Meine Damen und Herren! Wenn man solche Beispiele vor Augen hat, stellt sich natürlich die Frage: Welche Möglichkeiten haben wir, um die Generierung von Wertschöpfung in unseren ländlichen Regionen zu forcieren? - Wenn man zum Beispiel bedenkt, dass sich im Harzvorland um Quedlinburg aufgrund der vorzüglichen Standortbedingungen die Wiege der deutschen Saatgutwirtschaft und Pflanzenzüchtung befindet,
so kommt man nicht umhin, festzustellen, dass die Potenziale im land- und gartenbaulichen Bereich bei Weitem nicht ausgeschöpft sind. Wir sind überzeugt davon, dass auch in anderen Teilen des Landes die bisherige Entwicklung hinter den Potenzialen zurückbleibt.
Zum Beispiel befindet sich der Drömling vor den Toren von Wolfsburg und eignet sich hervorragend als Naherholungsgebiet. Hier könnte ein ganzheitlicher Ansatz von naturnahem Tourismus und Direktvermarktung die Attraktivität erheblich steigern. Wir hoffen hierbei auf die Ausweisung des Biosphärenreservates, sodass man künftig mehr Mittel zur Verfügung hat, um diese Dinge dann auch umsetzen zu können.
Auch die Karstlandschaft im Südharz oder der Fläming durch seine Nähe zu Berlin sind Regionen, die insbesondere im Bereich Tourismus Entwicklungspotenziale haben. Dabei bedarf es oftmals nur einer Initialzündung, um Prozesse anzuschieben, die dann weitere Perspektiven eröffnen und so die Entwicklung vorantreiben.
Meine Damen und Herren! Wir halten es für sinnvoll - so ist es in Punkt 1 unseres Antrages aufgeführt -, die Potenziale zur Erhöhung der Wertschöpfung in unseren ländlichen Räumen durch eine wissenschaftliche Erhebung zu hinterfragen. Eine solche Erhebung sollte sich mit den derzeitigen Gegebenheiten auseinandersetzen, aus denen sich dann realistische Ziele ableiten lassen.
Herr Abgeordneter, ich darf mal ganz kurz unterbrechen. - Ich möchte darum bitten, dass wir den Geräuschpegel doch wieder ein klein wenig absenken. Wenn Gespräche notwendig sind, sollten diese bitte vor der Tür geführt werden. - Bitte.
Danke schön, Frau Präsidentin. - Denkbar wäre in diesem Zusammenhang die Durchführung eines Ideenwettbewerbs an unseren Hochschulen im Land. Gerade junge Menschen sollten hier einbezogen werden; denn sie stehen neuen Wegen offen gegenüber, haben oftmals sehr innovative Ideen und sind mit den digitalen Medien bestens vertraut.
Ausgehend von den regionalen Potenzialen sind Strategien zu entwickeln, die beschreiben, mit welchen Instrumenten die gesteckten Ziele am effizientesten zu erreichen sind. Dabei sind die vorhandenen Strukturen und Institutionen - davon haben wir sicherlich viele - intensiv einzubeziehen und möglichst viele Akteure ins Boot zu holen. Der Erfolg der Umsetzung wird dabei ganz wesentlich auch davon abhängen, wie es gelingt, Netzwerke aufzubauen. Hierbei kann und soll das Land durch geeignete Plattformen Unterstützung leisten.
Durch Marketingmaßnahmen können und sollen Entwicklungsprozesse flankiert werden. Marketing kann wesentlich dazu beitragen, den Bekanntheitsgrad zu erhöhen und das Konsumverhalten zu beeinflussen. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Salzwedeler Baumkuchen - ich erwähne das nicht nur, weil ich aus der Gegend komme -; denn dieser steht nicht nur für ein qualitativ hochwertiges Gebäck, sondern auch für die Region Altmark. Jeder verbindet den Baumkuchen mit der Altmark. Dieses Zusammenspiel sollten wir in Zukunft noch besser nutzen, um auf die Altmark als Tourismusregion aufmerksam zu machen.
