Protokoll der Sitzung vom 20.04.2018

Liebe Kolleginnen und Kollegen! All diese Vorhaben kosten Geld; dessen sind wir uns bewusst, und das Geld muss irgendwoher kommen. Der Landeshaushalt ist eben kein unbegrenztes Sparschwein. Daher müssen wir uns nicht nur die Ausgaben-, sondern auch die Einnahmenseite anschauen.

Sie wissen, DIE LINKE steht für eine stärkere Besteuerung der Reichen und Vermögenden, für eine anständige Besteuerung von Kapitalgewinnen und Finanztransaktionen.

(Zustimmung bei der LINKEN - Ulrich Sieg- mund, AfD: Robin Hood!)

Von den Milliarden, die in Millisekunden auf der Suche nach Rendite um die Welt flottieren, müssen wir endlich ein paar Millionen auch für uns abschöpfen. Dieses Geld müssen wir in unsere Infrastruktur stecken, in Bildung und Erziehung, in einen starken öffentlichen Dienst im Land und in den Kommunen.

Natürlich können wir hier im Land keine Vermögensteuer beschließen; das ist mir klar. Dies würde wahrscheinlich für Sachsen-Anhalt auch nicht allzu viel bringen. Aber Sachsen-Anhalt steht eben nicht für sich allein.

Liebe SPD, Sie haben jetzt wieder einen Finanzminister, zwar nicht auf der Landesebene, aber auf der Bundesebene. Vielleicht kann man diesbezüglich einige Anregungen an ihn weitergeben. Auch Herr Schröder kann vielleicht einmal mit seinen CDU-Kollegen auf der Bundesebene über die eine oder andere Sache sprechen, was Bundesgesetze und Steuern angeht. Dann müssen wir uns hier demnächst nicht mit Sparrunden und globalen Minderausgaben beschäftigen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Heiß. Es gibt keine Anfragen. - Wir kommen somit zum nächsten Debattenredner. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Herr Abg. Meister. Sie haben das Wort, Herr Meister.

Danke schön. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor ich mich in die Positionierung meiner Fraktion zu der aktuell laufenden Haushaltsaufstellung stürze, erscheint es zunächst sinnvoll, den heute vorliegenden Antrag der AfD-Fraktion zu beleuchten, der in seinen 19 Zeilen durchaus widersprüchliche Aussagen enthält.

Mein Lieblingsteil ist gleich die Überschrift: Mehr Geld für Land und Kommunen. - Dass darauf noch keiner gekommen ist: mehr Geld! Das Leben kann so einfach sein.

(Zustimmung von Andreas Schumann, CDU)

Bei dem Wunsch nach mehr Geld erntet man erst einmal recht wenig Widerspruch. Tatsächlich ist in vielen Bereichen eine Unterfinanzierung der Aufgaben des Landes festzustellen. Mehreinnahmen sind dabei sehr willkommen. Ich bin mir sicher, dass wir, wenn wir überraschende Mehreinnahmen in Höhe von 1 Milliarde € hätten, nur knapp eine Stunde brauchten, um Ausgabenerfordernisse im Umfang von etwa 2 Milliarden € zu benennen.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Das reicht nicht!)

Die interessante und naheliegende Frage ist aber natürlich, woher dieses zusätzliche Geld plötzlich kommt. Dabei wird Ihr Text extrem flach. Letztlich sagen Sie: Der Bund soll halt mehr Geld zahlen. So leicht kann man Probleme lösen!

(Robert Farle, AfD: Brüssel!)

- Brüssel, genau. - Problematisch wäre es natürlich, wenn sich der Bund, die alte Spaßbremse, sehr knauserig zeigen sollte.

Sie haben gerade mehrere Punkte genannt. „Brüssel“ haben Sie jetzt dazwischengerufen. Die Bundesrepublik ist Nettozahler in der EU - das ist richtig -, Sachsen-Anhalt nicht. Wir profitieren natürlich davon, das ist klar. Aber die Bundesrepublik Deutschland in ihrer Gesamtheit profitiert natürlich ganz maßgeblich von der Europäischen Union. Für unsere Wirtschaftszahlen ist gerade das der Kern. Deswegen macht es durchaus Sinn - wegen vieler anderer Punkte natürlich auch -, in der Europäischen Union zu sein.

