Protokoll der Sitzung vom 21.06.2018

Den Umbau von Kleingartenanlagen bzw. zusammenhängenden Teilanlagen kann die Landesregierung, wo es denn passt, in dem Förderzeitraum von 2014 bis 2020 im Rahmen der nachfolgenden Förderprogramme unterstützen. Aus dem Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt gibt es die Richtlinie zur Entwicklung des ländlichen Raumes sowie die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Vorhaben zum Bodenschutz. Aus dem Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr gibt es die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen der städtebaulichen Erneuerung in Sachsen-Anhalt.

Wenn eine ökologische Umgestaltung einer Kleingartenanlagen oder eines Teils davon mit Vorhaben für den Artenschutz und das Artenmanagement sowie zur Förderung des Umweltbewusstseins in Verbindung stehen, können die Richtlinien zur Förderung von Naturschutz- und Landschaftspflegeprojekten, also die sogenannte Naturschutzrichtlinie, zum Einsatz kommen. Die Höhe der Förderung beträgt dort mindestens 5 000 € bis 750 000 €. Je nach Vorhaben können 80 bis 100 % der förderfähigen Summe gefördert werden.

Darüber hinaus gewährt die Stiftung Umwelt, Natur und Klimaschutz des Landes Sachsen-Anhalt, die SUNK, auch Zuwendungen. Gefördert werden können unter anderem Vereine bei Maßnahmen zum Schutz und zur Pflege von Natur und Um

welt, für den Klimaschutz und zum effizienten Umgang mit Energie und zur Schonung der natürlichen Ressourcen, der Umweltbildung und der Umweltinformation sowie zur Entwicklung und Unterstützung einer umweltverträglichen Lebens- und Wirtschaftsweise. Die Förderhöchstsumme beträgt hierbei 10 000 € je Projekt.

Last, but not least: Eine weitere Möglichkeit, Kleingartenvereine beim Umbau von Anlagen zu unterstützen, bietet die Projektförderung durch Lotto Sachsen-Anhalt. Die Lotto Sachsen-Anhalt fördert neben sozialen und kulturellen Projekten auch Vorhaben des Umweltschutzes. Die finanzielle Unterstützung kann bis zu 75 000 € betragen. Der Anteil der Eigenmittel oder der Eigenleistungen des Antragstellers soll sich hierbei mindestens auf 15 % der Gesamtkosten belaufen.

Die Kleingartenvereine, Kleingärtner und Kommunen stehen bei der Neustrukturierung des Kleingartenwesens vor einer großen Aufgabe. Wir als Landesregierung haben Instrumente, um hierbei zu unterstützen. Ich lade gern zu einem runden Tisch ein, um die mögliche Ausgestaltung solcher Projekte zu besprechen. Ich bin sicher, dass wir uns schnell einig sein werden. Unsere Kleingärten sind Oasen der Erholung und Paradiese der Artenvielfalt. Es lohnt jede Mühe, diese Oasen zu erhalten. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Frau Buchheim möchte eine Frage stellen. Frau Ministerin, möchten Sie diese beantworten? - Bitte, Frau Buchheim, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Frau Ministerin, ich habe in meinen Ausführungen darauf hingewiesen, dass mittlerweile sehr viele Flächenverkäufe stattfinden. Mich würde interessieren, wie Sie darüber denken und ob Sie das genauso sehen wie ich, dass diese Flächenverkäufe im Grunde genommen die Situation noch verschärfen.

Eine zweite Frage. Ich habe in meiner Kleinen Anfrage explizit die Frage nach Förderprogrammen gestellt. Sie haben dazu jetzt Ausführungen gemacht. Ich bekam damals die Antwort, dass diese Förderprogramme nur für den ländlichen Raum, also für Kommunen mit weniger als 10 000 Einwohnern, aufgelegt sind. Ist das richtig? Treffen Ihre Ausführungen zu den Förderprogrammen nur für diese kleinen Kommunen zu?

Frau Ministerin, bitte.

