Unter dem Strich: Die gesundheitliche Versorgung der Menschen ist in meinen Augen nicht mit Geld aufzuwiegen. Deswegen darf die gesundheitliche Versorgung der Menschen in unserem Land kein Geschäft sein.
Kaputtsparen von Krankenhäusern, Korruption bei Verschreibungen, Zuweisungen gegen Entgelt: Jetzt möchte ich einmal ein bisschen die Hintergründe dieses ganzen Themas Profitgier in der Gesundheitspolitik durchleuchten.
Wissen Sie, liebe Kollegen, ich habe mich oft gefragt, wie derartige Dinge die gute Arbeit vieler, vieler Ärzte und Mediziner immer wieder gesellschaftlich torpedieren können. Bayer, Bayer Healthcare, Novartis, Mediapharma, Merck, Roché Pharma, Pfizer und, und, und - sie alle haben eines gemeinsam: Sie gehen nämlich mit einem Hausausweis für Lobbyisten im Bundestag ein und aus.
Sehr treffend möchte ich hierzu den erst kürzlich abgesetzten Tweet von Marcus Faber, Mitglied der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag, zitieren: „Nach Pfingsten einfach ein paar entspannte Lobbytermine in Berlin.“ - Haben Sie dazu noch Fragen?
Ich glaube, diese Art von harter politischer Arbeit brauche ich in diesem Zusammenhang gar nicht weiter zu kommentieren.
Ein weiteres tolles Beispiel sind die beruflichen Vorerfahrungen des neuen Gesundheitsministers Jens Spahn. Noch während seiner Abgeordnetentätigkeit gründete er gemeinsam mit zwei anderen Lobbyisten der Pharmabranche die auf Medizin- und Pharmabranche spezialisierte Firma Politas, interessanterweise als GbR, zu welcher im Bundestag weder Angaben über die Geschäftstätigkeit noch über die Gesellschafter gemacht werden müssen. Des Weiteren ist zu erwähnen, dass eine Beteiligung bei einer GbR im Bundestag erst bei einer Beteiligung von mehr als 25 % publikationspflichtig ist. Herr Spahn hat übrigens genau 25 % Anteile.
Herr Abg. Siegmund, ich würde Sie bitten, in der Aktuellen Debatte wieder auf das Thema Sachsen-Anhalt zurückzukommen.
Gut. Dann werde ich diesen Satz noch beenden. - Aber ich habe doch gesagt, ich möchte daraus eine Grundsatzdebatte machen. Es ist ja eine Aktuelle Debatte zur Profitgier in der Gesundheitspolitik. Ich denke, das passt wunderbar dazu. Oder sehen Sie das anders?
Es sollte aber immer einen Bezug zu dem Punkt in der Aktuellen Debatte haben, den wir heute besprechen.
Gut. Ich möchte den Bezug wiederherstellen, indem ich hiermit erkläre, dass ich für mich selbst ergründe, dass in diesem Land Gesundheit ein Geschäft ist. Es funktioniert einfach nur, weil sich viele, viele Menschen in der Politik in diesem Bereich entsprechend verkaufen. Das sage ich hier ganz offen. Es gibt natürlich auch viele Beispiele dafür, dass andere es anders machen. Doch genau das ist das Problem. Das wird uns bei diesem Thema weiter nachhaltig beschäftigen. Das zieht sich quasi durch alle Bereiche, von der Pharmalobby, der Medizinbranche bis hin zur Privatisierung von Krankenhäusern.
Unter dem Strich: Geld regiert die Welt. Damit ist eigentlich alles gesagt. Ich möchte daher mit einem wunderbaren Zitat des deutschen Arztes Ellis Huber schließen: „Mehr Liebe und weniger Valium sollten im Gesundheitswesen dieser Republik herrschen.“ - Danke schön.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Auch an Sie die Frage: Das war ja deutlich linker, als ich es von Ihnen erwartet habe.
Ich möchte Ihnen auf zweierlei Maß antworten, erst einmal links. Ich versichere Ihnen, dass wir sozialpolitisch ähnlich eingestellt sind wie die Fraktion DIE LINKE. Wenn Sie einmal gemeinsam mit uns arbeiten würden, würden wir hier in diesem Hohen Haus auch endlich einmal etwas für die Menschen in diesem Land bewegen können. Bestes Beispiel ist heute.
