Protokoll der Sitzung vom 26.01.2018

(Matthias Büttner, AfD: Sie mit! - André Poggenburg, AfD: Die SPD war dabei!)

- der Reichstag - und damit dafür gesorgt hat, dass demokratische Parteien, demokratische Gewerkschaften, eine demokratische Zivilgesellschaft gleichgeschaltet, verboten werden. Ich glaube nicht, dass, welches Gesetz auch immer der Deutsche Bundestag in der heutigen Zeit beschließt, die Kritik daran eine Rechtfertigung ist, eine solche Gleichsetzung herbeizuführen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - André Poggenburg, AfD: Nicht gleichge- setzt! Schön sachlich bleiben! - Dr. Falko Grube, SPD: Das verstehen Sie doch nicht! - Matthias Büttner, AfD: Sie doch auch nicht!)

Ich habe in der Debatte am 21. Juni 2017 - also vor gerade einmal sieben Monaten - zu dem gleichen Antrag, der damals schon vor Inkrafttreten des Gesetzes von Ihnen eingebracht worden ist, ausführlich die Position meiner Fraktion vorgetragen. Das will ich nicht wiederholen. Dafür ist die Zeit am Freitagnachmittag schon zu weit fortgeschritten und jeder kann es auch nachlesen. Es gibt Protokolle über die Plenarsitzungen.

Ich will nur noch deutlich machen: Uns geht es darum, dass wir die Meinungsfreiheit im Internet gewährleisten wollen. Wir wollen nämlich verhindern, dass es weiterhin zulässig ist, dass im Netz gehetzt und gedroht werden kann. Wer schützt eigentlich die Opfer von Hetze, Bedrohung, Verleumdung im Internet?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - André Poggenburg, AfD: Ich muss mich selber schützen! - Weitere Zurufe)

Es ist doch nicht so, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass durch das Netzdurchsetzungsgesetz die Meinungsfreiheit eingegrenzt wird. Sie

wird doch eingeschränkt, weil der offene Austausch von Meinungen durch unmittelbare Drohungen, direkt und persönlich geäußerten Hass und den Aufruf zu Gewalt gegenüber Einzelnen oder Gruppen nicht eingeschränkt wurde.

Deshalb habe ich Verständnis für jeden, der sich unter diesen Bedingungen an der Diskussion im Netz nicht mehr beteiligt. Ich habe aber kein Verständnis dafür, dass diese Art von Meinungsmache zur Methode erhoben wird und dadurch der von uns gewollte öffentliche, offene, progressive und liberale Diskurs eingeschränkt wird.

Im Übrigen, meine sehr verehrten Damen und Herren, müssen die Unternehmen Berichte vorlegen, aus denen hervorgeht, was auf welcher Grundlage gelöscht wird. Es gibt also eine demokratische und auch eine juristische Kontrolle.

Wir lehnen Ihren Antrag ab, übrigens auch den Alternativantrag der LINKEN. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Ich sehe keine Fragen. Demzufolge hat nun der Herr Lange für die Fraktion DIE LINKE das Wort.

Ein Hinweis: Die Redezeit beginnt dann, wenn die Leute hier vorn stehen. - Bitte, Herr Lange.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist zu Recht weiterhin in großer Kritik, Kritik von Medienmacherinnen, Künstlerinnen, aber auch Politikerinnen sogar aus der CSU.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Wir bezweifeln nicht den richtigen Ansatz, strafbaren Hass, Hetze und Aufrufe zu Gewalt aus dem Netz zu entfernen. Gleichwohl ist genau das eingetreten, was befürchtet wurde: Das Überlöschen im Netz ist Realität.

„Überlöschen“ meint, dass auch satirische Inhalte und überspitzte oder ironische Beiträge gelöscht werden. Nehmen wir zum Beispiel die Satire des Magazins „Titanic“ zu Frau von Storch - wurde eben gelöscht. Ganz klarer Ausdruck dieses Problems.

Aus Unsicherheit sicherlich und weil nicht immer der Hintergrund einer Nachricht bewusst ist, kann es zu diesem Überlöschen kommen. Manchmal ist es aber auch der Algorithmus, der entscheidet. Die Meinungsfreiheit ist somit durch massenhaftes Löschen legaler Inhalte gefährdet.

Zudem bleibt die Kritik, dass es sich bei den Vorgaben des NetzDG um den Einstieg in die private Rechtsdurchsetzung handelt.

Mit unserem Alternativantrag möchten wir erreichen, dass vernünftige und für die Meinungsfreiheit unschädliche Rechtsvorschriften erhalten bleiben. Die Vorschriften, die den Anbietern sozialer Netzwerke zur Gestaltung des Beschwerdemanagements gemacht werden, sollen jedoch gestrichen werden.

Zudem sehen wir die Notwendigkeit, die Justiz zu stärken,

(Zustimmung bei der LINKEN)

damit tatsächlich keine private Rechtsdurchsetzung stattfinden muss.

Übrigens, meine Damen und Herren von der AfD, im Bundestag haben wir den gleichen Antrag gestellt - als Gesetz. Es ist also kein Anhängsel. Wir brauchen uns auch nicht an Sie anzuhängen, wir sind da weit vor Ihnen. Ich sage es einmal so: Zumindest die Kollegen der GRÜNEN müssten uns ja verstehen, aber scheinen hier doch in anderen Zwängen zu stehen.

