Protokoll der Sitzung vom 30.08.2018

Bezeichnend ist auch, dass all diese Formen von der schönen Literatur nicht übernommen werden. Selbst Lieblinge des Establishments wie Juli Zeh oder Daniel Kehlmann ignorieren in ihren Romanen die feministische und genderistische Sprachkritik und schreiben normales Deutsch. Schließlich wollen sie ihre Bücher verkaufen. Der Markt entfaltet hier also eine heilsame Wirkung.

(Heiterkeit bei der AfD)

Ich will nicht ausschließen, dass es irgendwo Autoren gibt, die so schreiben, wie sich das die Feministen und Genderisten erträumen, aber dann muss es sich um eine hochgradig subventionierte ausgesprochene Spartenliteratur handeln, an der sich vielleicht Mitglieder grüner und roter Parlamentsfraktionen delektieren, die aber kein normaler Mensch freiwillig liest.

(Beifall bei der AfD)

Es gibt eine Bibel in gendergerechter Sprache, ein theologisch und philologisch unhaltbares Mach

werk, eine Entstellung des Textes, die rot-grüne Kirchenfunktionäre begierig einschlürfen mögen, die aber vernünftige Christen nur mit Kopfschütteln quittieren.

Das Problem ist nicht, dass es frustrierte Personen-Unterstrich-dreimal-Stern-x-innen gibt, die

sich nicht anders zu helfen wissen, als solch einen Schwachsinn zu erdenken. Das Problem ist vielmehr, dass die etablierte Politik diesen Schwachsinn bislang ernst genommen hat und begonnen hat, ihn langsam, Schritt für Schritt, umzusetzen.

Die Verantwortlichen gehen klug vor. Nur selten versteigen sie sich zu Exzessen, die einen Sturm der Entrüstung hervorrufen, wie etwa 2011 in Leipzig, als das generische Femininum in der Universitätssatzung verankert wurde, wo also seitdem der Professor als Professorin angesprochen wird - eine Entscheidung übrigens, die 2013 vom sächsischen Wissenschaftsministerium bestätigt wurde.

Ich finde, das Wissenschaftsministerium hätte die Verantwortlichen besser zur amtspsychologischen Untersuchung schicken sollen.

(Beifall bei der AfD - Zurufe von der AfD)

So weit wie in Leipzig und Sachsen darf es jedenfalls in Sachsen-Anhalt niemals kommen. Hier sollte der bewährte Sprachgebrauch gelten, wonach ein generisches Maskulinum selbstverständlich alle weiblichen Subjekte mit meint, was mit einer Fußnote am Beginn des Textes gegebenenfalls erklärt werden kann.

Normale Frauen fühlen sich in aller Regel auch im generischen Maskulinum recht gut aufgehoben. Es sind ja nur wenige hysterische Weiber, die auf die Idee gekommen sind, es wäre eine Diskriminierung, Studenten zu sagen und Studentinnen mit zu meinen.

(Beifall bei der AfD - Zustimmung von Frank Scheurell, CDU)

Wir haben es mit einer lauten Minderheit zu tun, die, getrieben von übersteigertem Geltungsdrang, sich anmaßt, für alle Frauen zu sprechen. Dieser Minderheit muss Einhalt geboten werden.

Ich bin gespannt auf die Debatte und bitte schon einmal um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Lebhafter Beifall bei der AfD)

Ich sehe keine Fragen. Nunmehr steigen wir in die Debatte ein. Frau Ministerin Keding hat für die Landesregierung das Wort. Bitte, Frau Keding.

Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Ich möchte das hier ausdrücklich betonen. Wenn man an den Vorschriften zweifelt, die wir uns im Jahr 1992 mit einem Gesetz zur Förderung der Gleichstellung der Frauen in der Rechts- und Verwaltungssprache des Landes Sachsen-Anhalt selbst gegeben haben, wenn man an den Grundsätzen der Rechtsförmlichkeit von 2002 und an deren Notwendigkeit vielleicht Zweifel hegen sollte, dann wird es spätestens nach dieser Rede von Herrn Abg. Tillschneider deutlich, was das eben auch heißt.

Wenn Sie einfach sagen: „Student - ein Mann, ein Wort“, dann wird ja sehr deutlich, dass dort Frauen gerade nicht mit gemeint sind und sich eben nicht wiederfinden und dass das nicht nur „hysterische Weiber“ so empfinden mögen, wie Sie es eben postuliert haben.

(Beifall bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zustim- mung von Ministerin Prof. Dr. Claudia Dal- bert)

Ich will Ihnen allerdings durchaus recht geben - ich will es nicht, aber es ist schon so -, dass Sprache Ausdruck und Triebfeder für gesellschaftliche Entwicklungen ist. Sprache ist nichts Statisches. Sprache ermöglicht unser Denken und Sprache beeinflusst unser Denken.