Ich habe es weiter differenziert ausgeführt. Es gibt, wie gesagt, auch private Träger, die einen guten Job machen. Ich gebe Ihnen allerdings in dem Punkt recht, dass man diese Zustände nicht weiter tolerieren darf. Denn aus meiner Sicht muss die Landesregierung endlich einmal konsequent sein und Verstöße auch derart ahnden, dass es einem privaten Träger wehtut. Das heißt, wenn sich ein privater Träger nicht an die Grundsätze der medizinischen Versorgung hält und derartige Zustände duldet, dann muss die Landesregierung derart reagieren, dass es dem Unternehmen sowohl auf moralischer als auch auf finanzieller Basis wehtut: durch Aufnahmestopps, durch entsprechende Strafzahlungen.
Wenn unsere rechtlichen Voraussetzungen nicht genügen, damit dieses Problem nachhaltig geändert werden kann, dann liegt es doch an uns, einfach die Gesetze zu ändern und so entsprechende Maßnahmen herbeizuführen, irgendwann auch den Schritt zu gehen, einen privaten Träger zurück in die öffentliche Hand zu holen. Da bin ich völlig bei Ihnen.
Vielen Dank, Herr Abg. Siegmund. Es gibt keine weiteren Fragen. - Wir kommen zur nächsten Debattenrednerin. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abg. Frau Lüddemann. Sie haben das Wort.
Danke. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich stimme mit den Debatteneinreichern überein: Wir haben ein Problem. Nur in den Lösungsansätzen sind wir möglicherweise nicht ganz auf einer Wellenlänge.
ja schon aus dem Artikel in der „Mitteldeutschen Zeitung“ vom Samstag absehbar: zum einen die eher etwas populistische Seite, die Stimmen, die gleich zur vermeintlichen Ultima Ratio greifen und „Enteignung“ rufen, die die Rückführung von Kliniken fordern. Das ist von Ihnen heute in der Aktuellen Debatte in bisschen moderater, aber ähnlich vorgetragen worden.
Auf der anderen Seite die Stimmen, die, wie ich finde, eher etwas sachlicher und fachlicher abgewogen sagen: Ja, wir wollen die Novelle zum Krankenhausgesetz nutzen, um zu schauen, wie wir auch an diesen Stellen nachbessern können.
Wir machen das ja nicht umsonst. Natürlich braucht der Landkreis Befugnisse, müssen wir dem Landkreis Mittel in die Hand geben, um den Sicherstellungsauftrag tatsächlich durchsetzen zu können.
Ich kann heute hier nicht einen Katalog präsentieren und sagen: das und das und das muss es wirklich sein. Aber ich meine, dass wir die Debatte um die Neugestaltung des Krankenhausgesetzes ernsthaft dafür nutzen müssen, um genau solche Mittel zu beschreiben.
Grundsätzlich haben wir GRÜNE uns stets für Trägervielfalt ausgesprochen. Die Berufsfreiheit samt dem Sozialstaatsgebot lässt im Grunde genommen auch gar nichts anderes zu, als dass auch private Unternehmen Krankenhäuser betreiben können. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages formuliert dazu in Bezug auf Krankenhäuser: „Dem Grundsatz der Trägerpluralität kommt daher Verfassungsrang zu.“
Allerdings gibt es durchaus einige Bedingungen, die ein Krankenhaus erfüllen muss, um als Krankenhaus unter unser Landeskrankenhausgesetz zu fallen. Nur dann können Entgelte über die GKV abgerechnet und Investitionsmittel vom Land in Anspruch genommen werden.
So müssen etwa 40 % der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen berechnet werden. So ist es in § 67 der Abgabenordnung zu lesen.
Gleichzeitig ist die Gleichbehandlung bei den Investitionsmitteln zwischen öffentlichen, freigemeinnützigen und privaten Krankenhäusern eben durch § 1 Abs. 2 des Krankenhausgesetzes grundsätzlich abgesichert.
Anderenfalls würden private und freigemeinnützige Krankenhäuser Wettbewerbsnachteile erleiden, da diese in der Regel nicht auf zusätzliche Betriebs- und Investitionszuschüsse ihrer Träger zurückgreifen können. Daher haben wir es in Deutschland mit dem bekannten dualen Finanzierungskonzept unabhängig vom Trägertyp zu tun.
