Protokoll der Sitzung vom 21.06.2018

Zum Thema erneuerbare Energien. Ihr Sigmar Gabriel von der SPD war es, der gesagt hat, die erneuerbaren Energien, die Energiewende seien fatal für Deutschland; jeder in Europa frage sich, ob die Deutschen noch ganz dicht seien.

Zum Thema Interimsmethode. Ich habe bereits mit Planungsgesellschaften gesprochen; die

kannten das nicht einmal. Wenn 230 m hohe Anlagen, die repowert werden, zwischen kleinere Anlagen gestellt werden, dann müssten diese normalerweise komplett neu berechnet werden. Das sollten Sie sich auch einmal durch den Kopf gehen lassen. Es ist unerhört, was zu diesem Thema gerade abgeht.

Zum Thema Arbeitsplätze. Ich möchte nicht wissen, wie viele Arbeitsplätze durch den Ausstieg aus der Braunkohle und den Nebenindustrien eigentlich verschüttet gehen. Nicht nur die Windkraft bringt Arbeitsplätze. Vielleicht kommen wir am Ende auf plus/minus null, wenn die Braunkohle irgendwann abgeschaltet ist.

(Beifall bei der AfD - Ministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert: Da kennen Sie sich aber schlecht aus, Frau Funke - Robert Farle, AfD: Sie aber noch schlechter, und das als Minister!)

Wenn Sie wollen, dann können Sie antworten.

Ich möchte vor allem auf die erste Aussage eingehen, nämlich darauf, dass bei der Aussprache zur Großen Anfrage niemand gesprochen hat. An der Stelle ist es jedem Abgeordneten freigestellt, sich an der Debatte zu populistischen Anträgen zu beteiligen oder nicht.

(Robert Farle, AfD: Das ist kein Argument!)

Wir haben es für ratsam gehalten, uns an dieser populistischen Debatte nicht zu beteiligen.

(Zustimmung bei der SPD - Robert Farle, AfD: Außer Pöbelei können Sie nichts! Sie können nichts und Sie wissen nichts! - Wei- tere Zurufe von der AfD) * Vizepräsident Wulf Gallert: Für die BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abg. Frau Frederking. Bitte sehr, Sie haben das Wort. Dorothea Frederking (GRÜNE):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie ich sehe, hat die AfD ihren Antrag aus dem März 2017 überarbeitet. Sie hat sich aber dafür entschieden, einige unsinnige Punkte beizubehalten. Den Windstrom ausschließlich in Sachsen-Anhalt zu verwenden ist physikalisch unsinnig. Ein Netz ist stabiler, je größer und vermaschter dieses Netz ist.

Das geht Hand in Hand mit einer dezentralen Energieerzeugung. Insellösungen werden in abgelegenen Gebieten auch weiterhin sinnvoll sein, aber es ist unklug, die Grenzen eines Bundeslandes und nicht die Physik als Kriterium zu nutzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir können weder an der Grenze von SachsenAnhalt noch an der Grenze von Deutschland oder an der Grenze von Europa kappen. Das Stromnetz, Kabel und Leitungen sind europaweit vernetzt. Es ist also völliger Blödsinn. Es wird nicht funktionieren. Es wird physikalisch nicht funktionieren.

Wir brauchen auch beides: den bedarfsangepassten Netzausbau zur räumlichen Verschiebung von Windstrom und Speicher zur zeitlichen Verschiebung von Windstrom, nämlich dann, wenn Dunkelflaute herrscht. Wenn nicht genügend erneuerbare Energien zur Verfügung stehen, dann brauchen wir auch die Speicher.

Siehe auch Äußerungen der Präsidentin Gabriele Brake

busch auf Seite 109 sowie im Stenografischen Bericht 7/52 auf Seite 22.

Die Windenergie ist die tragende Säule der Energiewende. Ein Festhalten an der klimaschädlichen Kohleverstromung wäre fatal.

