Protokoll der Sitzung vom 22.11.2018

Was Sie davon halten, wissen wir doch längst. Sie wollen keine mündigen und vor allen Dingen keine kritischen Staatsbürger erziehen, sondern nur Gleichmaß, Gleichschritt und vor allem gleiche Gedanken. Alles, was Ihnen nicht passt, alle, die Sie kritisieren, wollen Sie einschüchtern und klein halten.

Das AfD-Meldeportal für Lehrer, das jetzt auch in Sachsen-Anhalt freigeschaltet wurde, dient doch genau dem, nämlich Menschen, die über die AfD aufklären und anders denken, als es Ihnen lieb ist, zu identifizieren, zu bedrohen und zu verängstigen. Das gehört keineswegs zur demokratischen Grundordnung. Andere Meinungen, meine Herren, muss man aushalten können. Wer das nicht kann, der ist kein guter Demokrat.

(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN)

Zum Abschluss möchte ich noch aus der Rede unseres Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier am 9. November im Bundestag zitieren:

„Wer heute Menschenrechte und Demokratie verächtlich macht, wer alten nationalistischen Hass wieder entfacht, der hat gewiss kein historisches Recht auf SchwarzRot-Gold.“

Diese Farben stehen für ein weltoffenes und geachtetes Land und nicht für Sie.

(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN - Volker Olenicak, AfD: Stimmt nicht, Multi- kulti!)

Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen, es gibt eine Frage. Möchten Sie diese beantworten? - Herr Jan Wenzel Schmidt, bitte.

Mich würde interessieren, wo Sie denn gesehen haben, dass wir einen Fahnenappell fordern. Also, in unserem Antrag gibt es keinerlei Aufforderung zu einem Fahnenappell. Ich fand es aber sehr interessant, dass Sie hier gesagt haben, dass Sie mehr politische Bildung haben wollen, anscheinend Staatsbürgerkunde wieder einführen wollen. Das ist eine interessante Darstellung. Wir wollen einfach, dass die Nationalhymne zur Abschlussfeier gesungen wird und eine Fahne an den Schulen weht.

Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen.

Genau die Formulierung in Ihrem Antrag und das, was Sie eben noch einmal dargestellt haben, das gemeinsame Singen der Nationalhymne, erinnert mich persönlich an die Fahnenappelle meiner Schulzeit. Ich glaube, das ist in gewisser Weise von Ihrem Antrag auch intendiert.

Politische Bildung ist kein Staatsbürgerkundeunterricht, sondern politische Bildung ist das, worüber wir hier in vielen Diskussionen in diesem Hohe Haus debattiert haben. Es ist das, was von der Landeszentrale für politische Bildung angeboten wird, aber auch von vielen anderen Bildungsträgern, wo es einfach darum geht, darüber aufzuklären, wie Demokratie funktioniert, welche Grundrechte es gibt und wie man Grundrechte auch einfordern kann.

(Thomas Höse, AfD: Ihre Demokratie! - Zu- ruf von Volker Olenicak, AfD)

Das ist alles neutral.

Es gibt eine weitere Frage. - Sie haben sich eben gar nicht zu Wort gemeldet. Aber Ihr Kollege Raue hat sich zu Wort gemeldet. Also geben Sie ihm die Gelegenheit, seine Frage zu stellen. Und Herr Scheurell auch. - Bitte.

In den Vereinigten Staaten, in Frankreich und in vielen anderen befreundeten europäischen Staaten sind einerseits das Hissen der Nationalflagge an den Schulen und an allen öffentlichen Einrichtungen und andererseits das Singen der Nationalhymne zu vielen Anlässen üblich.

Jetzt frage ich Sie: Ist das Ihrer Meinung nach dort rückwärtsgewandtes Gehabe? Oder warum nehmen sich diese Staaten die Freiheit, sich in dieser Art und Weise zu ihren nationalen Symbolen zu bekennen, und warum lehnen Sie das für uns ab?

