Protokoll der Sitzung vom 22.11.2018

Bereits seit Jahren weisen Studien und Untersuchungen auf vielfältige Formen und Ausprägungen der Gewalt gegen Frauen und Mädchen mit Beeinträchtigungen hin - im sozialen Nahraum, in der Familie, aber auch in anderen Zusammenhängen.

Aufgrund von Unwissenheit, Scham, Angst und Ohnmacht der Betroffenen können die bestehenden Hilfestrukturen nicht greifen. Deshalb diese Landeskoordinierungsstelle, die gleichzeitig Anlauf- und Informationsstelle und Zentrum der Vernetzung der Hilfestrukturen sein soll.

Die Zugänglichkeit der Schutzeinrichtungen wie auch die Nutzbarkeit von Beratungsangeboten für von Gewalt betroffene beeinträchtigte Frauen und Mädchen sollen im Fokus der Arbeit dieser Stelle stehen.

Darüber hinaus müssen wir die Beteiligungsrechte der bzw. des Landesbehindertenbeauftragten bei der Erarbeitung von Gesetzgebungs- und Verordnungsvorhaben und Verwaltungs

vorschriften sichern. Diese Beteiligung hat frühzeitig und unverzüglich zu erfolgen. Das Nichtbeteiligen der bzw. des Landesbehindertenbeauftragten soll auch nicht folgenlos bleiben, zumal diese Regelung der Beteiligungsrechte auch Auswirkungen auf das Agieren der kommunalen Behindertenbeauftragten zeigen wird.

Wir bitten um Zustimmung zu unserem Anliegen und gleichzeitiger Mitberatung im Anhörungsverfahren zum Gesetzentwurf.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Zoschke. - Die nächste Debattenrednerin ist die Abg. Frau Gorr für die CDUFraktion. Sie haben das Wort. Bitte.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Mit meiner Kollegin Frau Dr. Späthe habe ich abgestimmt, dass sie sich nachher der Definition von Barrierefreiheit widmet und dass ich mich mit dem Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE und mit der Abstimmung mit dem Landesbehindertenbeirat befasse.

Zu dem Änderungsantrag in der Drs. 7/3629 der Fraktion DIE LINKE. In der letzten Sitzung des Landesbehindertenbeirates wurde der Vorschlag zu § 17b zum Teil recht kontrovers diskutiert. Es wurde sehr nachdrücklich darauf hingewiesen, dass auch Jungen und Männer mit Behinderungen eine besondere Unterstützung und Hilfe benötigen. Wir sollten das bei unserer Diskussion im Ausschuss zumindest auch berücksichtigen.

Des Weiteren gab es eine Sondersitzung des Landesbehindertenbeirates im September dieses Jahres, die als dringlich einberufen wurde und suggerierte, dass dort über einen Gesetzentwurf des Landesbehindertenbeirates diskutiert werden sollte. Stattdessen wurden dann erst zum Ende hin die aufgrund der EU-Richtlinie, zu der Frau Ministerin Grimm-Benne eben ausgeführt hat, notwendigen Änderungen erläutert. Die ganze intensive Diskussion der extra angereisten Mitglieder wurde quasi abgeschmettert.

Diese Verfahrensweise war unnötig und intransparent und wurde an dem betreffenden Tag sowohl von Frau Dr. Späthe als auch von mir als Gastabgeordnete deutlich kritisiert. Wir bedauern ausdrücklich, dass das offensichtliche Missverständnis auch in der Sitzung erst auf einen gewissen Druck hin eingeräumt wurde.

Ich wünsche daher insbesondere diesem Gesetzentwurf einen guten Diskussionsverlauf und bitte um eine Überweisung des Entwurfs und des Änderungsantrags in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration. Ein versöhnendes Wort am Schluss: Ich freue mich auf die Einrichtung der Landesfachstelle für Barrierefreiheit.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Abg. Gorr. Es gibt keine Fragen. - Nächster Debattenredner ist für die AfDFraktion der Abg. Herr Spiegelberg. Sie haben das Wort, bitte.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Werte Damen und Herren des Hohen Hauses! Liebe Bürger Sachsen-Anhalts! Heute liegt uns in der Drs. 7/3598 ein Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Behindertengleichstellungsgesetzes von Sachsen-Anhalt vor, welcher unter anderem die Schaffung von mehr Barrierefreiheit auf Netzseiten und bei mobilen Anwendungen vorsieht.

Die wesentlichen Details des genannten Entwurfs wurden bereits bei der Einbringung und durch meine Vorredner deutlich gemacht, weshalb ich auf eine bloße Wiederholung an dieser Stelle verzichte, insbesondere auch deshalb, weil wir noch genug Zeit haben werden, um über den Gesetzentwurf nach einer erfolgreichen Überweisung in die jeweiligen Ausschüsse im Detail zu beraten und ihm gegebenenfalls mit kleineren Änderungen den letzten Schliff zu geben.

Meine Damen und Herren! Die Fraktion der AfD unterstützt selbstverständlich - das ist auch in unserem Programm gut ersichtlich - sämtliche politischen Maßnahmen, die tatsächliche Verbesserungen für behinderte Menschen in unserem Land schaffen. Wie Senioren und Kinder gehören sie zu den Schwächsten in unserer Gesellschaft und verdienen ohne Frage eine besondere Fürsorge und Beachtung.