Wir spüren - Frau Funke, auch an Sie gerichtet - doch heute schon die dramatischen Auswirkungen des Klimawandels, inzwischen täglich auch hautnah: katastrophale Trockenheit, die in der Landwirtschaft heute zu Ernteeinbußen führt.

Am Montag waren wir mit einigen Abgeordneten in Mansfeld-Südharz. Dort haben wir die riesigen Kahlflächen gesehen in den Wäldern, die im Januar durch das Sturmtief Friederike - auch eine Auswirkung des Klimawandels - ausgelöst wurden.

Der Klimawandel schlägt doch gnadenlos zu. Die Folgen werden in Zukunft nicht mehr abnehmen. Wir können aber gemeinsam als Gesellschaft dafür sorgen, dass die Folgen nicht noch gravierender und irgendwann auch nicht mehr beherrschbar werden. Klimaschutz ist doch existenziell.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

In der Zukunft werden wir uns nicht daran stoßen, eine Windenergieanlage zu sehen. Wir werden in der Zukunft froh darüber sein, wenn uns die Landwirtschaft noch ausreichend Lebensmittel zur Verfügung stellen kann, wenn die Landwirtschaft noch wirtschaften kann unter den Bedingungen des jetzigen Klimawandels.

(Zuruf von Lydia Funke, AfD)

Sie fordern ein direktes Mitspracherecht der Kommunen. Einige meiner Vorrednerinnen und Vorredner haben dazu schon etwas gesagt. Diese Forderung führt ins Leere; denn die Kommunen entscheiden heute schon in den regionalen Planungsgemeinschaften mit. Das ist also alles schon erledigt.

Allerdings stellen wir als Fraktion BÜND

NIS 90/DIE GRÜNEN auch fest, dass die regionalen Planungsgemeinschaften bei der Ausweisung hinterherhinken. Wir meinen, es braucht mehr Dynamik. 2 % der Landesfläche müssten als Vorranggebiete ausgewiesen werden. Gerade dann würde das Repowering funktionieren. Dann würden wir die alten Anlagen an ungünstigen Standorten durch das Repowering mit neuen, leistungsfähigeren Anlagen an besseren Standorten wegbekommen. Gerade das Repowering ist die Voraussetzung dafür, Mensch, Natur und Landschaftsbild zu entlasten. Unser Ziel ist mehr Leistung durch Anlagen an besseren Standorten.

Zu den Arbeitsplätzen hat Frau Schindler schon etwas gesagt: 13 000 Arbeitsplätze in der Windindustrie.

Frau Frederking, kommen Sie bitte zum Ende.

Zum Vergleich: 2 000 Arbeitsplätze in der Braunkohlebranche. Sowohl klimapolitisch als auch wirtschaftspolitisch wäre ein Ausbaustopp katastrophal. Wir lehnen den Antrag deshalb ab.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es gibt noch eine Nachfrage von Frau Funke. - Frau Funke, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sie haben von den Auswirkungen gesprochen. Die Auswirkungen betreffen letztlich aber auch die Arten, wie wir es gestern beschrieben haben. Das können Sie nicht leugnen. Das wird aber hier wahrscheinlich gerade getan.

Eine andere Frage: Sie erwähnten vorhin erneut die Speichertechnologien. Ich möchte jetzt wissen, wie weit ist die Landesregierung mit den Speichertechnologien? Und können Sie vielleicht eine Jahreszahl nennen, wann der erste Speicher ans Netz gehen könnte?

Ich fange mit der ersten Frage an. Die Ministerin für Energie Frau Prof. Dr. Dalbert hat auf die Frage, was man für den Artenschutz tun kann, eine Antwort gegeben.

