Es ist richtig, jetzt darüber zu diskutieren, wie dieses Erfolgsmodell auch nach dem Auslaufen des derzeitigen ESF-Förderzeitraumes weitergeführt werden kann. Aller Voraussicht nach werden die gesetzlichen Möglichkeiten des § 48 SGB III bestehen bleiben, was der BA auch weiterhin erlauben wird, ein solches gemeinsames Berufsorientierungsprogramm mit bis zu 50 % der Kosten mitzufinanzieren. Der Finanzierungsanteil des
Landes ist dafür noch zu klären. Die Landesregierung wird natürlich versuchen, hierfür auch im kommenden EU-Förderzeitraum ESF-Mittel zu akquirieren; denn wir sagen: Brafo darf nicht am Geld scheitern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin dankbar, dass der Landtag schon zu diesem frühen Zeitpunkt darauf dringt, die Finanzierung und Weiterführung von Brafo verbindlich abzusichern. Neben der finanziellen Absicherung ist es aus meiner Sicht aber genauso wichtig, dass es gelingt, Brafo zu einem selbstverständlichen und festen Bestandteil im Schulablauf weiterzuentwickeln. Dabei geht es vor allem darum, Brafo noch besser in die Berufsorientierungskonzepte der Schulen zu integrieren und zu einer Einheit mit den sonstigen schulischen Angeboten, insbesondere den obligatorischen Schülerbetriebspraktika, zu verschmelzen.
Ich freue mich auf die weitere Diskussion zur Weiterführung und Weiterentwicklung von Brafo und zur nachhaltigen Integration dieses Programms in den Schulalltag, die ich gern gemeinsam mit dem Kollegen Tullner mit Ihnen führen werde. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich sehe keine Fragen. Damit danke ich der Frau Ministerin für die Ausführungen. - Wir fahren in der Debatte fort. Für die CDU spricht der Abg. Herr Krull. Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema der Stärkung der dualen Berufsausbildung und der Berufsorientierung liegt der CDU-Landtagsfraktion sehr am Herzen. Sie ist zweifelsohne eines der Schlüsselelemente, warum die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland im europäischen Vergleich sehr niedrig ist, und sie ist wichtig für die Gewinnung der notwendigen Fachkräfte für den Wirtschaftsstandort Deutschland und Sachsen-Anhalt.
Wie sieht aber eigentlich der duale Berufsausbildungsmarkt in Sachsen-Anhalt aus? - Gemäß der letzten Statistik vom September 2017 gab es 12 264 Bewerberinnen und Bewerber um Ausbildungsstellen. Davon waren 338 zum 30. September 2017 nicht versorgt. Dem gegenüber standen 12 614 gemeldete Ausbildungsstellen, von denen 1 063 zum 30. September 2017 unbesetzt blieben. Das heißt, theoretisch konnte sich jeder
Nachdenklich macht auch die Tatsache, dass die Zahl der Unternehmen, die in Sachsen-Anhalt ausbilden, von 19,9 % im Jahr 2007 auf 14,4 % oder, anders ausgedrückt, auf 8 138 Betriebe gesunken ist, also insgesamt weniger Ausbildungsplätze angeboten werden. Der Hauptgrund ist sicher der Bewerbermangel aufgrund des demografischen Wandels.
Das Programm „Berufswahl richtig angehen, frühzeitig orientieren“, Brafo, geht dabei aus der Sicht unserer Fraktion den richtigen Weg. Aber es kann noch besser werden. So stärkt es bei den jungen Schülerinnen und Schülern das Wissen über das duale Ausbildungssystem und die vielen unterschiedlichen Berufswahlmöglichkeiten; denn die Auswahl an Ausbildungsberufen in Deutschland ist wirklich riesig. 327 anerkannte oder als anerkannt geltende Ausbildungsberufe stehen den jungen Menschen zur Verfügung.
