Protokoll der Sitzung vom 23.11.2017

Wir werden übrigens nicht nur bei Investitionen Minderausgaben haben, leider wie in den Vorjahren auch. Wir werden trotz der vorläufigen Haushaltsführung in den ersten vier Monaten mehr Geld für Investitionen ausgegeben haben als im Vorjahr, was kein gutes Jahr war. Das gebe ich zu. Aber wir werden nicht nur Minderausgaben bei Investitionen haben. Wir haben auch Minderausgaben im Bereich Flüchtlinge und Asyl, in beträchtlichem Maße.

Herr Minister Schröder, Herr Tullner hat noch eine Frage.

(Heiterkeit)

Oh, da freue ich mich aber.

Herr Tullner, Sie haben das Wort.

Lieber Kollege Schröder, sind Sie mit mir einer Auffassung, dass wir die Frage, die sozusagen den Redebeitrag des Kollegen Gebhardt begründet hat, im Kabinett schon einmal hatten? - Da hat nämlich - ich glaube, ich darf keinen Namen nennen - schon einmal eine anwesende Kollegin diese Frage gestellt.

Und sind Sie mit mir einer Meinung, dass ich damals schon geantwortet habe, dass der Kontext dieses Artikels - das ist keine Kritik an Journalisten einer großen deutschen Zeitung - ein wenig missverständlich war? - Ich war nun live und in Farbe dabei. Da will ich nur einmal für das Protokoll hier darstellen, dass die ehemalige Kollegin Dr. Roswitha Stolfa, die der eine oder andere hier noch kennt, bei der besagten Veranstaltung an das Rednerpult oder an das Mikrofon getreten ist und mich gefragt hat, ob ich denn einen Nachtrag befürworte.

Da habe ich gesagt, ich kann keinen Nachtrag vorlegen. Selbst wenn ich jeden Dienstag dem Kollegen Schröder das Wort „Nachtrag“ zurufe, muss er das machen, ich kann das nicht machen.

Aber ich kann mich natürlich mit aller Kraft für die Ressourcen einsetzen.

Damit ist der Kontext dessen, was da in der Zeitung stand, jetzt hier erklärt. Und damit haben sich manches Missverständnisse auch aufgelöst.

(Unruhe)

Lieber Herr Kollege - -

Lieber Herr Kollege Tullner, ich kann bestätigen, dass Sie diese Ausführungen im Kabinett gemacht haben.

(Wulf Gallert, DIE LINKE: Wenn der Bil- dungsminister alle so anfährt wie das eben, wundert mich gar nichts! - Heiterkeit bei der LINKEN)

- Ja, es tut mir leid, dass es jetzt für Sie nicht so ertragreich war.

(Heiterkeit)

Es gibt keine weiteren Fragen. Dann danke ich Herrn Minister Schröder für die Ausführungen. - Wir fahren in der Debatte fort. Für die SPD spricht der Abg. Herr Dr. Schmidt. Herr Dr. Schmidt, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich widerstehe der Versuchung, mir das Glück eines Finanzministers vorzustellen, der so brave Ressortminister hat wie der hier gerade eben aufgetretene. Ich widerstehe auch der Versuchung, mich hier laut zu fragen, warum denn DIE LINKE vergessen hat, dass wir auch Vorschläge gemacht haben, und gar nicht erwähnt hat, dass Sie uns also nicht wenigstens erwähnt haben.

(Wulf Gallert, DIE LINKE: Weil wir wussten, dass Sie das tun!)

Dass der Minister uns auch gar nicht getadelt hat, das betrübt mich allerdings schon ein wenig.

Die Koalition wird diesen Antrag in den Finanzausschuss überweisen. Dort werden wir über die Frage beraten, ob es einen Nachtragshaushalt geben muss oder nicht. Das ist übrigens keine schlimme Sache. Bisher hat es in der Vergangenheit dieses Landes zu jedem Doppelhaushalt einen Nachtragshaushalt gegeben.

Zu klären, ob wir einen brauchen oder ob wir den nicht brauchen, ob in der Hauptgruppe 4 die Mittel ausgeschöpft sind und was mit den Mehreinnahmen und Minderausgaben passiert, ist eine Aufgabe, die im Hohen Haus zu bearbeiten ist. Die Bürgerinnen und Bürger stellen sich diese Frage zu Recht nicht. Die sagen, das müsst Ihr lösen. Die fragen sich nicht, wie viele Landesbedienstete pro 1 000 Einwohner wir uns verordnen, welche Zahl hinter der Angabe „Investitionsquote“ steht und derlei.

