Protokoll der Sitzung vom 24.11.2017

Es gibt keine Fragen. Ich danke der Ministerin für die Ausführungen. - Für die SPD-Fraktion spricht die Abg. Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt gegen Frauen, treten seit mehr als drei Jahrzehnten weltweit Menschen für die Beseitigung von Diskriminierung und Gewalt an Frauen ein. Auch in Deutschland erlebt jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben körperliche und/oder sexuelle Gewalt. Diese Gewalt findet in der Mitte der Gesellschaft statt. Betroffen sind Frauen jeden Alters und jeder sozialen Schicht.

Deshalb möchte ich an der Stelle dem Landesfrauenrat und der Landtagspräsidentin dafür danken, dass soeben in der Mittagspause heute schon zum 14. Mal die Gedenkstunde anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt gegen Frauen im Landtag stattgefunden hat.

Die Themen der letzten Jahre zeigen, wie viele Facetten das Thema Gewalt hat. Auch in diesem Hohen Hause haben wir in den letzten Jahren oft nach Lösungen gesucht, aber auch Konzepte gerade für eine bessere Prävention gefunden.

Das Thema des heute zur Diskussion stehenden Antrages zur sexuellen Belästigung wird im Moment nicht nur in den sozialen Netzwerken hoch emotional diskutiert. Es stand - auch das hat die Abg. Frau von Angern hier gesagt - in diesem Hohen Haus immer wieder auf der Tagesordnung.

Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass auch ich und meine Fraktion jede Form sexueller Gewalt und Belästigung verurteilen und sich für eine stärkere Sensibilisierung einsetzen. Ja, auch wir sehen Handlungsbedarf.

Der Hashtag „#MeToo“ hat Frauen Mut gemacht, über ihre eigenen Erfahrungen zu sprechen. Sie erzählen von ihrer Angst, von ihrer Scham, sie finden Schutz in der Menge der anderen. Warum haben sie so lange geschwiegen? Das Schweigen hat denselben Grund wie die Belästigung selbst. Es sind Machtstrukturen, in denen die einen Grenzen, auch strafrechtliche Grenzen, überschreiten können, ohne dass sie dafür belangt werden, und andere so wenig Macht haben, dass man ihnen erst gar nicht zuhört.

Ich bin froh, dass wir in den letzten Jahren auch im Rechtsbereich einiges verbessern konnten. Spätestens nach der Silvesternacht in Köln war das, was jahrzehntelang diskutiert wurde, endlich umsetzbar. Nein heißt jetzt wirklich nein.

Rechtliche Maßnahmen allein reichen aber nicht aus. Auch an dieser Stelle hat Sachsen-Anhalt eine intensive Analyse vorgenommen und hat in dem Landesprogramm für ein geschlechtergerechtes Sachsen-Anhalt in dem Handlungsfeld „Anti-Gewalt-Arbeit“ eine Vielzahl von Vorschlägen unterbreitet im Hinblick auf den Zugang zu besserer Beratung und Information, auf Unterstützung auch für Jungen und Männer, auf eine verbesserte Täterarbeit und auf Gewaltschutzprogramme.

Mich interessiert, wie diese Maßnahmen umgesetzt worden sind, welche Veränderungen daraus resultieren. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch daran erinnern, dass wir uns gemeinsam im Koalitionsvertrag vorgenommen haben, das Landesprogramm zu evaluieren und fortzuschreiben. Ich nehme die Ministerin beim Wort. Sie hat eben zu Recht gesagt, wir lassen in unseren Anstrengungen nicht nach. Dazu gehört eben auch, dass die Dinge, die wir beschlossen haben, umgesetzt werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt auch hierzu keine Fragen. Ich danke Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen für die Ausführungen. - Für die AfD spricht der Abg. Herr Poggenburg. Herr Poggenburg, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Werte Abgeordnete! In Anlehnung an den Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen ist es schon legitim, wenn man das Thema auch im Plenum aufmacht. Das wollen wir zunächst einmal ganz klar festhalten.

Auf die Art und Weise kommt es aber an und auf die Antragstellung. Wenn ich in Ihrem Antrag lese, werte Fraktion DIE LINKE, dass es in unserer Gesellschaft eine ungenügende Sensibilisierung zu diesem Thema sexuelle Belästigung gibt, dann muss ich sagen, das ist schlichtweg falsch; denn das Thema verfolgt uns wöchentlich, ich möchte fast sagen, täglich.

Dann von ungenügender Sensibilisierung zu sprechen, entlarvt Ihren Antrag als das, was er ist: wieder einmal eine unerträgliche linke Propagandamasche und nicht mehr und nicht weniger.

(Beifall bei der AfD)

Es hätte mir sehr gefallen, wenn heute unsere Abg. Frau Lydia Funke, die leider krank geworden ist, an dieser Stelle gesprochen hätte und Ihnen einmal die Meinung als Frau gesagt hätte.

Ich kann das nur bedingt. Ich sage Ihnen aber eines ganz klar: Es gibt sehr viele starke Frauen dort draußen. Diese Frauen fühlen sich dadurch, dass das Thema von der linken Seite ständig aufgemacht wird, dass die Frauen ständig als Opfer, als schwach, als hilfsbedürftig dargestellt werden,

(Zuruf von der LINKEN)

und die sich im Grunde genommen verstanden fühlen wollen als emanzipierte Frauen, die sich nicht bevormunden lassen wollen durch die linke Seite, von dieser Masche mittlerweile wirklich angeekelt. Ich kann diese Frauen verstehen, liebe LINKE.

