Protokoll der Sitzung vom 21.06.2018

Hinzu kommt ein weiteres Problem. Das Land Sachsen-Anhalt verkauft den Grund und Boden, auf dem sich Gartenvereine befinden. Diese werden zwar über die beginnende Ausschreibung informiert, können aber nicht entgegenwirken.

Im Fall der Köthener Sparte Grüne Aue wurde dem Verein angeboten, das Land selbst zu erwerben. Im Gespräch für das 8,3 ha große Areal war

eine stolze Summe von 84 000 €. In Anbetracht der Tatsache, dass die Hälfte der Mitglieder mittlerweile Rentner ist, war das nicht möglich.

So kam, was kommen musste: Der Verein erhielt vom Land die Nachricht, dass das Land, auf dem sich die Gartenanlage befindet, an einen Privatmann verkauft worden sei. Die Folge dessen wurde umgehend spürbar: Die Pacht von 4 Cent pro Quadratmeter wurde im Jahr 2018 vervierfacht, nämlich auf 16 Cent pro Quadratmeter. Dies ist der maximale Betrag, von dem der neue Eigentümer sofort Gebrauch gemacht hat.

Von diesem Fall berichtete die „Mitteldeutsche Zeitung“ im Lokalteil Köthen ebenfalls am 8. Juni 2018. Sie teilte ferner mit, dass es allein in Köthen drei weitere Verkäufe von Kleingartenflächen durch das Land gegeben habe.

Hinter den Landverkäufen steckt die Bundesimmobilienverwaltungsgesellschaft, welche den Auftrag hat, die Ländereien meistbietend zu verkaufen. In vielen Fällen kommen die Käufer aus den alten Bundesländern und verlangen sofort das Maximum der Pacht. Diese Flächenverkäufe führen zu weiteren Verschärfungen der Situation und gehören sofort gestoppt.

Meine Damen und Herren! Es ist längst überfällig, sich über die Zukunft der Kleingartenanlagen Gedanken zu machen. Welches sind aber die Perspektiven?

Wichtig sind zunächst Bestandsaufnahmen. Aus der Antwort auf meine Kleine Anfrage geht hervor, dass bisher lediglich fünf Kommunen über Kleingartenkonzeptionen verfügen, die Handlungs- und Planungsgrundlage für die nächsten Jahre sind. Gerade für diese gibt es aktuell weder Fördermöglichkeiten noch beabsichtigt die Landesregierung, so jedenfalls die Antwort auf meine Kleine Anfrage, eine spezielle Förderrichtlinie.

Seit Jahren gibt es immer wieder Treuebekenntnisse der Politiker aller Parteien zum Kleingartenwesen. Ich ahne, das wird sich heute wiederholen. Auch im Koalitionsvertrag findet sich ein Bekenntnis zum Kleingartentum.

Meine Damen und Herren! Anstelle von Lippenbekenntnissen ist es an der Zeit, gesetzlich gesicherte Förderprogramme für Kommunen sowie Kleingartenvereine und -verbände für den erforderlichen Rückbau und zur nachhaltigen Umnutzung der zu erwartenden Brachflächen aufzulegen.

(Beifall bei der LINKEN)

Helfen Sie, denkbare Lehr-, Spiel- und Mustergärten, Streuobstwiesen, Parks, Spiel- und Sportanlagen, Vereinsheime und Erholungsflächen langfristig zu planen und finanziell zu untersetzen. Die bestehenden Kleingartenanlagen bieten die

Chance, sie für jedermann zu öffnen und innerstädtische Begegnungsstätten für alle Bürger zu schaffen.

Um das Kleingartenwesen gesund zu entwickeln und weiterzuführen, sind eine Bestandsaufnahme, eine Strategieentwicklung und eine gezielte Förderung von Anlagen mit einer Bestandsperspektive die Hauptaufgabe.

Angesichts der immer weniger und älter werdenden Bevölkerung und des damit noch größer werdenden Überangebots an Kleingärten ist ein geordneter Prozess vonnöten, um mit Entwicklungskonzepten und deren Akzeptanz durch die Mitglieder die Stellschrauben für eine Förderung zu stellen. Geplante Bestandsreduzierungen benötigen einen frühzeitigen konzeptionellen Vorlauf für Akzeptanz und Planungssicherheit der Pächter.

