Vollständige und nachhaltige Sanierung der „Bohrschlammdeponie Brüchau“ durch den Betreiber Neptune Energie Deutschland GmbH
Die Einbringerin ist Frau Funke von der AfD. Sie steht schon hier. Sie können gleich loslegen, bitte schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte vom Volk Gewählte! In den zwei parlamentarischen Debatten über die Bohrschlammgrube Brüchau hat mittlerweile jedermann erkannt, dass es nicht nur darum ging, verstockt und machtverzückt die Parlamentsarbeit der AfD zu hintertreiben und uns auch noch zu verbieten, dass wir dieses Thema ins Parlament einbringen. Obendrein wurde uns unterstellt, dass es uns nur um Populismus und nicht um die Sicherheit von Mensch und Umwelt ginge.
Darum geht es uns mit Sicherheit. Aber Ihnen geht es vor allem darum, ein jahrzehntelanges politisches Versagen zu kaschieren. Geradezu akribisch versuchen Sie, werte Abgeordnete der verantwortlichen Regierungsparteien, immer neue Argumentationen und Zeitaufschiebungen zu
konstruieren, um sich vor der Entscheidung zu drücken, dass dieser Schandfleck in unserem Land endlich entfernt werden muss.
Wenn wir die Gesundheit, die Sicherheit und das Wohl der Bürger unseres Landes gefährdet sehen, dann werden wir von der AfD nicht nachlassen und dem nachkommen, wozu Sie, werte Damen und Herren der Konsensparteien, entweder nicht mehr imstande sind oder nicht mehr imstande sein wollen.
Verschiedene Hinweise und Fakten lassen vermuten, dass die Feststellung, dass die Grube ausgekoffert werden muss, wieder lange hinausgezögert werden soll, und bestehende Kenntnisse und Daten sowie neue Daten erst gar nicht berück
sichtigt werden oder in eine Gefahrenabschätzung einfließen sollen. Dabei gibt es bereits zehn Gutachten zur Giftschlammgrube, die deutlich auf das Gefahrenpotenzial hinweisen.
Der GICON-Bericht von 2015 bevorzugte zwar die Variante „Deckel drauf“, beinhaltet zudem aber die Aussage, dass die Variante „Auskofferung“ mit Kosten von mehr als 20 Millionen € nicht verhältnismäßig sei. Deshalb wird diese Variante von vornherein ausgeschlossen. Das widerspricht ganz klar dem Landtagsbeschluss und Ihrer allzu häufig geäußerten Meinung, dass das Ding weg muss. Auch der Altmarkkreis Salzwedel fordert weiterhin die komplette Beräumung der Grube.
Aus diesem Grund bringen wir erneut einen Antrag zur vollständigen und nachhaltigen Sanierung ein. Warum tun wir das? - Der Druck der Bevölkerung scheint noch nicht groß genug zu sein; denn anstatt endlich eine Terminsetzung mit hinterlegtem Zeitplan zur Stilllegung und Sanierung der Bohrschlammgrube vom Betreiber zu fordern, wird geprüft, hingehalten, wieder geprüft und ein Gutachten nach dem anderen erstellt. Wie viele Hunderttausend Euro sind dafür eigentlich schon zusammengekommen, statt klipp und klar selbst die Forderung als Land, als Regierung an den Betreiber zu stellen?
Da wechselt der Betreiber oder, besser gesagt, der neue Investor übernimmt den Rest des Betreibers, und Sie sehen dabei zu, wie sich die Engie, ein milliardenschweres Unternehmen, nach der Ausbeutung unserer Rohstoffe mal eben verabschiedet, um sich den neuen Energien zu widmen. Merkwürdig - ist das nicht Ihr großes Thema zur Umgestaltung dieses Landes? - Stattdessen kommt ein Investor, der Experte für fossile Energieträger ist. Werter Herr Ministerpräsident, vielleicht hilft Ihnen Neptune Energy dann auch beim Braunkohleausstieg.
Auf jeden Fall ist jeder Betreiber nach dem Verursacherprinzip dafür verantwortlich, verursachte Schäden auf eigene Kosten zu beseitigen. Das ist gesetzlich so geregelt. Damit einher geht natürlich die bergbaurechtliche Verpflichtung, die Spuren der ehemaligen Erdgasförderung zu beseitigen. Dazu zählen genauso Bohrlöcher, die geschlossen werden müssen, Leitungen, die beseitigt werden müssen, oder eben Öl- und Bohrschlammgruben, die ausgehoben werden müssen.