Eine solche soziale Politik ist entscheidend für die innere Stärke und Stabilität einer Volksgemeinschaft und sollte daher ein klarer Grundpfeiler jeder Politik sein, insbesondere aber einer patriotisch-sozialen Politik, wie wir sie seit Längerem fordern. Meine Fraktion wird daher der Überweisung des Gesetzentwurfs zustimmen und hofft im Hinblick auf die Umsetzung des Gesetzentwurfs auf eine schnelle Verbesserung für alle Betroffenen in unserem Land.

Bei der Abstimmung über den Änderungsantrag der LINKEN werden wir uns der Stimme enthalten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herr Spiegelberg, es gibt eine Frage. Der Abg. Herr Krull möchte diese stellen.

Nur eine kleine Frage. Es freut mich, dass die AfD sich um die Belange der Behinderten kümmern möchte. Wie oft war denn der AfD-Vertreter bei

Sitzungen des Landesbehindertenbeirates zugegen? Sie bekommen ja auch Einladungen.

Herr Spiegelberg.

Da ich das nicht bin, kann ich Ihnen das jetzt nicht beantworten.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE, lacht)

Danach müssten Sie denjenigen selbst fragen.

(Lachen bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von der AfD: Wissen Sie denn, wie oft Ihre Vertreter immer ir- gendwo waren?)

Ich kann Ihnen die Frage vielleicht beantworten: Ihr AfD-Vertreter hat es bis jetzt leider nicht geschafft, zu den Sitzungen des Landesbehindertenbeirates zu gehen.

(Unruhe)

Wir kommen zur nächsten Debattenrednerin. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abg. Frau Lüddemann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir reden heute über das Kompetenzzentrum für Barrierefreiheit, welches wir zu einer Landesfachstelle Barrierefreiheit weiterentwickeln und welches - das ist der große Erfolg - jetzt gesetzlich normiert ist.

Das alles geht auf Debatten um den Koalitionsvertrag zurück, wo wir sehr eindringlich darum gerungen haben, was der beste Weg ist, um Barrierefreiheit im Land weiter voranzutreiben.

Ich weiß aus der Praxis: Gesetze allein schaffen das nicht, wir brauchen positive Beispiele emotionaler Ansprache und Werbung und Begleitung. Es gab ein Fachgespräch im Sozialausschuss. Dort bestätigte sich für mich: Die durchaus anspruchsvolle Aufgabe einer umfassenden Beratung im Bereich der Barrierefreiheit kann nicht einzig und allein auf ehrenamtlichen Schultern liegen.

Folgerichtig hat sich der Landtag in seinem Beschluss vom Juni dieses Jahres für die Einrichtung einer Landesfachstelle für Barrierefreiheit ausgesprochen. Eine gut aufgestellte Landesfachstelle ist schlicht und ergreifend unersetzlich, wenn man der Vision einer inklusiven Gesellschaft Taten folgen lassen will.

Nicht jede Kommune, nicht jeder Bauträger, nicht jedes Verkehrsunternehmen ist umfänglich im Bilde, was alles zur Barrierefreiheit gehört, was es alles zu bedenken und zu berücksichtigen gilt. Hier greift die Aufgabe eines Kompetenzzentrums: Wissensvermittlung und vor allem auch Sensibilisierung.

Zu dem zweiten inhaltlichen Punkt, der Umsetzung der europäischen Richtlinie 2016/2102. Ja, da wird es Zeit, dass das Land sich bewegt. Sicherlich ein verspäteter Aufschlag, aber gut, immerhin ist dieser garniert mit der Schaffung des Kompetenzzentrums. Dass wir dieses gleich koppeln können mit der Aufsichts- und Ombudsstelle für Barrierefreiheit im Sinne der EU-Richtlinie, ist natürlich praktisch. So vermeiden wir Doppelstrukturen.

Es freut mich, dass in der Pressemitteilung des Ministeriums zu lesen ist, dass eine weitere inhaltliche Novellierung des Behindertengleichstellungsgesetzes vorgesehen ist. Wir kennen sicherlich alle - zumindest die behindertenpolitischen Sprecherinnen und Sprecher - den sehr elaborierten Entwurf des Landesbehindertenbeirats zur Novellierung des Behindertengleichstellungs

gesetzes, in dem viel ehrenamtliches Engagement steckt. Dafür will ich mich ausdrücklich bedanken.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Das sollten wir in diesem Hohen Hause auch tatsächlich angemessen würdigen. Das werden wir auch tun, wenn wir dieses jetzt beginnende Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen haben. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Vielen Dank, Frau Lüddemann. Ich sehe keine Fragen. - Die letzte Debattenrednerin - auch für den heutigen Abend - ist für die SPD-Fraktion Frau Dr. Späthe. Sie haben das Wort, Frau Dr. Späthe.

Das Beste kommt zum Schluss.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD)

Es ist nicht nur die letzte Rede zu diesem Thema, sondern auch die letzte des Tages, zu vorgerückter Stunde.

Ja, genau.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte in meiner kurzen Rede auf zwei Aspekte eingehen: erstens auf das Gesetz insgesamt und zweitens auf die Fachstelle für Barrierefreiheit.

Zunächst zu dem Gesetzentwurf als Ganzes und zu dem Änderungsantrag der LINKEN. Meine Damen und Herren! Der vorgelegte Gesetzentwurf dient mitnichten der Novellierung des Behindertengleichstellungsgesetzes Sachsen-Anhalt als Ganzes, wie es zum Beispiel bei dem Vorschlag des Behindertenbeirates der Fall ist. Das ist im folgenden Jahr vorgesehen.