In der damaligen Debatte haben die Abgeordneten dies auch gelobt. Sie haben gesagt, ja, es sei ein Quantensprung, es sei ein Paradigmenwechsel. Sie haben aber auch darauf hingewiesen, dass es eben ein Konzept sei, das man nicht mit einem Fingerschnipsen von heute auf morgen umsetzen könne, sondern dass es bestimmte Abstimmungsprozesse im Rahmen von Netzwerken in den jeweiligen Regionen voraussetze. Es braucht also Zeit.
Ich muss gestehen, ich kann im Moment nicht nachvollziehen, worauf sich die Kritik an der Umsetzung tatsächlich bezieht; denn in der Begründung des Antrags heißt es, es werde befürchtet, dass die eigentlich sehr begrüßenswerte und gute Entwicklung eines Neukonzeptes durch das Kultusministerium dadurch konterkariert und in der Umsetzung gefährdet werde, dass die Abstimmung ausgeblieben sei.
Der Bildungsminister hat uns eben dargestellt, dass genau das nicht passiert sei, sondern dass die Schritte zur Umsetzung seitens des Kultusministeriums tatsächlich getan worden seien, sodass es aus meiner Sicht nun an den Beteiligten ist, ihre Verantwortung wahrzunehmen und dieses Konzept durch ein gemeinsames Wirken umzusetzen.
Ich glaube, dass in der Januarsitzung des Sozialausschusses eine gute Gelegenheit dafür besteht, dieses noch einmal anzusprechen, weil dann über den neuen Psychiatriebericht diskutiert wird. Vielleicht kann man den Finger dann noch einmal in die Wunde legen.
Ich sehe keinen konkreten Handlungsbedarf für dieses Hohe Haus; denn wir haben unsere Arbeit gemacht. Die Arbeit, die jetzt zu tun ist, müssen andere tun. Deshalb lehnen die Koalitionsfraktionen diesen Antrag ab. - Danke.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kollegen! Die Rufe nach Gleichberechtigung sind in Sachsen-Anhalt seit einigen Jahren, wie wir alle wissen, kaum zu überhören. Und kein Geld der Welt ist zu schade, um diese Gleichberechtigung auch bis in den letzten Winkel umzusetzen.
Umso beschämender und umso trauriger ist es meiner Meinung nach, dass wir bis heute keine ausreichende Gleichberechtigung bei der Beschulung von Kindern mit psychischen Erkrankungen haben. Das ist einfach eine traurige Realität, wenn man mit den Betroffenen spricht, obwohl dieses Problem, wie wir gerade besprochen haben, seit Jahren bekannt ist.
Ich möchte zunächst Frau Gorr zitieren, die im Namen der CDU bereits im Jahr 2015 zum selben Thema sprach - ich zitiere -:
„Den wesentlichen inhaltlichen Forderungen wurde, wenn auch mit gewisser zeitlicher Verzögerung, entsprochen. Insbesondere wurde auf der Grundlage von Fachgesprächen mit den und innerhalb der betroffenen Ministerien ein Konzept erarbeitet und vorgelegt, über das ebenfalls intensiv beraten wurde.
Abschließend möchte ich sagen, dass wir dieses Thema nicht aus den Augen verlieren sollten; denn schließlich geht es darum zu sehen, wie dieses Konzept letztlich positiv umgesetzt wird.“
Ich stelle mir die Frage: Warum stehen wir denn heute hier und diskutieren noch einmal über dieses Thema? - Es wurde eben nicht korrekt umgesetzt und auch entgegen Ihren Ausführungen gerade ist in der Realität genau das Gegenteil der Fall; denn wenn man mit den Betroffenen spricht, dann ist die Umsetzung nahezu nicht erfolgt. Es stellt sich für mich die Frage, warum das nicht passiert ist.
Sie haben es als CDU im Jahr 2015 gesagt. Sie waren und sind immer noch stärkste Kraft und haben es entsprechend in Ihrer Hand. Es liegt einfach daran, dass beraten und beraten und beraten wird. Es wird diskutiert und diskutiert, aber, wie gesagt, vor Ort ist nach Gesprächen mit den Betroffenen nicht viel angekommen.
In der Realität ist es so, dass viele psychisch erkrankte Jugendliche nicht ausreichend beschult werden. Deswegen sprechen wir hier ja auch darüber. Und das trotz der Schulpflicht, die natür
lich für alle Kinder gilt, und trotz des großen Geschreis nach Chancengleichheit und Gleichberechtigung in unserer Gesellschaft.
Deswegen möchten wir dem Antrag in vollem Umfang zustimmen; denn ja, wir brauchen Chancengleichheit bei der Bildung für Kinder mit psychischen Erkrankungen und für gesunde Kinder. Und ja, das Beschulungskonzept aus dem Jahr 2014 muss schnellstmöglich an die aktuelle Lage angepasst und umgesetzt werden. Und ja, auch die Fachdefinition der PSAG muss berücksichtigt werden und als Grundlage für die Lösungsvorschläge dienen.
In diesem Zusammenhang ist nun auch endlich die Zuständigkeit zu klären. Das ist ja das große Problem, warum es in der Realität anders aussieht, als dies hier besprochen wird. Oft wird die Zuständigkeit für die Betroffenen zwischen Kultus- und Sozialministerium hin und her geschoben und die Betroffenen wissen nicht, wer wirklich dafür verantwortlich ist. Das kann in der Praxis einfach nicht so sein.
