Protokoll der Sitzung vom 08.03.2018

Natürlich sind ältere Menschen sowie Behinderte und Kinder im Straßenverkehr besonders gefährdet. Hier gilt es, auch in der Auswertung von Unfällen besondere Maßnahmen zu ergreifen. Dies vermisse ich allerdings im Antrag der Fraktion DIE LINKE. Die von der Fraktion DIE LINKE aufgezeigten Punkte unter der Überschrift „Die Landesregierung wird aufgefordert“ - hier zitiere ich nur den Punkt 1:„ein ständiges […] Gremium zur Verkehrssicherheit einzurichten“ - sind für mich nicht nachvollziehbar und treffen auch nicht den Kern.

Wir haben Polizeidienststellen, die für Verkehrssicherheit, Unfallverhütung und Unfallauswertung verantwortlich sind. Hier laufen alle Ergebnisse zusammen. Natürlich sind auch Institutionen wie der Automobilklub, Fahrradklub, Landesverkehrswacht dazu aufgerufen, ihre Erkenntnisse den Behörden zur Verfügung zu stellen. Ich glaube, das machen sie auch.

Natürlich stimme ich auch zu, wenn man diesen Institutionen eine bessere finanzielle Ausstattung gibt.

Wenn wir einmal die Auswertung der Verkehrsbilanz für 2016 betrachten, dann ist festzustellen,

dass die aufgezeigten Unfälle auf sehr unterschiedliche Ergebnisse zurückzuführen sind. Im Ausschuss für Inneres und Sport wurde, zumindest nach dem Protokoll zu urteilen, ausgiebig darüber diskutiert.

Wir sollten an erster Stelle die vorhandenen Möglichkeiten in unserer Gesellschaft nutzen, statt ständig neue Organisationsformen vorzuschlagen, die in der Regel an fehlenden Finanzmitteln scheitern.

(Beifall bei der AfD)

Ich meine vor allem, dass wir verstärkt bei der Erziehung im Kindergarten und in den Schulen durch Hinweise bzw. Verkehrsspiele auf die Probleme des Straßenverkehrs hinweisen sollten.

Ich möchte hier nur kurz einen Unfall schildern. In Merseburg hat ein zwölfjähriges Mädchen bei Grün die Straße überquert. Ein Auto kam mit überhöhter Geschwindigkeit. Das Mädchen wurde erfasst und getötet. Ich bin der Auffassung, wenn man in den Schulen stärker darauf hinweist, welche Gefahren vor allem an Kreuzungen bestehen, dass Grün nicht unbedingt heißt: Ich kann eine Straße überqueren, sondern dass man an einer Straße grundsätzlich immer erst anhält und nach rechts und links schaut -

(Matthias Büttner, AfD: Genau!)

alles das sind Verhaltensregeln, die man den Kindern in den Schulen beibringen kann -, dann hätte man diesen Unfall verhindern können.

(Beifall bei der AfD)

Aufgrund der Kürze der Redezeit ist es natürlich schwer, über viele Maßnahmen zu reden. In der Verkehrsbilanz ist aber vor allem eines hervorgehoben worden, nämlich dass Wildunfälle in unserem Land Sachsen-Anhalt die Hauptursache für Unfälle darstellen.

(Uwe Harms, CDU: Der Wolf!)

Bei Wildunfällen sind zwar schwere Personenschäden sehr gering, gleichwohl ist der Anstieg der Zahl von Wildunfällen besorgniserregend. Nun gibt es natürlich viele Vorschläge, wie zum Beispiel die Installation von Sirenenanlagen, Geruchspfähle usw. Wir wissen aber auch: Das Wild ist sehr schnell lernfähig. Hier sage ich eindeutig, wenn es uns nicht gelingt, die Wildunfälle durch Regulierung der Wildbestände zu beeinflussen, dann werden wir in einem Jahr über eine erhöhte Zahl von Wildunfällen reden.

Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf verweisen, dass wir uns ständig bemühen, den Wildschweinbestand mehr oder weniger zu regulieren. Alle die Maßnahmen, die wir gegenwärtig haben, reichen nicht aus, um dies zu erreichen.

Mehr Verkehrssicherheit herzustellen ist richtig, nur die Forderung - -

Sehr geehrter Herr Kollege, Sie sind schon weit über Ihre Redezeit. Ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen.

Gut. Danke, Frau Präsidentin. Zwei Sätze noch.

Einen Satz, bitte.

Wir werden uns bei dem Antrag der LINKEN der Stimme enthalten und dem Antrag der Fraktionen CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD zustimmen, weil in diesem Antrag konkrete Maßnahmen vorgesehen sind.

Herr Kollege, kommen Sie jetzt bitte zum Schluss!

(Beifall bei der AfD)

Es gibt auch hierzu keine Anfragen. - Nächste Debattenrednerin ist für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Lüddemann. Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte keinen Menschen mehr im Straßenverkehr sterben sehen. Das ist die Vision Zero. Das muss das Ziel der Verkehrssicherheitspolitik dieses Landes sein.

Im Jahr 2017 starben in Sachsen-Anhalt 132 Menschen durch Verkehrsunfälle. Das sind 132 Tote zu viel. In Deutschland sind 2017 3 177 Menschen im Straßenverkehr ums Leben gekommen. Das sind deutlich mehr als acht Tote pro Tag. Damit ist der Straßenverkehr einer der gefährlichsten Lebensbereiche. Das ist ein Drama, das sich Jahr für Jahr wiederholt. Ich bin nicht bereit, diesem Drama tatenlos zuzusehen.

Die Vision Zero ist kein starres Konzept, das Maßnahmen zwangsläufig festschreibt. Der Ansatz ist, dass Menschen Fehler machen und wir die Verkehrsplanung darauf ausrichten müssen. Fahrzeuge und Rechtsverhältnisse ändern sich; darauf müssen wir die Verkehrsplanung ausrichten. Nicht der Mensch muss sich an den Verkehr anpassen, sondern der Verkehr an den Menschen.

(Zustimmung von Wolfgang Aldag, GRÜ- NE)

Da die Vision Zero aber aktuell noch eine Vision ist, müssen wir die Menschen in diesem Land von Anfang an auf sach- und fachgerechtes Verhalten im Straßenverkehr vorbereiten. Speziell junge Menschen sind eine gefährdete Gruppe, für die wir als Politik besondere Verantwortung tragen.

Schauen wir uns das in der Realität an, so treffen wir auf einen Theorie-Praxis-Gap. Theoretisch gibt es vom 1. bis zum 10. Schuljahr Verkehrserziehung. Praktisch scheitert es oft an den Gegebenheiten vor Ort. Deshalb müssen wir die Jugendverkehrsschulen der Landesverkehrswacht langfristig erhalten und unterstützen. Sie arbeiten praktisch und theoretisch und altersangepasst - und dies mit sehr hohem ehrenamtlichem Aufwand, für den ich ausgesprochen dankbar bin.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Mit unserem Alternativantrag geben wir den Jugendverkehrsschulen eine Perspektive und werden sie in den Haushaltsverhandlungen entsprechend berücksichtigen.

Ein weiterer Baustein hin zu Vision Zero sind Tempo-30-Zonen. Dass der Erlass aus dem letzten Jahr zur Einrichtung von Tempo-30-Zonen von den Kommunen so rege genutzt wird, begrüße ich sehr. Er erleichtert insbesondere an Schulen und sozialen Einrichtungen die Neueinrichtung von Tempo-30-Zonen - ein kleiner, aber wichtiger Schritt. Ich wünsche mir, dass viel mehr Städte - auch Magdeburg - davon Gebrauch machen.