Wir haben von Frau von Angern gehört, dass Personen, die die gewohnte Geschlechterrolle verletzen, vermeintlich Ansehensverluste erleiden. Das möchte ich einmal umdrehen. Frauen, die die Geschlechterrolle selbst ausgewählt erfüllen, erleiden von Ihrer linken Seite Ansehensverlust; und da liegt das Problem.

(Zustimmung bei der AfD)

Wenn Sie es ehrlich und ernst mit Ihrem Antrag und mit Ihrem Anspruch meinen würden, dann würden Sie angesichts der vielen, vielen Gewalt und den vielen, vielen sexuellen Übergriffen durch

Asylsuchende, durch Migranten ganz anders agieren. Dann würden Sie gemeinsam mit der AfD dagegen vorgehen. Denn dadurch hat das eine neue Qualität erlangt. Es wurde gerade vorhin richtig angesprochen: Wir brauchen nur nach Köln zu schauen. Das ist doch das eigentliche Problem. An dieser Stelle sind Sie aber ganz still.

Linke Politiker, die Frühsexualisierung in den Schulen vorantreiben wollen, kommen hier mit angeblich sexueller Belästigung und wollen dagegen vorgehen. Das ist Heuchelei in Reinform, und das nimmt Ihnen da draußen niemand ab. - Danke.

(Beifall bei der AfD)

Herr Poggenburg, Herr Striegel hat eine Frage.

Ich konnte es mir doch fast denken.

Herr Striegel, Sie haben das Wort.

Herr Poggenburg, es ist eine Zwischenintervention. Ich finde es unsäglich, wie Sie an dieser Stelle versuchen, das Thema Aufklärung von jungen Menschen bei dem Thema sexualisierte Gewalt, bei dem Thema sexuelle Belästigung an Frauen quasi in Stellung zu bringen. Es geht bei diesem Thema eben gerade darum, junge Menschen starkzumachen, damit sie in Widerspruch gehen können und sagen können, nein, das will ich nicht, und damit sie Menschen, die übergriffig sind, etwas entgegenzusetzen haben. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - André Poggenburg, AfD: Sie machen keine jungen Menschen stark!)

Herr Dr. Schmidt, haben Sie eine Frage oder eine Kurzintervention?

Eine Frage.

Herr Poggenburg, Herr Dr. Schmidt hat eine Frage. Herr Dr. Schmidt, Sie haben das Wort.

Herr Poggenburg, unzweifelhaft ist, dass Sie von Frauen etwas verstehen. Das haben Sie jetzt sogar selbst zum Ausdruck gebracht.

(Uwe Harms, CDU: Der Frauenversteher ist ein anderer!)

Ich habe eine ganz sachliche Frage. Sie haben sinngemäß ausgeführt: Wenn Frauen ihre Geschlechterrolle selbst gewählt ausfüllen. Worin besteht aus Ihrer Sicht die Geschlechterrolle einer Frau?

Ich mache das an der Auslegung fest, die von den LINKEN getroffen wurde; denn sie haben die Vorlage geliefert und haben eine Rollenverteilung vorgegeben. Fragen Sie die Kollegen, wie sie es meinen.

Ich habe nur gesagt, dass man das genauso umkehren kann und sagen kann, dass Frauen, die sich eben nicht so verhalten, wie es die linken Politiker gern haben wollen oder gern hätten, durch diese einen Ansehensverlust erleiden. Das ist, ganz ehrlich gesagt, beschämend, und es zeigt, wie unehrlich dieses Thema von Ihnen gespielt wird.

Herr Dr. Schmidt hat eine Nachfrage.

Ich habe eine Bemerkung. Herr Poggenburg, Sie verstehen auch etwas von Worten. Genau das haben Sie nicht gesagt. Die Art, wie Sie sich immer herausreden, ist möglicherweise männliches Redeverhalten.

(Zustimmung bei der LINKEN, von Rüdiger Erben, SPD, und von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Das weiß ich nicht genau, davon verstehe ich nicht genug, aber es ist eines Parlaments unwürdig.

(Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Ich möchte von Ihnen wissen, was denn männliches Redeverhalten ist.

(Zurufe von der LINKEN und von der SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abg. Frau Lüddemann. Frau Lüddemann, Sie haben das Wort.

(André Poggenburg, AfD: Linkes Schubla- dendenken! - Robert Farle, AfD: So ein Blech!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Nach der deutschen Aufschreidiskussion hierzulande bricht sich verbunden mit der #MeToo-Diskussion international eine Diskussion bahn, die bei mir zwei sehr gegensätzliche Gefühle auslöst.

Zum einen das Erschrecken darüber, wie alltäglich und weit verbreitet sexuelle Nötigung, sexuelle Übergriffe, sexualisierte Gewalt in der westlichen Welt - vermutlich überall, aber darüber haben wir leider weniger Befunde - heutzutage immer noch ist. Vom britischen Parlament über die Medienwelt der USA bis in hiesige Büros und leider Gottes, wir mussten es eben wieder feststellen, auch bis in diesen Landtag hinein. Das paart sich mit der Verwunderung über das Erstaunen vieler, sind doch das alles leider keine neuen Befunde.

Gleichzeitig bin ich froh und sogar hoffnungsvoll durch diese Debatte. Endlich werden diese einzelnen, individuellen Erfahrungen massiv in die Öffentlichkeit getragen. Endlich kommt es zur Sprache, was Tausenden von Frauen und auch einigen wenigen Männern - man denke etwa an den Fall von Kevin Spacey - widerfährt.