Protokoll der Sitzung vom 21.06.2018

Herr Hövelmann.

Sie haben noch einmal das Wort.

Herr Hövelmann, ich nehme Ihnen unbesehen ab, dass Sie sich freuen, Mitglied dieses linksradikalen Kampfvereins - das ist ganz klar unsere Meinung dazu - gewesen zu sein, sogar im Vorstand gewesen zu sein. Das ist natürlich Ihre Sache, aber ich sage Ihnen, das macht es nicht besser, im Gegenteil. Und es ist auch überhaupt keine Ehre für Sie. - Danke.

(Beifall bei der AfD)

Ich möchte an dieser Stelle nur sagen, wir sollten doch - das habe ich schon mehrfach betont - immer auf unsere Wortwahl achten. Ich denke, man kann unterschiedlicher Meinung sein, sehr geehrter Herr Poggenburg, aber man sollte trotzdem auch den anderen wahren. Das sage ich immer wieder an jeder Stelle. Deswegen sollten wir uns auch an ein bestimmtes Vokabular halten. Man kann auch anders kritisieren. Ich denke, Sie sind intelligent genug, sodass Sie da auch andere Worte finden könnten. - Vielen Dank.

(Unruhe bei der SPD und bei der LINKEN - Dr. Falko Grube, SPD: Darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein! - Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Ja! - Zuruf: Eben!)

- Das kann man, sehr geehrter Herr Kollege. Aber ich habe immer gesagt, jeder hat seine Meinung. Und wenn jemand der Meinung ist, dass jemand anders nicht seine Interessen vertritt, dann kann man dies kundtun, aber das sollte man in einem bestimmten Ton und nicht beleidigend herüberbringen. Das tut mir dann leid.

(Zustimmung von Dr. Andreas Schmidt, SPD)

Bevor wir in die Debatte einsteigen, hat für die Landesregierung die Ministerin Frau GrimmBenne das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Politische Bildungs- und Aufklärungsarbeit bedeutet Kontroverse. Das kennen wir seit dem Beutelsbacher Konsens, der aus den 70er-Jahren stammt. Sie darf und muss sich kritisch mit dem politischen Zeitgeschehen und damit mit den Inhalten von politischen Parteien auseinandersetzen.

Der vorliegende Antrag ist ein weiterer Versuch der AfD, das wichtige Engagement des Vereins Miteinander, nämlich den Kampf gegen Rechtsextremismus, zu diskreditieren. Lassen Sie mich kurz darstellen, warum dieser Versuch ins Leere läuft. Bereits in der 101-seitigen Antwort auf die Große Anfrage zu Miteinander e. V. hat die Landesregierung festgehalten, dass für die regelmäßigen Versuche der AfD, den Verein in die Nähe von extremistischen Erscheinungsformen oder Personengruppen zu rücken, keinerlei Anhaltspunkte gesehen werden.

Die Arbeit des Vereins folgt dem in der Koalitionsvereinbarung festgelegten Ziel von politischer Bildungsarbeit: Menschenfeindlichkeit und antidemokratischem Populismus auf der Basis der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu begegnen. Diese Arbeit verdient unsere Anerkennung und unsere stetige Unterstützung.

(Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Klar ist: Staatliche Mittel dürfen nicht dazu verwendet werden, eine Kampagne für oder gegen Parteien zu organisieren und damit die Chancengleichheit im Parteienwettbewerb zu beeinträchtigen. Nach den Grundsätzen politischer Bildungsarbeit - ich würde Ihnen wirklich empfehlen, dass Sie sich den Beutelsbacher Konsens noch einmal ansehen - ist jedoch eine sachdienliche und differenzierte Auseinandersetzung mit und Aufklärungsarbeit über Ziele und Inhalte von Parteien möglich.

Lassen Sie es mich noch einmal deutlich sagen: Die Behandlung ideologischer Bestandteile und

Themen, unter anderem des Rechtsextremismus und des organisierten Rechtspopulismus, ist auch im Kontext von Parteien zulässig.

Dies geht einher mit der Förderleitlinie zum Bundesprogramm „Demokratie leben“ des Bundesfamilienministeriums, nach der der Einklang mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und

eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit Voraussetzung für die Gewährung von Zuwendungsmitteln ist. Darauf wird im Begleitschreiben zum Zuwendungsbescheid hingewiesen.

Daher bietet das im Antrag angeführte Gutachten zum Neutralitätsgebot keinen Neuigkeitswert und taugt erst recht nicht zur Skandalisierung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Dass der AfD, dass Ihnen politische Bildungsarbeit nicht passt, ist keine Überraschung. All jene, die der populistischen Zündelei an humanitären Grundwerten unserer Gesellschaft analytisch die Stirn bieten, werden als Feinde etikettiert. Demokratieförderung und Bildungsarbeit sind gerade in einer Zeit, in der Populismus unsere Demokratie bedroht, unverzichtbar.