Ein wesentlicher Aspekt für die Entwicklungspotenziale einer Region ist die Aufrechterhaltung einer flächendeckenden Grundversorgungsstruktur. Mit dem Modellprogramm sollen Initiativen zur Errichtung von Dorfgemeinschaftsläden unterstützt werden. Dies leistet einen Beitrag, um Wertschöpfung in den betreffenden Gemeinden zu erzielen, regionale Wertschöpfungskreisläufe aufzubauen und die ländliche soziale Entwicklung im Sinne der Daseinsvorsorge zu stärken.
Als ein gelungenes Beispiel möchte ich an dieser Stelle den Dorfladen in Deersheim nennen. Wir haben sicherlich noch mehr Beispiele dafür im Land, aber ich denke, in Deersheim kann sich jeder anschauen, wie das funktionieren könnte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Einzelhandel - das muss man an dieser Stelle auch feststellen - hat ohne Zweifel eine Schlüsselfunktion bei der Vermarktung regionaler Produkte. Positive Ansätze in Form von speziell eingerichteten Regalen für regionale Produkte gibt es bereits. Diese positiven Ansätze auszubauen ist unser erklärtes Ziel. Dazu sollten wir mit den Handelsketten in einen Dialog treten, um auszuloten, welche Möglichkeiten es darüber hinaus gibt und inwieweit sie schon jetzt vorhanden sind, damit diese Entwicklung forciert werden kann.
Ein weiterer wesentlicher Aspekt für die Erzielung von Wertschöpfung ist die verstärkte Nutzung der digitalen Medien. Hierbei muss es darum gehen, am Ball zu bleiben und die bereits vorhandenen Möglichkeiten, wie zum Beispiel die Einrichtung einer Smartphone-App für Direktvermarktung, zu nutzen. Durch die Erschließung der digitalen Kommunikation wird die Direktvermarktung gefördert und den Landwirten wird ein Instrument für das Erreichen neuer Kunden an die Hand gegeben. Gleichzeitig wird das bäuerliche Image gestärkt und die Verbraucher werden für die lokale und saisonale Lebensmittelproduktion sensibilisiert.
Meine Damen und Herren! Es gibt also eine Reihe von Ansätzen, die wesentlich dazu beitragen können, die Wertschöpfung in unseren ländlichen Räumen zu erhöhen. Mit unserem Antrag wollen wir die Landesregierung dabei unterstützen, diesen Prozess zu forcieren, und wir wollen damit auch ein Zeichen in unseren ländlichen Regionen setzen.
Viele gute Ansätze gibt es bereits, und es muss darum gehen, diese im Sinne der Koordinierung und Vernetzung weiter zu entwickeln. Damit muss und wird es uns gelingen, dass viele engagierte Akteure vor Ort auch neue Wege gehen, die maßgeblich zur Erhöhung der Wertschöpfung beitragen. - In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Abg. Barth. Ich sehe keine Anfragen. - Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Prof. Dr. Dalbert. Sie haben das Wort, bitte.
Danke. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Der ländliche Raum umfasst mehr als 80 % der Fläche des Landes SachsenAnhalt. Viele Gewerbegebiete liegen im ländlichen Raum, die meisten Rohstoffabbaustätten, die Windräder usw. Und der überwiegende Teil unserer Bürger und Bürgerinnen ist im ländlichen Raum zu Hause.
Aufgrund des großen Flächenpotenzials und einer vorteilhaften Naturraumausstattung leistet der ländliche Raum in unserem Land insbesondere für die Produktion von Nahrungsmitteln und nachwachsenden Rohstoffen einen wesentlichen Beitrag zur Gesamtentwicklung des Landes.