Meine Damen und Herren! Selbst Union und SPD sehen ein, dass sie über das Ziel hinausgeschossen sind. Daher ist schnelles Handeln notwendig. Unser Vorschlag ist sicher nicht der einfachste. Aber dem Populismus der AfD nach dem Motto „Abschaffen und gut ist’s!“ wollen wir nicht folgen, zumal die AfD nur eines damit verfolgt: Sie möchte weiterhin zulassen, dass rechte Hetze, Hass usw. im Netz verbreitet werden,

(André Poggenburg, AfD: Und die linke Hetze!)

um die Gesellschaft spalten. Wie glaubwürdig Ihr Gerede von der Meinungsfreiheit ist, das zeigt der Chat-Post in Ihrer WhatsApp-Gruppe.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Dort stand geschrieben: Mit der Machtübernahme muss ein Gremium alle Journalisten und Redakteure überprüfen und sieben Chefs sofort entlassen. Volksfeindliche Medien verbieten! Anders geht es nicht!

Meine Damen und Herren, das ist das, wohin Sie wollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist Faschismus und das bekämpfen wir mit allen demokratischen Mitteln.

(Beifall bei der LINKEN - André Poggen- burg, AfD: Derjenige ist kein Mitglied mehr bei uns! - Zuruf von Daniel Roi, AfD)

Ich sehe keine Nachfragen. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/GRÜNE hat der Abg. Herr Striegel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kritik am Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist berechtigt, weil das Gesetz bislang nicht ausreichend gut ist. Es muss verbessert werden. Als wir GRÜNEN in Berlin mit CDU und FDP über die sogenannte Jamaika-Koalition verhandelt haben, haben wir in den Sondierungen auch vereinbart, dieses Gesetz grundlegend zu überarbeiten.

Aber wir kämen nie auf die Idee, die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes grundsätzlich infrage zu stellen. Warum nicht? - Weil auch im Netz zwar Meinungsfreiheit gelten muss, aber die Meinungsfreiheit ihre Schranken in den allgemeinen Gesetzen findet. Wir wollen Menschen im Internet nicht schutzlos stellen. Wir wollen dafür sorgen, dass sich diejenigen, die im Netz der Hetze ausgesetzt sind, wehren können. Dafür braucht es ein entsprechendes Gesetz.

Herr Poggenburg, Sie haben hier gerade eben zwischengerufen auf die Frage, was denn jemand machen soll, wenn er Opfer von Hetze ist. Darauf haben Sie gesagt - ich möchte Sie hier zitieren -: „Die müssen sich selber schützen.“

Nein, die müssen sich nicht selber schützen. Diese Menschen haben Anspruch darauf, dass auch der Staat mithilft, sie zu schützen, dass er Gesetze erlässt, dass ihre Würde nicht beschädigt wird. Dafür wollen wir einstehen und dafür braucht es ein - ich betone es - gutes Netzwerkdurchsetzungsgesetz.

Der Staat ist auch an anderer Stelle verantwortlich. Er kommt dieser Verantwortung in SachsenAnhalt auch nach. CDU, SPD und GRÜNE haben in dieser Landesregierung und mit dieser Landesregierung durchgesetzt, dass sachsen-anhaltische Polizistinnen und Polizisten auf Streife gehen, nicht nur draußen auf den Straßen von Magdeburg, in der Altmark oder im Burgenlandkreis, sondern auch auf Streife im Netz.

Ich bin froh darüber, dass wir eine Internetstreife in Sachsen-Anhalt haben und damit deutlich machen, auch der Staat und seine Strafverfolgungsorgane bemühen sich um den Schutz von Bürgerinnen und Bürgern, um das Verhindern von Straftaten, die im Netz geschehen. Dazu gehört es, das Recht auch tatsächlich durchzusetzen.

Ich finde es unsäglich, wie Sie, Herr Poggenburg, dieses Gesetz hier heute in einen Kontext mit dem Ermächtigungsgesetz, also dem Gesetz, das die Demokratie auf deutschem Boden beendet hat,

(André Poggenburg, AfD: Richtig! Genau!)

gesetzt haben. Das zeigt Ihre Geschichtsvergessenheit

(André Poggenburg, AfD: Ich habe es scheinbar nicht vergessen!)

und es legt den wahren Charakter Ihrer Partei und Fraktion erneut offen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es gibt eine Wortmeldung von Herrn Poggenburg. Diese kann er jetzt gern wahrnehmen.

Sehr geehrter Herr Abg. Striegel, ich möchte im Zuge einer Kurzintervention etwas richtigstellen. Wenn Sie in den Redebeiträgen weniger quatschen und mehr zuhören würden, dann hätten Sie vorhin auch verstanden, dass ich nicht gesagt habe, dass sich die anderen selber schützen müssten. Die Frage war vorhin: Was sollen denn die Leute tun, die diffamiert werden und gegen die im Netz gehetzt wird? - Dazu habe ich gesagt: Ja, ich muss mich selber schützen, weil ich nämlich genauso von linker Hetze überzogen werde, wie es andersherum vorgeworfen wurde. Davor muss ich mich selber schützen.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Nein!)

Das habe ich gesagt und das habe ich gemeint. Bitte besser zu hören!