Trotzdem blieben die beliebtesten Ausbildungsberufe - sicher auch aufgrund der Anzahl der angebotenen Ausbildungsstellen - über die vergangenen Jahre relativ gleich. Hier muss es das Ziel sein, sowohl den weiblichen als auch den männlichen Programmteilnehmern Alternativen zu vermeintlichen Frauen- bzw. Männerberufen aufzuzeigen und die Vielfalt deutlich zu machen. Dabei wird auch ein realistisches Bild des Ausbildungs- und Berufsalltags vermittelt und so manche Fehlbeurteilung beseitigt, um auch Ausbildungsabbrüchen vorzubeugen.
Gleichzeitig erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Chance, mehr über die eigenen Stärken und Schwächen herauszufinden, um gezielt daran zu arbeiten.
Da es aus unserer Sicht wünschenswert ist, dass dieses Programm, bisher finanziert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und der Bundesagentur für Arbeit, fortgeführt wird, ist der Ansatz des Antrages der LINKEN hierzu grundsätzlich richtig. Es freut uns natürlich besonders, wenn die LINKEN ein Programm einer CDU-geführten Landesregierung gut finden.
Wir sehen aber noch Ergänzungsbedarf und haben als regierungstragende Fraktionen einen Änderungsantrag gestellt. Ich habe Ihrer Rede entnommen, dass Sie diesem zustimmen werden.
(Eva von Angern, DIE LINKE: Wir machen es noch besser! - Thomas Lippmann, DIE LINKE: Wir machen noch mehr!)
- Sie werden es übernehmen? - Es ist ein klares Ziel, die verschiedenen Ansätze zur Berufsorientierung zusammenzuführen. Dazu gehört unter anderem die Einführung eines Kompetenzfeststellungsverfahrens, um den jungen Menschen die passenden Ausbildungsberufe zu vermitteln.
Zwei letzte Sätze. Selbstverständlich bleibt das Ziel, dass der finanzielle Anteil auch zukünftig aus Mitteln von Dritten, zum Beispiel ESF-Mitteln, gefördert wird. In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem vorliegenden Änderungsantrag und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, auch noch zu solch später Stunde.
Ich sehe keine Fragen. Damit danke ich Herrn Krull für die Ausführungen. - Für die AfD spricht der Abg. Herr Daniel Rausch. Sie haben das Wort.
Werter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! „Vertiefte Berufsorientierung langfristig sichern“ - das Programm Brafo, „Berufswahl richtig angehen, frühzeitig orientieren“, ist das derzeit meistgenutzte Programm zur beruflichen Orientierung der Schüler. Das Programm Brafo ist eine wichtige Schnittstelle zwischen Schule und Beruf. Durch das Erkunden der persönlichen Interessen, der Neigungen und Stärken im Modul 1 in der 7. Klasse sowie durch das praktische Ausprobieren in mehreren Berufsfeldern in Klasse 8 können sich Jugendliche ein erstes Bild über ihre berufliche Zukunft machen.
Es können falsche Vorstellungen von der Tätigkeit im jeweiligen Wunschberuf abgebaut und Alternativen zum jeweiligen Wunschberuf aufgezeigt sowie bereits erste Kontakte zu Unternehmen geknüpft werden. Die Jugendlichen werden merken, dass es keine geschlechterspezifischen Berufe mehr gibt. Immer mehr junge Frauen entscheiden sich zum Beispiel für einen Metallberuf.
Die richtige Berufswahl ist wichtig; denn es sollen natürlich Ausbildungsabbrüche verhindert werden. Durch das Programm haben die Unternehmen die Möglichkeit, potenzielle Auszubildende kennenzulernen und für ihren Beruf zu werben, um zukünftige Fachkräfte zu gewinnen. Den Schülern
muss bewusst sein, dass eine qualifizierte Berufsausbildung der erste Schritt in ein erfolgreiches Berufsleben ist. Unser Ziel muss es sein, allen ausbildungsfähigen und ausbildungswilligen Jugendlichen eine Chance auf eine qualifizierte Ausbildung zu geben.
Da eine EU-Förderung des Programms über 2020 hinaus bisher als unsicher gilt, ist es richtig, dass sich die Landesregierung frühzeitig mit der Finanzierung des Programms beschäftigen sollte.