Ich beginne einmal mit dem letzten Teil Ihrer Frage. Wenn Sie meine Ausführungen im Protokoll nachlesen, werden Sie feststellen, dass eine Richtlinie, die in meinem Ministerium beheimatet ist - dabei geht es um den ländlichen Raum -, in der Tat diese Begrenzung enthält. Bei der städtebaulichen Erneuerung gehe ich nicht davon aus, dass diese Begrenzung gilt. Ferner haben wir die Naturschutz-Richtlinie, Lotto und SUNK - auch da müsste das in allen Förderfällen möglich sein. Aber das können wir dann bei dem runden Tisch genau aufdröseln, was wofür und für welche Projekte passt.

Klar ist aber: Einen Rückbau fördern wir nicht. Es geht um den Umbau. So habe ich aber auch den Tenor Ihrer Einbringungsrede verstanden.

Zu Ihrer Frage bezüglich des Verkaufs von Flächen. Dazu möchte zwei Dinge sagen: Natürlich haben Sie recht, dass es die Situation erschwert, wenn infolge des Verkaufs dieser Flächen der Pachtzins für die Kleingärtner erhöht wird. Das ist evident; darüber muss man sich nicht unterhalten.

Die Frage ist nur: Warum kommt es zu diesen Verkäufen? - Es kommt zu diesen Verkäufen, auch im Land Sachsen-Anhalt, zum Beispiel durch die Landgesellschaft, weil die Landgesellschaft gehalten ist, alles zu verkaufen, was sozusagen nicht zur Wahrnehmung von Landesaufgaben notwendig ist. Nun sind wir uns, glaube ich, alle darüber einig, dass es nicht die Aufgabe eines Landes oder einer Landesregierung sein kann, Kleingartensparten zu betreiben. Also kommt es dort zum Verkauf.

Wenn Sie jetzt sagen, dass das aber schädlich für die Entwicklung des Kleingartenwesens sei, müssten Sie dieses Problem im Landesfinanzausschuss thematisieren und dort mit den Abgeordneten darüber verhandeln, ob es hierfür eine Ausnahmeregelung von diesem grundsätzlich richtigen Haushaltsgrundsatz geben soll. Dort könnte dann auch geklärt werden, ob man sich von dem, was man nicht für die Wahrnehmung von Landesaufgaben braucht, trennt. Ich denke, das wäre das richtige Gremium.

Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich sehe keine weiteren Nachfragen. - Bevor ich die Debatte der Fraktionen eröffne, darf ich Seniorinnen und Senioren des Malteser-Hilfsdienstes aus Zerbst und Köthen im Hohen Haus herzlich begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Wir steigen nunmehr in die Debatte ein. Die erste Debattenrednerin wird für die SPD-Fraktion die Abg. Frau Dr. Pähle sein.

(Dr. Katja Pähle, SPD, geht mit einer Zuc- chini in der Hand zum Rednerpult)

- Sie bringen eine große Zucchini mit.

(Heiterkeit)

Bitte, Sie haben das Wort, Frau Dr. Pähle.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ein altes chinesisches Sprichwort sagt: Das Leben beginnt mit dem Tag, an dem man einen Garten anlegt. Warum darf ich heute für meine Fraktion zu diesem Thema sprechen? - Deshalb!

(Dr. Katja Pähle, SPD, hält die Zucchini hoch! - Siegfried Borgwardt, CDU: Wegen der Zucchini!)

Das ist die erste Ernte in diesem Jahr aus meinem Kleingarten. Sie sehen, dass ich nicht regelmäßig dorthin komme, deswegen ist sie ein bisschen groß geraten. Aber aus diesem Grund liegt mir das Kleingartenwesen sehr am Herzen.

Die Zukunft der Kleingärten - Frau Buchheim hat die Zahlen aus der Antwort auf die Kleine Anfrage schon genannt - beschäftigt viele in der Politik, sowohl in der Kommunalpolitik als auch in der Landespolitik, und das nicht erst seit gestern. Denn wir wissen, dass die Bedingungen sich einfach verändert haben. Nach der Wende haben ungefähr 80 % der Bevölkerung in Mehrfamilienhäusern und Neubauten gewohnt; der Kleingarten war der Ort für eigenes Gemüse und eigenes Obst, um auch die Versorgung an sich sicherzustellen.