Die interessieren sich dafür, ob wir die Probleme des Landes lösen, sehr geehrte Damen und Herren. Die wollen, dass die Straßen befahrbar sind, dass genügend Lehrerinnen und Lehrer vor den Klassen stehen, dass die Polizei schnell vor Ort ist, wenn sie gebraucht wird, dass ausreichend Finanzbeamte dafür sorgen, dass die Steuererklärung in zwei und nicht in acht Monaten fertig ist und dass Gerichtstermine nicht geplant werden müssen wie DDR-Autoanmeldungen, nämlich in Jahren. Sie wollen, dass ihr Internet-Anschluss nicht nur die kleine Sanduhr kreisen lässt, und sie wollen, wenn sie ins Krankenhaus müssen, nicht den Krankenzimmerzustand und die Geräteausstattung der 70er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts vorfinden.

Das alles kann man lösen, wenn man Geld hat. Und wir haben, sehr geehrte Damen und Herren, in diesem Jahr mehr Geld, als wir geplant haben. Wir haben dazu Vorschläge gemacht, Vorschläge für Umschichtungen in Investitionen, aber nicht in die Begründung neuer Leistungen. Darauf lege ich Wert. Alle diese Vorschläge stehen der Diskussion offen. Wer bessere Ideen hat, wird uns für diese Ideen aufgeschlossen finden.

Aber ich nehme diese Vorschläge ausdrücklich gegen den Vorwurf in Schutz - der ist in der Presse gemacht worden -, wir würden hier unverantwortlich mit der Haushaltslage umgehen. Wir haben in diesem Haus mit Mehrheitsbeschluss für die Jahre 2017 und 2018 mit dem Haushalt eine Entnahme aus der Steuerschwankungsreserve in Höhe von 347 Millionen € geplant. Auf diese Entnahme zu verzichten in Höhe der Steuermehreinnahmen, die jetzt auf 236 Millionen € geschätzt worden sind, ist grundsätzlich in Ordnung.

Nicht in Ordnung ist es, wenn nicht abgerufene Mittel gerade für Investitionen einfach der Steuerschwankungsreserve hinzugeschlagen werden nach dem Motto, wir brauchen sie nicht anzufassen, als hätte es einen Haushaltsbeschluss nicht gegeben. Das ist eine ganz nette Sache, die einfach so im Ärmel verschwinden zu lassen und zu sagen, wir müssen das ja erst einmal erwirtschaften. Das müssen wir nicht. Wir haben anders geplant. Darum schlägt die SPD-Fraktion vor, das in andere Investitionen umzuschichten.

Erstens sagen wir, wir brauchen einen Ruck bei der Realisierung der geplanten und beschlossenen Investitionen. Die sehen zum Teil nicht gut aus.

(Zustimmung von Eva Feußner, CDU)

Und es kann an der Stelle nicht sein, dass der Mittelabfluss am fehlenden Personal im Verantwortungsbereich des Finanzministers, nämlich im dortigen Landesbaubetrieb, scheitert und Geld liegen bleibt, weil Ingenieure fehlen. Da müssen wir etwas tun, und darüber werden wir beraten.

(Zustimmung von Rüdiger Erben, SPD)

Zweitens haben wir vor, den Bau der Justizvollzugsanstalt in Halle mit einer Rücklage heute schon abzusichern. Das erspart uns Zeitverzug. Das erspart uns den Aufwand für die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung und Millionen an Fremdfinanzierungskosten.

Wir schlagen drittens vor, im Investitionsbereich umzuschichten, und zwar in Richtung Breitbandausbau, Förderung von Krankenhausinvestitionen und den Bau von Kindertagesstätten. Das sind alles Bereiche, bei denen mehrfach in diesem Haus festgestellt worden ist, dass der Investitionsbedarf unsere Anstrengungen bei Weitem übersteigt.