Wenn Sie austreten wollen - das können Sie letztlich fordern -, dann ist das kein geeignetes Projekt, um etwas zu sparen, sondern damit fahren Sie finanziell nicht nur Sachsen-Anhalt oder den Bund, sondern sogar ganz Europa an die Wand.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Daniel Roi, AfD: Das war klar!)

Also, ich bitte Sie. Das ist schon sehr schlicht. Ich bin gespannt darauf, wann Ihre Bundestagsfraktion den Antrag mit dem Titel „Sachsen-Anhalt braucht mehr Geld“ in den Bundestag einbringen wird. Das sehe ich noch nicht.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Während Sie im vorletzten Absatz das apokalyptische Bild zeichnen, dass ohne mehr Geld vom Bund eine solide Finanzierung nicht möglich sei, mahnen Sie diese Finanzierung dann im letzten Absatz an. Tatsächlich brauchen wir die solide Finanzierung eben auch dann, wenn ein überraschender Geldsegen ausbleiben sollte.

Die Diskussionen darüber, wie wir unsere Aufgaben finanzieren, werden natürlich ständig intensiv geführt. Bisher war leider festzustellen, dass sich die Opposition daran eher weniger beteiligt. Sollten die heute vorliegenden Anträge - wir haben nachher noch einen von der Fraktion DIE LINKE - einen Kurswechsel andeuten, wäre das erfreulich.

Von der AfD-Fraktion kenne ich ein Munterwerden bisher eigentlich nur, wenn Schlüsselwörter wie „Ausländer“, „Miteinander e. V.“, „Europa“ oder „Gender“ fallen. Das Feuerwerk der guten Laune, das hier neulich niederbrannte, als die AfD unter bewusster Missachtung der systematischen

Unterschiede zwischen Einzelplan und Vorwort versuchte, Genderbudgeting zu behandeln, ist uns noch gut in Erinnerung. Eine in sich schlüssige finanzpolitische Position der AfD ist mir nicht bekannt. Der Ruf nach oben: „Ihr müsst mehr Geld an uns zahlen!“, ist es halt nicht.

Bei der LINKEN ist eine hohe finanzpolitische Kompetenz vorhanden,

(Zustimmung von Hendrik Lange, DIE LIN- KE)

allerdings findet man nicht den Mut,

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Aha!)

wie ich meine, erkannte inhaltliche Konsequenzen auch öffentlich zu ziehen.

Der Vorwurf an Kenia von dieser Seite bestand in den früheren Anträgen - exemplarisch dafür stand der Antrag zum Nachtragshaushalt - im Wesentlichen darin, dass wir zu wenig Geld ausgeben. Das ist angesichts der Punktlandung beim Haushaltsplan für das Jahr 2017 ein recht skurriler Vorwurf; denn darin sind Mittel in Höhe von 1,2 Millionen € übrig geblieben. Daher sind auch keine Megaausgabensteigerungen zu erwarten.

Die Einnahmenerhöhung durch Maßnahmen des Bundes - wir haben ja die bundespolitische Debatte darüber geführt, woher wir die Steuern nehmen können - ist eine andere Debatte als die, die wir heute führen. Das ist aber ähnlich wie bei dem Antrag der AfD-Fraktion,

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Nein, nein!)

auch dort sollen die Mittel von oben kommen.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Genau!)

Dass wir die Rücklagen nicht verbraten haben, mag man uns vorwerfen; ich halte das aber für wichtig.

Die eigentliche Frage wird von oppositioneller Seite praktisch nicht behandelt: Sind denn die Prioritäten, die Kenia für die Haushaltsjahre 2017 und 2018 gesetzt hat, die richtigen? Welche müssen wir für das Haushaltsjahr 2019 setzen? Darüber wird innerhalb der Koalition mit großem Engagement, zum Teil auch deutlich vernehmbar diskutiert.