Kleingärten haben eine gesellschaftliche und soziale Funktion als Ort des menschlichen Miteinanders und als Ort des Lernens im Umgang mit der Natur.

(Beifall bei der LINKEN)

Kleingärten sind ein wichtiger Klimafaktor und ökologisch wichtig. Kleingärten sind ein Ort der Erholung. Sie sind ein Stück deutscher Geschichte und Kultur. Kleingärten haben zudem Potenzial zur Integration von Menschen.

Die Problematik zeigt, dass das Kleingartenwesen zwar nicht an Bedeutung einbüßen, sich aber verändern wird. Der Leerstand von Kleingärten ist vor allem für Klein- und Mittelstädte sowie den ländlichen Raum ein Problem. Die Wiederverpachtung und die Umnutzung leer stehender Gartenparzellen sind die Herausforderungen der Zeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Mittel- und langfristig sind Strategien zur Sicherung und Anpassung des Kleingartenwesens gemeinsam mit den kommunalen Verwaltungen zu entwickeln und umzusetzen.

Wie wir alle wissen, können die kommunalen Haushalte zusätzliche Belastungen nicht stemmen. Gerade deshalb sind neben dem kommunalen Engagement Fördermittel von Bund und Land gefragt. Nach wie vor fehlt eine wirksame und finanzielle Hilfe für den Umbau nicht genutzter Kleingartenflächen.

Es gibt aber auch Positives zu berichten. Im Gespräch mit dem Landesverband der Gartenfreunde wurde der geförderte Rückbau von Kleingartenanlagen in Überschwemmungsgebieten nach den schweren Hochwasserereignissen gelobt.

Die Bewältigung der Leerstandsproblematik ist nicht nur Aufgabe der Kommunen, Verbände und Vereine des Kleingartenwesens. Die Generierung von Fördermitteln von Bund und Land ist neben kommunalen Aktivitäten der wichtigste Baustein.

Sehr geehrte Frau Buchheim, Ihre Redezeit ist zu Ende.

- Ich komme gleich zum Ende. - In Kooperation mit Beschäftigungsgesellschaften und Jobcentern könnte eine weitere wichtige Unterstützung durch Förder- und Beschäftigungsprogramme erfolgen.

Auch der Verzicht auf Pacht durch die Kommune wäre denkbar; allerdings wird dies oft beanstandet.

Bereits seit Jahren wird gefordert, die Mittel der Bundesregierung für den Stadtumbau Ost oder für Quartiersmanagementprogramme auch für den Rück- und Umbau nicht mehr benötigter Kleingartenflächen bereitzustellen.

Ich fordere den Landtag von Sachsen-Anhalt dazu auf, entgegen der Antwort in der Kleinen Anfrage Landesförderprogramme zu entwickeln,

Frau Buchheim, jetzt bitte den letzten Satz formulieren.

bei der Aufstellung des Landeshaushalts jährlich finanzielle Mittel einzustellen und die Einbeziehung von Mitteln der Bundesregierung zu prüfen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. - Bevor für die Landesregierung die Ministerin Frau Prof. Dr. Dalbert spricht, habe ich die ehrenvolle Aufgabe, Schülerinnen und Schüler der Pestalozzischule aus Wernigerode recht herzlich bei uns hier im Hohen Hause zu begrüßen. Herzlich willkommen!

Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Danke, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Kleingartenwesen in Deutschland - wir haben es gehört - hat eine lange Tradition. Der Ursprungsgedanke für das Kleingartenwesen waren die Selbstversorgung, das Arbeiten an der frischen Luft und der Spaß in der Natur.

Noch heute haben Kleingartenanlagen, insbesondere in den Städten unseres Landes, eine herausragende Bedeutung. Kleingärten sind ein unverzichtbarer Teil unserer grünen Infrastruktur und unserer Lebenskultur. Sie leisten städtebauliche,

ökologische und soziale Beiträge. Vom Erholungswert und von der Attraktivität der Grünflächen profitieren neben Kleingärtnern und ihren Familien alle Teile der Bevölkerung. Das stadtökologische Potenzial von Kleingärten wächst und ist bei Weitem noch nicht ausgeschöpft.

Die Bedeutung der Kleingärten für die Erhaltung der Biodiversität und der Artenvielfalt wird zunehmend anerkannt. In diesen Rückzugsflächen der Städte sind heute schon mehr Insekten und Pflanzen zu finden als auf landwirtschaftlich genutzten Flächen.