Sicher könnte man nochmals über die inhaltliche Gestaltung des Programms nachdenken, insbesondere über die Ausgestaltung im Modul 2. Ich würde es besser finden, wenn man pro Schulhalbjahr eine Woche Betriebspraktikum anbieten würde. So könnte man nochmals Erfahrungen in einem etwas anderen Beruf sammeln. Eine Ausweitung auf Klasse 9 wäre natürlich auch denkbar. Ich habe gehört, es wird darüber nachgedacht, dies eventuell inhaltlich anzugehen.
Ich sehe keine Fragen und danke Ihnen, Herr Abg. Daniel Rausch, für Ihre Ausführungen. - Für die GRÜNEN spricht der Abg. Herr Aldag. Sie haben das Wort.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist immer gut, wenn die Opposition erkennt, dass die Landesregierung eine gute Arbeit macht.
Das bestehende Programm „Berufswahl richtig angehen, frühzeitig orientieren“, kurz: Brafo, wird in Ihrem Antrag in hohen Tönen gelobt
und folgerichtig die diesbezügliche Verabredung aus dem Koalitionsvertrag aufgegriffen, dieses Programm über die laufende ESF-Förderperiode hinaus weiterzuführen. Dazu gibt es in der Sache nichts mehr zu sagen. Trotzdem haben wir mit dem vorliegenden Änderungsantrag zwei kleine, aber wichtige Ergänzungen vorgenommen. Mit diesen ist Ihr Antrag dann stimmig.
junge Menschen überhaupt erst einmal mit der breiten Palette an Berufen bekannt. Es darf aber nicht nur bei diesem reinen Wissenserwerb bleiben; denn nur mit einer unüberschaubaren Zahl von Optionen konfrontiert zu werden, kann leicht überfordern.
Daher ist mir die Ergänzung im neuen Punkt 3 c) besonders wichtig: das Kompetenzfeststellungsverfahren. So können junge Menschen noch besser darin unterstützt werden, ihre eigenen Stärken und Vorlieben zu erschließen. Im besten Fall stärken wir so das Wissen um die bestehenden Wahlmöglichkeiten sowie eigene Vorlieben und Fähigkeiten. Damit legen wir den Grundstein für wirklich persönliche Entscheidungen bei der Berufswahl. Dies scheint nämlich oftmals noch nicht der Fall zu sein. Im aktuellen Bildungsbericht vom Juli 2017 heißt es beispielsweise:
„Das Berufswahlverhalten von jungen Frauen und Männern orientiert sich, sofern man auf die Ebene der zahlenmäßig stark nachgefragten Ausbildungsberufe blickt,
Auch konzentriert sich die Berufswahl noch stark auf eine kleine Anzahl klassischer Ausbildungsberufe, wie Kfz-Mechatroniker oder Kauffrau und Kaufmann im Einzelhandel. Als Folge gibt es in diesen Bereichen teils weit mehr Bewerberinnen und Bewerber als Ausbildungsstellen.
Öffnen wir das Berufswahlverhalten junger Menschen und ermutigen sie zu einer Entscheidung jenseits von Geschlechterstereotypen und altbekannten Berufsbildern, dann erreichen wir im besten Falle auch eine stimmigere Verteilung von Bewerberinnen und Bewerbern auf die angebotenen Plätze.
Eine individuelle Berufswahl beugt dabei auch Ausbildungsabbrüchen vor. Denn oftmals sind gerade falsche Vorstellungen von Ausbildungsberufen der Grund für eine vorzeitige Vertragslösung.
Bekanntermaßen lag Sachsen-Anhalt 2015 - das ist schon ein Weilchen her - mit einer Vertragslösungsquote von 33,4 % bundesweit in der Spitzengruppe. Angesichts dessen liegt eine Fortführung und Intensivierung der Berufsorientierung an Schulen auch im Rahmen des Programms Brafo natürlich auf der Hand.
Schön, dass es hier im Hause eine große Übereinstimmung gibt. Daher erübrigt es sich an dieser Stelle, um die Zustimmung zu unserem Änderungsantrag zu werben. - Vielen Dank.
Ich sehe auch hierzu keine Fragen und danke dem Abg. Aldag für die Ausführungen. - Für die SPD spricht der Abg. Herr Steppuhn. Herr Steppuhn, Sie haben das Wort.