(Zustimmung bei der SPD und von Sebas- tian Striegel, GRÜNE)

Das Engagement für eine kritische Bildungsarbeit darf nicht durch den unspezifischen Vorwurf der Verletzung der Neutralitätspflicht beschnitten werden. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Es gibt eine Anfrage des Abg. Poggenburg. - Sie haben das Wort, bitte.

Sehr geehrte Frau Ministerin, vorab: Auch wir stehen für Demokratieförderung ein, und es gibt keine Partei, die mehr für Demokratie kämpft, als es die AfD tut.

(Beifall bei der AfD)

Unabhängig davon haben Sie verwiesen auf die Antwort zur Großen Anfrage, dass der Verein Miteinander e. V. nicht mit extremistischen Tätigkeiten in Verbindung gebracht werden kann. Das mag in der Antwort richtig sein, hat aber mit der heutigen Debatte gar nichts zu tun. Heute geht es nur um das Neutralitätsgebot.

Jetzt frage ich Sie: Sind Sie ernsthaft der Meinung, dass der Verein Miteinander e. V. nicht eine Kampagne gegen die AfD fährt? Denn wenn er das täte, dann würde er ganz klar gegen das Neutralitätsgebot verstoßen, so wie es Juristen im

Landtag von Brandenburg und im Bundestag sehen. - Danke schon einmal für die Antwort.

Frau Ministerin, bitte.

Wenn Sie meinem Redebeitrag zugehört hätten, dann hätten sie vernommen, dass ich gesagt habe, dass ich diesen unspezifischen Vorwurf der Verletzung der Neutralitätspflicht nicht sehe. Ich habe sehr deutlich und, so denke ich, auch differenziert dargestellt, warum ich dies so sehe.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Frau Ministerin, es gibt eine Nachfrage von Herrn Poggenburg. - Bitte, Herr Poggenburg.

Frau Ministerin, entschuldigen Sie, aber Sie haben sich ein bisschen herausgeredet; meine Frage war etwas konkreter.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Sie hat schon geantwortet!)

Sind Sie der Auffassung, dass der Verein Miteinander e. V. keine Kampagne gegen die AfD fährt und gefahren hat? Das ist meine Frage.

Frau Ministerin, bitte.

Ich denke, er fährt keine Kampagne.

(André Poggenburg, AfD: Dann lesen Sie einmal die Internetseite; dort steht überall was von der AfD! - Eva von Angern, DIE LINKE: Aber sie klären doch auf und Auf- klärung hat doch nichts mit einer Kampa- gne zu tun!)

Frau Ministerin, ich sehe keine weiteren Anfragen. - Wir steigen nunmehr in die Dreiminutendebatte der Fraktionen ein. Als erster Debattenredner spricht für die CDU-Fraktion der Abg. Herr Krull. Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Mitglieder des Hohen Hauses! Mit dem heutigen Antrag möchte also die AfD-Fraktion

erreichen, dass der Verein Miteinander e. V. keine öffentlichen Mittel des Landes Sachsen-Anhalt mehr erhält.

(Beifall bei der AfD)

Damit wird noch einmal ganz deutlich erkennbar, welche Antipathie die beantragende Fraktion bzw. die Partei, die dahintersteht, gegenüber dem Verein Miteinander e. V. empfindet.

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Jetzt versucht man also über diesen Weg, die Arbeit des Vereins zu beschädigen bzw. unmöglich zu machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie viele von Ihnen wissen, steht die CDU-Landtagsfraktion dem Verein Miteinander e. V. durchaus kritisch, aber auch konstruktiv bezüglich dessen Haltung und Äußerungen gegenüber, vor allem dann, wenn es darum geht, dass bei öffentlich geförderten Programmen und Veranstaltungen nur eine einseitige politische Sicht der Dinge dargestellt wird.

Was uns aber von der AfD ganz deutlich unterscheidet, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist, dass wir uns konstruktiv in Prozesse einbringen und den Dialog suchen. Außerdem schauen wir uns schon sehr genau an, wann und wie sich die Vereinsmitglieder äußern, als Privatpersonen, als Mitglieder des Vereins oder bei Projekten und Vorhaben, die öffentlich gefördert werden.

Als Beispiel hierfür nenne ich die „Meile der Demokratie“ in Magdeburg. Als wir uns zu diesem Thema im Landtag verständigt haben, habe ich sehr deutlich gemacht, dass ich und auch meine Partei die Absage des Vereins für falsch hielten und auch immer noch für falsch halten. Die Begründung für eine Absage der Teilnahme an einer solchen Veranstaltung muss natürlich jeder für sich selbst treffen. Aber aus unserer Sicht leben politische Prozesse auch davon, dass man unterschiedliche Positionen miteinander austauscht.

Streit und Debattenkultur gehören zu den Prinzipien einer Demokratie, sie können belebend wirken. Ob die Qualität der Debatten, die auch in diesem Hause geführt werden, so gut ist, dass sie tatsächlich dazu beitragen, muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich habe daran manchmal meine Zweifel.