Dies dürfte dem Mutterkonzern Engie nicht ganz unbekannt sein, sind diese Forderungen doch vom Land Niedersachsen so gestellt worden; es ist bereits auch so saniert worden. Die immer wieder aufkommende Frage, wie ich welchen Schadstoff und welche Schadstoffgruppe zu entsorgen habe, kann sich aufgrund hinreichender
Außerdem steht der Altlastenfonds zur Finanzierung der Sanierung bereit. Das technische Grundwissen und die praktischen Erkenntnisse bestehen sowohl in Sachsen-Anhalt als auch in anderen Bundesländern. Merkwürdig ist, dass Sie beim Thema Müllimporte auf die Solidarität der Länder schwören und Ihnen beim Thema Brüchau offenbar ein Zacken aus Ihrer Machtkrone fällt.
Für solche kostspieligen Maßnahmen haben Konzerne Rücklagen zu bilden. Es ist daher unverständlich, warum Sachsen-Anhalt laut Einzelplan 54 - Sondervermögen Altlastensanierung - noch immer Mittel in Höhe von 7,5 Millionen € jährlich allein für das Altlastensanierungsprojekt Erdgasfeld Altmark einstellt und sich an den Kosten zu 25 % beteiligen muss, wenn doch die Gruben nicht mehr betrieben werden, die Betreiber aber noch immer existieren.
Anderer Bundesländer haben zudem bereits funktionierende Arbeitsgruppen, Datenbanken, arbeiten mit der Bevölkerung zusammen, betreiben Forschungsprojekte, verfügen über Kartenmaterial. Und das Ganze steht in der Öffentlichkeit. Warum funktioniert das mit der Transparenz in anderen Bundesländern, und wieder nur in Sachsen-Anhalt nicht? Haben andere Bundesländer denn weniger zu verbergen als wir?
Sie haben ständig Angst vor dem Umgang mit Schadstoffen. Dabei wissen wir aus der Antwort auf unsere Kleine Anfrage in der Drs. 7/720, dass das Überstandwasser aus Brüchau sechs Jahre lang nach Bitterfeld gefahren wurde. Wie bekannt war denn damals der Gefahrguttransport? - Erschreckend sind außerdem die Erkenntnisse zu dem definierten Abfallbewirtschaftungsplan des Betreibers sowie die Kategorisierung der bergrechtlichen Entsorgungsanlage Brüchau.
„Abfallbewirtschaftungspläne zur Entsorgung bergbaulicher Abfälle wurden in Deutschland erst mit der Dritten Verordnung zur Änderung bergrechtlicher Verordnungen vom 24. Januar 2008 eingeführt und den Bergbauunternehmen dabei eine Übergangsfrist bis zum 1. Mai 2012 für die Vorlage entsprechender Pläne eingeräumt.“
Das sind ganze vier Jahre. Dreimal dürfen Sie raten, was dann passiert ist. - Nämlich nichts. Und warum? - Ich zitiere dazu aus der Antwort:
„Zu diesem Termin wurde die bergbauliche Abfallentsorgungsanlage Brüchau […] geschlossen. Ein Abfallbewirtschaftungsplan für diese Anlage liegt daher nicht vor.“
Welch ein Glück für das Bergbauunternehmen! Soweit mir bekannt ist, sollte aber nun mit Beginn der Sondierungsarbeiten, spätestens jedoch bis zum 31. Januar 2018 eine recherchierte Einlagerungshistorie für Brüchau vorgelegt werden. Ist die Vorlage denn nun fristgemäß erfolgt? Und woher stammen diese Informationen plötzlich?
Im GICON-Gutachten ist das Schadstoffinventar bereits detailliert begutachtet worden. Dass nicht unerhebliche Mengen an Quecksilber vorkommen, steht auch fest. Damit ist festzustellen, dass neben der klaren Forderung der EU-Richtlinie 2006/21/EG, vor allem aber der EU-Verordnung 2017/852 Quecksilber aus bergbaulichen Tätigkeiten so zu lagern und zu behandeln ist, dass davon keinerlei Gefahren für Mensch und Umwelt ausgeht. Zudem soll bis 2020 alles Quecksilber, von dem eine Gefahr ausgeht, sicher gelagert werden.