Wir brauchen endlich eine ausreichende und an die Entwicklung angepasste Wochenstundenzahl an den Kliniken und wir müssen die Therapie und die Beschulung besser miteinander verbinden.
Außerdem müssen die Lehrkräfte optimal mit Mitteln ausgestattet werden, damit die Unterrichtsversorgung entsprechend realisiert werden kann, und sie müssen sich darauf verlassen können, dass ihnen diese Mittel a) zur Verfügung gestellt werden und sie b) die Möglichkeit zu einer Weiterbildung haben.
Abschließend: Einrichtungen, egal welcher Größe, müssen sich auf diese Ressourcen verlassen können, damit einer gerechten und fairen Beschulung von psychisch erkrankten Kindern und Jugendlichen Sorge getragen wird. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Abg. Siegmund. Es gibt keine Anfragen. - Als nächster Debattenredner spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Abg. Herr Aldag. Bitte.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Krankenhausunterricht für Kinder mit langwierigen psychischen Erkrankungen wäre auch ohne den Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema geworden; denn traditionell steht der Psychiatriebericht auf der Tagesordnung der So
zialausschusssitzung im Januar. Im aktuellen Bericht wird der Krankenhausunterricht explizit angesprochen.
Die Kolleginnen und Kollegen aus dem Sozialausschuss werden also gleich im nächsten Monat ein Fachgespräch zu diesem Thema haben. Für die Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitiker der Fraktionen wäre eine Teilnahme an dieser Sitzung sicherlich gewinnbringend,
Eine entsprechende Einladung an den Bildungsausschuss und an das Ministerium ist übrigens seitens der Obleute des Sozialausschusses an den Vorsitzenden Herrn Siegmund bereits herangetragen worden. Ich kann daher an meine Kolleginnen und Kollegen nur appellieren, daran teilzunehmen.
Gemäß dem Ministerium gibt es zwar keinen aktuellen Handlungsbedarf. Daher lehnen wir den Antrag der Fraktion DIE LINKE an dieser Stelle auch ab, aber vielleicht ergeben sich im Rahmen des Fachgespräches wider Erwarten doch Punkte, die ein weiteres parlamentarisches Handeln nötig machen. Daher wäre es gut, wenn der federführende Ausschuss dies gleich aus erster Hand erfahren würde.
Zumindest für meine Fraktion möchte ich deutlich machen, dass das Thema mit der Ablehnung des Antrags der Fraktion DIE LINKE heute für uns mitnichten erledigt ist. Vielmehr ist es immer gut, bei Meinungsverschiedenheiten oder Streitigkeiten alle beteiligten Akteure zu Wort kommen zu lassen, bevor man sich abschließend eine Meinung bildet.
Das werden wir in der Januarsitzung des Sozialausschusses, wie gesagt, machen. Dazu braucht es nicht den in Rede stehenden Antrag der Fraktion DIE LINKE. Die fachliche Auseinandersetzung mit dem Thema findet also statt.
Ich kann Ihnen versichern, sollte sich im Fachgespräch doch Handlungsbedarf ergeben, dann wird die Kenia-Koalition auch tätig, dann sind wir als Land eindeutig in der Pflicht; denn Ausgangspunkt der ganzen Debatte ist schließlich das Recht jedes Kindes auf Schulbildung oder, anders gesagt: Die Schulpflicht zu erfüllen und diese für alle Kinder zu gewährleisten sollte für uns Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitiker die vornehmste Aufgabe sein. - Vielen Dank.
Bevor ich der nächsten Debattenrednerin das Wort übergebe, bitte ich Sie noch einmal inständig, Ihren Geräuschpegel weit abzusenken. Es ist tatsächlich sehr schwierig, auch für unsere beiden Damen und Herren hier vorn, all Ihre Worte einzufangen, damit wir diese auch später noch nachlesen können. Ich denke, mein Appell gilt für die Regierungsbänke ebenso wie für alle anderen.
Danke schön. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE - Umsetzung der Konzeption zum Krankenhausunterricht für Kinder mit langwierigen psychischen Erkrankungen - hat eine interessante und bedeutsame Überschrift, haben wir doch in der letzten Legislaturperiode intensiv über die Verbesserung des Krankenhausunterrichts beraten und auch über das vorliegende Konzept diskutiert.
Allerdings bin ich wieder einmal über einen Antrag der Fraktion DIE LINKE verwundert. Erstens hat sich Minister Tullner zum 23. Tätigkeitsbericht des sogenannten Psychiatrieausschusses inhaltlich geäußert. Zweitens werden wir im Januar 2018 im Sozialausschuss - es wurde schon erwähnt - über den 24. Tätigkeitsbericht aus dem Herbst dieses Jahres diskutieren.
Über die im Bericht geäußerte Kritik möchte ich als Bildungs- und Sozialpolitikerin zunächst mit den Fachleuten im Ausschuss diskutieren und dies dort auswerten.
Das Thema bleibt also im Blick. Wir als Bildungspolitiker und -politikerinnen werden uns natürlich des Themas annehmen, wenn dabei kritische Worte zum Ausdruck gebracht werden, die uns hier betreffen.
Der Antrag allerdings kommt aus meiner und aus unserer Sicht zum jetzigen Zeitpunkt zur Unzeit. Deshalb werden wir ihn auch ablehnen.