Die Breite unseres Bündnisses hat diverse Vorteile, da unterschiedliche Aspekte frühzeitig in Entscheidungen einfließen. Bei der Prioritätensetzung und der Zuspitzung ist das naturgemäß weniger hilfreich, da wir den unterschiedlichen Schwerpunkten der Koalitionspartner Rechnung tragen.

Erstaunlicherweise tut sich auch die Opposition schwer damit; denn natürlich ist jede Prioritätensetzung immer auch eine Aussage dazu, was hinsichtlich der Priorität weiter hinten steht. Dazu findet ihr euch eben nicht bereit und fordert als Konsequenz eine noch stärkere Ausdehnung der Ausgaben über die uns gesetzten Grenzen hinaus, auch wenn ihr wisst, dass das objektiv unmöglich ist.

Anstatt anhand der konkreten Zahlen die eigenen Prioritäten zu setzen, wird unter Annahme hypothetischer Zahlen die Beglückung aller Bereiche gefordert. Das war eben sehr exemplarisch.

Sollte in der nächsten Legislaturperiode die Situation eintreten, dass DIE LINKE in Koalitionsverhandlungen eintritt, dann wird sie mit dem hier jüngst beantragten Gesamtausgabenvolumen

nicht einmal den Verhandlungsraum betreten, da die Unmöglichkeit der Umsetzung klar ist.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Das sieht man doch in Brandenburg und in Thüringen!)

Anstatt sich mit der Frage der Prioritäten auseinanderzusetzen - Kenia tut das; das ist dann natürlich nicht alternativlos -, flüchtet man sich in das gefahr-, aber eben auch belanglose schlichte Fordern von Mehrausgaben.

Schauen wir uns nun einmal die vor uns liegenden Aufgaben an, auch wenn das in dem aktuell noch sehr frühen Stadium - die Vorredner sind darauf eingegangen - weitgehend ohne konkrete Zahlen erfolgen muss.

Ich muss gestehen, dass ich nach dem Beschluss über den letzten Doppelhaushalt einen ganz erheblichen Respekt vor dem Haushaltsplan für 2019 hatte. Unruhig machten mich dabei nicht in erster Linie die großen Anmeldungen aus den einzelnen Häusern - das ist nicht so ungewöhnlich -, doch allein die Fortschreibung des deutlich gestiegenen Ausgabeniveaus ist schon eine Aufgabe. Naturgemäß wollen wir darüber hinaus auch gestalten.

Hinzu kommt, dass wir gerade im Jahr 2019 von vornherein knapp unterwegs sind. Ein Blick in die mittelfristige Finanzplanung offenbart einen Handlungsbedarf - wir hatten das gerade im Finanzausschuss - im Umfang von 668 Millionen € für das Jahr 2019, obwohl sich die Rahmenbedingungen aus Zinslasten und Einnahmen derzeit noch ganz nett anlassen. Ich will gar nicht schwarzmalen, aber das Manna fällt eben auch weiterhin nicht vom Himmel.

Welche Prioritäten sollten wir als Land setzen? Bestimmte Vorentscheidungen wurden und werden gerade getroffen. Wir verhandeln zurzeit mit großem Engagement aller Beteiligten über das neue KiFöG. Erwartungsgemäß wird es teurer werden; denn wir wollen Eltern und Kommunen nicht stärker belasten, sondern entlasten und wir wollen die Qualität verbessern. Das wird der Haushaltsplan für das Jahr 2019 abbilden müssen.

Auch im Schulbereich haben wir Aufgaben, um dem Lehrermangel entgegenzutreten. Das hat auch eine finanzielle Komponente, sei es schlicht beim Personal oder eben im Hochschulbereich, der die ausgeweitete Ausbildung stemmen muss. Bei der Unterfinanzierung der freien Schulen gibt es bereits Verständigungen, die auch zu deutlichen Mehrkosten führen werden. Ich halte die sich abzeichnende Prioritätensetzung für gute Bildung für die nachwachsende Generation für den richtigen Weg.

Zwei weitere Felder möchte ich noch ansprechen: Wir müssen auf die Bedrohung unserer Lebens

grundlagen reagieren. Beunruhigende Entwicklungen, wie zum Beispiel das Insektensterben, berühren den Kern unseres Lebens.