Der gleichberechtigte Zugang zum Krankenhaussektor scheint mir also ausgewogen gestaltet zu sein. Zumindest auf der Ebene der gesetzlichen Regelung gibt es aus meiner Sicht keine größeren Handlungsbedarfe im Sinne der Trägervielfalt.
Für welchen Träger dann das politische Herz im Besonderen schlägt, für welchen Träger dann im Zweifel eine Entscheidung getroffen wird, wenn der Kreistag sagt, er will privatisieren, das ist dann natürlich auch etwas, was im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung zu entscheiden ist.
Wie die Vertragsgestaltung sich dann tatsächlich manifestiert, das ist eine Sache, bei der man auch noch überlegen kann, wie man dann dem Landkreis hilfreich zur Seite tritt. Ich bin mir durchaus unsicher, ob alle Kreistage tatsächlich in der Lage sind, auf Dauer vollumfänglich zu überblicken, was sie festschreiben. Das ist dann wirklich für eine sehr lange Zeit.
Dass ich durchaus eine Sympathie dafür habe, eher kommunale und freigemeinnützige Krankenhäuser im Land zu haben und weniger Aktiengesellschaften, die in einen Gesundheits- und Pflegemarkt einsteigen, das will ich an der Stelle auch sehr klar sagen.
Aber wie man auch seine Wertschätzung verteilen mag, einig sind wir uns in diesem Hohen Hause, denke ich, in der Feststellung, dass medizinische Grundversorgung keine Ware sein darf.
Die Grundversorgung geht dem Renditestreben von Unternehmen eindeutig und unumstößlich vor. Ob nun allerdings Renditestreben bestimmter Krankenhausträger im Land zu einer akuten Gefährdung der medizinischen Grundversorgung führt, kann ich nicht sicher sagen. Sie scheinen davon ja überzeugt zu sein. Ich bin mir diesbezüglich nicht so sicher.
Natürlich liegen solche Deutungen nahe, wie etwa beim Thema Kaiserschnitt, um einmal ein konkretes Beispiel aus der Krankenversorgung herauszunehmen: auf der einen Seite die steigenden Kaiserschnittzahlen, auf der anderen Seite weiß man, dass Krankenhäuser für einen Kaiserschnitt weit mehr abrechnen können als für eine natürliche Geburt.
Auch um die sogenannten Igel-Leistungen ranken sich - durchaus zu Recht - ähnliche Debatten zu der Annahme bzw. Unterstellung, dass Ärztinnen und Ärzte aufgrund finanzieller Anreize zu eigentlich unnötigen, wenn nicht gar risikoreichen Behandlungen und Untersuchungen raten, die der Patient dann auf eigene Rechnung zu zahlen hat.
Der Kritik am Neoliberalismus und einem Denken, das den Menschen nur noch als Kostenfaktor begreift, wie es Heiner Geißler einmal gut auf den
Punkt gebracht hat, stehe ich nahe. Aber ich warne auch davor, ins populistische Horn zu stoßen und das Bild vom bösen Kapitalisten zu bedienen, der um des Profits willen quasi über Leichen geht.
Kapitalismuskritik ist natürlich rechtens, möglich und kann hier im Hohen Hause auch geäußert werden, aber nicht im Gestus der moralischen Verurteilung böser Kapitalisten, sondern im mühsamen Ringen um sozialen Ausgleich und Anreizstrukturen, die etwa am Gemeinwesen orientiertes Handeln oder Handeln zugunsten der Gesundheit der Bevölkerung honorieren bzw. zumindest wirtschaftlich nicht unrentabel machen. Ich denke Kapitalismuskritik in Richtung starker sozialer Rechte - aka Grundeinkommen - und weniger in Richtung Verstaatlichung.
Im Zusammenhang mit der Krankenhausfinanzierung stellt sich zu diesem Thema aber auch ganz konkret die Frage: Wie halten wir es mit § 17 Abs. 1 Satz 3 des Krankenhausgesetzes auf Bundesebene, der zu Beginn formuliert: „Überschüsse verbleiben dem Krankenhaus“. Damit ist natürlich auch die Möglichkeit gegeben, diese Überschüsse an die Gesellschafter auszuschütten. Das ist eine schwierige Geschichte, und ich kann ganz klar sagen: Ich bin sehr dafür, dass wir in den Verträgen - und am besten im Krankenhausgesetz - sehr klar festschreiben, dass Überschüsse erst dann ausgeschüttet werden dürfen, wenn alle vertraglichen Bedingungen eingehalten sind.