Auf diesem Wege möchte ich mich zum Schluss bei allen Akteuren bedanken, die trotz der widrigen Umstände, die sie im ländlichen Raum vorfinden, den Mut fassen, dort zu investieren, sich dort zu engagieren, um so den ländlichen Raum lebenswert zu machen. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kollegen und Kolleginnen! Als ich gestern auf einer Veranstaltung in der Altmark war, hat sich die Referentin vorgestellt mit dem Satz: „Ich bin drei Tage im ländlichen Raum und drei Tage im wahren Leben in Berlin.“ Da habe ich gedacht, sie hat irgendetwas nicht verstanden.
Es ist tatsächlich so - der Kollege Striegel hat es vorhin schon gesagt -: Das Herz Sachsen-Anhalts schlägt im ländlichen Raum.
Das ist so. Der ländliche Raum in Sachsen-Anhalt hat Riesenpotenziale, die sehr unterschiedlich genutzt werden. Wenn ich einmal meine eigene Region betrachte, das Harzland, dann weiß ich, dass die Wertschöpfung und das, was wir dort in guter Verbindung zwischen Hochschule, Wissenschaft, Wirtschaft, Landwirtschaft und Tourismus zu organisieren versuchen, funktioniert.
Viele der erfolgreichen Projekte im Harzkreis sind beispielsweise in Zusammenarbeit mit der Wissenschaft entstanden. Das ist auch richtig so. Wenn man über Wertschöpfung redet, muss man vorher sehr genau prüfen, was letztlich dabei herauskommt.
Wir haben ganz viele Projekte, die Leuchtturmprojekte sind, weil vorher eine vernünftige und gute Machbarkeitsstudie, beispielsweise mit wissenschaftlichen Institutionen, erstellt wurde. Das macht auch die Universität Magdeburg.
Wenn wir uns dann ansehen, inwieweit wir Vermarktungsorganisation und Direktvermarktung richtig organisieren, dann können wir feststellen, dass fast alle wirklich guten, funktionierenden und laufenden Betriebe vorher eine ordentliche Marktstudie gemacht haben. Das gilt für den Brockenbauern; das gilt für den Betrieb in Westerhausen; das gilt für Wallstab im Sülzetal.
Das sind sehr viele dieser Direktvermarkter, die sich vorher mit der Frage befasst haben, worin eigentlich das Potenzial in ihrer Region besteht und was sie tun können. Anschließend haben sie festgestellt, über welche Produkte und Marken sie verfügen, und versucht, sich in die Region einzubringen. Das ist auch der richtige Weg.
Aus diesem Grund ist auch „Typisch Harz“ erfolgreich; denn „Typisch Harz“ setzt auf Qualität. Nicht jedes Produkt wird in die Qualitätsmarke
„Typisch Harz“ eingebunden. Ich glaube, wenn wir etwas unternehmen wollen, dann muss dies mit Blick auf hochwertige Produktionen im hochwertigen Marktsegment geschehen.
Das Potenzial dieses Landes ist auch schon deshalb riesig groß, weil in Sachsen-Anhalt in vielen Bereichen Pionierleistungen erbracht worden sind. Das geht aus der Geschichte hervor. Viele Städte und Dörfer unserer Region sehen deshalb so aus, weil sich Menschen in der Vergangenheit für Wertschöpfung entschieden haben.
Jürgen hat vorhin für das Harzvorland bereits die Saatgutindustrie genannt. Zu erwähnen sind die Zuckerrübenindustrie, aber auch der Maschinenbau, der in Sachsen-Anhalt aufgrund landwirtschaftlicher Bedürfnisse entstanden ist.
Wir können die natürlichen Voraussetzungen unseres Landes meiner Meinung nach zumindest wieder fördern, indem wir uns auf sie zurückbesinnen. Zudem müssen wir darauf achten, dass wir die Potenziale des ländlichen Raums nicht deshalb vergeben, weil wir ihn mit unnötigen oder überzogenen oder administrativ gewollten Auflagen, Beschränkungen und dergleichen belegen. Viele Probleme könnten durch Freiwilligkeit und den konstruktiven Dialog mit den betroffenen Akteuren und den Menschen, die dort leben, besser gelöst werden.