Sachsen-Anhalt ist mit einem reichen Schatz an Kleingärten gesegnet. Zum Vergleich: In Sachsen-Anhalt gibt es 100-mal mehr Kleingärten - gerechnet auf 1 000 Einwohner - als in Niedersachsen, nämlich 40 Parzellen je 1 000 Einwohner, in Niedersachsen sind es 0,4. Das ist eine ganze Menge. Doch tatsächlich, die Nutzung der Kleingärten geht zurück. Aktuell sind von den bestehenden Kleingartenparzellen ca. 81 % ausgelastet.

Bereits im Jahr 2012 hatte sich meine Fraktion dieses Themas angenommen und im Rahmen eines Werkstattgesprächs auch mit den Kleingartenverbänden im Land gesprochen. Damals prognostizierte man, dass wir von den damals etwa 100 000 Parzellen im Jahr 2020 auf 85 000 Parzellen sinken werden. Ich stelle als Erstes fest: So furchtbar ist es nicht gekommen, aber dennoch haben wir an dieser Stelle ein Problem.

Ja, es gibt ein Ungleichgewicht. Ich lebe in Halle, mein Kleingarten befindet sich auch in Halle. In diesen Lagen ist der Leerstand eher gering. In manchen Anlagen gibt es sogar Wartelisten.

Im ländlichen Raum sieht es dagegen ganz anders aus, und gerade dort schlägt die demografische Entwicklung noch einmal besonders zu.

Wir beobachten aber auch, dass sich in den letzten Jahren in den Kommunen etwas verändert hat. So gibt es auf kommunaler Ebene bereits Kleingartenentwicklungskonzepte; ich nenne an dieser Stelle Bernburg, Halle, Magdeburg, Schönebeck und Stendal. Das sind auch die Städte, in denen Umsiedlungs- und Rückbauprojekte zum Teil funktionieren.

Denn Kleingartenanlagen werden nicht nur wegen des Leerstands aufgegeben, sondern an verschiedenen Stellen zum Beispiel auch aufgrund einer Hochwasserbedrohung. Dort muss zurückgebaut werden; dort müssen Anlagen aufgegeben werden, weil sich logischerweise kein Pächter mehr findet, der seinen Kleingarten in einem Überschwemmungsgebiet immer wieder aufs Neue herrichtet. Ich denke, es ist verständlich, dass man in verschiedenen Fällen auch über dieses Instrument sprechen muss.

Nichtsdestotrotz gibt es Leitlinien, die natürlich eher auf den Erhalt und die Weiterentwicklung von Kleingartenanlagen hinwirken. Im Jahr 2011 hat der Deutsche Städtetag Leitlinien veröffentlicht. Neben verschiedenen wichtigen Punkten, etwa die kleingärtnerische Nutzung, die Kleingartenentwicklung an sich, die soziale Aufgabe, die ökologische Aufgabe, geht es hierbei auch - dies halte ich für wichtig - um die Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit sowie um die Organisation und Finanzierung.

Lassen Sie uns auch bei dem Thema Kleingarten über die qualitative Aufwertung sprechen. Lassen Sie uns darüber sprechen, welche Ideen wir haben, die wir vielleicht auch mit kommunalen oder Landesmitteln unterstützen können, damit viele Projekte, die landauf, landab bereits funktionieren - wie die Kooperation mit Kindergärten und Schulen, die Öffnung zu Bürgergärten, die Umwandlung in Streuobstwiesen -, noch viel stärker ins Bewusstsein auch der einzelnen Kleingartenvorstände rücken, damit die verschiedenen Fördermöglichkeiten auch bekannt werden und genutzt werden können - ich muss immer auf die Uhr schauen -, damit man dort Mut schöpft und sich dieses Themas in positiver Weise annimmt.

Vielleicht gibt es kreative Ideen dafür, wie man das eine oder andere vorantreiben und neue Nutzer, neue Pächterinnen und Pächter gewinnen kann.

