge. Das ist d i e Infrastruktur der Zukunft, die wir als Gesellschaft vorhalten müssen.

In Deutschland wurde erst spät begriffen, wie unverzichtbar der Aufbau bzw. Ausbau eines schnellen Netzes als Voraussetzung für die Teilnahme an der digitalen Welt ist. Die Bundesrepublik Deutschland hängt ziemlich hinterher. Auch Sachsen-Anhalt gibt da kein gutes Bild ab. Wir hatten das schon in der Vergangenheit in der Oppositionsrolle häufig zu kritisieren.

Dies betrifft die Wirtschaft und die privaten Haushalte gleichermaßen. Unternehmen, die gezwungen sind, mit einem USB-Stick etliche Kilometer zu fahren, um eine E-Mail zu versenden, sollten schnellstmöglich der Vergangenheit angehören.

Wir haben deshalb im Koalitionsvertrag vereinbart, bis 2018 Unternehmen und Gewerbegebiete flächendeckend mit Übertragungsraten von 100 Mbit/s anzuschließen, und haben als Mindestbandbreite für den geförderten Netzausbau 50 Mbit/s vorgeschrieben. Der Minister hat dargestellt, wie der Ausbauzustand im Moment ist. Er liegt bei 51 %, ist also noch nicht wirklich dicht an der Erfüllung des Zieles dran.

In den letzten Monaten ist durch das Wirtschaftsministerium eine Anzahl von Förderbescheiden übergeben worden, die aktuell tatsächlich den Ausbau in unserem Land vorantreiben.

Im Koalitionsvertrag ist aber auch das weitergehende Ziel beschrieben, nämlich die flächendeckende Glasfaserversorgung als Ziel anzustreben. Am Ende - damit meine ich nicht eine ferne Zukunft - muss in Sachsen-Anhalt tatsächlich ein flächendeckendes Glasfasernetz stehen, mit dem höchste Geschwindigkeiten gewährleistet werden können.

Herr Lange hat einige Kritikpunkte genannt, die ich in weiten Teilen unterstützen kann. Der Herr Minister ist darauf eingegangen, was dabei die Probleme und Hindernisse sind. Das ist in der Tat eine schwierige Sache und ein langwieriger Prozess, auf den wir uns da einlassen.