Wenn es in unserem Land weiter bergauf gehen soll, muss und kann der ländliche Raum nachhaltig dazu beitragen. Dazu brauchen wir Strategien, um die Wertschöpfung im ländlichen Raum zu steigern und um die vorhandenen Möglichkeiten zu nutzen. Wertschöpfung ist nicht alles, aber soziale und ökologische Aufgaben lösen sich leichter, wenn Geld verdient wird; das ist klar.
Eine solide Einschätzung der Stärken, Schwächen, Risiken und Chancen des ländlichen Raumes ist der Grundbaustein für jede realistische Strategie. Deshalb unterstütze ich ausdrücklich die in dem ersten Punkt des Antrags aufgestellte Forderung nach einer fundierten Erhebung der Potenziale der ländlichen Räume. Die in den
nachfolgenden Punkten des Antrags enthaltenen Aufträge an die Landesregierung beziehen sich auf die Land-, die Forst- und die Nahrungsgüterwirtschaft. Adressat Ihres Auftrages ist somit zuallererst mein Haus.
Da es im Antrag aber auch um die Steigerung der Wertschöpfung insgesamt geht, werde ich die anderen relevanten Landesressorts natürlich einbeziehen. Dazu werden wir uns in der nach unserem Koalitionsvertrag im Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr angesiedelten Steuerungsgruppe „Nachhaltige Landesentwicklung“
Die Themen Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte, Förderung der touristischen Infrastruktur, Marketingmaßnahmen und Fragen der Daseinsvorsorge in ländlichen Regionen werden in Sachsen-Anhalt bereits mit Landesmitteln flankiert. Dabei setzen wir Landes-, Bundes- und EUGeld ein.
Regionale und ökologische Produkte liegen im Trend. Die Verbraucher und Verbraucherinnen besinnen sich zunehmend auf ihre Heimat, den Landwirt, den sie vor Ort kennen, die Vermarktungsunternehmen, die Produkte in und aus der Region verarbeiten und bearbeiten. Diese Entwicklung ist gut. Das stärkt nicht nur die Wertschöpfung vor Ort, sondern schont wegen der kürzeren Wege auch das Klima.
Wir in Sachsen-Anhalt haben gute Produkte, die es wert sind, auch außerhalb unserer Region Beachtung zu finden. Wir haben auch qualifizierte Menschen, die diese Produkte erzeugen, verarbeiten und vermarkten können. Wir haben gute Standorte für die Produktion. Wir haben eine logistisch vorteilhafte Lage mitten in Deutschland, mitten in Europa. Sachsen-Anhalts Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft sind ein starkes Fundament für gesellschaftlichen Wohlstand in unserem Land.
Ich unterstütze die Forderung, den Bekanntheitsgrad unserer regionalen Produkte zu erhöhen. Das schließt natürlich auch das digitale Marketing ein. „Typisch Harz“ ist ein Beispiel für ein digitales Projekt, das die Landesregierung erfolgreich unterstützt.
Im Juni dieses Jahres findet im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft eine Fachtagung zur Nahversorgung im ländlichen Raum statt. Meine Verwaltung ist Mitveranstalter. Dort soll es im Kern um einen Austausch zur Versorgung mit Lebensmitteln im ländlichen Raum gehen. Es sollen gute Beispiele vorgestellt und diskutiert werden. Wir werden im Ergebnis der Tagung prüfen, was für unser Land adäquate Lösungen sein können, um eine nachhaltige Versor
Wir werden auch den Dialog mit den Handelsketten suchen. Für regionale Produkte steigt die Nachfrage. Ein Interesse der Handelsketten an einem Austausch zu Fragen der Nahversorgung im ländlichen Raum darf vorausgesetzt werden. Gute Beispiele für Kooperationen sind ja bekannt. Ich werde die Handelsketten also umfassend einbeziehen. Dazu werden wir sie zu einem Auftaktgespräch noch vor der Sommerpause einladen.
