Protokoll der Sitzung vom 01.06.2016

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Herr Gebhardt, Ihr kulturpolitisches Fazit teile ich ausdrücklich nicht.

„Händel stellt Halle auf den Kopf“, das konnte man in der letzten Woche in der Zeitung lesen. Dies ist das Motto der diesjährigen Händel-Festspiele, und es zeigt, wie lebendig sich dieses Festival als ein Beispiel von Kultur in Sachsen-Anhalt entwickelt hat.

Es zieht nicht nur Gäste aus der Region und überregional, also aus anderen Bundesländern und aus anderen Ländern Europas, an, sondern ist auch für die Hallenser selbst ein Highlight.

Kultur ist eben mehr als nur eine Theater- und Orchesterlandschaft. Deswegen war es die Aufgabe des Kulturkonventes, die Kulturlandschaft in Sachsen-Anhalt insgesamt zu betrachten und sich nicht ausschließlich auf die Theater- und Orchesterlandschaft zu fokussieren.

Ich glaube, die Diskussionen haben auch gezeigt, dass die reiche Kultur, die wir in Sachsen-Anhalt haben - das sollten wir nicht kleinreden -, natürlich Fragen aufwirft, weil nicht alle diese reiche Kultur nur als Chance sehen, sondern eben auch gefragt wird, wie so viel Kultur auch in Zukunft noch finanziert werden kann.

Deshalb finde ich es auch richtig und wichtig, dass die Koalitionspartner dem Bereich Kultur einen sehr hohen Stellenwert in der Koalitionsvereinbarung eingeräumt haben. Darin steht ausdrücklich, dass die Koalitionspartner in dieser Legislaturperiode auf der Grundlage des Landeskulturkonzeptes Sorge dafür tragen werden, einerseits die finanzielle Basis öffentlich geförderter Kultur zu verbessern und andererseits die Entwicklung der Kulturwirtschaft zu fördern. Dafür soll in Zukunft 1 % des Landeshaushaltes, mindestens aber 1 Million € zur Verfügung stehen.

Das ist genau die Forderung, die der Deutsche Bühnenverein - Landesverband Ost im Rahmen der Diskussion gestellt hat. Diese Forderung haben wir im Rahmen der Koalitionsvereinbarung verankert. Wir bekennen uns eindeutig zu allen Standorten. Das heißt, es wird keine Strukturdis

kussion mehr geben und es gibt die Dynamisierung der Zuwendung. Genau das war uns nämlich wichtig. Auch Herr Robra hat schon darauf hingewiesen.

In der Vergangenheit war es so, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegenüber dem Tariflohn, der ihnen eigentlich zustand, bis zu 30 % Einbußen zu verzeichnen hatten. Ich finde das mit Blick auf die hoch qualifizierte Arbeit, die unsere Künstlerinnen und Künstler leisten, einfach nicht fair. Ich finde es auch ungerecht, dass sie im Rahmen dieser Haustarifverträge in den letzten Jahren so viel „schlucken“ mussten. Deshalb soll im Rahmen des Strukturprozesses jetzt endlich auch eine tarifgerechte Bezahlung der Kolleginnen und Kollegen erreicht werden.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Der Dialog hat stattgefunden. So wie ich Herrn Robra kenne, wird dieser Dialog auch in Zukunft stattfinden. Deshalb bin ich mir sicher, dass auch im Hinblick auf die Situation der Theater in Dessau-Roßlau, in Eisleben und in Halle, die Sie ausdrücklich angesprochen haben, wenn notwendig, Unterstützung geleistet wird. Der Antrag liest sich, als ob Sie das, was jetzt als Ergebnis der Strukturdebatte festgeschrieben worden ist und in den konkreten Zuwendungsverträgen für die Zeit bis 2018 fixiert worden ist, wieder aufschnüren wollen.

Ja, der Kulturkonvent war eine gute Idee. Nicht alles das, was an Empfehlungen aufgeschrieben worden ist, spiegelt sich ausdrücklich in der Koalitionsvereinbarung wider. Aber ich glaube, die finanziellen Spielräume sind hierin eindeutig so beschrieben, dass sie tatsächlich größer werden. Das gilt nicht nur für die festen Häuser, sondern es gilt genauso für die freien Theater, bis hin zu der Frage, wie man Kinder- und Jugendtheater gestalten kann.