Ich glaube, dass das gerade den Mitgliedern des Landtages sehr bewusst ist, wenn ich mir ansehe, wie Sie Sprache verwenden, wie Sie mit Sprache Bilder hervorrufen, wie Sie mit Sprache ausgrenzen wollen, wie Sie manchmal auch mit Sprache neue Rahmen für bestimmte Verhältnisse setzen wollen und dann mit Ausdrücken wie Kameltreiber oder anderen, die ich gar nicht wiederholen möchte, ein bestimmtes Bild erwecken wollen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD - An- dré Poggenburg, AfD: Das ist kein neuer Ausdruck, er ist uralt!)

Also, Sprache ist schon mehr und beeinflusst auch unser Denken. Von daher halte ich es für richtig, dass wir diese Grundsätze haben, in denen wir auch Frauen mit zur Geltung kommen lassen, indem wir uns bemühen, soweit es irgendwie geht, das in der Paarformel anzusprechen, in neutralen Formulierungen, auch in Partizipialkonstruktionen, auch in substantivierten Adjektiven.

Der Ältestenrat des Landtages hat bereits 2002 durch Beschluss den Grundsätzen der Rechtsförmlichkeit zugestimmt. Ich halte die Regelungen insgesamt für richtig. Ich glaube auch, dass sie sich bewährt haben. Sie sind verständlich. Schriftsprache entspricht dort der gesprochenen Spra

che. Es ist für mich auch ein sehr wichtiges Kriterium, dass Schriftsprache gesprochen werden kann und damit verständlich wird und damit auch den Regelungen einer barrierefreien Sprache entspricht und nicht zusätzliche Barrieren in der Verständlichkeit aufbaut.

Von daher bitte ich, dem Alternativantrag zuzustimmen; denn er entspricht der geltenden Gesetzeslage im Land Sachsen-Anhalt. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich sehe auch hierzu keine Fragen. - Wir steigen nunmehr in die Debatte ein. Eine Dreiminutendebatte ist verabredet worden. Die erste Debattenrednerin wird für die SPD-Fraktion die Abg. Frau Prof. Dr. KolbJanssen sein. Sie haben das Wort, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

„Denn die einen sind im Dunkeln/ und die andern sind im Licht/ und man siehet die im Lichte/ die im Dunkeln sieht man nicht“

Schon Bertolt Brecht wusste vor 90 Jahren, dass man die im Dunkeln nicht sieht. Und genauso verhält es sich eben auch mit Sprache. Diejenigen, die nicht genannt sind, die verstecken wir und das ist eine strukturelle Benachteiligung.

(Zustimmung von Uwe Harms, CDU)

Herr Tillschneider, es ist einfach nur frustrierend, hier im Jahr 2018 stehen zu müssen und sich dafür rechtfertigen zu müssen, dass man als Frau einfordert, dass die Rechte, die verfassungsrechtlich garantiert sind, eben auch in der Sprache zum Ausdruck kommen.

(Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Ich habe lange überlegt, ob ich auf Ihre kruden Vorwürfe und Ausführungen überhaupt reagiere, aber mir war es wichtig, das noch einmal klarzustellen. Auch ich bitte deshalb um Zustimmung zu dem Alternativantrag der Koalitionsfraktionen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Zurufe von der AfD)

Vielen Dank, Frau Prof. Kolb-Janssen. - Die nächste Debattenrednerin wird Frau von Angern für die Fraktion DIE LINKE sein. Sie haben das Wort, sehr geehrte Frau von Angern.

Danke, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich habe gerade den Hinweis bekommen, dass man für eine ComedyKarte ungefähr 50 € bezahlt. Hier bekommen wir das kostenfrei.

(Ulrich Siegmund, AfD: Den Hinweis haben Sie bekommen!)

Allerdings ist es nicht lustig, weil wir unserer Verantwortung gerecht werden und über ernsthafte Themen reden sollten.

(Zurufe von der AfD)

Was mich irritiert, sehr geehrte Herren der AfDFraktion, ist tatsächlich Ihre irrationale Angst vor Frauen. Das mag damit zusammenhängen, dass Ihre Fraktion eher männlich zusammensetzt ist, aber verstehen tue ich Sie nicht.

Ich möchte mich nicht darüber streiten, dass ich Frau Landtagspräsidentin, Frau Kollegin Conny Lüddemann mit „Frau“ betitele - denn sie sind Frauen - und dass ich meine männlichen Kollegen mit Herr anspreche; denn sie sind Männer. Insofern, so finde ich, haben wir ganz andere Baustellen in diesem Land,

(Zurufe von der AfD)

als über Ihren Antrag zu diskutieren. Wir als Fraktion werden dem Alternativantrag der Koalitionsfraktionen zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN - Zurufe von der AfD)

Abg. Frau von Angern, es gibt eine Nachfrage. Möchten Sie diese beantworten? - Nein.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Eine Nach- frage von Herrn Farle, dann ist es meistens keine!)

- Meistens, aber wir können dies nicht voraussetzen. - Herr Farle, bitte. Sie haben mitbekommen, dass keine Frage gewollt ist, aber Sie werden sicherlich intervenieren.