Ich lehne alles das ab, was verordnet wird. Ich habe nichts dagegen, wenn vor einer Schule eine Fahne hängt. Ich habe auch überhaupt nichts dagegen, dass die Schüler gemeinsam die Nationalhymne singen, wenn eine feierliche Veranstaltung stattfindet. Aber Ihr Antrag zielt ja darauf ab, dass das ein Zeremoniell ist,

(Lydia Funke, AfD: Wo steht denn das?)

dass jeden Morgen zum Fahnenappell angetreten wird, die Fahne gehisst wird und die Nationalhymne gesungen wird. Genau gegen die verordnete Zeremonie, die eben nicht gelebte Demokratie ist, habe ich etwas.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Raue, eine kurze Nachfrage.

In vorauseilendem Gehorsam lehnen das ja zum Beispiel die Schulleiter ab. In vorauseilendem Gehorsam ist der von Herrn Tullner gerade zitierte unverkrampfte Umgang mit diesen nationalen Symbolen bei uns an den Schulen, zumindest an den beiden Schulen, an denen meine Kinder Unterricht nahmen, nicht üblich. Was meine Kinder in den Schulen im Ethikunterricht lernten, ist Islam hoch und runter, Koran hoch und runter,

(Unruhe bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

und das in einem übertriebenen Stundenansatz.

(Unruhe)

Da sage ich Ihnen, die politische Bildung, die Sie anmahnen, die wir an unseren Schule brauchen,

(Unruhe - Zurufe von der LINKEN und von der SPD - Volker Olenicak, AfD: Engstirnig- keit!)

ist genau das, was Herr Schmidt gerade sagte. Das ist Staatsbürgerkunde in Reinstkultur nach DDR-Vorbild. Dazu muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen, Sie als angebliche Demokratin

(Angela Gorr, CDU: Was heißt denn hier „angebliche“?)

sind in meinen Augen gar keine Demokratin. Das ist eine völlige einseitige Verklärung

(Zurufe)

dieses Staates und eine Falschdarstellung unserer Werte.

(Beifall bei der AfD - Sebastian Striegel, GRÜNE: Also, wenn Sie welche hätten!)

Frau Kolb-Janssen, Sie können darauf erwidern, Sie müssen es aber auch nicht.

Ja, ich glaube, da werden wir uns nicht einigen. Wir haben dazu unterschiedliche Auffassungen. Ich glaube, ich kann guten Gewissens sagen, dass ich eine Demokratin bin,

(Volker Olenicak, AfD: Das sagen Sie!)

die für die Umsetzung vieler Rechte kämpft. Aber Sie haben eine völlig andere Auffassung von Demokratie. Das ist eben auch das Problem, was wir mit Ihrem Antrag haben.

(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN - Unruhe)

Herr Scheurell, wenn es etwas ruhiger ist, können Sie Ihre Frage stellen. Bitte.

Sehr geehrte Frau Doktor, angesichts Ihres Jahrganges frage ich: Können Sie sich erinnern, wann Sie in der DDR die Nationalhymne gesungen haben?

(Heiterkeit bei der AfD - Zuruf: Gar nicht!)

Der Text der Nationalhymne wurde auf Ministerratsbeschluss nicht nur aus dem Schulplan herausgenommen, und das Anfang 70er-Jahre. Also, ich bin im Jahr 1969 eingeschult worden, Sie ein Jahr später

nach Ihrem Geburtsdatum, genau. Sie können das gar nicht mehr erlebt haben.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der AfD)

Frau Kolb-Janssen.

Ich kann mich noch sehr gut an die Fahnenappelle und auch an das Singen der Nationalhymne erinnern. Als wir die Nationalhymne nicht mehr singen durften, durften wir andere Kampflieder singen. Das war auch nicht besser.

So war es. Genau so.

Das macht es auch nicht besser.

(Unruhe)