Protokoll der Sitzung vom 30.08.2018

Alphabetisierung und Grundbildung als mittel- und langfristige Aufgabe der Bildungspolitik unseres Landes und als ein fester und selbstverständlich unverzichtbarer Bestandteil der Angebote der anerkannten Erwachsenenbildungseinrichtungen - dafür lohnen alle unsere Anstrengungen des Ministeriums und des Parlamentes. Denn machen uns nichts vor: So schwer verständlich es auch sein mag, funktionale Analphabeten wachsen stetig nach. Viele Komponenten spielen hier eine Rolle. Die Schuld liegt dabei nicht unbedingt bei den Lehrerinnen und Lehrern oder bei der Klassengröße. Ich denke, insoweit sollten wir außerordentlich vorsichtig sein. Es gibt zum Beispiel auch Fälle, die in eine ganz andere Richtung gehen. Ich denke, damit sollten wir uns beschäftigen, ohne hier Lehrerschelte zu betreiben.

Es wird daher also unsere ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen, über die Landesinitiative Alphabetisierung und Grundbildung Verständnis für das gravierende Problem zu wecken und mit Hilfsangeboten die Scham zu überwinden, von der schon gesprochen wurde, die viele Betroffene davon abhält, sich zu offenbaren.

Zu einzelnen Aspekten wie Finanzierung und Antragszahl oder dem weiteren Verfahren führte Minister Tullner bereits aus. Ich möchte allerdings, Frau Kollegin Hildebrandt, an dieser Stelle noch darauf hinweisen, dass zum Beispiel die Kommunen und auch das Land einen Förderungsanteil zur allgemeinen Erwachsenenbildung erbringen. Ich denke, das muss hier auch einmal Erwähnung finden. Es ist ja jede Einrichtung auch ohne Frage in der Lage, diese Angebote zusätzlich vorzuhalten.

Daher bitte ich um Zustimmung zum Alternativantrag der Koalitionsfraktionen. Ich kann hier versprechen, dass wir das Problemfeld weiter intensiv politisch begleiten werden. Nach meiner Kenntnis - darüber freue ich mich besonders - wird es im nächsten Jahr zum Weltalphabetisierungstag hier im Landtag die Ausstellung geben, sodass niemand nach Halle oder woanders hinreisen muss. Vielmehr werden wir hier im parlamentarischen Raum die Möglichkeit haben, die Ausstellung zu sehen. Wir sollten das auch nutzen, um im nächsten Jahr dieses Thema im parlamentarischen Rahmen noch einmal

aufzugreifen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe keine Fragen. Für die Fraktion DIE LINKE spricht abschließend noch einmal die Einbringerin des Antrags Frau Hildebrandt.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich möchte nur noch zwei Bemerkungen machen.

Erstens. Die Bildung, also auch das Lernen von Lesen und Schreiben, ist eine Landesaufgabe. Zur Erfüllung dieser Landesaufgabe fahren Sie die Träger der Kurse auf Verschleiß. Das ist beschämend.

Herr Aldag, ich weiß nicht, ob wir unterschiedliche Antworten bekommen. Aber sowohl die Kreisvolkshochschulen als auch der Bildungsverein Arbeit und Leben haben mir erklärt, wie sie unter der ESF-Förderung mit den Kosten zu kämpfen haben.

Zweitens. Herr Tullner, wenn Sie schon selber Mittel für den Haushalt 2019 eingeplant hatten und das nun um ein Jahr verschieben mussten, muss Ihnen doch der Alternativantrag zuwider sein. Ich verspreche Ihnen aber, dass wir in den Haushaltsverhandlungen ein Auge darauf haben werden.

(Minister Marco Tullner lacht)

Wie es schon angekündigt wurde: Wir werden uns bei der Abstimmung über den Alternativantrag der Stimme enthalten. Das, was drin steht, ist nicht falsch. Aber es ist zu langsam und zu spät. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der LINKEN - Minister Marco Tullner: Frau Hildebrandt, Sie sind mir sehr sympathisch!)

Ich sehe keine Fragen. Dann könnten wir jetzt in das Abstimmungsverfahren eintreten.

Zuerst wird über den Ursprungsantrag der Fraktion DIE LINKE abgestimmt. Der liegt in der Drs. 7/3273 vor. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um sein Kartenzeichen. - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen und ein fraktionsloser Abgeordneter. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion der AfD. Damit ist der Alternativantrag abgelehnt worden.

(Zuruf von der SPD: Nein, das war der Ur- sprungsantrag!)