Wir sind zu vielem, was im Antrag angesprochen wird, schon aktiv geworden, aber man kann sich immer auch verbessern und dafür geben Sie uns hier einen wichtigen Anstoß. Ich nehme den Auftrag, unsere Arbeit bei der Steigerung der Wertschöpfung im ländlichen Raum zu intensivieren, gern an. Ich bin mir sicher, dass Sie mich dabei unterstützen werden, auch bei den Haushaltsverhandlungen. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich sehe keine Anfragen. - Wir steigen in die Fünfminutendebatte ein. Der erste Debattenredner wird Herr Abg. Loth von der AfD-Fraktion sein. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Die Regierungskoalition möchte heute im Landtag plötzlich und auf einmal über die Aufwertung des ländlichen Raumes, über die Stärkung der regionalen Landwirtschaft - - Quatsch! Das war ja der Selbstbefassungsantrag der CDU. Über diesen sprechen wir schon in der nächsten Woche im Ausschuss für Landwirtschaft.
Das hat mich jetzt, muss ich ehrlich sagen, ein bisschen verwirrt: heute der Antrag, in der nächsten Woche der Selbstbefassungsantrag.
Vielleicht hätten wir das parlamentarisch so lösen können, dass wir dazu erst Ausführungen hören, zum Beispiel von Herrn B., und dann über das reden, was wir erfahren haben. Wir haben auch gehört, dass Frau Ministerin sich an einer Arbeitsgruppe beteiligt, wodurch wir weitere Dinge erfahren können. Deswegen müssten wir heute eigentlich nicht über diesen Antrag reden.
Aber natürlich ist es immer gut, über die Stärkung des ländlichen Raumes zu reden und auch Fachgespräche zu führen. Aber was soll man sagen? - Die ständigen Hilferufe nach Studien, nach Mo
dellen, nach Dialogen, Synopsen, Feststellungen helfen nicht, die täglich anwachsenden Probleme in unserem ländlichen Raum endlich effektiv zu lösen.
Denn nur ein attraktiver, selbstbewusster und gestärkter ländlicher Raum wird sich auch in seiner Heimatregion so engagieren können, dass die Menschen wieder zum Zuzug animiert werden, sodass die ländlichen Regionen nicht mehr abgehängt sind.
Ich möchte, wenn wir in der jetzigen Diskussion schon vor dem eigentlichen Erkenntnisgewinn stehen, kurz die Ideen der AfD vorstellen. Wir wollen zum Beispiel, dass die Landes- und Regionalplanungen in Sachsen-Anhalt künftig deutlich verbessert werden und auch auf die Infrastruktur auf dem Lande abzielen. Die Planungshoheit muss mehr bei den Gemeinden liegen. Von den Gemeinden müssen auch Einsprüche zu größeren Projekten gemacht werden können, zum Beispiel zu Deponien, die im ländlichen Raum geschaffen werden. Dabei sollten die Gemeinden auch ein letztes Wort haben. All das ist wichtig; über all das müssen wir reden.
Vielleicht reden wir auch einmal ganz kurz über die Erfahrungen aus Österreich, die waren auch sehr schön. Österreich macht eigentlich vor, was Deutschland nachmachen muss: Dort wird eine Verbraucherpolitik für den Bürger gemacht. Die österreichischen Beamten - alle! - setzen sich hin und versuchen, die EU-Verordnungen so zu strukturieren, dass sie dem eigenen Volk helfen und nicht, wie oft bei uns, versagen.
Das war eigentlich der große Erkenntnisgewinn, den wir in Österreich hatten, natürlich neben vielen Beispielen, die es dort für regionale Vermarktung gibt, die natürlich auch auf uns übertragen werden können und müssen; denn der ländliche Raum in Sachsen-Anhalt ist sehr groß, sehr wichtig und bedeutend.
Auf diesem Wege möchte ich mich zum Schluss bei allen Akteuren bedanken, die trotz der widrigen Umstände, die sie im ländlichen Raum vorfinden, den Mut fassen, dort zu investieren, sich dort zu engagieren, um so den ländlichen Raum lebenswert zu machen. - Danke schön.