Der Antrag ist in dieser Form nicht ganz eindeutig. Das könnte man so auslegen, dass Sie sich ein eigenständiges Landeskinder- und Jugendtheater wünschen. Wo soll das denn sein? - In Halle, in Magdeburg, in Stendal oder in Dessau?

(Swen Knöchel, DIE LINKE: In Eisleben! - Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff: In Wittenberg!)

- In Eisleben? - Dann wäre das aber ein standortgebundenes staatliches Theater an einem Ort und hätte nicht die Möglichkeit, die Sie sich sicherlich wünschen, die Angebote flächendeckend für alle Kinder und Jugendliche zu ermöglichen.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Theaterpäda- gogische Angebote!)

Insofern brauchte man wahrscheinlich eher ein mobiles Theater.

(Zustimmung von Swen Knöchel, DIE LINKE)

Richtig ist: Es gibt auch heute Kinder- und Jugendtheaterangebote im Zusammenhang mit Vereinen in der Region. Auch diese sollen in Zukunft finanziell gestärkt werden. Daher haben wir in unserem Änderungsantrag ausdrücklich aufge

schrieben, dass es uns wichtig ist, dass an dieser Stelle eine bessere Vernetzung erfolgt, dass man die Angebote koordiniert und auch prüft, inwieweit landesweite Aktionen möglich sind, sodass nicht immer nur punktuell Kinder- und Jugendtheater stattfindet, sondern dass es wirklich einmal größere Aktionen gibt, bei denen festgestellt werden kann: Ja, das ist Kinder- und Jugendtheater; das findet in Sachsen-Anhalt flächendeckend statt. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen, Herr Gebhardt hat eine Frage.

Das dachte ich mir schon.

Vielen Dank. - Frau Kolb-Janssen, Ihre Einschätzung in Bezug auf Haustarifverträge teilen wir vollständig. Wir begrüßen ausdrücklich, dass eine - das haben wir auch in der letzten Legislaturperiode immer laut gesagt - Dynamisierung verankert ist, dass sich das Land an den Tarifaufwüchsen beteiligt und dass Haustarife eigentlich der Vergangenheit angehören sollten. Diese Ansicht teilen wir vollständig.

Haustarifverträge sind aber nicht entstanden, weil Theater oder Orchester zu viel Geld hatten, sondern weil sie zu wenig hatten. Können Sie mir jetzt die Logik erklären, wie man an die Geschichte herangeht und sagt, Haustarifverträge wollen wir abschaffen, indem wir den Häusern noch weniger Geld geben? Diese Logik haben Sie gerade begründet und auch Herr Robra hat sie begründet. Sie haben gesagt - das war ein Ziel der ganzen Sache -, wir haben uns die Häuser vorgenommen, in denen Haustarifverträge geschlossen worden sind und in denen bei den Beschäftigten 30 % Gehaltsverzicht Realität waren. Diese Logik verstehe ich nicht.

Ich habe eine Frage zu Ihrem Änderungsantrag. In Punkt 2 steht:

„Des Weiteren wird die Landesregierung gebeten, mit den bestehenden Kinder- und Jugendtheatern eine Möglichkeit von landesweiten Aktionen zu prüfen.“

Nachdem bisher alle Redner betont haben, dass das letzte eigenständige Kinder- und Jugendtheater, das Thalia in Halle, nicht mehr eigenständig ist, würde ich von Ihnen gern wissen, welche Kinder- und Jugendtheater schweben Ihnen denn bei den landesweiten Aktionen vor?

Zu letzterem Punkt. Es gibt eine Reihe von Kinder- und Jugendtheatern, die an Kulturzentren angebunden sind. Dies wäre für uns ein Ausgangspunkt zu überlegen, wie man sie vernetzen kann, wie man mit ihnen ins Gespräch kommt, damit sie eine überregionale Ausstrahlung haben bzw. Veranstaltungen gemeinsam durchführen können.