Wussten Sie übrigens: Am 17. August 1896 - noch ein kleines Bildungsschmankerl zum Ende - starb in London Bridget Driscoll an Kopfverletzungen, die sie durch einen Zusammenstoß mit einem Automobil beim Überqueren der Straße erlitt.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Es gab drei Au- tomobile in London! Drei Automobile!)

Sie gilt damit als das erste Todesopfer des motorisierten Straßenverkehrs weltweit.

Es wäre super, wenn wir für Sachsen-Anhalt bald den Endpunkt dieser Reihe verzeichnen könnten. Falls Sie null Verkehrsopfer für ein utopisches Ziel halten, empfehle ich Ihnen abschließend noch die Karte der Dekra. Dort sind die Städte mit mehr als 50 000 Einwohnerinnen und Einwohnern verzeichnet, die es mindestens ein Jahr lang geschafft haben, keine Verkehrstoten zu haben. Leider ist keine Stadt aus Sachsen-Anhalt dabei - deshalb die Vision Zero für Sachsen-Anhalt. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Wolfgang Aldag, GRÜ- NE)

Vielen Dank, Frau Lüddemann. Es gibt auch hierzu keine Anfragen. - Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Sturm. Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Hildebrandt, man muss sich doch schon ein wenig wundern. 2016 sagten Sie hier noch, Ziel sollte es sein, dass es keine Autos mehr gibt. Dann passt dieser Antrag nicht wirklich.

(Doreen Hildebrandt, DIE LINKE: Das war Frau Eisenreich, nicht ich!)

- Oder war es Frau Eisenreich, okay. Aber es ist trotzdem Ihre Fraktion.

(Andreas Höppner, DIE LINKE: Ja, ja! Wir sind ja nicht weg!)

Jetzt zum Antrag. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! 1,25 Millionen Menschen sterben laut WHO jährlich bei Unfällen weltweit. Das sind 1,25 Millionen Menschen zu viel. Menschen machen Fehler, deshalb wird es immer wieder Unfälle geben. Was wir allerdings tun können, ist die Schaffung derartiger Rahmenbedingungen, dass die Folgen eines Unfalls so gering wie möglich bleiben.

Das ist unserer Landesregierung bisher bereits sehr gut gelungen. Dies zeigen auch die Unfallzahlen im Land Sachsen-Anhalt. Zwischen den Jahren 2007 und 2016 sind diese von 81 000 auf 75 000 gesunken. 2 000 Menschen weniger wurden verletzt, 80 weniger getötet. Diese Tendenz setzt sich auch in den Zahlen von Januar bis Mai 2017 fort. Dabei waren bereits die 133 Unfalltoten aus dem Jahr 2016 ein historischer Tiefstand. Diese Entwicklung spiegelt sich auch im Bundestrend wider. In diesem Bereich sind wir also auf einem guten Weg.

Ein Grund ist sicherlich der technische Fortschritt und immer besser werdende Sicherheitssysteme in unseren Autos. Aber auch die Verkehrssicherheitsarbeit des Landes trägt offensichtlich immer mehr Früchte. Natürlich muss es Ziel sein, diese Zahlen so schnell wie möglich auf null zu reduzieren; das wollen wir alle hier im Hohen Haus. Daran orientieren sich sowohl unser Alternativantrag als auch das Verkehrssicherheitsprogramm des Landes Sachsen-Anhalt für 2021. Darum braucht es einzelne Punkte des Antrags der LINKEN nicht, da diese bereits in diesem Programm erschöpfend und gut ausformuliert sind.

Um noch mehr Früchte dieser Verkehrssicherheitsarbeit, die vor allem auch durch Ehrenamtliche geleistet wird - auch von uns noch einmal herzlichen Dank! -, zu ernten, gilt es, dieses Programm über die kommenden Jahre umzusetzen.

(Unruhe bei der AfD)

Wir haben uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt, die Verkehrssicherheitsarbeit und die Verkehrserziehung durch geeignete Maßnahmen zu fördern und das ehrenamtliche Engagement der Verkehrswachten zu unterstützen.