In den letzten Jahren haben wir auch an anderen Stellen etwas für die Entlastung von Kleingärtnerinnen und Kleingärtnern getan. Ich erwähne an dieser Stelle nur die Befreiung der Kleingartenanlagen von den Lasten der Straßenausbaubeiträge und die Herausnahme aus der Änderung des Ver

messungs- und Geoinformationsgesetzes. All diese Dinge haben wir im Landtag besprochen und beschlossen, weil uns diese Ausnahmeregelungen für den Kleingarten wichtig sind.

Im Rahmen der bestehenden Förderprogramme - darauf hat die Ministerin bereits hingewiesen - gibt es auch vielfältige Möglichkeiten. Vielleicht müssen wir diese noch besser bekannt machen; aber wir müssen, wie ich eben sagte, auch damit leben, dass an verschiedenen Stellen Kleingärten nicht zu retten sind. Auch für diese muss es eine Möglichkeit geben. An dieser Stelle dürfen wir die Vorstände nicht allein lassen.

Der Koalitionsvertrag der Regierungsfraktionen im Land Sachsen-Anhalt ist an dieser Stelle ganz deutlich - ich darf zitieren -:

„Die Kleingärten sind ein wichtiger Beitrag zur Lebensqualität. Wir werden auch weiterhin verlässlicher Partner der Kleingärtnerinnen und Kleingärtner sein. Dabei sehen wir den leerstandsbedingten Rückbau im Einvernehmen mit den Betroffenen als Teil der Stadtentwicklung.“

Vor diesem Hintergrund müssen wir über Fördermöglichkeiten sprechen. Aber gerade den Kontakt mit den Betroffenen, mit den Kleingartenvereinen und -verbänden sowie das Eröffnen neuer Möglichkeiten müssen wir stärker in den Blick nehmen.

An dieser Stelle möchte ich auf etwas hinweisen: Lassen Sie uns nicht so vom Kleingartenwesen sprechen, als wäre dies immer noch die Welt von Gartenzwergen, geradegeharkten Wegen und einer zunehmend älter werdenden Pachtgemeinschaft. Ich erlebe das anders. Gerade in den Städten erlebe ich ein großes Interesse an neuen Modellen. Schlagworte wie Urban Gardening hören wir aktuell nur aus Berlin und München. Doch gerade wir haben die besten Voraussetzungen, so etwas ebenfalls umzusetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Sebastian Strie- gel, GRÜNE: Auch in Halle!)

Wir haben beispielsweise in Halle an verschiedenen Stellen Stadtteilgärten, die auch rege genutzt werden. Die Ehrenamtlichen dort und ebenso die Ehrenamtlichen in den Kleingartensparten verdienen ein ganz herzliches Dankeschön für ihre Arbeit.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der AfD, bei der SPD und bei der LINKEN)

Lassen Sie uns auch darüber sprechen, dass sich Kleingartenvereine und -verbände ändern müssen, dass sie offen sein müssen, dass sie auch gerade junge Menschen verstehen müssen. Ich spreche jetzt nicht von jenen, die den Garten nur mieten, um im Sommer Party zu feiern, sondern

ich spreche von jungen Familien, die Spaß daran haben, in der Natur zu sein und in ihrem Garten verschiedene Ideen auszuprobieren.

Ich habe einen Nachbarn, der nicht nur eine, sondern vier Himbeersorten anpflanzt. Ich habe in meinem Garten demnächst, wenn alles gut anwächst, 18 verschiedene Tomatensorten. Das ist der Spaß daran. Es geht nicht um die profane Versorgung mit Obst und Gemüse, sondern es ist der Spaß am Experimentieren, am Geschmack, an der Bewahrung alter Sorten. Auch dafür müssen Kleingärtner sich öffnen, und sie sollten nicht mit einer hochgezogenen Augenbraue auf die jungen Leute schauen.

Mit anderen Worten: Es gibt viel zu tun. Ich weiß, dass die Politik ein Interesse an einem gut organisierten Kleingartenwesen hat. Das, was wir tun können, um dies zu unterstützen, wollen wir gern tun. Ich denke, gemeinsam bekommen wir es hin, dass Sachsen-Anhalt noch immer sagen kann: Wir sind ein kleingartenfreundliches Bundesland. Wir wollen gern dabei helfen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zustimmung von Siegfried Borgwardt, CDU)