Unsere Aufgabe wird sein, die Potenziale in Landwirtschaft, Industrie, Wissenschaft Tourismus und Naturschutz miteinander zu verbinden. Es gibt in diesem Land ausreichend Beispiele dafür, wie das geht. Wir sollten diese Studie durchführen. Wir sollten uns darauf verständigen, welches Ziel sie haben soll. Anschließend müssen wir eine sehr lange Wegstrecke zurücklegen, bis wir tatsächlich auch Erfolge sehen.
Wir müssen auch einmal durchhalten. Das ist auch ein wesentlicher Punkt. Eine Erkenntnis der Reise ist, dass die Österreicher ungefähr 50 Jahre gebraucht haben, um 20 % der biologischen Landwirtschaftsprodukte regional zu vermarkten. 50 Jahre!
Ich glaube, das Ziel, das wir uns gesetzt haben, ist an dieser Stelle ein bisschen zu ambitioniert. Das Vorhaben muss am Ende auch gesellschaftlich und finanziell getragen werden können und darf nicht zulasten anderer förderfähiger und förderwürdiger Projekte im ländlichen Raum gehen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Es gibt keine Fragen. - Wir kommen zur nächsten Rednerin in der Debatte. Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abg. Frau Eisenreich. Sie haben das Wort, Frau Eisenreich.
Danke schön, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag greifen die regierungstragenden Parteien ein Thema auf, das alle bewegt, und zwar seit mehr als 20 Jahren. Allerdings enthält er nichts Neues und wirft die Frage auf, warum bis heute nichts passiert ist. Warum beginnt die Umsetzung von Debattenvorschlägen aus den 90er-Jahren erst jetzt?
Für DIE LINKE sind regionale Wertschöpfungsketten von elementarer Bedeutung; denn sie tragen entscheidend zur Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge im ländlichen Raum bei.
Wir sehen somit in der regionalen Wertschöpfung keinen Selbstzweck, sondern sie hat aus unserer Sicht in der letzten Konsequenz diese Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge zum Ziel.
Deshalb haben wir bereits 2011 in eigenen Konzepten formuliert, dass es uns - auf der Grundlage regionaler Wirtschafts- und Stoffkreisläufe sowie einer ökologisch und bedarfsgerecht ausgerichteten Produktion - um die Entwicklung des ländlichen Raumes durch die Stärkung der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft geht.
Das heißt, wir wollen insbesondere jene Wirtschaftszweige und Wirtschaftsstrukturen erhalten, neu ansiedeln oder wieder ansiedeln, die sich mit der Eigenart des jeweiligen ländlichen Raums vereinbaren und eine Zerstörung seines typischen Charakters und insbesondere seines ökologischen Potenzials nicht erwarten lassen.
Genau das hat die Landesregierung jahrelang versäumt. Wie in allen Wirtschaftsbereichen war und ist deren Strategie die Ansiedlung von großen Unternehmen, darunter insbesondere große Tiermastanlagen und auch große Verwertungsproduktionen wie in Weißenfels. Welche Folgen das hat, ist mit dem Beispiel Straathof hinlänglich bekannt.
Richtig ist, dass die Land- und Ernährungswirtschaft ein wichtiger Bestandteil der regionalen Wertschöpfung im ländlichen Raum ist. Aber das bedeutet, regionale Erzeuger zu stärken, die Förderung stärker auf den Anbau, die Verarbeitung und die regionale Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse für die Ernährungswirtschaft zu konzentrieren. Es bedeutet nicht, Tierkonzentrationen zu fördern.
Hinzu kommt, dass der ökologische Landbau neben der Regionalität als Querschnittsthema in der Entwicklung von Strategien zu berücksichtigen ist. Hierbei sind uns andere Bundesländer um Längen voraus. So hat Thüringen am Dienstag sein fertiges Konzept „Regionale Wertschöpfungsketten in der Land- und Ernährungswirtschaft in Thüringen“ vorgestellt. Dieses Konzept enthält Strategien, Leitbilder, Oberziele, Unterziele, Handlungsfelder usw.