Das ist insofern problematisch, als nach dem aktuellen Sonderbetriebsplan vom Oktober 2017, der eine komplette Deponiekörpererkundung inklusive Messnetzerweiterung beinhaltet, erst im Jahr 2021 mit ersten Ergebnissen zu rechnen ist. Derartige Trödeleien, meine Damen und Herren, widersprechen ergo nicht nur der EU-Gesetzgebung, sondern auch unserer Landesverfassung, und zwar meiner Meinung nach der Präambel, dem Artikel 4 Abs. 1 - Menschenwürde - sowie dem Artikel 35 - Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen.
Weiterhin wäre es interessant zu wissen, warum man die mit der Messnetzerweiterung einhergehenden Immissionspumpversuche nur im oberen Grundwasserleiter installiert, der untere aber nicht betrachtet werden soll, obwohl bekannt ist, dass beide miteinander korrespondieren, und auch bekannt ist, dass die höchsten Grundwasserkontaminationen im unteren Grundwasserleiter vermutet werden. Außerdem sollen die Pumpen mit Leitfähigkeitssensoren automatisch abgeschaltet werden, wenn hohe Leitfähigkeiten auftreten. Warum denn das? Was soll denn nicht gemessen werden, etwa die Undichtigkeit der Grube?
Des Weiteren werden keine Ausführungen zur geplanten radiologischen Untersuchung sowie seitens der Analytik des anstehenden und geförderten Grundwassers gemacht. Das Vorhandensein von Schwermetallen und organischen Schadstoffen bekommen Sie aber allein mit einer Leitfähigkeitsmessung nicht heraus, meine Damen und Herren.
Was erfahren wir aus dem Ministerium für Arbeit und Soziales? - Ich zitiere aus der Pressemitteilung 033/2018:
„Weder die Anzahl der registrierten Fälle noch das Lokalisationsspektrum gibt Hinweise auf eine erhöhte Krebserkrankungsrate der Bevölkerung.“
Sinngemäß heißt das: Liebe Leute, ihr braucht keine Bedenken zu haben, es ist alles in bester Ordnung.
Im vorgelegten Bericht über das Krebsgeschehen fällt aber Folgendes auf: Richtig ist, dass es einen Zusammenhang zwischen Krebserkrankungen und dem Alter der von Krebs Betroffenen gibt.
Richtig ist auch, dass eine Bonferroni-Korrektur als mathematischer Hypothesentest bei epidemiologischen Untersuchungen dann Anwendung findet, wenn verschiedene Datensätze über die Populationsgröße miteinander verglichen werden sollen, die, wie in diesem Fall, in verschiedenen Krebsregistern unterschiedlich organisiert und erfasst wurden, aber letztlich ein signifikant abgesichertes Ergebnis über Testsoftware errechnet werden soll.
Zweifelhaft daran sind erstens, wie gesagt, die Datengrundlage bzw. die Validität der Daten, die selbst im Bericht als nicht ausreichend beschrieben wird, und zweitens der Zeitraum, für den die Statistik erhoben wurde.
Warum haben Sie den Zeitraum 2005 bis 2014 genutzt und beispielsweise nicht ab dem Jahr 1995 gerechnet?
Inwiefern sind Sie denn jetzt einmal real den Berichten über vermehrte Krebserkrankungen in der Bevölkerung vor Ort gefolgt, so wie es im Beschluss des Landtags vom 4. Mai 2017 gefordert wurde?
Wie hält es die Landesregierung eigentlich mit einem konkreten Gesundheitsmonitoring, bei dem jeder Bürger der Region befragt wird?
Zum Schluss: Niemand hier im Haus ist dem Fraktionszwang verpflichtet. Wenn Ihnen wirklich etwas an der schnellen Lösung und Bereinigung dieser Tragödie liegt, dann stimmen Sie für unseren Antrag, für das Wohlergehen unserer Bürger. - In diesem Sinne Glück auf und vielen Dank.
Somit können wir fortfahren. Für die Landesregierung spricht der Minister Prof. Dr. Willingmann. Sie haben das Wort, Herr Minister.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Vielen Dank. - Lassen Sie mich eines voranstellen - ich will es auch stellvertretend sagen für die Mitarbeiter des Landesamtes für Geologie und Bergbau und auch für die in meinem Haus mit dieser Frage betrauten -:
Ich glaube, wir würden alle sehr viel darum geben, von heute auf morgen darüber entscheiden zu können, was mit der Bohrschlammgrube - auch „Deponie“ genannt - in Brüchau passieren soll. Wenn wir so frei wären, wir wären ausgesprochen froh, wenn wir entscheiden könnten.