Schließlich, sehr geehrte Damen und Herren, halten wir es - da weichen wir von der reinen Lehre in der Tat allerdings ein bisschen ab - angesichts von Steuermehreinnahmen in Höhe von 236 Millionen € nicht für ein haushaltspolitisches Verbrechen, 250 Lehrereinstellungen, die für die Jahre 2019 und 2020 geplant sind, in das Jahr 2018 vorzuziehen, 15 Millionen € mehr auszugeben und es dem Kultusminister, auch wenn er gar nicht so gierig ist, wie er sein sollte, zu ermöglichen, jeden Lehrer und jede Lehrerin, die er kriegen kann - er kriegt ja nicht automatisch für jeden welche - auch einzustellen; denn alle Lehrerinnen und alle Lehrer, die er heute nicht einstellt, kriegt er morgen ganz gewiss nicht mehr. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Dr. Schmidt, Herr Tullner hat sich noch einmal zu Wort gemeldet.

(Wulf Gallert, DIE LINKE: Mal sehen, ob er es jetzt versteht!)

Also, mein lieber Kollege Dr. Andreas Schmidt, bei dem Wort „brav“ habe ich ja schon gezuckt. Aber als das Wort „gierig“ fiel, habe ich das jetzt irgendwie nicht ganz verstanden. Ich wollte an der

Stelle eigentlich nur darauf hinweisen, dass wir uns in der Regierung einen Politikstil angewöhnt haben, dass wir hart um die Sache ringen, das gemeinsam mit unseren regierungstragenden Fraktionen auch machen und dann zu Beschlusslagen kommen, die wir dann auch gemeinsam tragen. Das haben, glaube ich, die Beratungen über den letzten Doppelhaushalt eindeutig gezeigt.

Deswegen wollte ich Sie eigentlich nur fragen, wie Sie zu der aus meiner Sicht völlig unverständlichen Einschätzung kommen, dass ich irgendwie einerseits brav und andererseits gierig bin. Das habe ich nicht verstanden.

(Wulf Gallert, DIE LINKE: Nicht gierig! - Dr. Verena Späthe, SPD: Das hat er nicht gesagt! Nicht so!)

Nicht gierig.

Verehrter Herr Dr. Schmidt, Sie haben noch einmal das Wort.

In meinem Handbuch von Politik steht, dass Ressortminister schauen müssen, dass sie bei der Verteilung der knappen Ressourcen aufpassen, dass ihre Ressorts auch bedacht werden.

(Minister André Schröder: Das haben sie doch auch gemacht!)

Wir wissen, dass wir mehr Lehrerinnen und Lehrer gebrauchen könnten. Wir finden irgendwie heraus - da bin ich im Moment nicht ganz auf dem Laufenden -, wie viele Schülerinnen und Schüler wir mehr haben, als wir geplant haben, und wie sich die Unterrichtsversorgung im Moment tatsächlich strukturell darstellt; da ist die Wahrheitsfindung ja irgendwo zwischen totaler Beruhigung und großem Alarm.

Jetzt ist es so: Jetzt kann möglicherweise das Landesschulamt tatsächlich im Moment gar nicht für jede Ausschreibung, die es macht, alle Stellen zu besetzen. Wenn es aber zum Beispiel nicht zu Dauerausschreibungen übergehen kann, weil es dafür keine Haushaltsermächtigung hat, die zum Beispiel durch 250 vorgezogene Einstellungen zu bewerkstelligen sein könnte - bei anderen Ideen sind wir gern dabei -, dann kann es passieren - das ist in den letzten Jahren immer wieder passiert -, dass Kandidatinnen und Kandidaten, die sich hier beworben haben oder hätten, nicht eingestellt werden konnten, weil man entweder nicht genügend Stellen oder gerade keine Ausschreibung gemacht hatte.

Diesen Zustand können wir uns nicht mehr leisten, weil wir in den nächsten Jahren in eine Situation kommen werden, in der wir wirklich netto keine Bewerberinnen und Bewerber auf Ausschreibungen mehr finden werden. Deswegen sage ich: Jeden und jede, die wir heute kriegen können, müssen wir einzustellen versuchen, auch wenn sich dies zwei Jahre vor dem eigentlichen VZÄ-Stellenbedarf darstellt, der mal geplant gewesen ist.

(Beifall bei der SPD)

Wenn das Ressort das nicht verlangt: Keine Sorge, der Haushaltsgesetzgeber wird darauf aufpassen.

(Zuruf von der AfD)