„Regionale Wertschöpfungsketten und Wirtschaftskreisläufe können durch die Erschließung kleinteiliger, dezentral strukturierter Wirtschaftspotenziale erheblich zur Entwicklung und zum Erhalt der Lebensqualität in ländlichen Räumen beitragen. Neben ökonomischen Vorteilen für die Region, wie positivem Einfluss auf Einkommen und Beschäftigung, bieten regionale Wirtschaftsstrukturen teilweise ökologische Vorteile, wie die Einsparung von Transportwegen, und stärken den partnerschaftlichen Gedanken, die Direktbeziehungen und das Engagement der Akteure vor Ort.“
Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass das Thüringer Konzept nicht losgelöst von anderen wirtschaftspolitischen Konzepten und Strategien zu betrachten ist. Vielmehr ist es e i n Baustein und integraler Bestandteil regionaler Wirtschaftspolitik. Vielleicht werfen Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, einmal einen Blick hinein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sehen Vernetzung und Koordination als selbstverständliche Aufgaben der Investitions- und Marketinggesellschaft und der Agrarmarketinggesellschaft an, wenn es um die Umsetzung von Wertschöpfstrategien geht. Beide Strukturen haben aus unserer Sicht dabei eine Schlüsselstellung, und diese sollten sie auch wahrnehmen.
Bei der Finanzierung muss es uns endlich gelingen, die vorhandenen Förderinstrumente der EU besser zu kombinieren. Außerdem sind relevante Förderlücken zu identifizieren und zu schließen - nicht nur mit Bundes-, sondern auch mit Landesmitteln -, um zum Beispiel eine Anschubfinanzierung zu ermöglichen.
Die Idee der Dorfläden ist ebenfalls nicht neu. Genau hieran zeigt sich das Versagen bei der kontinuierlichen Fortführung von Modellprojekten; denn mit Förderung der EU eingerichtete Dorfläden kämpfen seit Langem um das Überleben.
allein mir fehlt der Glaube. Denn diese Förderung bedeutet, dass bei der digitalen Infrastruktur nun endlich einmal rangeklotzt wird.
Alles in allem ist es ein wenig ambitionierter und sehr zaghafter Antrag, der zwar nichts Falsches sagt, aber zeigt, dass über die vielen Jahre nichts passiert ist. Wir verwehren uns dem Anliegen des Antrages nicht, aber für unsere Zustimmung hätte es mehr Substanz bedurft. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Eisenreich. Ich sehe keine Wortmeldungen. - Wir kommen zur nächsten Debattenrednerin. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abg. Frau Frederking. Sie haben das Wort. Bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Reise des Landwirtschaftsausschusses im Oktober 2017 nach Österreich ist die Initialzündung für diesen Antrag gewesen. Denn Österreich - das müssen wir neidlos anerkennen - hat etwas geschafft, bei dem wir in Sachsen-Anhalt noch Aufholbedarf haben. Österreich hat es geschafft, den Lebensmitteln einen Wert zu geben. Österreich hat besondere Marketingstrategien entwickelt, um Lebensmittel zu kennzeichnen; zur Direktvermarktung mit dem Label „Gutes vom Bauernhof“ und zur regionalen Vermarktung mit der geschützten Marke „Genuss Region Österreich“.
In der Landwirtschaftspolitik wird oftmals geglaubt, mit Intensivierung die Antwort auf die meisten Herausforderungen zu haben. Wenn ich aber wahrnehme, wie viele Lebensmittel weggeworfen werden, weil sie eben keine Wertschätzung erfahren, oder wie viele Lebensmittel gleich auf dem Acker liegen bleiben, dann sehe ich das anders. Weltweit - so auch in Deutschland - geht ein Drittel der Lebensmittel vom Acker bis zum Teller verloren. Wenn dieser Verlust minimiert wird, dann kann auch Klasse statt Masse produziert werden.
Die Erzeugerinnen und Erzeuger in Österreich produzieren gute Lebensmittel und verdienen damit auch gutes Geld, insbesondere weil das regionale Verkaufspotenzial genutzt wird. Auch ich möchte, dass mehr Produkte aus SachsenAnhalt auf den Tellern in Sachsen-Anhalt landen, um die Wertschöpfung im ländlichen Raum zu steigern. Dafür braucht es aber auch eine Stärkung der regionalen Esskultur, eine größere Be
Der Bio-Regionalpreis für Sachsen-Anhalt ist so ein Ansatz. Die Firma „RezeptGewürze GbR“ - Preisträgerin des Bio-Regionalpreises im Jahr 2017 - konnte nach eigenen Angaben innerhalb eines Jahres ihren Umsatz verdoppeln.