Natürlich muss es einen Ausgleich geben. Dafür wird ja jetzt auch der Leitfaden Windenergie auf den Weg gebracht. Es soll Einzelfallprüfungen geben. Es muss an jedem Standort geguckt werden, ob dort eine Windenergieanlage so verträglich aufgebaut werden kann, dass sie keine negativen Auswirkungen auf die Arten, speziell auf den Rotmilan, hat. Eine standortbezogene Einzelfallprüfung ist also in etwa - ich sage es jetzt einmal ganz verkürzt - die Antwort. Der Leitfaden ist ja noch viel umfangreicher. Man muss einen Ausgleich schaffen und darf Artenschutz nicht gegen Klimaschutz stellen. Man darf das eine nicht gegen das andere ausspielen.

Zur zweiten Frage nach den Speichern: Kurzzeitspeicher, die auch tageszeitliche Schwankungen ausgleichen können, wenn zum Beispiel nachts die Sonne nicht scheint, gibt es bereits. Viele nutzen Kurzzeitspeicher, Batteriespeicher zu

Hause im Keller in Verbindung mit ihrer Solaranlage.

Wir brauchen darüber hinaus auch Langzeitspeicher, Speicher, die über einen längeren Zeitraum kontinuierlich ausspeichern können. Wir haben berechnet, dass wir Langzeitspeicher für einen Zeitraum von sogar 30 Tagen brauchen. Diese Speichertechniken können wir durch chemische Speicher realisieren, beispielsweise mit Wasser

stoff. Der Speicher in Bad Lauchstädt ist bereits weit vorangeschritten. Dort soll in einer Kaverne Wasserstoff gespeichert werden.

Frau Frederking, das ist wahnsinnig interessant; aber wir sind jetzt ein bisschen knapp in der Zeit. Ich möchte Sie deshalb bitten, mit der Antwort zum Ende zu kommen.

(Zustimmung von Lydia Funke, AfD)

Jetzt ist der Wirtschaftsminister gerade weg. Sie haben ja nach der Jahreszahl gefragt. Weiß die Energieministerin, wann der Speicher ans Netz gehen kann? Meine Schätzung ist 2021.

Okay, danke. Damit haben wir die Frage so weit beantwortet, wie sie diejenige beantworten kann, der sie gestellt worden ist.

Frau Frederking, danke für Ihren Redebeitrag. Wir gehen jetzt weiter in der Debatte. Abschließend spricht für die Fraktion der AfD der Abg. Herr Olenicak.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Unser Antrag lautet: Ausbau der Windenergie stoppen, Repowering planen und mehr direkte Demokratie.

Ich hatte für meine drei Minuten eingeplant, vor allen Dingen meinen Vorrednern zu lauschen und vielleicht auf das eine oder andere Thema einzugehen. Ich bin aber entsetzt über das, was hier teilweise vorgebracht wurde: Behauptungen, die nicht bewiesen sind, menschgemachter Klimawandel und ich weiß nicht, was noch alles.

Das alles sind Themen, die die Bürger nur bedingt interessieren. Denn diese schauen in erster Linie auf ihre Stromrechnung und sagen: Das wollen wir nicht, so - die Verspargelung unserer Landschaft - wollen wir es nicht, und wir bemängeln, dass wir kein Mitspracherecht haben. Das Überstülpen, das Aufzwingen dieses Energiewandels, das mögen die Menschen im Lande nicht. Sie möchten angehört und beteiligt werden.

Wenn auch GRÜNE meinen, dass ein weiterer Ausbau der Windenergieanlagen unnötig sei, dann stellt sich die Frage, warum weiter ausgebaut wird. Ein Bedarf oder ein Kapazitätsmangel könne wohl nicht der Grund sein. Ich glaube, wir haben jetzt schon im Land die dreifache Kapazität an Windenergie, die wir eigentlich brauchen. Es drängt sich der Verdacht auf, es geht nur noch ums Geldverdienen. Das ist nicht im Sinne der Bürger.

Die konzeptlose - so muss ich sie nennen - Energiewende muss sofort gestoppt und Bürger und Kommunen

(Zuruf von Silke Schindler, SPD)