- Damit ist der Ursprungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden. Ich bedanke mich für die außerordentliche Aufmerksamkeit, die hier offensichtlich besteht.

Dann kommen wir jetzt zum Alternativantrag. Wer dem Alternativantrag, vorliegend in der Drs. 7/3314, zustimmt, den bitte ich jetzt um sein Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Das sind die Fraktionen DIE LINKE und AfD. Damit ist der Alternativantrag angenommen worden und wir beenden den Tagesordnungspunkt 5.

Bevor wir einen kleinen Wechsel vornehmen - Herr Mittelstädt ist schon auf dem Weg -, begrüße ich ganz herzlich die Damen und Herren der Ortsgruppe DIE LINKE aus Bernburg. Herzlich willkommen bei uns!

(Beifall bei der LINKEN)

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Meine Damen und Herren!

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 6

Erste Beratung

a) Einführung eines Allgemeinen Sozialen

Dienstjahrs (ASD)

Antrag Fraktion AfD - Drs. 7/3253

b) Keine Wiedereinführung von Pflichtdiens

ten - Nachhaltige Verbesserung der Personalsituation zur Gewährleistung gesellschaftlich notwendiger Arbeit

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/3257

Der Einbringer zu a) ist der Abg. Herr Höse. Herr Höse, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Jeder

Mensch, der in Gesellschaft lebt, soll danach streben, sich ihr nützlich zu machen. Diese klugen Worte stammen von Friedrich II. Sie sind keine Bitte und auch kein Befehl. Nein, sie sind Ausdruck einer tiefen Berufung. Der Dienst an der Allgemeinheit ist keine Bürde, er sollte eine Selbstverständlichkeit und eine Ehre sein.

(Zustimmung bei der AfD)

Mit genau diesen Worten begann ich vor über einem Jahr meine Rede. Wahrscheinlich wird sich

hier niemand daran erinnern können oder auch wollen.

(Rüdiger Erben, SPD: Doch!)

- Sehr gut, Herr Erben.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Na ja!)

- Sehr gut. Vielleicht kann sich aber jemand daran erinnern, wie wir am 21. Juni 2017 über unseren Antrag in der Drs. 7/1490 mit dem Titel „Einführung eines einjährigen Heimatdienstes“ debattiert haben. Es sind 14 Monate vergangen, in denen nichts passierte, außer dass die CDU damals selbst ein Problem schuf, das Problem später erkannte, eine AfD-Lösung kaperte und sich jetzt dem Volk als der große Problemlöser präsentiert.

(Zustimmung bei der AfD)

Doch kurz zurück zu unserem Antrag. Damals fühlte sich unser Herr Innenminister gar nicht erst dazu berufen, dazu irgendetwas in der Stellungnahme der Regierung zu sagen. Und die linke Einheitsfront, bestehend aus SPD, LINKEN und GRÜNEN, war sich uneins darüber, ob sie unseren Antrag nun eher in die Nähe des Stalinismus oder des Faschismus stellen sollte. Der einzige wirklich geistreiche Beitrag kam damals von unserem mittlerweile leider verstorbenen CDU-Kollegen Ralf Geisthardt, der treffend feststellte - ich zitiere -:

„Und ich denke, ein Teil der Gesellschaft beteiligt sich auch nicht daran, weil ihm sofort die Faschismuskeule vorgehalten wird. Denn wenn wir darüber diskutieren wollen, ob wir so etwas brauchen, dann muss diese Diskussion auch frei von solchen Narrativen bleiben.“

(Zustimmung bei der AfD - Zuruf von der AfD: Richtig!)

Doch alle Redner der linken und links dominierten Regierungsfraktionen konnten ihre ideologischen Scheuklappen nicht abnehmen. Sämtliche Redner bedienten sich einer sinn- oder - besser gesagt - einer unsinnstiftenden Erzählung, egal ob sie sie nun als stalinistisch oder faschistisch betitelten. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit unserem Antrag fand zu keiner Zeit statt.

(Zustimmung bei der AfD)

Bei der CDU scheint sich diese Haltung zu unserer Idee eines allgemeinen verpflichtenden Dienstjahres jetzt aber über Nacht gewandelt zu haben. Der CDU-Landesvorsitzende und uns allen gut bekannte Verkehrsminister, der leider jetzt nicht anwesend ist, hat scheinbar entweder ein recht kurzes Gedächtnis oder eine sehr selektive Wahrnehmung, wenn er dieses Anliegen zu

einer originären CDU-Forderung macht, von der erst Frau Kramp-Karrenbauer die Menschen überzeugen konnte.

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)