Was die Tarifverträge betrifft, war die Logik einfach die, dass Strukturreformen notwendig sind, um Gelder freizumachen, damit die Kolleginnen und Kollegen tarifgerecht bezahlt werden können.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen, ich bedanke mich für Ihren Redebeitrag. - Als Nächster spricht Herr Backhaus von der AfD.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst zu dem Änderungsantrag der Regierungsfraktionen kommen. Grundsätzlich ist dazu zu sagen: Wir als AfD lehnen diesen Antrag ab.

Sie haben bereits mit Ihrem Kürzungsbeschluss für die Theater, speziell für die Theater in Eisleben - Herr Gebhardt hat es im Einzelnen erwähnt -, in Halle und in Dessau, im Jahr 2014 dafür gesorgt, dass die Kultur in unserem Land schlicht und einfach heruntergefahren wird.

Kultur ist wichtig. Wir brauchen Kultur. Wir brauchen Kultur in allen Ebenen, obwohl wir hier nur von Kultur im Zusammenhang mit Theater und Orchester etc. sprechen. In Ihrem Antrag steht, dass Sie erst im Jahr 2018 wieder darüber verhandeln oder wieder darüber reden wollen. Das ist einfach ein Aufschieben; mehr ist das nicht.

Wenn Sie sagen, ich werde im Dezember oder am Jahresende im Ausschuss für Bildung und Kultur berichten, dann stellt sich die Frage: Was wollen Sie berichten, wenn Sie nicht vorhaben, bis dahin etwas zu unternehmen oder etwas zu ändern? - Ich will gar nicht weiter auf diesen Antrag eingehen.

Grundsätzlich ist es so, dass die AfD Kürzungen im Kulturbereich prinzipiell ablehnt.

(Zuruf von Andreas Steppuhn, SPD)

Im Gegenteil: Es ist so, dass eine Absicherung, eine maßvolle Erhöhung der Mittel geboten wäre.

Ich gebe zu bedenken: Im Vergleich zu den Unsummen, die unsere Regierung für die sozialstaatlichen Umsorgungsmaßnahmen - so will ich es einmal bezeichnen - unserer Wohlstandsflüchtlinge ausgibt,

(Andreas Steppuhn, SPD: Jetzt kommt es! - Angela Gorr, CDU: Das passt aber in die- sem Zusammenhang nicht! - Unruhe)

sind die Summen, um die im Kulturbereich gekürzt wird bzw. gekürzt worden ist, lächerlich. Das muss man einfach verdeutlichen.

Wir haben genügend Geld. Es liegen verschiedene Anträge vor, die noch zu beraten sind, in denen es um größere Summen Geld für unsere zugewanderten Mitbürger geht.

Es ist nicht ganz einfach, das Theater einfach nur mit mehr Geld zu fördern. Die Krise des Theaters ist eigentlich keine Krise des Geldes, sondern, ich sage einmal, der Mentalität.

(Unruhe)

Wir müssen ganz einfach die Frage nach der Kultur insgesamt beantworten. Sicherlich ist das, was Sie sagen, richtig: Wir müssen gemeinsam Pläne oder Konzepte innerhalb der einzelnen Theater - ich schließe die Orchester mit ein - erarbeiten.

Was bedeutet eigentlich Kultur? Was wollen wir? Welche Kultur wollen wir haben? Soll die Kultur die deutsche Identität fördern?

Nach dem vorliegenden Antrag der LINKEN ist es eigentlich so, dass die Hochkultur von Eliten gefördert wird. Aber die Kultur sollte für die breite Masse unseres Volkes sein.

(Unruhe)

Es sollte eine breite Diskussion über unsere Kultur geführt werden, nämlich darüber, wer wir sind und was wir wollen. Das ist ganz wichtig.

Eine Bestandsaufnahme über die kulturelle Situation in unserem Land ist nötig. Wir müssten damit eigentlich im Kindergarten bei den Dreijährigen beginnen; denn die Dreijährigen und unsere Schulkinder sind unsere Zukunft und sie werden zukünftig die Vorführungen in den Theatern und Orchestern etc. besuchen. Das Theater muss wieder zu einem volkspädagogischen Anspruch zurückfinden.