In den Kleingartenvereinen ist viel Platz für Patenschaften und Kooperationen mit Schulen, Kitas, Altenheimen, Naturschutzorganisationen und

Sozialverbänden. Kleingartenanlagen sind willkommene Räume, in denen Kinder erste Erfahrungen mit der Natur sammeln können. Als Orte der Begegnung und der gemeinsamen Aktivitäten von Menschen regen sie die Kommunikation und Integration an und eröffnen breiten Bevölkerungskreisen Erfahrungen des Gebrauchtwerdens und der Selbstständigkeit.

Vor diesem Hintergrund sind Kleingärten in den Städten und Gemeinden auch ein Teil des Gemeingutes und aus umweltpolitischer Sicht ein wichtiger Bestandteil in der öffentlichen Verantwortung und Wahrnehmung.

Nach Angaben des Landesverbandes der Gartenfreunde gibt es in Sachsen-Anhalt 114 237 Kleingärten, davon stehen ca. 22 000 Gärten leer. Die Nachfrage nach Kleingärten bzw. deren Nutzung ist weniger geworden. Diese Entwicklung ist aus demografischer Sicht absehbar gewesen und sie ist wohl auch noch nicht abgeschlossen.

Die Frage ist also: Wie gehen wir weiter damit um? Es stellen sich folgende Alternativen: Gewinnung neuer Kleingärtner- und -gärtnerinnen, Rückbau oder Umnutzung der Kleingartenflächen. Ich denke, der Rückbau kann nicht das Ziel der Entwicklung sein. Der hohe Leerstand belastet die Kleingartenvereine und die Kommunen, die in der Regel insgesamt als Pächter und Verpächter fungieren. Diese werden finanziell schwer belastet.

Trotz großer Anstrengungen der Vereine zur Mitgliederneugewinnung und Umwidmung von nicht mehr bewirtschafteten Parzellen sind die Anlagen heute, zum Beispiel in Kleinstädten, nur noch bis zu 50 % ausgelastet. Die Pacht muss aber dennoch für die gesamte Kleingartenanlage getragen werden. Dies erfordert zwingend eine Umgestaltung bzw. Neustrukturierung von Kleingartenanlagen sowie ein Umdenken in der Nutzung mit dem Ziel des Erhalts dieser grünen Lungen für die Kommunen.

Eine große Rolle bei der Lösung dieser Aufgabe kommt dabei der verstärkten Zusammenarbeit der

regionalen Verbände des Kleingartenwesens mit den betroffenen Kommunen, aber auch anderen Verpächtern, zum Beispiel den Kirchen oder Privatverpächtern, zu. Ziel muss die Erarbeitung regionaler Kleingartenentwicklungskonzepte in

Abstimmung mit den Stadtentwicklungsplänen und den integrierten gemeindlichen Entwicklungskonzepten sein.

Bei den alternativen Nutzungsformen müssen alle Altersgruppen in allen Schichten der Bevölkerung angesprochen werden. Es geht hierbei um Fragen der aktiven Kommunalentwicklung, um die Biodiversität, den Klimaschutz und den Aufbruch einer Gesellschaft zurück zu den natürlichen Wurzeln. Es geht um Angebote für junge Familien, um Schulgärten, um Blühflächen, um Biotope, um die Integration von ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern. Es geht letztlich um Lebensqualität und Verantwortung gegenüber Natur und Umwelt.

Für den Rückbau von Kleingartenanlagen hat das Land Sachsen-Anhalt keine speziellen Förderrichtlinien vorgesehen. Hierfür gelten die vertraglichen privatrechtlichen Vereinbarungen der Kleingartenvereine mit den Verpächtern.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Den Umbau von Kleingartenanlagen bzw. zusammenhängenden Teilanlagen kann die Landesregierung, wo es denn passt, in dem Förderzeitraum von 2014 bis 2020 im Rahmen der nachfolgenden Förderprogramme unterstützen. Aus dem Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt gibt es die Richtlinie zur Entwicklung des ländlichen Raumes sowie die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Vorhaben zum Bodenschutz. Aus dem Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr gibt es die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen der städtebaulichen Erneuerung in Sachsen-Anhalt.